Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den aus dem Kosovo stammenden Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 und § 63 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend verwies sie zunächst auf die Ausführungen der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Graz) in ihrem Bescheid vom 26. März 2008. Darin wurde festgestellt, der Beschwerdeführer sei erstmals am 6. Oktober 2005 illegal nach Österreich eingereist und habe die Gewährung von Asyl beantragt. Dieser Antrag sei am 10. August 2006 rechtskräftig abgewiesen worden. Gleichzeitig sei festgestellt worden, dass seine Abschiebung in den Kosovo zulässig sei. Diese Entscheidung sei mit einer - ebenfalls rechtskräftigen -
Ausweisung verbunden worden. Am 29. Jänner 2007 habe der Beschwerdeführer neuerlich einen "Asylantrag" gestellt, der am 13. März 2007 wegen entschiedener Sache "in zweiter Instanz rechtskräftig zurückgewiesen" worden sei. Am 24. April 2007 sei der Beschwerdeführer freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt. Er sei jedoch am 24. Oktober 2007 wiederum nach Österreich eingereist und habe "einen neuerlichen Asylantrag" gestellt. Das hierüber geführte Verfahren sei "mit 8.11.2007 als gegenstandslos eingestellt" worden, weil der Beschwerdeführer neuerlich in den Kosovo zurückgekehrt sei. Am 27. Februar 2008 sei der Beschwerdeführer in Graz einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen worden, wobei er sich mit einem slowenischen Reisepass und einem slowenischen Führerschein ausgewiesen habe. Beim Führerschein habe es sich um eine "Totalfälschung" gehandelt, der Reisepass sei durch die Auswechslung der Lichtbildseite verfälscht worden. Auf Grund "dieses Sachverhaltes" sei der Beschwerdeführer am 19. März 2008 vom Landesgericht für Strafsachen Graz "wegen §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB" zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Weiters sei festgestellt worden, dass gegen ihn "ein Einreise- /Aufenthaltsverbot für den gesamten Schengener Raum, erlassen von den deutschen Behörden" bestehe. Er halte sich erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet auf, gehe keiner legalen Beschäftigung nach und sei weder kranken- noch sozialversichert. Auch verfüge er in Österreich "über keine nennenswerten familiären Bindungen". Bei seinem Vorbringen, er wolle mit seiner Lebensgefährtin die Ehe schließen, handle es sich um eine Schutzbehauptung, weil er nicht einmal deren Familiennamen und ihre Wohnadresse kenne.
An diese im Wesentlichen als zutreffend angesehenen Überlegungen der Erstbehörde anknüpfend folgerte die belangte Behörde, dass zwar keiner der in § 60 Abs. 2 FPG beispielhaft aufgezählten Tatbestände verwirklicht sei, jedoch die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Gefährlichkeitsprognose getroffen werden könne. Auf Grund des gesamten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers lasse sich nämlich ableiten, dass sein weiterer Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde. Dabei sei nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftat und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen.
Wenn es auch keine Schutzbehauptung darstelle, dass der Beschwerdeführer eine in Österreich aufhältige Person als Lebensgefährtin bezeichne und sie zu heiraten beabsichtige, könne dieser Umstand zu keinem für ihn günstigeren Ergebnis führen. Diese Neuorientierung des Familienlebens falle nämlich in einen Zeitraum, in dem ihm in Anbetracht des laufenden Aufenthaltsverbotsverfahrens die Unsicherheit seines weiteren rechtlichen Schicksals im Bundesgebiet hätte bewusst sein müssen. Abgesehen davon könne er die Lebensgefährtin auch außerhalb Österreichs ehelichen. Eine "materielle bzw. eine formelle Abhängigkeit zu dieser Person" sei nicht einmal behauptet worden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). In § 60 Abs. 2 FPG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen iSd § 60 Abs. 1 FPG gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat.
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die - zutreffende - behördliche Rechtsansicht, dass ein Aufenthaltsverbot auch unmittelbar gestützt auf § 60 Abs. 1 FPG verhängt werden kann, wenn zwar keiner der Tatbestände des § 60 Abs. 2 FPG erfüllt ist, wohl aber triftige Gründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit eine der im § 60 Abs. 1 FPG umschriebenen Annahmen rechtfertigen (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2008/21/0315, mwN).
Die vorliegende rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB erfüllt zwar nicht den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG, doch liegen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdefall ausreichend gravierende Gründe im oben dargestellten Sinn vor: Neben der Nichtbeachtung eines ausländischen, im gesamten "Schengenraum" wirksamen Aufenthaltsverbotes, dem Fehlen einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich und den wiederholten illegalen Grenzübertritten ungeachtet bereits erfolgter Ausweisungen kommt nämlich noch der Umstand zum Tragen, dass der Beschwerdeführer im Februar 2008 einen gefälschten Führerschein und einen verfälschten Reisepass der Republik Slowenien zum Beweis seiner Identität und Aufenthaltsberechtigung in Österreich verwendet hat. Dadurch wurde, was unbestritten der von ihm selbst zugestandenen Absicht des Beschwerdeführers entsprochen hat, versucht, gegenüber fremdenpolizeilichen Organen eine Stellung als EU-Bürger und ein dieser entsprechendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet vorzutäuschen. Dazu kommt, dass beim Beschwerdeführer mangels Berechtigung zum Aufenthalt die Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes bestanden hatte, sodass ihm bei Offenlegung seiner Personalien eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat drohte. Vor diesem Hintergrund konnte sein Verhalten nur dem Zweck gedient haben, dass er in Österreich unbehelligt Aufenthalt nehmen dürfe. Dem zufolge liegt eine dem Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG zumindest nahe kommende Sachverhaltskonstellation vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl. 2007/21/0245). Die Erlassung eines auf § 60 Abs. 1 FPG gestützten Aufenthaltsverbotes ist bei dieser Sachlage in Verbindung mit dem weiteren fremdenrechtlichen Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Ausweisung darf nach § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z. 1) und auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen (Z. 2) Bedacht zu nehmen. Gemäß § 60 Abs. 6 FPG gilt das sinngemäß auch für Aufenthaltsverbote.
Bei ihrer Interessenabwägung hat die belangte Behörde auf das Fehlen ausreichender persönlicher Beziehungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet verwiesen. Soweit die Beschwerde dieser Argumentation dessen Kontakte zu einem erkrankten und in Wiener Neustadt lebenden Onkel (von dem im Verwaltungsverfahren im Übrigen nie die Rede war) sowie zu seiner österreichischen Lebensgefährtin, die der Beschwerdeführer zu ehelichen beabsichtige, entgegenhält, ist dies schon deshalb zu relativieren, weil sich der seit 27. Februar 2008 ständig in Haft angehaltene Beschwerdeführer bei Letzterer (nach eigener Aussage vom 19. März 2008) erst seit 20. Februar 2008, also nur kurzfristig, aufgehalten und mit dem Onkel unstrittig keinen gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet geführt hatte. Auch vermag die - zudem während eines unsicheren aufenthaltsrechtlichen Status gefasste - Absicht des Beschwerdeführers, seine Lebensgefährtin zu heiraten, in Anbetracht der beschriebenen, über mehrere Jahre hinweg wiederholten gravierenden fremdenrechtlichen Fehlverhalten seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht entscheidend zu verstärken (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0449).
Eine darüber hinausgehende, vom Beschwerdeführer behauptete ideelle und materielle Abhängigkeit zwischen ihm und der Lebensgefährtin wurde im Verwaltungsverfahren und in der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht durch inhaltlich präzisierendes Sachvorbringen näher konkretisiert. Es begründet daher weder einen Verfahrensmangel, von der Einvernahme der - ohne ausreichende Konkretisierung des Beweisthemas (in der Berufung) - namhaft gemachten Lebensgefährtin abzusehen, noch kann daraus eine für den Beschwerdeführer günstigere Beurteilung seiner privaten Interessen abgeleitet werden.
Soweit die Beschwerde als weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die belangte Behörde hätte es unterlassen, über die ihr vorliegende Berufung mündlich zu verhandeln, ist dem zu entgegnen, dass in fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion weder ein Recht auf eine mündliche Berufungsverhandlung noch ein Recht darauf besteht, von der Behörde mündlich gehört zu werden. Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer ausreichend - etwa bei Erhebung seiner Berufung - Gelegenheit gehabt, sich Parteiengehör zu verschaffen (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 2009, Zl. 2008/21/0068, und vom 11. Mai 2009, Zl. 2009/18/0131).
Weiters sind keine Umstände ersichtlich, die eine Übung des der Behörde eingeräumten Ermessens zu Gunsten des Beschwerdeführers gerechtfertigt hätten.
Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass das Aufenthaltsverbot für eine Dauer von fünf Jahren erlassen worden sei, obgleich ihm das Strafgericht im Hinblick auf das geringe Maß seines Fehlverhaltens eine bedingte Strafnachsicht unter Setzung einer lediglich dreijährigen Probezeit gewährt habe.
Dem ist zu entgegnen, dass ein Aufenthaltsverbot gemäß § 63 Abs. 1 FPG in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1, 5 und 12 bis 14 unbefristet und sonst (worunter auch der vorliegende Beschwerdefall zu subsumieren ist) für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden kann. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 63 Abs. 2 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Vielzahl während eines Zeitraumes von mehreren Jahren insgesamt gesetzter fremdenrechtlicher Fehlverhalten kann der belangten Behörde in ihrer - unabhängig von Erwägungen des Strafgerichtes vorzunehmenden - Prognose nicht erfolgreich entgegengetreten werden, dass erst nach einem Ablauf von fünf Jahren wieder davon ausgegangen werden könne, der Beschwerdeführer werde sich an die im Bundesgebiet geltenden Rechtsvorschriften halten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht - im Rahmen des ziffernmäßigen Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 8. September 2009
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