VwGH 2011/23/0264

VwGH2011/23/026424.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Andreas Duensing, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. April 2008, Zl. E1/146551/2008, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

62009CJ0145 Tsakouridis VORAB;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
62009CJ0145 Tsakouridis VORAB;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, wurde 1979 in Wien geboren und lebt seither in Österreich, wo er auch seine Schulausbildung absolvierte. Er verfügt seit dem Jahr 1999 über einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. März 2008 wurde gegen ihn gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. April 2008 gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass das Aufenthaltsverbot auch auf die §§ 87 und 86 Abs. 1 FPG gestützt werde.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer fünf rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen aufweise:

Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7. Dezember 1998 sei über ihn wegen des am 29. September 1998 erfolgten Diebstahls eines Mobiltelefons gemäß § 127 Strafgesetzbuch (StGB) eine Geldstrafe verhängt worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. April 1999 sei er wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Einbruchdiebstahls nach den §§ 127, 129 Z 1 und 130 vierter Fall StGB rechtskräftig zu einer bedingten einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach den Urteilsgründen habe er etwa Mitte Februar 1999 in insgesamt vier Pkw eingebrochen und Handys gestohlen.

Am 24. August 1999 sei er von diesem Gericht abermals wegen dieses wiederholten Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt worden, wovon ein Teil von 16 Monaten unter Setzung einer - später auf fünf Jahre verlängerten - dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen worden sei.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Jänner 2002 sei er wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und 3 erster Fall Suchtmittelgesetz (SMG) sowie wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Nach dem Urteilsspruch habe er - selbst süchtig - ab Anfang September 2000 in Wien in einem namentlich festgestellten Lokal in zehn bis zwölf Tagen insgesamt etwa 1 kg Haschisch verkauft und bei Kurierfahrten und Botendiensten bis Dezember 2000 etwa 2 kg Haschisch transportiert. Am 13. Mai 2001 habe er etwa 580 g Marihuana zur Aufbewahrung übernommen, die im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle sichergestellt worden seien.

Am 16. April 2004 sei der Beschwerdeführer abermals wegen des (teilweise versuchten) Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und 3 erster Fall SMG, § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden, weil er in Wien (zum Teil mit Mittätern) Suchtgift gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt bzw. in Verkehr zu setzen versucht habe, indem er im Sommer 2003 1 kg Cannabiskraut einer anderen Person übergeben habe. Von etwa Anfang November 2003 bis zum 4. Dezember 2003 habe er etwa 8 kg Cannabiskraut zum gewinnbringenden Verkauf an eine weitere Person übergeben und im selben Zeitraum etwa 3 kg Cannabiskraut anderen Suchtgiftverkäufern überlassen. Am 10. Dezember 2003 habe er 792 g Cannabiskraut zum Weiterverkauf bereitgehalten. Die den beiden letzten Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten habe er dabei in Bezug auf eine große Menge Suchtgift (§ 28 Abs. 6 SMG) begangen.

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass der Beschwerdeführer seit 4. März 2008 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und für einen Sohn sorgepflichtig sei. Außerdem lebten seine Eltern und seine Schwester im Bundesgebiet. Er betreibe gemeinsam mit seiner Ehefrau das Unternehmen "Das fleißige Bienchen", bei dem er auch als Hausbetreuer beschäftigt sei und dessen Gewinn zu gleichen Teilen zwischen ihm und seiner Ehefrau aufgeteilt werde.

Nach Darstellung der maßgeblichen Bestimmungen des FPG hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer als Ehemann einer Österreicherin "Familienangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 12 FPG sei, weshalb nach § 87 FPG die §§ 85 Abs. 2 und 86 FPG anzuwenden seien. Auch dabei könne auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als Orientierungsmaßstab zurückgegriffen werden. Der Beschwerdeführer habe seine fünf gerichtlichen Verurteilungen nicht bestritten und durch das diesen zu Grunde liegende, wiederholte Fehlverhalten gravierend gegen das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität verstoßen. Auch die Suchtgiftdelikten erfahrungsgemäß innewohnende Wiederholungsgefahr habe sich beim Beschwerdeführer augenfällig bestätigt. Schon wegen dieses Fehlverhaltens, aber auch unter Berücksichtigung seiner übrigen Straftaten, bedeute sein weiterer inländischer Aufenthalt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ohne Zweifel das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung der besonders gefährlichen Suchtgift- aber auch der anderen "Schwerkriminalität" berühre. Wegen des über Jahre hinweg (1998 bis Ende 2003) gesetzten strafbaren Verhaltens und der wiederholten Begehung schwerer Suchtgiftverbrechen müsse auch davon ausgegangen werden, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit und überdies andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen durch den Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - in dem er sich seit Geburt legal und ununterbrochen (mit Hauptwohnsitz) aufhalte -

nachhaltig und maßgebend gefährdet würden. Der seit dem Jahr 2004 bzw. seit der Haftentlassung am 16. September 2007 verstrichene Zeitraum sei auch noch viel zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als entscheidend gemindert anzusehen.

Im Rahmen der Interessenabwägung führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund des "lebenslangen" Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seiner dargestellten familiären und beruflichen Bindungen von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen, erheblichen Eingriff in sein Privatleben auszugehen sei. Dennoch sei die aufenthaltsbeendende Maßnahme nach § 66 FPG zulässig. So verdeutliche sein massives und wiederholtes Fehlverhalten seine Gefährlichkeit für die Gesundheit anderer und sein Unvermögen oder seinen Unwillen, die Rechtsvorschriften des Gastlandes einzuhalten. Die Möglichkeit für eine positive Verhaltensprognose verneinte die belangte Behörde mit Blick auf die Gewerbsmäßigkeit, die Tatwiederholungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums und den damit verbundenen überaus erheblichen Unrechtsgehalt. Hinsichtlich der Interessenabwägung - so führte die belangte Behörde weiter aus - sei ferner zu berücksichtigen, dass der aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Es hätten deshalb seine privaten Interessen gegenüber den genannten und besonders hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbots im Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration eines Fremden nicht rechtswidrig.

Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass auch eine Ermessensübung im Hinblick auf die §§ 55 Abs. 3 und 56 Abs. 2 Z 1 und 2 FPG von vornherein nicht in Betracht komme und das Aufenthaltsverbot unbefristet auszusprechen sei, weil der Beschwerdeführer sein strafbares Verhalten wiederholt habe und er in den letzten zehn Jahren insgesamt fünfmal straffällig geworden sei. Es sei auch nicht vorhersehbar, wann der für die Erlassung des "Rückkehrverbotes" maßgebliche Grund, nämlich die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 18. Juni 2008, B 772/08-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die zu diesem Zeitpunkt (April 2008) geltende Fassung.

Gegen den Beschwerdeführer als Familienangehörigen einer Österreicherin, die ihr Freizügigkeitsrecht nicht in Anspruch genommen hat, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Da der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts seinen Aufenthalt ununterbrochen seit über zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots jedenfalls (nur mehr) zulässig, wenn - im Sinn des fünften Satzes dieser Bestimmung - aufgrund seines persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0215, festgestellt hat, legt § 86 Abs. 1 fünfter Satz FPG bezüglich der für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erforderlichen (negativen) Zukunftsprognose einen gegenüber den ersten Sätzen der genannten Bestimmung deutlich strengeren Maßstab an (vgl. grundlegend zum System der abgestuften Gefährdungsprognosen im FPG das Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/21/0603). Bei der gebotenen Prognosebeurteilung kommt es in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen letztlich immer auf das zugrundeliegende Verhalten an. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der begangenen Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. zu alledem das Erkenntnis vom 14. April 2011, Zl. 2010/21/0232, mH auf das zu Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG , dessen Umsetzung § 86 Abs. 1 fünfter Satz FPG dient, in der Rechtssache C-145/09 "Tsakouridis" ergangene Erkenntnis des EuGH vom 23. November 2010).

Die belangte Behörde hat zwar zutreffend den Gefährdungsmaßstab des § 86 Abs. 1 fünfter Satz FPG sinngemäß wiedergegeben ("öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich (…) nachhaltig und maßgebend gefährdet"). Sie hat sich in diesem Zusammenhang jedoch nicht ausreichend mit den einzelnen Straftaten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Abgesehen davon, dass nicht alle den Verurteilungen zugrundeliegenden Tathandlungen dargestellt wurden, wäre dazu auch eine nähere Auseinandersetzung mit den wesentlichen Merkmalen des strafrechtsrelevanten Verhaltens, aus dem die maßgebliche Gefährdung abgeleitet wird, unverzichtbar. Eine derartige Auseinandersetzung lässt der angefochtene Bescheid vermissen, verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang doch bloß auf die durch das "massive und wiederholte Fehlverhalten" des Beschwerdeführers verdeutlichte "Gefährdung für die Gesundheit im Bundesgebiet aufhältiger Menschen". Diese leitet sie allgemein aus dem Umstand der Begehung der Straftaten in Bezug auf eine "große Menge" an Suchtmitteln und der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere Suchtgiftdelikten immanent großen Wiederholungsgefahr ab.

Diese Ausführungen reichen jedenfalls im Zusammenhang mit dem Gefährdungsmaßstab des § 86 Abs. 1 fünfter Satz FPG nicht aus (vgl. abermals das bereits zitierte Erkenntnis vom 14. April 2011; siehe auch das ebenfalls bereits erwähnte Urteil des EuGH vom 23. November 2010, inbesondere dessen Rz 53).

Die belangte Behörde hat sich im Rahmen der Interessenabwägung aber auch nicht im erforderlichen Ausmaß mit dem Familienleben des Beschwerdeführers auseinandergesetzt.

Gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen, nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 66 Abs. 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn dessen Auswirkungen auf die Situation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.

Bei Beurteilung der Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sind unter dem Gesichtspunkt des dadurch bewirkten Eingriffs in das Privat- und Familienleben nämlich u.a. auch die Bindungen zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Wenn ein Fremder - wie der Beschwerdeführer seit seiner Geburt - (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) insgesamt bereits 29 Jahre in Österreich lebt, stellt es einen maßgeblichen Gesichtspunkt bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK dar, ob Bindungen zum Heimatstaat bestehen, wobei auch der Kenntnis der Muttersprache Bedeutung zukommt (vgl. das einen insoweit vergleichbaren Sachverhalt betreffende Erkenntnis vom 22. September 2009, Zl. 2009/22/0213).

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass er keinerlei Bindungen zu Serbien und sein ganzes Leben in Österreich verbracht habe, das daher seine einzige Heimat sei. Er verfüge nicht über ausreichende Sprachkenntnisse, um sich im Herkunftsstaat verständigen zu können. Auf dieses Vorbringen wird im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend Rücksicht genommen.

Nach Ergänzung des Sachverhalts um die oben dargelegten maßgeblichen weiteren Feststellungen wäre gegebenenfalls aber auch die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbots neu zu beurteilen. Wenn bei Vorliegen von Verurteilungen zu den festgestellten Freiheitsstrafen gemäß § 63 Abs. 1 FPG ein Aufenthaltsverbot auch unbefristet erlassen werden kann, ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Gerade angesichts der massiven familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich und seines beinahe 30-jährigen inländischen Aufenthalts könnte eine Abwägung unter Einbeziehung der - wie oben ausgeführt zu vervollständigenden - Gefährdungsprognose und bei Fehlen jeglicher Anknüpfungspunkte im Heimatstaat zu einer Unverhältnismäßigkeit eines unbefristet verhängten Aufenthaltsverbots führen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. April 2012

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