VwGH 2011/10/0184

VwGH2011/10/018428.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der GK in K, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Mag. Werner-Felix Diebald und Mag. Kuno O. E. Krommer, Rechtsanwälte in 8580 Köflach, Rathausplatz 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 27. September 2011, Zl. UVS 41.21-24/2011-4, betreffend Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

Normen

MSG Stmk 2011 §10 Abs1;
MSG Stmk 2011 §10 Abs5;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z1;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z2;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z3;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2;
MSGDV Stmk 2011 §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
MSG Stmk 2011 §10 Abs1;
MSG Stmk 2011 §10 Abs5;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z1;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z2;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z3;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2;
MSGDV Stmk 2011 §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 27. September 2011 wurde der Beschwerdeführerin eine Mindestsicherungsleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in der Höhe von monatlich EUR 157,80 zuerkannt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe am 5. Februar 2009 einen Mietvertrag abgeschlossen, dem zufolge die monatliche Miete - nach Abzug der Miete für einen Kfz-Abstellplatz - EUR 231,50 betrage; diese Miete werde von der Beschwerdeführerin auch bezahlt. Von ihrem geschiedenen Ehemann erhalte die Beschwerdeführerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von EUR 435,00. Sie beziehe weiters eine Wohnbeihilfe in der Höhe von EUR 182,00.

Als Einkommen seien somit - entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung - die Wohnbeihilfe in der Höhe von EUR 182,00 und der Unterhaltsbetrag des geschiedenen Ehemannes in der Höhe von EUR 435,00 zu berücksichtigen.

Bei der Prüfung, ob ein Anspruch auf eine zusätzliche Leistung zur Deckung des Wohnbedarfes bestehe, sei zunächst zu berücksichtigen, dass gemäß § 10 Abs. 5 des Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 14/2011 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 9/2012 (StMSG), die monatlich pauschalierte Geldleistung nach § 10 Abs. 1 StMSG bereits einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25 % enthalte. Aus § 10 Abs. 1 StMSG lasse sich jedoch nicht ableiten, welcher Ausgangswert bei der Anspruchsermittlung tatsächlich heranzuziehen sei. Würde man von dem Betrag, der in § 10 Abs. 1 Z. 1 StMSG für alleinstehende Personen und Alleinerzieherinnen/Alleinerzieher mit EUR 752,93 beziffert sei, ausgehen und davon 25 %, somit EUR 188,23, berücksichtigen, so bestehe das Problem der doppelten Berücksichtigung der Wohnbeihilfe.

Im konkreten Fall sei daher vom Ausgangswert in der Höhe von EUR 752,93 die Wohnbeihilfe in der Höhe von EUR 182,00 sowie die Unterhaltsleistung von EUR 435,00 abzuziehen. Aus der Differenz in der Höhe von EUR 135,93 seien 25 % für den Wohnungskostengrundbetrag zu ermitteln und dem so errechneten Betrag von EUR 33,98 die Wohnbeihilfe hinzuzufügen, sodass sich die Summe von EUR 215,98 ergebe. Eine zusätzliche Leistung zur Deckung des Wohnbedarfes werde aufgrund dieser Berechnung in der Höhe von EUR 21,87 zuerkannt.

Der höchstzulässige Wohnungsaufwand für den Bezirk Voitsberg sei für eine Person mit EUR 269,52 festgesetzt worden. Da die tatsächlichen Wohnungskosten niedriger seien, seien EUR 231,50 bei der Berechnung zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes (in der Fassung des LGBl. Nr. 14/2011) haben den folgenden Wortlaut:

"§ 3

Erfasste Bedarfsbereiche

(1) Die Mindestsicherung wird durch pauschalierte Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes, jeweils außerhalb von stationären Einrichtungen, sowie durch die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen erbracht.

(…)

(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.

(…)

§ 5

Subsidiarität

(…)

(2) Leistungen nach diesem Gesetz sind überdies nur so weit zu erbringen, als der jeweilige Bedarf (§ 3) nicht durch den Einsatz der eigenen Mittel, den Einsatz der Arbeitskraft oder durch Geld oder Sachleistungen Dritter gedeckt ist.

(…)

§ 6

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Bei der Bemessung von Leistungen der Mindestsicherung sind das Einkommen und das verwertbare Vermögen der Hilfe suchenden Person nach Maßgabe der folgenden Absätze zu berücksichtigen.

(2) Als Einkommen gelten alle Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person tatsächlich zufließen, außer:

1. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz Härteausgleich;

  1. 2. Kinderabsetzbeträge;
  2. 3. Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften und andere pflegebezogene Geldleistungen.

    (…)

    § 10

    Mindeststandards

(1) Zur Deckung des Lebensunterhaltes werden folgende monatliche pauschalierte Geldleistungen (Mindeststandards) gewährt:

1. für alleinstehende Personen und Alleinerzieherinnen/Alleinerzieher …………………………….. 752,93 Euro;

(…)

(5) Die Mindeststandards nach Abs. 1 beinhalten einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25 %. Soweit der Wohnbedarf damit sowie durch Leistungen der Wohnbeihilfe nicht gedeckt ist, sind zusätzliche Geldleistungen (Sachleistungen gemäß § 9 Abs. 2) zu erbringen. Diese sind nach den Erfordernissen des Einzelfalles zu bemessen und dürfen den höchstzulässigen Wohnungsaufwand gemäß Abs. 6 nicht überschreiten.

(6) Der höchstzulässige Wohnungsaufwand ist von der Landesregierung unter Bedachtnahme auf die durchschnittlichen regionalen statistischen Daten für Wohnungen durch Verordnung festzulegen."

2. Gemäß § 1 Abs. 1 der Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz-Durchführungsverordnung, LGBl. Nr. 19/2011 (StMSG-DVO), ist Bezieherinnen/Beziehern von Mindestsicherung, die ihren tatsächlichen Wohnungsaufwand durch den gemäß § 10 StMSG gewährten Grundbetrag und durch die ihnen gewährte Wohnbeihilfe nicht decken können, vom Träger der Mindestsicherung eine ergänzende Hilfeleistung in Höhe der Differenz zu dem für ihren Wohnungsaufwand gemäß § 2 StMSG-DVO festgelegten Höchstbetrag zu gewähren.

Nach § 2 StMSG-DVO beträgt der höchstzulässige Wohnungsaufwand für einen Einpersonenhaushalt im Bezirk Voitsberg EUR 269,52.

3. Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Berücksichtigung der Wohnbeihilfe als Einkommen und führt dazu zusammengefasst ins Treffen, dass es sich hiebei nicht eine Einkunft, sondern eine Beihilfe handle und etwa nach dem Kärntner Mindestsicherungsgesetz die Wohnbeihilfe nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei.

Dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2012, Zl. 2011/10/0134 (unter Punkt 3.), verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof unter Behandlung der auch in den vorliegenden Beschwerden vorgetragenen Argumente ausgeführt hat, dass es sich bei der Wohnbeihilfe um Einkommen im Sinn des StMSG handelt.

4. Die Beschwerdeführerin bringt darüber hinaus vor, der "in der StMSG-DVO ermittelte angeblich" für die Beschwerdeführerin geltende höchstzulässige Wohnungsaufwand sei nicht nachvollziehbar und damit willkürlich festgesetzt. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass im Sprengel des Bezirkes Voitsberg derart niedrige Mietkosten vorlägen. Die zugrunde gelegte Verordnung könne nicht nachvollzogen werden, weshalb eine Berücksichtigung derselben rechtswidrig sei.

Mit diesem nicht weiter konkretisierten Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin weder begründete Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der Verordnung noch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2011/10/0217, mwN).

5. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Richtigkeit der von der belangten Behörde ihrer Berechnung zugrunde gelegten ziffermäßigen Ansätze nicht, wendet sich aber gegen die Berechnungsweise der belangten Behörde, insbesondere gegen die Vorgangsweise, den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % nicht auf Basis des Mindeststandards gemäß § 10 Abs. 1 StMSG zu berechnen, sondern auf Basis der sich nach Abzug des Einkommens ergebenden Mindestsicherungsleistung.

Zur Berechnung der Mindestsicherungsleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in einem ähnlich gelagerten Fall hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. Juli 2012, Zl. 2011/10/0133, mit näherer Begründung ausgeführt, dass der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % auf Basis des - ungekürzten - Mindeststandards gemäß § 10 Abs. 1 StMSG zu berechnen ist und dass die Wohnbeihilfe den Mindestsicherungsanspruch nur insoweit schmälert, als sie die Differenz zwischen dem gemäß § 10 Abs. 5 StMSG als Grundbetrag für den Wohnbedarf dienenden 25 %igen Anteil des Mindeststandards und dem tatsächlichen Wohnbedarf (bis zur Grenze des höchstzulässigen Wohnungsaufwandes) übersteigt. Auch auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Daraus ergibt sich folgende Berechnung:

Der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % des Mindeststandards von EUR 752,93 beträgt EUR 188,23. Durch diesen Betrag wird der hier maßgebliche höchstzulässige Wohnungsaufwand von EUR 269,52 nur zum Teil abgedeckt. Der verbleibende Teil des höchstzulässigen Wohnungsaufwandes in der Höhe von EUR 81,29 ist aus der Wohnbeihilfe zu decken. Die restliche Wohnbeihilfe in der Höhe von EUR 100,71 (EUR 182,00 minus EUR 81,29) ist als Einkommen der Beschwerdeführerin auf den Mindeststandard anzurechnen. Vom Mindeststandard in der Höhe von EUR 752,93 ist daher der Betrag von EUR 100,71 in Abzug zu bringen. Unter weiterem Abzug der Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehemannes in der Höhe von EUR 435,00 ergibt sich eine monatliche Mindestsicherungsleistung für die Beschwerdeführerin in der Höhe von EUR 217,22.

6. Da die belangte Behörde der Beschwerdeführerin somit aufgrund der auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhenden Berechnungsweise eine zu geringe Mindestsicherungsleistung zuerkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Mai 2013

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