VwGH 2009/21/0319

VwGH2009/21/031927.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. Juli 2009, Zl. UVS-01/V/28/6199/2009-1, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insofern, als er die zu Grunde liegende Administrativbeschwerde auch bezüglich der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nach dem 24. Juni 2009 als unzulässig zurückweist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Wien verhängte gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Nigeria, am 16. Juni 2009 gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft. Mit Bescheid vom 24. Juni 2009 entschied der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) "über die Beschwerde gemäß § 82 FPG des (Beschwerdeführers), vertreten durch Mag. V.I., eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 19.6.2009" wie folgt:

"Gemäß § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG wird die Beschwerde, mit der die Rechtswidrigkeit der Festnahme des Beschwerdeführers, der Verhängung der Schubhaft über ihn und seiner weiteren Anhaltung in Schubhaft behauptet wird, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen."

Dieser Bescheid wurde der Bundespolizeidirektion Wien nach der Aktenlage noch am 24. Juni 2009 zugestellt.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 1. Juli 2009 wies die belangte Behörde eine bei ihr am 29. Juni 2009 eingelangte Schubhaftbeschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurück. Es sei - so die wesentliche Begründung dieses Bescheides - bereits mit der Entscheidung vom 24. Juni 2009 über die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und die Rechtmäßigkeit der darauf gegründeten Anhaltung des Beschwerdeführers "bis zu diesem Entscheidungszeitpunkt" abgesprochen worden. Das Vorbringen in der gegenständlich zu behandelnden Beschwerde lasse nicht erkennen, dass in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten sei. Demnach liege Identität der Sache vor, weshalb die Schubhaftbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

In der Beschwerde wird - entgegen der Aktenlage - behauptet, es sei unzutreffend, "dass am 17.6.2009 eine Schubhaftbeschwerde gegen den Bescheid vom 16.6.2009 erhoben wurde und ein Bescheid vom 24.6.2009, mit dem diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden wäre, zugestellt worden wäre". Eine nähere Substanziierung dieses Vorbringens unterbleibt jedoch, insbesondere wird nicht dargetan, weshalb es nicht zu der aus den Akten ersichtlichen Zustellung des Bescheides vom 24. Juni 2009 an die Bundespolizeidirektion Wien gekommen sein soll. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer im Rahmen des zur hg. Zl. VH 2009/21/0057 geführten Verfahrens selbst eine Ausfertigung des Bescheides vom 24. Juni 2009 vorgelegt und behauptet, dieser Bescheid sei ihm am 25. Juni 2009 zugestellt worden. Ist demnach entgegen seiner Darstellung von einer Existenz dieses Bescheides ab 24. Juni 2009 auszugehen (vgl. zur insofern schon maßgeblichen Zustellung an die Bundespolizeidirektion Wien etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/21/0358), so erweist sich die Zurückweisung der am 29. Juni 2009 eingelangten (zweiten) Schubhaftbeschwerde wegen entschiedener Sache, soweit sie sich auf die Festnahme des Beschwerdeführers, den Schubhaftbescheid und die Anhaltung bis zum 24. Juni 2009 bezieht, als rechtsrichtig. Verfehlt ist hingegen die Zurückweisung hinsichtlich des weiteren Anhaltezeitraums, weil nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 83 FPG nur in dem Umfang von entschiedener Sache ausgegangen werden kann, als sich die spätere Beschwerde auf einen Zeitraum bezieht, über den bereits durch einen Bescheid abgesprochen wurde (vgl. mit weiteren Hinweisen aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 2009, Zl. 2009/21/0192; siehe zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0657).

Soweit der bekämpfte Bescheid die ihm zu Grunde liegende Schubhaftbeschwerde auch betreffend Anhaltung nach dem 24. Juni 2009 wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen hat, ist er daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG - im Besonderen auf § 50 VwGG - iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 27. Jänner 2010

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