Normen
31985L0337 UVP-RL Art1 Abs2;
31985L0337 UVP-RL Art10a;
32011L0092 UVP-RL Art1 Abs2;
62013CJ0570 Gruber VORAB;
EisbEG 1954 §44;
EURallg;
LStG Bgld 2005 §27;
Straßenverlauf B 50 Umfahrung Schützen am Gebirge 2011;
UVPG 2000 §3 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
31985L0337 UVP-RL Art1 Abs2;
31985L0337 UVP-RL Art10a;
32011L0092 UVP-RL Art1 Abs2;
62013CJ0570 Gruber VORAB;
EisbEG 1954 §44;
EURallg;
LStG Bgld 2005 §27;
Straßenverlauf B 50 Umfahrung Schützen am Gebirge 2011;
UVPG 2000 §3 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 15. Dezember 2010 wurde gemäß § 3 Abs. 7 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) festgestellt, dass die vom Land Burgenland, Landesstraßenverwaltung, geplante Errichtung der ‚Umfahrung S' im Zuge der XX B Straße von km 38,996 bis km 44,133 nicht dem UVP-G 2000 und nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer UVP unterliegt. Dieser Bescheid erging nicht an die beschwerdeführenden Parteien, die in jenem Verfahren auch keine Parteistellung hatten.
2 Mit Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 10. März 2011, LGBl. Nr. 25/2011, wurde der Straßenverlauf der XX B Straße (Umfahrung S - im Wesentlichen umfassend den oben genannten Streckenabschnitt) bestimmt (Trassenverordnung).
3 Mit Eingabe vom 6. April 2011 stellte die mitbeteiligte Partei einen Enteignungsantrag gegen die beschwerdeführenden Parteien betreffend näher genannte Liegenschaften zwecks Realisierung des oben genannten Straßenbauvorhabens.
4 Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid erfolgte die Enteignung näher genannter Liegenschaften der beschwerdeführenden Parteien zugunsten der mitbeteiligten Partei (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt II wurden Entschädigungssummen festgesetzt. Spruchpunkt III regelte, dass der Vollzug des Enteignungsbescheides nicht gehindert werden kann, sobald der Entschädigungsbetrag geleistet oder gerichtlich hinterlegt worden ist. In Spruchpunkt IV wurde die Entscheidung über den Ersatz der Verfahrenskosten einem gesonderten Bescheid vorbehalten. Als Rechtsgrundlagen wurden in Spruchpunkt V die §§ 27 bis 30 des Burgenländischen Straßengesetzes 2005 sowie die §§ 17 und 44 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes 1954 genannt.
5 Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Trassenverordnung lege gemäß § 4 Abs. 6 des Burgenländischen Straßengesetzes 2005 nur den Verlauf der Straßenachse rechtsverbindlich fest. Zwar sei das Straßenprojekt nach Erlassung der Trassenverordnung geändert worden, der Beginn und das Ende der Umfahrung sowie die Straßenachse seien aber gegenüber dem Trassenverordnungsplan nicht verändert worden. Der Abbildung von Straßenbestandteilen und Nebenanlagen in der Trassenverordnung komme keine bindende normative Wirkung zu. Die weiteren, noch erforderlichen gesetzlichen Bewilligungen (Wasserrecht, Forstrecht, Natur- und Landschaftsschutzrecht) würden von der mitbeteiligten Partei zu erlangen sein, sodass in diesem Zusammenhang keine Hindernisse für die Enteignungen bestünden (wurde näher ausgeführt). Der Feststellungsbescheid, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP bestehe, sei rechtskräftig und bindend. Dessen ungeachtet sei darauf hinzuweisen, dass im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von der UVP-Behörde Sachverständige aus den Bereichen Verkehrstechnik, Luftreinhaltung und Umweltmedizin um gutachterliche Klärung ersucht worden seien, ob im Fall der Errichtung der gegenständlichen Straße mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Umweltauswirkungen, insbesondere unter Berücksichtigung der Lage im schutzwürdigen Gebiet der Kategorie D, zu rechnen sei. Die UVP-Behörde sei zum Ergebnis gekommen, dass der Schutzzweck des schutzwürdigen Gebietes durch das gegenständliche Vorhaben nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Die UVP-Richtlinie sehe nicht vor, die Öffentlichkeit schon im Feststellungsverfahren bzw. in der Einzelfallprüfung einzubinden. Auch habe der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Juni 2011, B 254/11, festgestellt, dass die Annahme eines Vorrangs des Art. 10a UVP-Richtlinie gegenüber innerstaatlichem Recht in Übereinstimmung mit dem Urteil des EuGH vom 12. Mai 2011, Rs C-115/09 , Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, schon allein deshalb nicht in Betracht komme, weil diese Bestimmung nicht inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sei, um im Sinne der Rechtsprechung des EuGH die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit zu erfüllen. Im gegenständlichen Fall sei auch keine Schnellstraße im Sinne des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15. November 1975 gegeben, weil in O auf offener Strecke (Weg 4) eine niveaugleiche Kreuzung vorgesehen sei und damit die Vorgabe, dass die Straße nur über kreuzungsfreie Verkehrsknoten zugänglich sein dürfe, nicht eingehalten werde. Eingewendet worden sei, dass diese niveaugleiche Kreuzung in rechtsmissbräuchlicher Weise eingeplant worden sei, um eine gemäß Anhang 1 Z 9 lit. a UVP-G 2000 erforderliche UVP für Schnellstraßen zu umgehen. Es könne jedoch nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Planung der niveaugleichen Kreuzung gesprochen werden (wurde näher dargelegt). Festzuhalten sei aber nochmals, dass dem Feststellungsbescheid Bindungswirkung zukomme. Das prognostizierte Verkehrsaufkommen rechtfertige die Errichtung einer Bundesschnellstraße nicht (wurde näher dargelegt), somit lägen auch insofern keine Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche "Umreihung" vor. Einwendungen gegen die Trassenverordnung könnten im Enteignungsverfahren wegen der Bindung der Verwaltungsbehörde an Verordnungen nicht geltend gemacht werden (wurde näher ausgeführt), diese Einwendungen seien im Übrigen aber auch nicht begründet (wurde näher ausgeführt). Die Trassenführung sei rechtsverbindlich vorgegeben, sodass auch deren Wirtschaftlichkeit nicht zu prüfen sei.
6 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
7 Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Zu den Repliken der beschwerdeführenden Parteien gab die belangte Behörde Stellungnahmen ab.
8 Mit Beschluss vom 12. August 2014, Zl. 2011/06/0214, setzte der Verwaltungsgerichtshof das gegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in jener Rechtssache, in der er mit hg. Beschluss vom 16. Oktober 2013, Zl. 2012/04/0040, angerufen worden war, aus.
9 Mit Urteil vom 16. April 2015, Rechtssache C-570/13 (Fall Gruber) - dies betraf jenes Verfahren, das mit hg. Vorabentscheidungsersuchen vom 16. Oktober 2013, Zl. 2012/04/0040, eingeleitet worden war - erkannte der EuGH Folgendes für Recht:
"Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen - wonach eine Verwaltungsentscheidung, mit der festgestellt wird, dass für ein Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung für Nachbarn hat, die vom Recht auf Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung ausgeschlossen sind - entgegensteht, sofern diese Nachbarn, die zur ‚betroffenen Öffentlichkeit' im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie gehören, die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das ‚ausreichende Interesse' oder die ‚Rechtsverletzung' erfüllen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzung in der bei ihm anhängigen Rechtssache erfüllt ist. Ist dies der Fall, muss das vorlegende Gericht feststellen, dass eine Verwaltungsentscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, gegenüber diesen Nachbarn keine Bindungswirkung hat."
10 Die mitbeteiligte Partei nahm in der Folge zur Entscheidung des EuGH Stellung und replizierte auf ein ergänzendes Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
13 In der Beschwerde wird mit jeweils umfassender Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Trassenverordnung sei gesetzwidrig, die entsprechenden materienrechtlichen Genehmigungen für das Straßenbauvorhaben müssten bereits vorliegen und fehlten, auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung sei nicht Bedacht genommen worden, das Vorhaben sei UVP-pflichtig, gegen den UVP-Feststellungsbescheid habe mangels Parteistellung von den beschwerdeführenden Parteien nicht vorgegangen werden können, und schließlich lägen Verletzungen von Verfahrensvorschriften betreffend zu kurze Fristsetzung für fachliche Gegenstellungnahmen und die Unbefangenheit eines Sachverständigen vor.
14 Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/337/EWG (UVP-RL 1985) idF der Richtlinie 2003/35/EG lautet auszugsweise (nunmehr wortgleich Art. 1 Abs. 2 lit. d und e der Richtlinie 2011/92/EU - UVP-RL 2011 -, die gemäß ihrem Art. 15 am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung - vom 28. Jänner 2012 - in Kraft getreten - und daher hier noch nicht maßgebend - ist):
"...
‚Öffentlichkeit': eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;
‚betroffene Öffentlichkeit': die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 2 Absatz 2 betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse."
15 Art. 10a der UVP-RL 1985 idF der Richtlinie 2003/35/EG lautet (nunmehr gleichlautend Art. 11 der UVP-RL 2011):
"Artikel 10a
Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
- a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
- b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.
Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.
Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) dieses Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) dieses Artikels verletzt werden können.
Dieser Artikel schließt die Möglichkeit eines vorausgehenden Überprüfungsverfahrens bei einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.
Die betreffenden Verfahren werden fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt.
Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden."
16 Gemäß Art. 4 Abs. 1 der UVP-RL 1985 werden Projekte, die in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführt sind, (vorbehaltlich des Art. 2 Abs. 3, der hier nicht relevante Ausnahmefälle betrifft) einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 der UVP-RL 1985 unterzogen. Projekte des Anhanges II werden gemäß Art. 4 Abs. 2 der UVP-RL 1985 einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 dieser Richtlinie unterzogen, wenn die Mitgliedstaaten anhand der Auswahlkriterien des Anhanges III der UVP-RL 1985 (vgl. Art. 4 Abs. 3 UVP-RL 1985) das Erfordernis einer UVP bestimmen. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten der in Anhang II aufgezählten Klassen einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 UVP-RL 1985 unterzogen werden sollen (vgl. nunmehr Art. 4 Abs. 1 und 2 der UVP-RL 2011; vgl. dazu im Übrigen Anhang I Z 9 UVP-G 2000).
17 Anhang I der UVP-RL 1985 idF der Richtlinie 97/11/EG nennt in Z 7 lit. b den Bau von Autobahnen und Schnellstraßen, wobei Schnellstraßen gemäß den Begriffsbestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15. November 1975 definiert sind (nunmehr Anhang I Z 7 lit. b der UVP-RL 2011).
18 Anhang II der UVP-RL 1985 idF der Richtlinie 97/11/EG nennt in Z 10 lit. e - nunmehr Anhang II Z 10 lit. e der UVP-RL 2011 - u.a. den Bau von Straßen (nicht durch Anhang I erfasste Projekte).
19 Anhang III der UVP-RL 1985 idF der Richtlinie 97/11/EG
(vgl. nunmehr Anhang III der UVP-RL 2011) lautet:
"Anhang III
Auswahlkriterien im Sinne von Artikel 4 Absatz 3
1. Merkmale der Projekte
Die Merkmale der Projekte sind insbesondere hinsichtlich folgender Punkte zu beurteilen:
- Größe des Projekts,
- Kumulierung mit anderen Projekten,
- Nutzung der natürlichen Ressourcen,
- Abfallerzeugung,
- Umweltverschmutzung und Belästigungen,
- Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien.
2. Standorte der Projekte
Die ökologische Empfindlichkeit der geographischen Räume, die durch die Projekte möglicherweise beeinträchtigt werden, muß unter Berücksichtigung insbesondere folgender Punkte beurteilt werden:
- bestehende Landnutzung;
- Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebiets;
- Belastbarkeit der Natur unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete:
- a) Feuchtgebiete,
- b) Küstengebiete,
- c) Bergregionen und Waldgebiete,
- d) Reservate und Naturparks,
- e) durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten ausgewiesene Schutzgebiete; von den Mitgliedstaaten gemäß den Richtlinien 79/409/EWG und 92/43/EWG ausgewiesene besondere Schutzgebiete,
f) Gebiete, in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,
- g) Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte,
- h) historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende Landschaften.
3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen
Die potentiellen erheblichen Auswirkungen der Projekte sind anhand der unter den Nummern 1 und 2 aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist folgendem Rechnung zu tragen:
- dem Ausmaß der Auswirkungen (geographisches Gebiet und betroffene Bevölkerung),
- dem grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen,
- der Schwere und der Komplexität der Auswirkungen,
- der Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen,
- der Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen."
20 Grundeigentümer, deren Grundstücke durch die geplante Straße in Anspruch genommen werden, zählen zur "betroffenen Öffentlichkeit" im Sinne der oben genannten richtlinienrechtlichen Definition (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2015, Zl. 2012/05/0118).
21 Die belangte Behörde hat sich in der Bescheidbegründung zwar auch inhaltlich mit Kriterien der Notwendigkeit einer UVP auseinandergesetzt, allerdings nicht umfassend mit den Kriterien iSd Anhanges III des UVP-RL 1985. Tragend hat sie sich jedenfalls auf die Bindungswirkung des UVP-Feststellungsbescheides gestützt. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie sich inhaltlich für unzuständig erachtet, im gegenständlichen Verfahren in der Sache über die UVP-Pflicht abzusprechen. Durch diese Annahme ihrer Unzuständigkeit hat sie die beschwerdeführenden Parteien in deren nunmehr feststehendem Recht auf Sachentscheidung über die Notwendigkeit der Durchführung einer UVP verletzt, und zwar deshalb, weil es kein anderes gesetzlich vorgesehenes Verfahren gibt, in dem die beschwerdeführenden Parteien die Frage der UVP-Pflicht im Sinne des Art. 10a der UVP-RL 1985 relevieren können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2015, Zl. Ro 2014/06/0078, und Huber-Medek, Zur Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden, ÖZW 2015, S. 119). Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die beschwerdeführenden Parteien jedenfalls in Anbetracht ihres nationalen Rechtes auf Einhaltung der behördlichen Zuständigkeit auch die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf ein ausreichendes Interesse oder gegebenenfalls eine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-RL 1985 erfüllen. Angemerkt sei, dass sich das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 2011, B 254/11, das seinerseits auf das Urteil des EuGH vom 12. Mai 2011, Rs C-115/09 verweist, nur auf Art. 10a Abs. 3 erster Satz der UVP-RL 1985 bezieht, der somit (im Einklang auch mit dem zitierten Urteil des EuGH vom 16. April 2015, Rs C-570/13 ) die zuletzt angesprochenen nationalen Regelungen voraussetzt.
22 Bemerkt wird, dass den beschwerdeführenden Parteien im gegebenen Zusammenhang auch nicht die Trassenverordnung entgegengehalten werden kann. Sie hatten nämlich auch im Verfahren zur Erlassung der Trassenverordnung keine Möglichkeit, die Frage der UVP-Pflicht im Sinne des Art. 10a der UVP-RL 1985 zu relevieren, sodass die Trassenverordnung ihnen gegenüber im vorliegenden Verfahren jedenfalls insoweit nicht anwendbar ist, als es um die Frage der UVP-Pflicht geht (vgl. das genannte hg. Erkenntnis vom 5. November 2015, Zl. Ro 2014/06/0078, mwN).
23 Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
24 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.
25 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 14. April 2016
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