VwGH 2010/17/0130

VwGH2010/17/013029.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der TO-D in K, vertreten durch die Minihold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in 1070 Wien, Bernardgasse 36/21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom 15. April 2010, Zl. UVS- 06/FM/57/8517/2009-5, betreffend Übertretung des Börsegesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

12010E267 AEUV Art267;
32003L0006 Marktmissbrauch-RL;
32003L0124 MarktmissbrauchDV-RL Art4;
BörseG 1989 §48a Abs1 Z2 lita sublitaa idF 2004/I/127;
EURallg;
KMG 1991 §21;
MpV 2005;
VStG §19;
VStG §7;
12010E267 AEUV Art267;
32003L0006 Marktmissbrauch-RL;
32003L0124 MarktmissbrauchDV-RL Art4;
BörseG 1989 §48a Abs1 Z2 lita sublitaa idF 2004/I/127;
EURallg;
KMG 1991 §21;
MpV 2005;
VStG §19;
VStG §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 3. August 2009 wurden über die Beschwerdeführerin zwei Verwaltungsstrafen, und zwar wegen Übertretung

1) des § 7 VStG in Verbindung mit § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 2 Z 1 lit. a Börsegesetz, BGBl. Nr. 555/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2006 bzw. BGBl. I Nr. 60/2007 sowie

2) des § 48 Abs. 2 Z 4 Börsegesetz, BGBl. Nr. 555/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2007 in Verbindung mit § 18 Z 1 Börsegesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2005,

verhängt.

Es wurde eine Geldstrafe von jeweils EUR 1.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag ausgesprochen.

Der Beschwerdeführerin wurde zur Last gelegt, im Zeitraum zwischen 30. November 2007 und 10. September 2008 als Wertpapierhändlerin und Börsebesucherin die in der Anlage zum Bescheid aufgelisteten Käufe und Verkäufe (Limitorders) des HA Gewinnscheins, der von der HA Immobilien AG begeben wurde (die in der Beschwerde als Schwestergesellschaft der HA Bank bezeichnet wird) in das elektronische Handelssystem der Wiener Börse eingeleitet zu haben.

Sie habe damit (ad 1) vorsätzlich dazu beigetragen, dass die HA Bank fortgesetzt Marktmanipulation betrieben habe, indem sie im Tatzeitraum die in der Anlage aufgelisteten Verkäufe und Käufe des HA Gewinnscheins an der Wiener Börse getätigt habe, die falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots und der Nachfrage dieses Wertpapiers gegeben hätten sowie den Kurs dieses Wertpapiers in der Weise beeinflusst hätten, dass ein abnormales oder künstliches Kursniveau erzielt worden sei (die dabei gewählte Vorgangsweise wurde detailliert beschrieben). Zu 2) wurde der Beschwerdeführerin zum Vorwurf gemacht, bei ihrer Geschäftstätigkeit die Handelsbedingungen der Wiener Börse nicht eingehalten zu haben.

1.2. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Die belangte Behörde führte die mündliche Verhandlung für alle Berufungsverfahren im Zusammenhang mit den gegenständlichen Kompensgeschäften (an drei Terminen) gemeinsam durch und verkündete am 25. Jänner 2010 den Berufungsbescheid auch gegenüber der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren (vgl. die hg. Verfahren zu den Zlen. 2010/17/0129, 2010/17/0131 bis 2010/17/0133 und 2010/17/0158).

1.3. Mit Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids vom 15. April 2010 wurde der mündlich verkündete Berufungsbescheid gegenüber der Beschwerdeführerin vom 25. Jänner 2010 ausgefertigt und damit Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt, das Straferkenntnis aber hinsichtlich seines Spruchpunktes 1 in der Schuldfrage mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolgen "falsche oder" und "sowie den Kurs dieses Wertpapiers in der Weise beeinflusst haben, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wurde" zu entfallen hätten. Hinsichtlich der Strafe wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und die Beschwerdeführerin gemäß § 21 Abs. 1 VStG ermahnt wurde.

Als Übertretungsnorm wurde § 48a Abs. 2 Z 1 lit. a sublit. aa Börsegesetz BGBl. Nr. 555/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2007 angegeben.

Mit Spruchpunkt II wurde der mündlich verkündete (und unter Spruchpunkt I ausgefertigte) Bescheid gemäß § 52a VStG hinsichtlich der Übertretungsnorm dahin gehend abgeändert, dass zu den genannten Vorschriften auch § 7 VStG hinzutrete.

1.4. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gibt die belangte Behörde zunächst den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheids und der Berufung der Beschwerdeführerin sowie einen Untersuchungsbericht der FMA wieder, der die Grundlage für die Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin und die weiteren Beschuldigten, gegen die im Zusammenhang mit den gegenständlichen Kompensgeschäften Verwaltungsstrafverfahren geführt wurden, war.

Nach einer Darstellung der Ausführungen in einer Stellungnahme des Rechtsvertreters der Beschuldigten, mit der auch ein Gutachten von Univ.-Prof. Dr. K vorgelegt worden war, wird der Ablauf der zu drei Terminen abgehaltenen mündlichen Verhandlung, die für alle Berufungsverfahren gegen Beschuldigte, die im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Marktmanipulation durch die HA Bank als Beitragstäter oder Verantwortlicher nach § 9 VStG durch die Behörde erster Instanz bestraft worden waren, gemeinsam durchgeführt wurde, geschildert. Es werden auch die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Beschuldigten wiedergegeben, die in der Verhandlung verlesenen Urkunden genannt sowie die Stellungnahme der Vertreterin der FMA wieder gegeben.

Auf Grund des Ermittlungsverfahrens ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin sei vom 30. November 2007 bis 10. September 2008 als Wertpapierhändlerin und Börsebesucherin am Geschäftssitz der HA Bank tätig gewesen und habe die in der Anlage zum Bescheid aufgelisteten Käufe und Verkäufe (Limitorders) des HA Gewinnscheins (mit zwei Ausnahmen; in diesen Fällen habe Frau W die Orders eingegeben) in das elektronische Handelssystem der Wiener Börse eingeleitet.

Die HA Bank habe mit diesem Vorgehen im Zeitraum vom 16. Jänner 2006 bis 10. September 2008 fortgesetzt Marktmanipulation betrieben, indem sie Käufe und Verkäufe des HA Gewinnscheins an der Wiener Börse getätigt habe, die irreführende Signale hinsichtlich des Angebots und der Nachfrage dieses Wertpapiers gegeben hätten.

Der Gewinnschein, der von der HA Immobilien AG emittiert worden sei, habe eine schuldrechtliche Teilnahme an den Aktiva und Passiva des sogenannten Rechnungskreises Serie A, nämlich einen Anspruch auf einen Anteil an dem sich aus den Vermögenswerten (vorwiegend Immobilien) ergebenden Jahresüberschuss sowie auf einen Anteil an dem sich aus den Vermögenswerten ergebenden Abwicklungserlös vermittelt.

Die HA Gewinnscheine hätten seit 26. April 2004 am Dritten Markt an der Wiener Börse notiert. Der Handel sei im Verfahren "Auktion" erfolgt. Mit Erklärung vom 20. April 2004 habe die HA Bank für dieses Wertpapier die Verpflichtung zur Betreuung gemäß § 11a XETRA Handelsregeln übernommen und regelmäßig entsprechende "Quotes" (verbindliche An- und Verkaufsorders) gestellt. Als Mindestquotierung seien von der Wiener Börse AG 100 Stück pro Handelstag vorgegeben worden. Grundlage für die verbindlichen An- und Verkaufspreise sei der errechnete aktuelle Net Asset Value (NAV) gewesen. Soweit bekannt, seien sämtliche börslichen An- und Verkäufe von Anlegern mit der HA Bank als Gegenpartei in der Höhe der Bid- bzw. Ask-Order ausgeführt worden.

Die HA Bank vertreibe die HA Gewinnscheine auch außerbörslich. Preisliche Grundlage sämtlicher außerbörslicher Geschäfte mit den Gewinnscheinen sei der NAV gewesen. Der Handel mit dem Gewinnschein habe im Tatzeitraum vor allem außerbörslich stattgefunden. Die Zahl der börslichen Transaktionen sei dagegen marginal gewesen. Der Anteil der über die Börse abgewickelten Geschäfte sei von der HA Bank mit 0,08 % angegeben worden.

In der Folge wurde detailliert die Vorgangsweise bei der Eingabe von Kauf- und Verkaufsorders mit jeweils gleichem Orderlimit durch die Händler der HA Bank dargestellt. Sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite sei die HA Bank aufgetreten. Mit diesen Orders habe die HA Bank sicherstellen wollen, dass das börsliche Kursniveau an den von der HA Bank errechneten "wahren wirtschaftlichen Wert (fair value)" angeglichen und insofern korrigiert werde. Die Orders seien daher ohne sonst für Börsegeschäfte zukommende Relevanz mit dem ausschließlichen Ziel der Kursbildung zum jeweiligen Orderlimit und damit vorsätzlich so eingesetzt worden, dass mit diesen Orders irreführende Signale für die Nachfrage der Zertifikate ausgegangen seien.

Nach Darstellung der Berechnungsweise des NAV wurde ausgeführt, dass die Kompensgeschäfte in der HA Bank im Department "Branch Support/Trading" durchgeführt worden seien. Dieses sei in den Bereich "Investmentservices/Private Banking" eingegliedert gewesen. Die Berechnungen seien vom 16. Jänner 2006 bis zu seinem Ausscheiden Anfang März 2008 vom Bereichsleiter, Herrn B (dem Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2010/17/0132), und im Anschluss von der Wertpapierhändlerin W (der Beschwerdeführerin zur hg. Zl. 2010/17/0129) durchgeführt worden. Die Ergebnisse der Berechnungen seien in der Folge an Händler bzw. Händlerassistenten weitergegeben worden mit dem Ziel, dass der kalkulierte Wert als Basis für die außerbörslichen Geschäfte herangezogen und durch Eingabe der verfahrensgegenständlichen Kompensationsgeschäfte auch börslich abgebildet werde.

Diese Feststellungen ergäben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung. Es sei sowohl die Vorgehensweise der HA Bank als auch der Umstand, dass es bei den Geschäften zu keiner Veränderung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers gekommen sei, unbestritten. Unbestritten sei weiters der Tätigkeitsbereich des Mitbeschuldigten B (des Beschwerdeführers zur hg. Zl. 2010/17/0132) im Tatzeitraum und dass dieser den NAV berechnet habe und mit dem Ziel weitergegeben habe, dass der kalkulierte Wert als Basis für die außerbörslichen Geschäfte herangezogen werde und durch Eingabe von gegenläufigen Käufen und Verkäufen auch börslich abgebildet werde.

Bestritten werde allerdings die Eignung der Orders zur Kursmanipulation; mit den inkriminierten Orders sei kein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt worden und daher der Tatbestand der Marktmanipulation nicht erfüllt worden. Ein abweichendes oder künstliches Kursniveau ergebe sich nach Auffassung der Beschwerdeführerin aus der Abweichung des Kurses von den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen und vom marktgerechten Preis, also von den Bezugsgrößen "wahrer wirtschaftlicher Wert (fair value)" und "(außerbörslicher) Marktpreis". Nach näherer Darstellung der im Verfahren dargelegten Berechnungsmethode des NAV gibt die belangte Behörde die Verantwortung der Beschuldigten in den Strafverfahren zum außerbörslichen Handel mit den HA Gewinnscheinen (und Beschwerdeführern in den oben genannten weiteren hg. Verfahren) wieder. Der Handel mit den Gewinnscheinen habe primär außerbörslich im OTC-Segment stattgefunden (zu 99 %) und habe sich dort auf Grund der Angebots- und Nachfragekräfte "zu einem (außerbörslichen) Marktpreis konzentriert". Dieser Preis stimme nur selten mit dem Börsepreis überein. Der Börsepreis gebe daher regelmäßig nicht den "Marktpreis" der Gewinnscheine wieder und sei insofern geeignet, die Anleger irrezuführen. Um den "falschen, nämlich den weder dem wirtschaftlichen Wert, noch dem Marktpreis der Immobiliengewinnscheine entprechenden Kurs" am Dritten Markt der Wiener Börse "zu korrigieren und sohin eine Irreführung der Anleger hintanzuhalten", habe die HA Bank die gegenständlichen Kompensationsgeschäfte durchgeführt.

1.5. In rechtlicher Hinsicht wird im angefochtenen Bescheid zunächst darauf hingewiesen, dass nach § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz Marktmanipulation vorliege, wenn entweder falsche oder irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten gegeben würden oder werden könnten, oder aber der Kurs eines Finanzinstruments in der Weise beeinflusst werde, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt werde. Da es sich um eine alternative Aufzählung handle, liege Marktmanipulation schon dann vor, wenn "irreführende Signale vorliegen oder wenn irreführende Signale betreffend die Nachfrage nach dem gegenständlichen Immobiliengewinnschein ausgesendet" würden.

Bei dem gegenständlichen Gewinnschein handle es sich um einen Gewinnschein, der am Dritten Markt der Wiener Börse gehandelt worden sei. Der Handel sei nicht auf den außerbörslichen Handel beschränkt gewesen. Der Immobiliengewinnschein sei als Genussrecht konzipiert, allerdings börsennotiert. Im Prospekt sei kein Hinweis ersichtlich, wonach der Preis an der Börse "abgebildet" werden solle.

Mit den verfahrensgegenständlichen Orders sei das Ziel verfolgt worden, das börsliche Kursniveau an den von der HA Bank errechneten "wahren wirtschaftlichen Wert (fair value)" bzw. den außerbörslich erzielten Marktpreis anzugleichen. Die abgestimmten Kauf- und Verkaufsorders seien daher zeitgleich so eingegeben worden, dass es zum Geschäftsabschluss zum jeweiligen Orderlimit und damit zur Preisbildung gekommen sei. Es sei damit faktisch nicht möglich gewesen, dass die verfahrensgegenständlichen Orders auf Kauf- oder Verkaufsorders von Börsekunden getroffen wären. Es sei daher davon auszugehen, dass sogenannte "Scheingeschäfte" getätigt worden seien. Dabei sei die Veränderung einer Wertpapierposition unter Eingehung eines wirtschaftlichen Risikos vermieden worden. Marktteilnehmer, die Scheingeschäfte abschlössen, hätten regelmäßig ein anderes als das typische wirtschaftliche Interesse an einem Finanzinstrument (Hinweis auf Kapfer/Puck, Der neue Marktmanipulationstatbestand im österreichischen Börserecht, ÖBA 8/2005, 518, 519).

Von solchen Scheingeschäften gingen sehr wohl irreführende Signale für das Angebot und die Nachfrage von Wertpapieren für andere Marktteilnehmer aus. Durch die wirtschaftlich nicht begründeten Scheingeschäfte werde ein Umsatz in einem Wertpapier generiert und damit ein irreführendes Signal in den Markt gesendet, durch das die Kursentwicklung beeinflusst werden könne. Dies deshalb, weil die Umsatzentwicklung für Investoren ein Indiz hinsichtlich der künftigen Kursentwicklung eines Finanzinstruments darstelle. Insbesondere in engen Märkten (bei illiquiden Titeln) gingen von solchen Scheingeschäften insofern irreführende Signale aus, als sich das dadurch erreichte Kursniveau nicht (mehr) als Ergebnis eines unbeeinflussten Marktgeschehens darstelle. Der Börsekurs komme nämlich nicht mehr durch das zu schützende freie Spiel von Angebot und Nachfrage zustande, sondern durch Geschäfte, denen die sonst Börsegeschäften zukommende Relevanz fehle. Insofern würden die Anleger über den Preisfindungsmechanismus in die Irre geführt. Mit den gegenständlichen Scheingeschäften sei bereits aus diesem Grund der Tatbestand der Marktmanipulation erfüllt.

Soweit im vorgelegten Rechtsgutachten ausgeführt werde, dass der gegenständliche Gewinnschein dem Mechanismus eines Kapitalanteilsscheins nach dem Immobilien-Investmentfondsgesetz nachgebildet sei, sei festzuhalten, dass die Ausgestaltung von Anteilsscheinen den Bestimmungen des Immobilien-Investmentfondsgesetzes entsprechen müsse. Diese Anteilsscheine unterlägen somit auch der Aufsicht der FMA. Im Gegensatz dazu setze die kapitalmarktrechtliche Aufsicht über den HA Gewinnschein erst bei der Überwachung der börslichen Preisbildung unter Einhaltung der Bestimmungen des Börsegesetzes und der XETRA-Handelsregeln ein. Der HA Gewinnschein entspreche nicht den Anforderungen des Immobilien-Investmentfondsgesetzes. Der Hinweis auf die jederzeitige Rückgabemöglichkeit entspreche nicht § 6 der Wertpapierbedingungen. Ein Rechtsanspruch auf jederzeitige Rückgabe vergleichbar § 11 Immobilien-Investmentfondsgesetz bestehe daher nicht. Die Vergleichbarkeit des Immobiliengewinnscheines mit Anteilen eines Immobilien-Investmentfonds sei daher nicht ersichtlich. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die HA Bank de facto bereit gewesen sein möge, Gewinnscheine jederzeit zurück zu nehmen, komme es doch nicht auf die freiwillige Rücknahme, sondern auf einen Rechtsanspruch auf Rücknahme des Gewinnscheines an.

Zur Frage, ob legitime Gründe für das Verhalten der HA Bank im Sinne des § 48a Abs. 1 Z 2 Börsegesetz vorgelegen seien, führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 48a Abs. 1 Z 5 Börsegesetz "zulässige Marktpraxis" Gepflogenheiten seien, die auf einem oder mehreren Finanzmärkten nach vernünftigem Ermessen erwartet und von der FMA durch Verordnung gemäß Abs. 3 anerkannt würden.

Auf Grundlage des § 48a Abs. 3 Börsegesetz sei die Marktpraxisverordnung, BGBl. II Nr. 1/2005 (MpV), erlassen worden. Gemäß § 1 Abs. 1 MpV gälten von professionellen Marktteilnehmern zu marktadäquaten Kursen abgeschlossene geringfügige Kompensationsgeschäfte in ausgewählten Schuldverschreibungen als im Rahmen einer zulässigen Marktpraxis abgeschlossen.

Gemäß § 1 Abs. 2 MpV sei ein Kompensgeschäft eine zu Bewertungszwecken durchgeführte Wertpapiertransaktion, bei der es zu keinem Wechsel des oder der wirtschaftlich Berechtigten komme. Geringfügig sei ein Kompensgeschäft dann, wenn das gehandelte Volumen dem niedrigsten von dem jeweiligen Marktteilnehmer erteilbaren Ordervolumen entspreche oder der Ordergegenwert ohne Spesen EUR 1.000,-- nicht übersteige.

Nach Wiedergabe des Inhalts des § 1 Abs. 3 MpV wird ausgeführt, dass zu prüfen gewesen sei, ob es sich bei den HA Gewinnscheinen um "ausgewählte Schuldverschreibungen" im Sinne der Marktpraxisverordnung gehandelt habe. Der Gewinnschein sei als "Genussrecht gemäß § 174 AktG" ausgestaltet gewesen und habe eine schuldrechtliche Teilhabe an den Aktiva und Passiva des Rechnungskreises Serie A vermittelt. Die Rückzahlbarkeit des Nominales der Gewinnscheine und die Zahlung von Zinsen hingen daher vom Ergebnis des Rechnungskreises A ab.

Unter "Schuldverschreibungen" seien dagegen Wertpapiere zu verstehen, die einen Anspruch auf Rückzahlung eines als Darlehen gewährten Geldbetrages verbrieften (Hinweis auf Nagele in: Jabornegg/Strasser, Kommentar zum AktG, Rz 3 ff zu § 174 AktG). Es gebe nach den Bedingungen für den Gewinnschein keine für Schuldverschreibungen typische Tilgungspflicht. Die Stellung des Genussscheininhabers sei daher mit jener eines für Schuldverschreibungen typischen Darlehensgebers nicht zu vergleichen. Auch aus der Definition der "vergleichbaren Schuldverschreibungen" im Sinne des § 1 Abs. 3 MpV ergebe sich, dass die Parameter für "ähnliche Schuldverschreibungen" insgesamt die klassischen Merkmale einer Schuldverschreibung, nämlich insbesondere Tilgungspflicht, Tilgungszeitpunkt und Verzinsung, seien.

Selbst wenn man jedoch davon ausgehen wollte, dass es sich bei den gegenständlichen Gewinnscheinen um Schuldverschreibungen im Sinne der Marktpraxisverordnung handle, wären die in der Marktpraxisverordnung geforderten Bedingungen für die Zulässigkeit der gegenständlichen Kompensgeschäfte nicht erfüllt.

Ein marktadäquater Kurs im Sinne des § 1 Abs. 3 MpV sei ein Kurs, der innerhalb der Bandbreite aller Quotierungen für eine ausgewählte Schuldverschreibung in den letzten drei Stunden vor Abschluss des Kompensgeschäftes in einem in der Finanzbranche üblicherweise verwendeten Datenverbreitungskanal liege. Diese Bandbreite müsse Quotierungen von mindestens drei verschiedenen professionellen Marktteilnehmern umfassen. Quotierungen von das Kompensgeschäft durchführenden Marktteilnehmern seien dabei nicht zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich, dass ein in einer bestimmten Breite (mehr als drei verschiedene professionelle Marktteilnehmer) bestehender außerbörslicher Markt existieren müsse. Dieser entstehe üblicherweise dann, wenn die Marktteilnehmer das Papier als ausreichend liquide und für die Investoren als ausreichend interessant einschätzten, damit das Papier Gegenstand von regelmäßiger Stellung von An- und Verkaufsgeboten werde. Daneben müssten auch die für die Kursbildung relevanten Parameter für die Marktteilnehmer nachvollziehbar sein, da ansonsten die Marktteilnehmer Gefahr liefen, falsche Preise zu stellen. Parameter für die Kursbildung in Schuldverschreibungen seien im Wesentlichen die auf dem Anleihemarkt geltenden Marktumstände (Zinsniveau), die Verzinsung des Wertpapiers, die Restlaufzeit und die Bonität des Schuldners. Nur wenn sonst kein marktadäquater Kurs festgestellt werden könne, könnten vergleichbare Schuldverschreibungen herangezogen werden.

Im Beschwerdefall sei mit den Kompensationsgeschäften der "fair value" bzw. der außerbörslich erzielte Marktpreis auf Basis des von HA Bank errechneten "aktuellen NAV" als Börsekurs abgebildet worden. Dieser Kurs sei kein marktadäquater Kurs im Sinne der Marktpraxisverordnung, BGBl. II Nr. 1/2005, gewesen. Nach den Ausführungen der Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung seien weder Quotierungen von mindestens drei verschiedenen professionellen Marktteilnehmern (ohne Einrechnung der das Kompensgeschäft durchführenden Marktteilnehmer) vorgelegen, noch seien "vergleichbare Schuldverschreibungen" herangezogen worden. Es sei daher nicht zu prüfen gewesen, ob mit den Orders die Geringfügigkeitsgrenze des § 1 Abs. 2 MpV überschritten worden sei.

Zu den Ausführungen in der Berufung, die HA Bank sei mit den gegenständlichen Geschäften ihrer Verpflichtung zur Eingabe von Nostro-Orders als Betreuerin in der Auktion nachgekommen, wird darauf hingewiesen, dass es zwar zutreffe, dass der HA Bank eine dem Market Maker bzw. Spezialisten vergleichbare Liquiditätsfunktion im Handelsverfahren Auktion zukomme. Gemäß § 11a XETRA-Handelsregeln sei es Aufgabe eines Spezialisten/Market Makers/Betreuers, zur Sicherstellung der Handelbarkeit der Wertpapiere (Liquidität) während der Handelsphase verbindlich kompetitive Kauf- und Verkaufsorders ("Quotes") zu stellen und zu diesen Geschäften abzuschließen. Damit solle in Verbindung mit zusätzlichen Maßnahmen für eine intensivere Betreuung und Vermarktung der Titel gesorgt werden (Liquiditätsbetreuung). Die verbindlich einzugebenden An- und Verkaufspreise seien sowohl für die Nachfrage- als auch für die Angebotsseite für eine bestimmte Mindestquotierung (Minimum Size) unter Einhaltung einer höchstzulässigen Preisspanne (Maximum Spread) zu stellen. Die Quotes seien entsprechend zu kennzeichnen (Market Maker Auftrag, § 12 XETRA Handelsregeln). Als Mindestquotierung seien von der Wiener Börse AG 100 Stück pro Handelstag vorgegeben worden.

Zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung habe die HA Bank regelmäßig, das heiße in einem Abstand von einem bis wenigen Tagen Quotes mit höherem Volumen (als die Mindestquotierung) gestellt. Zwischen den An- und Verkaufspreisen sei durch Eingabe von Limitorders jeweils eine Preisspanne eingehalten worden und die Quotes seien jedenfalls im Tatzeitraum entsprechend gekennzeichnet worden (Account type "M", Order Type "Q"). Ganz anders habe der erklärte Zweck der verfahrensgegenständlichen Orders zur Abbildung des außerbörslich erzielten Preises gelautet.

Die HA Bank habe neben den bzw. zusätzlich zu den nicht verfahrensgegenständlichen Quotes die in Rede stehenden Limitorders eingegeben. Die verfahrensgegenständlichen Geschäfte könnten daher nicht mit der Betreuerfunktion gemäß § 11a XETRA Handelsregeln gerechtfertigt werden.

Die von der HA Bank durchgeführten Scheingeschäfte hätten zu einer Korrektur des börslichen Kurses geführt und wirkten damit per se marktmanipulativ. Von den Scheingeschäften gingen irreführende Signale betreffend Angebot und Nachfrage von Wertpapieren aus. Ziel der Geschäfte sei die Abbildung des außerbörslichen Kurses an der Börse gewesen. Damit sei der Manipulationsvorsatz gegeben.

1.6. Zur subjektiven Tatseite wird nach Ausführungen zum Inhalt des § 7 VStG festgestellt, unmittelbarer Täter einer Marktmanipulation sei derjenige, der Marktmanipulation im Sinne des § 48c BörseG betreibe. Dies sei derjenige, auf dessen Initiative manipulative Orders und Geschäfte eingegeben bzw. getätigt würden. Im Beschwerdefall sei die HA Bank als unmittelbarer Täter hinsichtlich der Verwaltungsübertretung der Marktmanipulation anzusehen.

Voraussetzung für die Strafbarkeit des Beitragstäters sei, dass die vom unmittelbaren Täter begangene Tat den objektiven Tatbestand des betreffenden Delikts erfülle und rechtswidrig sei. Dies sei nach den Begründungsausführungen hinsichtlich der Übertretungen des Verbots der Marktmanipulation und der Handelsregeln der Wiener Börse durch die HA Bank im Zeitraum 16. Jänner 2006 bis 10. September 2008 der Fall. Darauf, ob der unmittelbare Täter auch strafbar sei, komme es hingegen nicht an; auf das Vorbringen der gemäß § 9 VStG Verantwortlichen der HA Bank sei daher im Zusammenhang mit der Prüfung der Strafbarkeit der Beschwerdeführerin nicht einzugehen gewesen.

Der Beschwerdeführerin sei es bewusst gewesen, dass die HA Bank auf Basis ihrer Berechnungen die verfahrensgegenständlichen Orders mit dem Ziel der Kursbildung zum jeweiligen Orderlimit eingegeben habe. Trotzdem habe sie vorsätzlich die Orders für die verfahrensgegenständlichen Kompensationsgeschäfte (Limitorders) in das Handelssystem mit dem Ziel eingegeben, dass der kalkulierte Wert auch börslich abgebildet werde. Sie habe dadurch der HA Bank die Begehung der Verwaltungsübertretungen der Marktmanipulation und des Verstoßes gegen die Handelsregeln im Tatzeitraum fortgesetzt vorsätzlich erleichtert.

Mangelndes Verschulden komme im konkreten Fall nicht in Betracht. Die Verantwortung der Beschwerdeführerin könne dahin gehend zusammengefasst werden, dass sie von der Rechtmäßigkeit des Verhaltens der HA Bank bzw. ihres Verhaltens ausgegangen sei. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum könne ihr jedoch nicht zugebilligt werden. Von einer geprüften Wertpapierhändlerin, die in einem Kreditinstitut tätig sei, in dem börsliche Geschäfte durchgeführt würden, sei zu erwarten, dass sie sich über die einschlägigen Rechtsvorschriften ausreichend informiere. Sei die Auslegung von Normen mit Schwierigkeiten verbunden, wäre es ihre Sache gewesen, sich bei der zuständigen Behörde über den Inhalt der Normen zu informieren (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 93/17/0022, 0023).

Auch mit dem Vorbringen der HA Bank werde nicht behauptet, dass die Bank bei der FMA eine - allenfalls die Schuld der Beschwerdeführerin ausschließende - Rechtauskunft eingeholt hätte.

1.7. Zu der mit dem angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt I. durchgeführten Spruchkorrektur wird ausgeführt, es stehe fest, dass mit dem angelasteten Vorgehen irreführende Signale gesetzt worden seien. Es sei daher nicht erforderlich zu prüfen, ob es sich auch um "falsche" Signale gehandelt habe oder ob es dadurch zu einem anormalen oder künstlichen Kursniveau gekommen sei. Die Übertretungsnorm sowie die Strafsanktionsnorm seien zu konkretisieren gewesen.

1.8. Zu der unter Spruchpunkt II. erfolgten Abänderung des Bescheids nach § 52a VStG wird ausgeführt, dass die "Spruchberichtigung nach § 52a VStG" erforderlich gewesen sei, weil auf Grund eines Versehens die Übertretungsnorm unrichtig zitiert worden sei.

1.9. Zur Strafbemessung wird nach Wiedergabe des Inhalts des § 19 Abs. 1 und 2 VStG sowie des § 21 Abs. 1 VStG festgehalten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG vorlägen. Der Schutzzweck der Norm sei zwar in erheblichem Maße beeinträchtigt worden, doch sei nicht hervorgekommen, dass dadurch ein Schaden entstanden sei. Zu berücksichtigen sei gewesen, dass die Beschwerdeführerin unter der Leitung des Mitbeschuldigten B (dem Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2010/17/0132) im Rahmen ihrer Ausbildung die gegenständliche Vorgangsweise kennen gelernt habe und ihr von dessen Seite die Ordnungsmäßigkeit der Vorgangsweise versichert worden sei. Vorzuwerfen sei ihr allerdings, dass sie diese Vorgangsweise nicht hinterfragt habe. Das tatbildliche Verhalten der Beschwerdeführerin sei aber deutlich hinter dem in der gesetzlichen Strafdrohung des § 48c Börsegesetz typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben.

Der Ausspruch einer Ermahnung sei erforderlich gewesen, um die Beschwerdeführerin künftig zu größerer Sorgfalt bei der Einhaltung der Vorschriften des Börsegesetzes anzuhalten.

1.10. Die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheids hinsichtlich der in diesem unter Punkt 2) angelasteten Tat wurde unter Hinweis auf das Verbot der Doppelbestrafung begründet, weil der Unrechtsgehalt dieser Tat bereits mit der unter Spruchpunkt 1) des erstinstanzlichen Bescheids ausgesprochenen Bestrafung abgegolten sei.

1.11. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 23. Juni 2010, B 750/10-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 23. Juli 2010, B 750/10-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss zum Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit aus, dass die angegriffene Strafnorm auf der Richtlinie 2003/6/EG beruhe, die sich gegen Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) wende und daher den Zweck der Strafnorm hinreichend verdeutliche (zur Interpretation der Richtlinie anhand dieser Zielsetzung verweist der Verfassungsgerichtshof auf das Urteil des EuGH vom 23. Dezember 2009, Rs C-45/08 , Spector Photo Group). Sie betreffe im Ergebnis einen Personenkreis, der auf Grund seiner Position und fachlichen Kenntnisse beurteilen könne, ob bestimmte Verhaltensweisen geeignet seien, falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente zu geben und damit den Markt zu manipulieren. In solchen Fällen verstoße der Gesetzgeber nicht gegen das verfassungsrechtliche Determinierungsgebot, wenn er sich damit begnüge, das geforderte Verhalten und die korrespondierende Strafbestimmung lediglich im Hinblick auf einen bestimmten Erfolg zu umschreiben, weil davon ausgegangen werden könne, dass der betreffende sachkundige Personenkreis eine im wesentlichen übereinstimmende Auffassung über den Inhalt des gebotenen Verhaltens habe (Hinweis auf die Erkenntnisse VfSlg. 16.993/2003 und 17.349/2004). Vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes lasse das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes daher als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

1.12. In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts wird auch angeregt, dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Auslegung der Tatbestandsmerkmale von Art. 1 Abs. 2 lit. a (gemeint: Art. 1 Z 2 lit. a) der Marktmissbrauchsrichtlinie, 2003/6/EG, vorzulegen.

1.13. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und die Abweisung der Beschwerde unter Zuspruch der Kosten für den Vorlageaufwand beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. a) § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a Börsegesetz, BGBl. Nr. 555/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 127/2004, der mit 1. Jänner 2005 in Kraft trat (und auch durch die Novelle zum Börsegesetz, BGBl. I Nr. 60/2007, nicht geändert wurde), lautet:

"2. 'Marktmanipulation' sind

a) Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge, die

aa) falsche oder irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs geben oder geben könnten, oder

ab) den Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente durch eine Person oder mehrere, in Absprache handelnde Personen in der Weise beeinflussen, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wird,

es sei denn, dass die Person, welche die Geschäfte abgeschlossen oder die Aufträge erteilt hat, legitime Gründe dafür hatte und dass diese Geschäfte oder Aufträge nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf dem betreffenden geregelten Markt verstoßen.

Bei der Beurteilung der Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge gemäß lit. a als Marktmanipulation sind unbeschadet der Fälle von Marktmanipulation gemäß Abs. 2 insbesondere folgende Umstände - die als solche nicht unbedingt als Marktmanipulation anzusehen sind - zu berücksichtigen:

"(3) Ob eine 'zulässige Marktpraxis' gemäß Abs. 1 Z 5 vorliegt, kann die FMA durch Verordnung festlegen."

c) § 1 der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über zulässige Marktpraktiken an österreichischen Finanzmärkten (Marktpraxisverordnung - MpV), BGBl. II Nr. 1/2005, lautet:

"Kompensgeschäfte in Schuldverschreibungen

§ 1. (1) Von professionellen Marktteilnehmern zu marktadäquaten Kursen abgeschlossene geringfügige Kompensgeschäfte in ausgewählten Schuldverschreibungen gelten als im Rahmen einer zulässigen Marktpraxis abgeschlossen.

(2) Ein Kompensgeschäft im Sinne des Abs. 1 ist eine zu Bewertungszwecken durchgeführte Wertpapiertransaktion, bei der es zu keinem Wechsel des oder der wirtschaftlich Berechtigten kommt. Geringfügig ist ein Kompensgeschäft dann, wenn das gehandelte Volumen dem niedrigsten von dem jeweiligen Marktteilnehmer erteilbaren Ordervolumen entspricht oder der Ordergegenwert ohne Spesen 1000 Euro nicht übersteigt.

(3) Ein marktadäquater Kurs im Sinne des Abs. 1 ist ein Kurs, der innerhalb der Bandbreite aller Quotierungen für eine ausgewählte Schuldverschreibung in den letzten drei Stunden vor Abschluss des Kompensgeschäftes in einem in der Finanzbranche üblicherweise verwendeten Datenverbreitungskanal liegt. Diese Bandbreite muss Quotierungen von mindestens drei verschiedenen professionellen Marktteilnehmern umfassen. Quotierungen von das Kompensgeschäft durchführenden Marktteilnehmern sind dabei nicht zu berücksichtigen. In der Finanzbranche üblicherweise verwendete Datenverbreitungskanäle können nur solche sein, die allen Marktteilnehmern unter gleichen Bedingungen zugänglich sind. Zur Feststellung eines marktadäquaten Kurses für ein Kompensgeschäft können, wenn sonst kein marktadäquater Kurs festgestellt werden kann, auch vergleichbare Schuldverschreibungen herangezogen werden. Unter vergleichbaren Schuldverschreibungen sind Schuldverschreibungen von Emittenten mit gleicher Bewertung (Rating), die ähnliche Tilgungszeitpunkte, gleiche Verzinsung und ähnliche Emissionsbedingungen haben sowie auch sonst ähnlich ausgestaltet sind zu verstehen. Der Nachweis, dass ein Kompensgeschäft zu einem marktadäquaten Kurs abgeschlossen wurde, obliegt dem professionellen Marktteilnehmer.

(4) Ausgewählte Schuldverschreibungen im Sinne des Abs. 1 sind:

1. Anleihen des Bundes, der Bundesländer oder anderer Gebietskörperschaften;

2. Schuldverschreibungen, die vom das Kompensgeschäft durchführenden professionellen Marktteilnehmer emittiert wurden;

3. Schuldverschreibungen von Emittenten, mit denen der professionelle Marktteilnehmer in einer engen Verbindung steht. Der professionelle Marktteilnehmer steht dann mit einem Emittenten in einer engen Verbindung, wenn er maßgeblich an der Emission der Schuldverschreibung beteiligt war oder wenn er mit dem Emittenten der Schuldverschreibung in einer andauernden über eine bloße Kontenführung hinausgehenden Geschäftsbeziehung steht."

d) Art. 1 Z 2 der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) lautet:

"2. 'Marktmanipulation' sind

a) Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge, die

2.2.1. Der angefochtene Bescheid enthält unter Spruchpunkt I. die schriftliche Ausfertigung des am 25. Jänner 2010 verkündeten Berufungsbescheides und unter Spruchpunkt II. eine auf § 52a VStG gestützte Abänderung dieses verkündeten Bescheides dahin gehend, dass die Übertretungsnorm zu lauten habe: "§ 48a Abs. 2 Z 1 lit. a sublit. aa BörseG BGBl 555/1989 idF BGBl. I 60/2007 iVm § 7 VStG, BGBl 152/1991 idgF".

Mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfte Bescheide sind grundsätzlich in jener Fassung zu prüfen, die sie allenfalls durch nachfolgende Berichtigungen oder Abänderungsbescheide erhalten haben, solange der Berichtigungs- oder Abänderungsbescheid dem Rechtsbestand angehört.

Die vorliegende Beschwerde wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid zur Gänze. Damit richtet sich die Beschwerde - wenngleich diesbezüglich keine Begründung enthalten ist - auch gegen die Abänderung des Bescheides, wie er am 25. Jänner 2010 verkündet wurde, durch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides.

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die unter Spruchpunkt II. vorgenommene Abänderung des am 25. Jänner 2010 verkündeten Bescheids, auf Grund derer die Übertretungsnorm ergänzt und § 7 VStG als Übertretungsnorm eingefügt wurde, rechtmäßig war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl. 2004/03/0222).

2.2.2. § 52a Abs 1 VStG lautet:

"Abänderung und Aufhebung von Amts wegen

§ 52a. (1) Von Amts wegen können der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß."

2.2.3. Voraussetzung für die Abänderung eines Strafbescheides gemäß § 52a VStG ist somit, dass das Gesetz zum Nachteil des Beschuldigten (offenkundig) verletzt wurde. Daraus wird in der Lehre abgeleitet, dass § 52a VStG nur zum Vorteil des Beschuldigten wirke.

Die Veränderung im Spruch besteht jedoch lediglich darin, dass eine von der Behörde im angefochtenen Bescheid erkennbar zu Grunde gelegte Rechtsauffassung, die irrtümlich keinen Ausdruck im Spruch des Bescheides gefunden hat, explizit auch in den Spruch (die Anführung der Übertretungsnorm) aufgenommen wird.

Die Änderung bedeutet, dass der Beschwerdeführerin entgegen dem (rein nach seinem Wortlaut genommenen) ursprünglich verkündeten Spruch nicht die Begehung der Tat als Haupttäter, sondern die Begehung als Beitragstäter (was sich aber ohnehin aus der Begründung auch des verkündeten Bescheids ergab) vorgeworfen wird.

Alle Beteiligten einer Straftat (Haupttäter, Bestimmungstäter oder Beitragstäter) sind zwar der selben Strafdrohung ausgesetzt; die unterschiedliche Täterschaftsform ist jedoch durch die individuelle Bewertung der einzelnen Beteiligungshandlung im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen (W. Wessely in: Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG, § 7 VStG, Rn 1).

Die Unterlassung der Bestrafung als Beitragstäter (und somit die Bestrafung als Haupttäter) bedeutet insoweit einen gravierenderen Vorwurf als jenen, eine Tat als Beitragstäter begangen zu haben. Insofern wurde durch die irrtümliche Spruchfassung das Gesetz zum Nachteil der Beschwerdeführerin verletzt. Die Verletzung war im Beschwerdefall auch offenkundig, zumal die belangte Behörde in ihrer Begründung die für die Bestrafung als Beitragstäter erforderlichen Feststellungen getroffen hatte und auch in keinerlei Weise zu erkennen gegeben hatte, dass sie von der rechtlichen Beurteilung der Behörde erster Instanz abweichen wollte, die die Bestrafung explizit unter Berufung auf § 7 VStG vorgenommen hatte.

2.2.4. Die Abänderung nach § 52a VStG war daher zulässig.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die vorgenommene Ergänzung auch als zulässige Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG verstanden werden könnte (vgl. Raschauer in: Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG, § 24 VStG Rn 6 lit. v).

2.3. Der angefochteneBescheid beruht auf der Auffassung, dass der Beschwerdeführerin Beitragstäterschaft gemäß § 7 VStG zur Übertretung des § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz durch die nach § 9 VStG verantwortlichen Organe der HA Bank vorzuwerfen sei. Die belangte Behörde hat sich dabei darauf gestützt, dass die unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin durchgeführten Kompensgeschäfte der HA Bank irreführende Signale an den Markt für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach bzw. die Bildung des Kurses geben konnten.

2.4. Die Beschwerdeführerin wendet sich insbesondere gegen die Annahme der belangten Behörde, durch die in Rede stehenden Kompensgeschäfte sei der Tatbestand der Marktmanipulation im Sinne des § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz erfüllt.

Zu prüfen ist daher, ob die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde zutreffend ist, dass die Kompensgeschäfte der HA Bank irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs geben konnten, und keine Rechtfertigung im Sinne des letzten Satzteiles des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz gegeben war.

2.5. Zur Eignung der Kompensgeschäfte, irreführende Signale betreffend Angebot und Nachfrage zu geben:

2.5.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Beurteilung der belangten Behörde, von den durchgeführten Scheingeschäften seien irreführende Signale für den Markt ausgegangen.

Dabei wendet sich die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf Vogel in Assmann/Schneider, WpHG § 20a Rz 92, dagegen, dass ein Signal "falsch" sein solle, wenn es nicht den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt entspreche, bzw. "irreführend", wenn es geeignet sei, einen verständigen Anleger hierüber zu täuschen. Vogel führe aus, dass "das alles viel zu weit geraten" sei. Jedes Geschäft und jeder Kauf- und Verkaufsauftrag beeinflussten Angebot, Nachfrage, Liquidität und Preis.

Die Beschwerdeführerin übersieht mit diesem auf eine kritische deutsche Literaturstelle gestützten Einwand (vgl. anders nuancierend Frisch in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht2, § 51 Rn 88 und 91, der die einzelnen Tatbestände der Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktmanipulation, dBGBl. I 2005, 515, referiert und keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Tatbestand sieht (Hinweis auf Eichelberger, ZBB 2004, 296 (302))), dass die Feststellung, dass jegliches Geschäft den Markt beeinflusse, gerade kein Gegenargument gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde ist. Es trifft nämlich nicht zu, dass es schon begrifflich keine Orders geben könne, welche nicht den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen entsprächen, weil durch jede einzelne Order die wirtschaftlichen Verhältnisse gebildet und beeinflusst würden. Die belangte Behörde hat vielmehr zutreffend darauf abgestellt, dass Scheingeschäfte ein Angebot bzw. eine Nachfrage nur vortäuschen, welche real nicht vorhanden sind. Dass auf den tatsächlichen Erwerb oder den tatsächlichen Verkauf von Finanzinstrumenten gerichtete Angebote insofern den wirtschaftlichen Realitäten entsprechen, Scheingeschäfte jedoch nicht, ist daher entgegen den Beschwerdeausführungen nicht unzutreffend. Eine Subsumtion der hier in Rede stehenden Scheingeschäfte unter § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz ist insbesondere auch im Lichte der Marktmissbrauchsrichtlinie der Europäischen Union, Richtlinie 2003/6/EG , deren Umsetzung die angewendeten innerstaatlichen Regelungen dienen, plausibel und unbedenklich (der referierte Einwand von Vogel ist letztlich gegen die umzusetzende unionsrechtliche Rechtslage gerichtet; dazu siehe auch unten unter Punkt. 2.8.). Wie sich aus dem 15. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt, sollen die in ihr enthaltenen Vorschriften über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation der Markttransparenz dienen.

Dass der Kurs des HA Gewinnscheins an der Börse ohne die Kompensgeschäfte ein anderer gewesen wäre, ergibt sich aus der gesamten Verantwortung der Beschuldigten in den Verwaltungsstrafverfahren und der Darlegung des mit den Geschäften verfolgten Ziels ("Abbildung des außerbörslichen Preises" auch an der Börse) durch die HA Bank. Die belangte Behörde hat nicht tragend auf die Herbeiführung eines bestimmten Kurses abgestellt, sondern im Sinne der in der § 48a Abs. 1 Z 2 in Übernahme des Unionsrechts genannten Indizien für das Vorliegen von Marktmanipulation schon in der Durchführung von Scheingeschäften, die irreführende Signale hinsichtlich der Nachfrage nach dem Wertpapier bedeuten, die Erfüllung des Tatbestands erblickt.

Dass Oppitz zum Tatbestand der Marktmanipulation im Zusammenhang mit Scheingeschäften in ÖBA 2005, 169 (181) ausführt, dass "die Ränder unscharf" seien und stets eine "einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich" sei, weil sich bei illiquiden Titeln durch Kompensationsgeschäfte die Markttransparenz verbessern lasse, und zuletzt Dockner, Preisfindung, Liquidität und Marktmanipulation, ÖBA 2010, 436 für vergleichbare Geschäfte die Eignung zur Marktmanipulation verneint, wenn der dadurch geschaffene Kurs dem außerbörslichen Preis entspricht, vermag nichts daran zu ändern, dass die gegenständlichen Kompensgeschäfte jedenfalls dem Gedanken der Markttransparenz widersprechen und die belangte Behörde zutreffend darauf abgestellt hat, dass die Geschäfte bei Marktteilnehmern eine Fehlvorstellung über den Umfang der Handelstätigkeit hervorrufen konnten und der erzielte Kurs nicht das Ergebnis einer üblichen Handelstätigkeit war.

2.5.2. Soweit auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Bedenken im Lichte des Legalitätsprinzips geltend gemacht werden, ist zunächst auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im oben genannten Ablehnungsbeschluss zu verweisen.

Eine nähere Präzisierung erfährt der Tatbestand vor allem durch die nach § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a zweiter Satz Börsegesetz genannten Umstände, auf die bei der Beurteilung, ob Marktmanipulation vorliege, Bedacht zu nehmen ist. Mit der im zweiten Satz enthaltenen Aufzählung übernimmt der österreichische Gesetzgeber die in Art. 4 der Richtlinie 2003/124/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation (ABl. L 339, S. 70) genannten "Signale", die nach dem Willen des Gemeinschafts-(nunmehr: Unions)rechtsgesetzgebers bei der Prüfung, ob Marktmanipulation vorliegt, zu berücksichtigen sind (vgl. allgemein zum differenzierten Legalitätsprinzip die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, etwa VfSlg. 11.938/1988, 13.785/1994 oder 15.468/1999, sowie zur Beurteilung unbestimmter Gesetzesbegriffe im Börsegesetz unter dem Gesichtspunkt des Art. 18 B-VG auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 2003, G 259/02, zum Begriff der "geeigneten organisatorischen Vorsorge" in § 82 Abs. 3 Z 5 Börsegesetz).

2.5.3. Wenn in der Beschwerde unter Zitierung der Ausführungen der FMA in der Begründung zur Marktpraxisverordnung, BGBl. II Nr. 1/2005, gegenüber dem Committee of European Securities Regulators, CESR, darauf hingewiesen wird, dass die FMA selbst die Auffassung vertreten habe, dass die damit legitimierten Praktiken lediglich für tatsächliche Preise sorgten, die für das Publikum transparenter seien, und dieser Gedanke auch auf die vorliegenden Geschäfte anwendbar sei, trifft dies für sich genommen zu. Allein, die FMA hat diese Auffassung nur für die konkret für zulässig erklärten Geschäfte vertreten. Im Ergebnis folgt sie damit den Beschwerdeüberlegungen nicht. Eine Zulässigkeit der in Rede stehenden Kompensgeschäfte nach der Marktpraxisverordnung, BGBl. II Nr. 1/2005, ist aus den unten (unter Punkt 2.6.) dargelegten Gründen nicht gegeben.

Es lässt sich insofern aus den Motiven für die Aufnahme bestimmter Kompensgeschäfte in die Marktpraxisverordnung kein Rückschluss auf die Qualifizierung anderer Geschäfte unter dem Gesichtspunkt der §§ 48c und 48a Börsegesetz ziehen.

2.5.4. In der Beschwerde wird die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde unter Hinweis auf ein im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegtes Gutachten von Frau Prof. K auch insofern bestritten als die belangte Behörde die "fehlende Preisbildungsfunktion der Börse" unrichtig beurteilt hätte.

Der Wiener Börse sei - wie in dem Gutachten zutreffend herausgearbeitet werde - hinsichtlich des HA Gewinnscheins keine Bewertungsfunktion zugekommen. Der Gewinnanteilsschein sei einem Kapitalanteilsschein im Sinne des Immobilien-Investitionsfonds-Gesetz nachempfunden. Die entscheidende Parallelität zu diesem liege vor allem in der jederzeitigen Rückgabemöglichkeit an die Depotbank. Zwar sei die HA Bank nicht zur jederzeitigen Rücknahme von Gewinnscheinen verpflichtet gewesen, sie habe faktisch zu jeder Zeit Gewinnscheine zum jeweils aktuellen NAV ohne Abschlag zurückgenommen. Dies beweise, dass die Gewinnscheininhaber gleich den Inhabern börsenotierter Kapitalanteilsscheine jederzeit eine doppelte Liquidierungsmöglichkeit gehabt hätten: einerseits bei der HA Bank, andererseits an der Börse.

Es sei - soweit ersichtlich - seit der Aufnahme der verfahrensgegenständlichen Kompensgeschäfte zu keinem börslichen Geschäftsabschluss gekommen, an welchem nicht die HA Bank beteiligt gewesen sei.

Der Börse sei daher in Bezug auf die Gewinnscheine gar keine Bewertungsfunktion zugekommen. Die verfahrensgegenständlichen Transaktionen hätten daher keine falschen oder irreführenden Signale geben können.

Zu diesem Vorbringen ist ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu verweisen. Die fehlende Preisbildungsfunktion der Börse für die gegenständlichen Gewinnscheine liefert keine Rechtfertigung für die vorgenommenen Kompensgeschäfte und hindert nicht ihre Qualifikation als Marktmanipulation im Sinne des § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 lit. a sublit. aa Börsegesetz.

Es ist daher auch in diesem Zusammenhang der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit der Beurteilung vorzuwerfen.

2.5.5. Daran ändern auch die Ausführungen von Dockner, ÖBA 2010, 436, nichts. Dockner vertritt zu einer mit dem Beschwerdefall vergleichbaren Konstruktion die Auffassung, dass "aus finanzwirtschaftlicher Sicht" bei illiquiden Titeln, bei denen der Marktpreis des Genussrechts vom NAV abweiche, die Herbeiführung eines Marktpreises, der dem NAV entspreche, keine Marktmanipulation (offenbar gemeint: im Sinne des § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz) darstelle. Diese These fußt auf der Überlegung, dass unter Rahmenbedingungen, wie sie auch hinsichtlich des HA Gewinnscheines vorlagen, "die Information über die Liquidität eines Marktes (die Angebots- und Nachfragebedingungen) einen Wert von Null" habe und Marktmanipulation unter diesen Bedingungen daher nur dann vorliege, wenn das Geschäft ein falsches Signal hinsichtlich des außerbörslich erzielbaren Preises des Zertifikats (im vorliegenden Fall auf den Preis des HA Gewinnscheins) gäbe. Diese Prämisse teilt der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht. § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz setzt einerseits nicht allein voraus, dass falsche Signale für den Kurs eines Wertpapiers gegeben werden, sondern nennt ausdrücklich auch die falschen Signale für die Nachfrage.

Auch die Ausführungen von Dockner sind daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der Beurteilung der belangten Behörde aufzuzeigen.

2.5.6. Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, dass von den in Rede stehenden Kompensgeschäften irreführende Signale im Sinne des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz ausgingen.

2.6. Zur allfälligen Rechtfertigung der Geschäfte im Sinne des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a Börsegesetz ("legitime Gründe"):

2.6.1. Der Tatbestand des § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz wäre jedoch ungeachtet der unter Punkt 2.5.6. getroffenen Schlussfolgerung nicht erfüllt, wenn die HA Bank legitime Gründe im Sinne des letzten Satzes des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz für die Geschäfte gehabt hätte.

2.6.2. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Geschäfte oder Aufträge gemäß § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf dem betreffenden geregelten Markt verstoßen dürfen. Eine Rechtfertigung im Sinne des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz kann daher nicht vorliegen, wenn die Geschäfte gegen die zulässige Marktpraxis verstießen (vgl. auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, § 21 KMG Rz 5 ff).

2.6.3. Die belangte Behörde hat in diesem Sinne geprüft, ob die Kompensgeschäfte nach der Marktpraxisverordnung, BGBl. II Nr. 1/2005, zulässig waren und dies mit der oben wieder gegebenen Begründung verneint.

Die Beschwerde enthält keine ausdrücklichen Ausführungen zu dieser rechtlichen Beurteilung. Im Zusammenhang mit den Ausführungen über die Erfüllung des Tatbestands der Marktmanipulation nach § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz wird zwar auch auf die Marktpraxisverordnung, BGBl. II Nr. 1/2005, eingegangen. Die entsprechenden Ausführungen sollen jedoch nur aufzeigen, dass auch die FMA (da sie Kompensgeschäfte unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erkläre) Scheingeschäfte nicht per se als unzulässig erachte. Damit ist jedoch nicht dargetan, dass die konkreten Kompensgeschäfte unter eine der in der MpV für zulässig erachteten Ausnahmen fielen. Es ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, inwiefern die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass der gegenständliche Gewinnschein nicht unter die von der MpV erfassten Schuldverschreibungen falle, unzutreffend sein sollte. So ist insbesondere der Hinweis der belangten Behörde auf § 1 Abs. 3 MpV zutreffend, aus dessen Umschreibung der "vergleichbaren Schuldverschreibungen" (die für die Bildung des marktadäquaten Preises herangezogen werden dürfen) allgemeine Determinanten für den Begriff der Schuldverschreibung entnommen werden können, die aber im Falle des HA Gewinnscheines nicht erfüllt waren (vgl. zum Begriff der Schuldverschreibungen im Sinne des Kapitalmarktgesetzes etwa Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz, § 1 KMG Rz 48ff). Ein weiterer Begriff der Schuldverschreibung liegt zwar etwa den Ausführungen von Dockner, ÖBA 2010, 436, zugrunde; es ist jedoch nicht zu klären, ob die gegenständlichen Gewinnscheine (wie die von Dockner behandelten Zertifikate bei Exchange traded funds) im weiteren Sinn als Schuldverschreibungen verstanden werden können, sondern ob sie unter die von der MpV erfassten Schuldverschreibungen fallen. Letzteres hat die belangte Behörde zutreffend verneint. Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch begründet, weshalb, auch wenn man den HA Gewinnschein als Schuldverschreibung im Sinne der MpV verstehen müsste, die in der MpV geforderten Bedingungen für die Zulässigkeit der Kompensgeschäfte nicht erfüllt waren (kein marktadäquater Kurs).

2.7. Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, dass einerseits die in Rede stehenden Kompensgeschäfte irreführende Signale im Sinne des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz bewirkten und andererseits keine Rechtfertigung im Sinne des letzten Satzteils des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz gegeben war.

2.8. Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass Art. 1 Abs. 2 lit. a der Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG unklar sei, weil nicht ersichtlich sei, wann ein Signal "richtig" oder "falsch" bzw. "irreführend" oder "nicht irreführend" sei und daher eine Vorlage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Union angeregt wird, so ist dazu Folgendes auszuführen:

2.8.1. Eine Vorlage einer gemeinschaftsrechtlichen Rechtsfrage an den EuGH durch ein letztinstanzliches Gericht ist gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zwingend geboten, wenn sich im Verfahren vor dem Gericht eine Frage der Auslegung einer Handlung der Organe der Union stellt, deren Beantwortung für die Entscheidung in der Sache notwendig ist und kein acte clair oder acte eclaire vorliegt (vgl. Ranacher/Frischhut, Handbuch der Anwendung des EU-Rechts, 473). Die Notwendigkeit der Lösung schwieriger Rechtsfragen begründet dabei noch nicht die Vorlagepflicht (vgl. Ranacher/Frischhut, a.a.O., 475).

Zur Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Vorlage im gegenständlichen Beschwerdefall, in dem es primär um die Auslegung der nationalen Bestimmung geht, ist auf Folgendes zu verweisen:

Im Hinblick auf das Gebot der unionsrechtskonformen Interpretation nationaler Rechtsvorschriften kann es Fälle geben, in denen die exakte Auslegung einer Richtlinie conditio sine qua non für die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats ist. Dieser Fall liegt nur dann vor, wenn durch die Wahl einer nicht im Wortlaut der Richtlinie gedeckten Auslegung die innerstaatliche Regelung unionsrechtswidrig wäre. In diesem Fall ist es für das Gericht des Mitgliedstaats von ausschlaggebender Bedeutung, ob die in Aussicht genommene (bzw. die in Frage kommende) Auslegung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. etwa die Vorlagen zur Vorabentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof, die zum Urteil des EuGH vom 23. Jänner 2003, verbundene Rs. C-421/00 , C-426/00 und C-16/01 , führten).

Die Beantwortung der in der Beschwerde formulierten Frage, ob ein Marktteilnehmer Marktmanipulation gemäß Art. 1 Z 2 lit. a der Marktmissbrauchsrichtlinie verwirkliche, wenn er sich in bestimmter, näher umschriebener Weise (nämlich wie die HA Bank in der im angefochtenen Bescheid der Bestrafung der Beschwerdeführerin zu Grunde gelegten Weise) verhalte, klärt die vom Verwaltungsgerichtshof zu entscheidende Rechtsfrage, ob die Bestrafung nach § 48c in Verbindung mit § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a sublit. aa Börsegesetz zu Recht erfolgte, nur unter der Prämisse, dass entweder der Mitgliedstaat keine über die unionsrechtliche Regelung hinaus gehende Regelung vorsehen dürfte, oder aber bei eindeutiger Identität der Tatbestandsvoraussetzungen auf der Ebene des Unionsrechts und des innerstaatlichen Rechts.

Dieser letztere Fall ist hier gegeben, weil die genannten innerstaatlichen Regelungen "punktgenau" und (mit der Ausnahme des Begriffes "Umstände" statt "Signale" in § 48a Abs. 1 Z 2 lit. a zweiter Satz Börsegesetz) ohne Abweichungen das Unionsrecht in die innerstaatliche Regelung übernommen haben.

Eine Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV an den Gerichtshof der EU erschiene insofern grundsätzlich zulässig, zumal dieser zur Antragslegitimation der nationalen Gerichte gemäß Art. 267 AEUV die Auffassung vertritt, "dass in einem Verfahren nach Art. 234 EG (nunmehr Art. 267 AEUV) nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen" (EuGH 23. Dezember 2009, Rs C- 45/08 , Spector Photo Group NV, Rn 25, unter Hinweis auf die Urteile vom 18. Juli 2007, Lucchini, C-119/05 , Slg. 2007, I- 6199, Randnr. 43, und vom 22. Dezember 2008, Magoora, C- 414/07 , Randnr. 22). Der EuGH hat darüber hinaus auch entschieden, dass selbst in dem Fall, in dem das nationale Recht auf einem Sachgebiet, welches nicht durch Unionsrecht vorherbestimmt ist, auf eine Bestimmung des Unionsrechts verweist, der nationale Richter eine Frage gemäß Art. 267 AEUV vorlegen könne (vgl. die Schlussanträge von GA Tesauro, 31. 1. 1995, Rs C-346/93 , Kleinwort Benson).

Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union wäre daher grundsätzlich zulässig.

Sie ist aber aus den nachstehenden Gründen nicht erforderlich.

2.8.2. Bei der Auslegung des Art. 1 Z 2 der Marktmissbrauchsrichtlinie ist einerseits auf die in Art. 1 Z 2 enthaltenen Beispiele, die jedenfalls durch die "Basisdefinition der Buchstaben a), b) und c)" umfasst sein sollen, und andererseits auf die Richtlinie 2003/124/EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation (ABl. L 339, S. 70) Bedacht zu nehmen.

Von den Beispielen in Art. 1 Z 2 der Marktmissbrauchsrichtlinie ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere das im zweiten Anstrich genannte von Relevanz, welches den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten bei Börsenschluss mit der Folge, dass Anleger, die aufgrund des Schlusskurses tätig werden, irregeführt werden, betrifft. Aus diesem Beispiel erhellt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die in der Beschwerde wieder gegebenen Vorbehalte von Vogel teilt, eine Unterscheidung zwischen "falschen" und "richtigen" Signalen sei nicht möglich und es beeinflusse grundsätzlich jede Kauf- oder Verkaufshandlung den Markt, sodass eine Unterscheidung in verpönte und nicht verpönte nicht möglich sei. Das genannte Beispiel im zweiten Anstrich belegt die Richtigkeit der Auslegung der belangten Behörde, die im Beschwerdefall auf die mögliche Beeinflussung von Anlegern durch die Kompensgeschäfte abgestellt hat, im Zusammenhalt mit der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG auch im Lichte des Unionsrechts.

2.8.3. Artikel 4 der Richtlinie 2003/124/EG lautet:

"Artikel 4

Manipulatives Verhalten in Bezug auf falsche oder irreführende Signale und in Bezug auf die Kurssicherung

Für die Anwendung von Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2003/6/EG und unbeschadet der Beispiele, die im zweiten Absatz von Nummer 2 dieses Artikels 1 genannt werden, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die folgenden nicht erschöpfenden Signale - die als solche nicht unbedingt als Marktmanipulation anzusehen sind - berücksichtigt werden, wenn die Geschäfte oder Geschäftsaufträge von den Marktteilnehmern und den zuständigen Behörden geprüft werden:

a) der Umfang, in dem erteilte Geschäftsaufträge oder abgewickelte Geschäfte einen bedeutenden Teil des Tagesvolumens der Transaktionen mit dem entsprechenden Finanzinstrument auf dem jeweiligen geregelten Markt ausmachen, vor allem dann, wenn diese Tätigkeiten zu einer erheblichen Veränderung des Kurses dieses Finanzinstruments führen;

b) der Umfang, in dem erteilte Geschäftsaufträge oder abgewickelte Geschäfte, die von Personen mit einer bedeutenden Kauf- oder Verkaufsposition in einem Finanzinstrument getätigt wurden, zu einer erheblichen Veränderung des Kurses dieses Finanzinstruments bzw. eines sich darauf beziehenden derivativen Finanzinstruments oder aber des Basisvermögenswertes führen, die zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind;

c) ob abgewickelte Geschäfte zu keiner Veränderung in der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers eines zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassenen Finanzinstruments führen;

d) der Umfang, in dem erteilte Geschäftsaufträge oder abgewickelte Geschäfte Umkehrungen von Positionen innerhalb eines kurzen Zeitraums beinhalten und einen beträchtlichen Teil des Tagesvolumens der Geschäfte mit dem entsprechenden Finanzinstrument auf dem betreffenden geregelten Markt ausmachen, sowie mit einer erheblichen Veränderung des Kurses eines zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassenen Finanzinstruments in Verbindung gebracht werden könnten;

e) der Umfang, in dem erteilte Geschäftsaufträge oder abgewickelte Geschäfte innerhalb einer kurzen Zeitspanne des Börsentages konzentriert werden und zu einer Kursveränderung führen, die in der Folge wieder umgekehrt wird;

f) der Umfang, in dem erteilte Geschäftsaufträge die besten bekannt gemachten Kurse für Angebot und Nachfrage eines auf einem geregelten Markt zugelassenen Finanzinstruments verändern oder genereller die Aufmachung des Orderbuchs verändern, das den Marktteilnehmern zur Verfügung steht, und vor ihrer eigentlichen Abwicklung annulliert werden könnten;

g) der Umfang, in dem Geschäftsaufträge genau oder ungefähr zu einem bestimmten Zeitpunkt erteilt oder Geschäfte zu diesem Zeitpunkt abgewickelt werden, an dem die Referenzkurse, die Abrechnungskurse und die Bewertungen berechnet werden, und dies zu Kursveränderungen führt, die sich auf eben diese Kurse und Bewertungen auswirken."

Diese Aufzählung (die vom österreichischen Gesetzgeber nur mit der Modifikation in das nationale Recht übernommen wurde (§ 48a Abs. 1 Z 2 lit. a zweiter Satz Börsegesetz), dass an Stelle des in der deutschen Übersetzung der Richtlinie enthaltenen Wortes "Signale" im Einleitungssatz das Wort "Umstände" verwendet wurde), gibt ebenfalls weitere Anhaltspunkte, aus denen allgemeine Gesichtspunkte für die Bestimmung, wann Marktmanipulation im Sinne der Richtlinie vorliegt.

Die angesprochene Divergenz im Wortlaut der Richtlinie (auch in der englischen Fassung ist von "signals" und in der französischen Fassung von "signaux" die Rede) verschlägt in diesem Zusammenhang nichts. Sie spricht jedenfalls nicht gegen die Auslegung, dass Marktmanipulation bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden nicht erst dann und allein dann vorliegen könne, wenn durch die Geschäfte ein vom außerbörslich erzielten Preis abweichender Kurs geschaffen wird. Der Gemeinschaftsrechtsgesetzgeber (Unionsgesetzgeber) sieht bereits die in der Aufzählung des Art. 4 der Richtlinie 2003/124/EG genannten Umstände als "Signale", die Marktmanipulation indizieren, woraus bei systematischer Betrachtung im Zusammenhalt mit der durch die genannte Richtlinie durchgeführte Richtlinie 2003/6/EG erhellt, dass auch solche "Signale" "falsche oder irreführende" Signale im Sinne der Richtlinie 2003/6/EG sein können, wenn auch in der Norm betont wird, dass sie für sich allein noch nicht Marktmanipulation bedeuten müssen (aber können: "nicht unbedingt" bzw. "not necessarily"). Der Aufzählung ist zu entnehmen, dass Kursveränderungen nicht notwendigerweise Voraussetzung für die Annahme einer Marktmanipulation sind. Die auch der Beschwerde zu Grunde liegende Auffassung, dass keine Marktmanipulation vorliegen könne, weil der Börsekurs nicht vom außerbörslich erzielten Preis abgewichen sei, entspricht insofern nicht der Rechtslage im Unionsrecht.

2.8.4. Im Übrigen hat auch der EuGH in seinem Urteil vom 23. Dezember 2009, Rs C-45/08 , Spector Photo Group NV, zum Begriff der "Nutzung einer Insider-Information" nach der Marktmissbrauchsrichtlinie keine Bedenken im Hinblick auf dessen Bestimmtheit geäußert. Angesichts der Rechtsprechung zum Grundsatz der ausreichenden Bestimmtheit von Normen und dem Grundsatz der Rechtssicherheit wäre der EuGH jedoch gehalten, im Falle von unzureichend bestimmten unionsrechtlichen Vorschriften, über deren Auslegung er in einem Vorabentscheidungsverfahren zu erkennen hat, von Amts wegen ein Verfahren über die Gültigkeit der auszulegenden Vorschrift einzuleiten. Dass dies im Falle des Begriffes der "Nutzung einer Insider-Information", der in ähnlicher Weise unbestimmt gesehen werden könnte, wie dies von der Beschwerdeführerin (und insofern übereinstimmend von Oppitz, ÖBA 2009, 171 ff) getan wird, unterblieb, ist ein Indiz dafür, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die unbestimmten Gesetzesbegriffe der Marktmissbrauchsrichtlinie als mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und ausreichenden Bestimmtheit von Rechtsvorschriften vereinbar ansieht.

2.8.5. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher von der Übereinstimmung der von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Auslegung mit dem Unionsrecht, welches sich insofern als ausreichend klar erweist, aus.

Selbst wenn man die im Beschwerdefall maßgebliche Auslegungsfrage des nationalen Rechts im Sinne der obigen Ausführungen (auch) als eine Frage der Auslegung des Unionsrechts verstehen möchte, ist somit auf dem Boden der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union insbesondere in seinem Urteil vom 23. Dezember 2009, Rs C-45/08 , Spector Photo Group NV, eine Entscheidung der Frage möglich, sodass im Lichte der Grundsätze, wie sie der Gerichtshof der Europäischen Union insbesondere im Urteil vom 4. November 1997, Rs C-337/95 , Christian Dior, Rn. 29,herausgearbeitet hat, eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union entbehrlich ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2001, Zl. 2000/17/0247).

Der Anregung auf Vorlage der in der Beschwerde formulierten Frage zur Auslegung des Art. 1 Z 2 lit. a der Richtlinie 2003/6/EG wird daher nicht gefolgt.

2.9. Auf die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, da die belangte Behörde ihre Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung getroffen hat und somit Art. 6 EMRK dem Absehen von der Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht entgegen steht.

2.10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. November 2010

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