VwGH 2008/21/0315

VwGH2008/21/031530.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. März 2008, Zl. St 183/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend referierte sie zunächst die Feststellungen der Erstbehörde (Bezirkshauptmannschaft Gmunden) in ihrem Bescheid vom 23. August 2006, der Beschwerdeführer halte sich seit 8. Mai 2006 im Bundesgebiet auf, zumindest habe er sich damals in Gmunden polizeilich angemeldet. Bereits vorher sei er in Österreich aufhältig gewesen. Am 1. April 2006 habe er in Gmunden ein Lokal übernommen und am 21. April 2006 angegeben, er sei im Besitz einer Gewerbeberechtigung. "Bei der am 20.04.2006 erfolgten Schengenfahndung" sei sein Lokal geöffnet gewesen. Sein am 1. Dezember 1982 geborener Sohn Z., ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, habe ihm ausgeholfen. Deshalb sei über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Dezember 2007 eine Geldstrafe von EUR 500,-- verhängt worden. Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich, sodass ihm lediglich ein Aufenthaltsrecht für drei Monate als Tourist zukomme. Es sei somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Österreich ohne Berechtigung einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen sei, sich hier illegal aufhalte und zudem seinen Sohn, einen Ausländer, illegal beschäftigt habe. An Angehörigen des Beschwerdeführers hielte sich in Österreich lediglich sein Sohn auf, der "angeblich in Graz studiert". Die Gattin des Beschwerdeführers und ein weiterer Sohn lebten in seinem Heimatland.

Mit Schreiben vom 8. Jänner 2008, so stellte die belangte Behörde in der Folge fest, habe die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer seit 23. November 2007 als Tourist sichtvermerksfrei in Österreich aufhalte. An diesem Tag habe er sich in Gmunden an der Adresse des von ihm übernommenen Gastlokales polizeilich angemeldet. Er lebe mit seinem Sohn Z. und seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt an der genannten Adresse.

Der Beschwerdeführer sei seit 7. April 2006 laufend bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft krankenversichert. Sein Sohn Z. sei seit 1. September 2007 als geringfügig beschäftigter Arbeiter über die C. & Partner KEG krankenversichert. Der Beschwerdeführer habe "seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht neuerlich gegen die Rechtsordnung in Österreich verstoßen".

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer zweifellos nicht den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG erfüllt habe. Jedoch habe er, obwohl er mangels entsprechender Bewilligungen nicht berechtigt sei, in Österreich eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit auszuüben, als Arbeitgeber eine Person illegal beschäftigt und so dazu beigetragen, dass eine illegale Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) vorgelegen sei. Damit habe er eine diesem Tatbestand gleichwertige Verwaltungsübertretung nach dem genannten Gesetz begangen, wofür er auch rechtskräftig bestraft worden sei.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei iSd 66 Abs. 1 FPG dringend erforderlich, weil Übertretungen nach dem AuslBG im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit sehr schwer zu gewichten seien. Hinsichtlich der persönlichen und familiären Situation sei zu beachten, dass dem Beschwerdeführer eine der Dauer seines Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen sei. Er habe sich jedoch erst seit dem 8. Mai 2006 in Österreich aufgehalten und hier ein Lokal übernommen, sodass in keiner Weise von einer Integration in der Republik Österreich ausgegangen werden könne.

Da - unter Abwägung aller angeführten Tatsachen - im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen scheinen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig iSd § 66 Abs. 2 FPG. Daher sei "auch von der Ermessensbestimmung des § 60 Abs. 1 FPG Gebrauch zu machen", weil "eine Abstandnahme diesbezüglich" die öffentliche Ordnung im Hinblick auf die vorwerfbare illegale Beschäftigung eines Ausländers schwer beeinträchtigt hätte. Im Verhältnis zur "geltend gemachten Integration" (Erwerbstätigkeit und Aufenthalt des Sohnes in Österreich) überwögen keine besonderen Umstände, die eine Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers rechtfertigen könnten.

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes ergebe sich daraus, dass erst nach Ablauf von fünf Jahren erwartet werden könne, dass sich der Beschwerdeführer wieder an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der belangten Behörde ist grundsätzlich darin beizupflichten, dass ein Aufenthaltsverbot auch unmittelbar nach § 60 Abs. 1 FPG verhängt werden kann, wenn zwar keiner der Tatbestände des § 60 Abs. 2 FPG erfüllt ist, wohl aber triftige Gründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit eine der im § 60 Abs. 1 FPG umschriebenen Annahmen rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 2008, Zl. 2008/22/0630, mwN aus der zur inhaltsgleichen Rechtslage des Fremdengesetzes 1997 ergangenen Vorjudikatur; siehe dazu weiters etwa das hg. Erkenntnis vom 15. März 2005, Zl. 2005/21/0011).

Solche Gründe sind allerdings den wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde nicht zu entnehmen. Diese hat sich nämlich weder mit der Stellung des Beschwerdeführers im genannten Unternehmen, noch mit dem tatsächlichen Umfang von ihm ausgeübter Leitungsfunktionen und einer sonstigen Mitarbeit (sowie Beginn und Dauer damit verbundener Aufenthalte in Österreich, also auch allfälligen zwischenzeitig erfolgten Ausreisen) oder mit dem Umfang der von seinem Sohn Z. insgesamt ausgeübten Tätigkeiten mit der zu fordernden Deutlichkeit befasst. Die dem vorwerfbaren Verhalten des Beschwerdeführers insgesamt zukommende Gewichtigkeit kann auf Basis der unklaren Tatsachenannahmen der belangten Behörde daher nicht beurteilt werden. Auch kann allein die Fortsetzung eines unrechtmäßigen Aufenthalts nicht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 2008, Zl. 2008/22/0536, mwN). Aus dem angefochtenen Bescheid ist daher keine - etwa den Tatbeständen des § 60 Abs. 2 Z. 2 oder Z. 8 FPG gleichwertige - Prognosebeurteilung im Sinn einer Verwirklichung von Gefährdungen iSd § 60 Abs. 1 FPG schlüssig ableitbar.

Dazu kommt, dass die oben wiedergegebenen, zumindest undeutlichen "Feststellungen" der belangten Behörde zum Aufenthalt des Sohnes Z. sowie der Ehefrau des Beschwerdeführers, der jeweils nach örtlicher und zeitlicher Lagerung nicht exakt beurteilt werden kann, keine taugliche Grundlage für eine Beurteilung bilden können, ob ein Aufenthaltsverbot iSd § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG zulässig in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreift.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 30. April 2009

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