VwGH 2008/16/0073

VwGH2008/16/007310.7.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über den Antrag der E Restaurationsbetriebsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Mag. Ender Bozkurt, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Sickenberggasse 10, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur vollständigen Mängelbehebung im hg. Beschwerdeverfahren Zl. 2008/16/0028, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Mit hg. Beschluss vom 30. April 2008, 2008/16/0028, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde der antragstellenden GesmbH (Antragstellerin) gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Jänner 2008, Zl. Jv 5176-33a/06, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 VwGG ein, weil die Antragstellerin dem Mängelbehebungsauftrag vom 14. März 2008 insoweit nicht nachgekommen war, als sie den ergänzenden Schriftsatz vom 8. April 2008 nur in einfacher Ausfertigung überreicht und weder die zurückgestellte unverbesserte Beschwerde noch den dieser angeschlossen gewesenen angefochtenen Bescheid wieder vorgelegt hatte.

Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2008 begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Sekretärin in der Kanzlei des Rechtsvertreters der Antragstellerin, G.R., eine seit dem Jahr 2001 in der Kanzlei des Rechtsvertreters der Antragstellerin tätige, stets zuverlässige und qualifizierte Kanzleifachkraft mit langjähriger Berufserfahrung, sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, das Original des ursprünglichen Beschwerdeschriftsatzes erneut in dreifacher Ausfertigung "gemeinsam mit der Wiedervorlage in entsprechender Anzahl an den Verwaltungsgerichtshof zu übersenden". Im "Vergessen auf die Beilage der Originalschriftsätze der Beschwerde sowie der Ausfertigung in der Urkundenvorlage in entsprechender Anzahl" liege ein Versehen minderen Grades vor.

Dem Wiedereinsetzungsantrag ist eine eidesstättige Erklärung der G.R. vom 12. Juni 2008 angeschlossen, wonach zu ihrem Aufgabengebiet das Kopieren der Beilagen und Kuvertieren des Schriftsatzes sowie die Übergabe des kuvertierten und frankierten Schriftstückes an jene Mitarbeiterin gezählt habe, die die Schriftstücke täglich zur Post bringe. Beim Schriftsatz im Beschwerdefall habe sie es versehentlich unterlassen, die Schriftsätze der Beschwerde im Original sowie die Abfertigung des Schriftsatzes in entsprechender Anzahl der Wiedervorlage beizulegen.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 30. März 2006, 2006/15/0109, mwN und vom 20. Februar 2008, 2007/15/0271) stellt ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne der obigen Ausführungen dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Dabei wird durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind.

Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden eines Kanzleibediensteten stützt, hat somit schon im Antrag darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Juni 2006, 2005/13/0066).

Im Falle einer Beschwerdeergänzung obliegt es dem Beschwerdevertreter und nicht der Mitarbeiterin der Kanzlei, zu entscheiden und zu kontrollieren, in welcher Anzahl von Ausfertigungen eine Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof vorzulegen ist (. den hg. Beschluss vom 25. Oktober 2006, 2006/16/0164).

Unterfertigt ein Parteienvertreter einen Beschwerdeergänzungsschriftsatz, ist er verpflichtet, zu überprüfen, ob mit der beabsichtigten Prozesshandlung dem gerichtlichen Auftrag fristgerecht entsprochen wird (vgl. den hg. Beschluss vom 24. September 2007, 2006/15/0166). In Anbetracht der Bedeutung, die der Vollständigkeit der Erfüllung eines Ergänzungsauftrages zukommt, ist der Parteienvertreter verhalten, auch die Vollständigkeit der Erfüllung der Aufträge zu überprüfen. Dazu gehört, dass er anlässlich der Unterfertigung des Ergänzungsschriftsatzes sein Augenmerk auch darauf richtet, ob am Ergänzungsschriftsatz die erforderliche Anzahl der Ausfertigungen und Beilagen vermerkt ist und diese dem Schriftsatz auch angeschlossen sind (vgl. den erwähnten Beschluss vom 24. September 2007).

Die Antragstellerin trägt im Wiedereinsetzungsantrag vor:

"Die Frist zur Wiedervorlage wurde ordnungsgemäß vom Substituten des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin, Herrn Mag. E.B., Rechtsanwalt, in Reinform unterfertigt und wurde der in der Kanzlei des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin angestellte G.R. zur Kuvertierung und Abfertigung übergeben".

Mit diesen - auch sprachlich verunglückten - Ausführungen im Wiedereinsetzungsschriftsatz legt die Beschwerdeführerin nicht dar, dass ihr Vertreter bei Unterfertigen des Mängelbehebungsschriftsatzes kontrolliert hätte, ob der Mängelbehebungsschriftsatz in dreifacher Ausfertigung und die erforderlichen Beilagen (bestehend aus der zurückgestellten unverbesserten Beschwerde in dreifacher Ausfertigung und dem angefochtenen Bescheid) vorgelegen wären.

Der zur Beschwerdeergänzung verwendete Schriftsatz vom 8. April 2008 trug auf dem Deckblatt den Vermerk "3-fach 1 Rubrik".

Wie das zur vollständigen Mängelbehebung erforderliche Konvolut aus Ergänzungsschriftsatz (3-fach), zurückgestellter unverbesserter Beschwerde (3-fach) und angefochtenem Bescheid diesem Vermerk subsumiert werden könnte, ist nicht nachvollziehbar. Aus dem Vermerk am Mängelbehebungsschriftsatz ist nicht konkret ersichtlich, welche Schriftstücke die Kanzleiangestellte G.R. dem Schriftsatz hätte anschließen sollen.

Von einem minderen Grad des Versehens iSd § 46 Abs. 1 VwGG bei der Einbringung des Ergänzungsschriftsatzes durch den Beschwerdevertreter an den Verwaltungsgerichtshof in nur einfacher Ausfertigung und ohne die erforderlichen Beilagen kann daher keine Rede sein.

Der Wiedereinsetzungsantrag war daher abzuweisen.

Wien, am 10. Juli 2008

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