VwGH 2011/01/0201

VwGH2011/01/020119.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching, als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des M in G (Südafrika), vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. Februar 2011, Zl. MA35/III-O 3/2011, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §27 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2011010201.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde von Amts wegen fest, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft durch seinen Erwerb (Wiedererwerb) der südafrikanischen Staatsangehörigkeit am 16. Juli 1993 gemäß § 27 Abs. 1 StbG verloren habe; der Beschwerdeführer sei nicht österreichischer Staatsbürger.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das - über Ersuchen der österreichischen Botschaft in Pretoria vom 31. März 2009 - durchgeführte Verfahren zur Feststellung der Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers habe folgenden Sachverhalt ergeben:

Der Beschwerdeführer habe am 11. Oktober 1984 die südafrikanische Staatsangehörigkeit durch automatische Einbürgerung ("automatic naturalisation") gemäß Sec. 11A (1) des South African Citizenship Act 1949, Act No. 44 von 1949, in der Fassung des Amendments Act No. 53 von 1978, erworben.

Diese Staatsangehörigkeit habe der Beschwerdeführer am 31. Jänner 1990 gemäß Sec. 16 (2) leg. cit. durch Verzicht (um sich dem südafrikanischen Militärdienst zu entziehen) verloren, nachgewiesen durch das von ihm am 14. Juni 1989 ausgefüllte Formular der Verzichtserklärung samt Bestätigung des "Department of Home Affairs" über die erfolgte Registrierung dieser Erklärung.

Am 16. Juli 1993 habe der Beschwerdeführer (nach Abschaffung der Militärdienstpflicht) die südafrikanische Staatsangehörigkeit durch Wiederaufnahme (resumption) gemäß Sec. 25bis leg. cit. (wieder) erworben.

Im Zuge des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens habe der bevollmächtigte Bruder des Beschwerdeführers im Wesentlichen angegeben, dass der Beschwerdeführer die südafrikanische Staatsangehörigkeit durch automatische Naturalisation erhalten und niemals einen Antrag auf deren Erwerb gestellt habe; dies gehe aus zwei voneinander unabhängigen schriftlichen Bestätigungen des südafrikanischen "Department of Home Affairs" hervor. Im Jahr 1993 habe die südafrikanische Regierung möglichst vielen Weißen, darunter auch dem Beschwerdeführer, aus politischen Erwägungen die südafrikanische Staatsangehörigkeit unbürokratisch und ohne entsprechenden vorherigen Antrag erteilt.

In ihren Erwägungen hiezu führte die belangte Behörde aus, die vom Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zur Verfügung gestellten urkundlichen Beweise zeigten mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Angabe, der Beschwerdeführer habe niemals die südafrikanische Staatsangehörigkeit beantragt, nicht den Tatsachen entspreche. Die "Wiederaufnahme" der südafrikanischen Staatsbürgerschaft habe gemäß Sec. 25bis des South African Citizenship Act 1949 ("… the Minister may upon application in the prescribed form allow such person to resume his former South African Citizenship and issue to him a certificate to that effect in the prescribed form") tatsächlich nur auf dessen Antrag erfolgen können. Daran könne auch die Vorlage der Bescheinigung des südafrikanischen Department of Home Affairs vom 18. November 2010, Ref. 3100/90, nichts ändern. Eine mögliche Erklärung für die mehrfache Bestätigung des "niemals auf Antrag erfolgten Erwerbs der südafrikanischen Staatsangehörigkeit" könnte eventuell darin liegen, dass die Behörde dabei von einer Rückwirkung des durch Erklärung erfolgten Wiedererwerbs der Staatsangehörigkeit auf den Zeitpunkt des vorangegangenen Verlusts ausgegangen sei (wofür sich im südafrikanischen Staatsangehörigkeitsgesetz jedoch keinerlei Entsprechung finde). Selbst wenn man tatsächlich von einer derartigen Fiktion ausgehen könnte, würde dies mangels einer entsprechenden Bestimmung im StbG nichts am Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft auf Grund des auf Antrag erfolgten Wiedererwerbs der fremden Staatsangehörigkeit ändern.

Da die südafrikanischen Behörden auf Anfragen der belangten Behörde (im Wege der österreichischen Botschaft) nach deren bisherigen langjährigen Erfahrung keinerlei Auskünfte gäben, müsse es im vorliegenden Fall mit dem Beweis durch die vorgelegten Urkunden sein Bewenden haben. Da diese den für die Entscheidung relevanten Sachverhalt schlüssig und widerspruchsfrei argumentierten, liege - entgegen den Einwendungen des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers - kein Verfahrensmangel vor. Abgesehen davon habe der Bevollmächtigte bereits in seinem eingangs angeführten Schreiben an die österreichische Botschaft in Pretoria vom 11. Mai 2009 den maßgeblichen Sachverhalt bestätigt.

Auf Grund des Ermittlungsergebnisses stehe somit fest, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers der Tatbestand des Staatsbürgerschaftsverlustes verwirklicht worden sei, zumal eine Beibehaltung der Staatsbürgerschaft nicht bewilligt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß (dem seit der Stammfassung BGBl. Nr. 311/1985 unverändert gebliebenen) § 27 Abs. 1 StbG verliert die Staatsbürgerschaft, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.

Die Bestimmung des § 27 Abs. 1 StbG setzt voraus, dass der Staatsbürger eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete "positive" Willenserklärung abgibt und die fremde Staatsbürgerschaft infolge dieser Willenserklärung tatsächlich erlangt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. April 2012, Zl. 2010/01/0021, mwN).

Da das Gesetz verschiedene Arten von Willenserklärungen ("Antrag", "Erklärung", "ausdrückliche Zustimmung") anführt, bewirkt jede Willenserklärung, die auf Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtet ist, im Falle deren Erwerbs den Verlust der (österreichischen) Staatsbürgerschaft. Auf eine förmliche Verleihung der fremden Staatsangehörigkeit kommt es nicht an (vgl. wiederum das erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. April 2012, mwN).

Eine primär auf ein anderes Ziel gerichtete Willenserklärung (zB. Antritt eines Lehramtes an einer ausländischen Hochschule, Eheschließung) bewirkt nicht den Verlust der Staatsbürgerschaft, auch wenn dem Betroffenen bekannt ist, dass damit der Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2006/01/0884, mwN).

Ebenso wenig tritt der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft in dem Fall ein, dass jemand eine fremde Staatsbürgerschaft ohne "Erwerbswillen" infolge eines einseitigen Aktes des fremden Staates erlangt (vgl. auch dazu das erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, mwN).

2. In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, entgegen der Annahme der belangte Behörde liege keine "positive Willenserklärung" des Beschwerdeführers zur Erlangung der südafrikanischen Staatsangehörigkeit vor. Wie aus den beiden Bestätigungen des Department of Home Affairs der Republik Südafrika hervorgehe, habe der Beschwerdeführer niemals die südafrikanische Staatsbürgerschaft beantragt, sondern erfolge die "Naturalisation" automatisch.

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1989 die Republik Südafrika verlassen, nach Aufhebung der Wehrpflicht im Jahr 1990 habe er wieder dorthin zurückgewollt. In einem Brief des südafrikanischen Department of Home Affairs vom 29. Jänner 1991 sei er aufgefordert worden, einen Antrag auf Daueraufenthaltsgenehmigung zu stellen; innerhalb von 13 Monaten könne er einen Antrag auf Wiederaufnahme der südafrikanischen Staatsangehörigkeit einbringen. Am 5. März 1991 habe der Beschwerdeführer den Antrag auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung gestellt. Am 19. August 1992 habe er die beantragte Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung sei auf diese Berechtigung, nicht aber auf die Wiedererlangung der südafrikanischen Staatsangehörigkeit gerichtet gewesen. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Wiedererlangung der südafrikanischen Staatsbürgerschaft gestellt, beruhe auf keinen diesbezüglichen Feststellungen, sondern auf einer den realen Gegebenheiten widersprechenden Vermutung.

Das von der belangten Behörde durchgeführte Verfahren sei insofern mangelhaft, als sie es unterlassen habe, (im Wege des Bundesministeriums "für Auswärtige Angelegenheiten") die Aufzeichnungen der südafrikanischen Behörde über die Wiedererlangung der südafrikanischen Staatsangehörigkeit durch den Beschwerdeführer nachzufragen und das Ergebnis dieser Nachfrage den Sachverhaltsermittlungen zu Grunde zu legen.

3. Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt.

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das südafrikanische Bürgerrecht ("The South African Citizenship Act, 1949", in der Folge: Citizenship Act) lauten auszugsweise (Hervorhebung hinzugefügt):

"11A. Acquisation of South African citizenship by naturalization by virtue of permanent residence.

(1) An alien who -

c) has been ordinarily resident in the Republic for a period of at last five years after he so became entitled to permanent residence,

shall be a South African citizen by naturalization …"

16. Renunciation of citizenship.

A South African citizen who also has the citizenship or nationality of a conutry other than the Union, may make a declaration in the prescribed form renouncing his South African citizenship.

25bis. Resumption of South African citizenship

(1) If any person who in terms of the provisions of section 15 (1) (a). 16, 17, 18, 19bis (1) (a) or 20bis ceased to be a South African citizen, returns to the Union for permanent residence therein or intends residing permanently in the Union, as the circumstances may be, and is not a prohibited person under the law in force in the Union, the Minister may upon application in the prescribed form allow such person to resume his former South African citizenship and issue to him a certificate to that effect in the prescribed form.

…"

3.2. Der Beschwerdeführer hat unstrittig die südafrikanische Staatsangehörigkeit (erstmals) im Jahr 1984 durch automatisch erfolgte Einbürgerung gemäß Sec. 11A(1) des Citizenship Act erworben und diese durch Verzicht mit Wirksamkeit vom 31. Jänner 1990 verloren.

Ebenso unstrittig hat der Beschwerdeführer die südafrikanische Staatsangehörigkeit mit Wirksamkeit vom 16. Juli 1993 wieder erlangt; strittig ist, fallbezogen, ob dieser Erwerb - wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angenommen hat - aufgrund eines diesbezüglichen Antrages des Beschwerdeführers erfolgte oder - wie dies der Beschwerdeführer behauptet - (neuerlich) automatisch erfolgte.

3.3. Die behördliche Beweiswürdigung ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur dahin unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen. Dem Gerichtshof kommt es hingegen nicht zu, die Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. April 2012, mwN).

3.4. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid (ausgehend von den Bestimmungen des südafrikanischen Staatsangehörigkeitsrechts) beweiswürdigend davon aus, dass für den (Wieder‑)Erwerb der südafrikanischen Staatsangehörigkeit gemäß Sec. 25bis Citizenship Act zwingend die Antragstellung des Einzubürgernden vorgeschrieben sei. Diese Feststellung wird in der Beschwerde nicht konkret bestritten. Daran anschließend beurteilte die belangte Behörde das gegenteilige Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren derart, dass dieses Vorbringen - nämlich dass seine Wiedereinbürgerung im konkreten Fall nicht aufgrund seines Antrages vorgenommen wurde - nicht den Tatsachen entspreche (vgl. zu ähnlichen beweiswürdigenden Überlegungen etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. April 2012, sowie die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/01/0045, vom 19. Oktober 2011, Zl. 2009/01/0018, und vom 15. März 2010, Zl. 2008/01/0590).

Soweit die Beschwerde diese Erwägungen mit dem (bloßen) Hinweis auf die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren mehrfach vorgelegte Bescheinigung des südafrikanischen "Department of Home Affairs" (Ref. 3100/90, zuletzt datiert mit 18. November 2010) zu entkräften versucht, ist dem entgegen zu halten, dass sich die belangte Behörde - wie dargestellt - auch mit dem Inhalt dieser Bestätigung(en) auseinandergesetzt hat und die Beschwerde eine Unschlüssigkeit der diesbezüglichen Beweiswürdigung nicht aufzuzeigen vermag.

4. Aus den genannten Gründen kann daher der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe eine auf den (Wieder)Erwerb der südafrikanischen Staatsangehörigkeit gerichtete Erklärung abgegeben, im Ergebnis nicht entgegen getreten werden. Damit hat die belangte Behörde im Beschwerdefall aber zu Recht das Vorliegen des Verlusttatbestandes gemäß § 27 Abs. 1 StbG angenommen, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass der - als erwiesen angenommene - Antrag des Beschwerdeführers allenfalls nicht die konstitutive Neubegründung der südafrikanischen Staatsangehörigkeit sondern gleichsam (lediglich) das Wiederaufleben der ursprünglich (automatisch) erworbenen Staatsangehörigkeit bewirkte.

5. Davon ausgehend vermag aber das - unter der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften erstattete - Vorbringen, wonach die belangte Behörde zu Unrecht weitere Sachverhaltsermittlungen unterlassen habe, mangels Relevanz fallbezogen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

6. Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 19. September 2013

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