VwGH 2007/09/0159

VwGH2007/09/015923.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der P GmbH in S, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer, Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. April 2006, Zl. 0/912-5105/1, betreffend Bordellbewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55/1), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
PolStG Slbg 1975 §1e Z2 idF 2003/108;
PolStG Slbg 1975 §1e Z2 litc idF 2003/108;
VwRallg;
ABGB §6;
PolStG Slbg 1975 §1e Z2 idF 2003/108;
PolStG Slbg 1975 §1e Z2 litc idF 2003/108;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 11. August 2005 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 23. Juni 2005 auf Erteilung einer Bordellbewilligung gemäß § 1a Abs. 2 des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes gemäß § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 1e Z. 2 lit. c dieses Gesetzes abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, welche mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. September 2005 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen wurde.

In diesem Bescheid wurde - wie auch schon im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde - darauf hingewiesen, dass sich im Umkreis von weniger als 300 m Heime für Kinder und Jugendliche befänden, wobei der Gesetzgeber keine Unterscheidung nach der Betriebsweise dieser Heime für Kinder oder Jugendliche getroffen habe. Das offenkundige Ziel dieser gesetzlichen Regelung sei der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die sich in diesen Heimen aufhielten, wobei das Gesetz keine Grundlage für eine Unterscheidung dahingehend treffe, dass Jugendliche, die sich in einem Heim bloß eine Woche aufhielten, den Einflüssen eines Bordells ausgesetzt werden dürften, während solche, die sich darin länger aufhielten, jedoch nicht. Für eine solche Unterscheidung gäbe es auch keine sachliche Rechtfertigung.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Vorstellung an die belangte Behörde, welche mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. April 2006 diese Vorstellung als unbegründet abwies. Dabei ging auch die belangte Behörde davon aus, dass - ungeachtet der Behauptungen der beschwerdeführenden Partei über etwaige korrespondierende Bestimmungen in anderen Bundesländern - zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes jedenfalls nur die Salzburger Landesgesetze maßgeblich seien. Diese umfassten das Wesen des Jugendschutzes betreffend keine Ausführungen über die Betriebsart und die Aufenthaltsdauer einer Einrichtung, die als Heim für Kinder und Jugendliche geführt werden könne. Der Begriff "Heim" finde sich ausschließlich in der ausführenden Sozialgesetzgebung und im Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz. Die Behörde schließe sich der Ansicht der Unterbehörden an, dass das offenkundige Ziel der gesetzlichen Regelung der Schutz von Kindern und Jugendlichen sei. Nach Ansicht der belangten Behörde erstrecke sich die Schutzbedürftigkeit auf die Person eines Jugendlichen selbst ungeachtet der Dauer der Einwirkung jener Einflüsse, vor denen Schutz geboten werden solle. Auf Grund der vorgelegten Meldeblätter und Meldelisten hätte nachgewiesen werden können, dass am "H. Hof" in den Jahren 2004 und 2005 regelmäßig mehrere Schulklassen Aufenthalt genommen hätten. Für den "W. Hof" sei von der Gewerbebehörde ein Bescheid für die Betriebsart "Jugendheim" erlassen worden. § 1e Z. 2 des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes spreche von einem Umkreis von 300 m um den beantragten (Bordell)Standort, an dem sich keine Einrichtung lit. a bis j befinden dürfe. Das Gesetz spreche nicht von einer Wegstreckenabmessung. Eine Längenangabe, die dem Verlauf eines Weges oder einer Straße folge, könne durch Baustellen und sonstige Hindernisse oder Umwege verlängert werden. Da der beantragte Standort des beabsichtigten Bordells sich in einem Umkreis von 300 m zum Objekt W. Hof und B. Hof (Luftlinie) befinde, müsse dies jedenfalls als Versagungsgrund gewertet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2007, B 1000/06-8, an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur weiteren Bearbeitung abgetretene und über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde - eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1e des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes (L-PolG), LGBl. Nr. 58/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 108/2003, kann eine Bordellbewilligung nur erteilt werden, wenn alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. 1. Für den beantragten Standort besteht kein Verbot gemäß § 2.
  2. 2. Im Umkreis von 300 m um den beantragten Standort befindet sich keine der folgenden Einrichtungen:
    1. a) Schulen, Kindergärten;
    2. b) Jugendzentren, Jugendtreffpunkte;
    3. c) Heime für Kinder und Jugendliche;
    4. d) öffentliche Kinderspielplätze;
    5. e) Sportstätten;
    6. f) Gebäude, die religiösen Zwecken gewidmet sind;
    7. g) Amtsgebäude;
    8. h) Krankenanstalten, Erholungsheime;
    9. i) Alten- und Pflegeheime;
    10. j) Kasernen.

      3. Der beantragte Standort lässt im Hinblick auf die Umgebung oder den Charakter der Gemeinde erwarten, dass durch den Betrieb einschließlich der Zu- und Abfahrten während der Betriebszeiten keine das örtliche Gemeinschaftsleben in der Nachbarschaft oder in der Gemeinde störenden Missstände (insbesondere sicherheits- und sittlichkeitspolizeilicher oder hygienischer Art oder in Bezug auf den Tourismus) entstehen.

      4. Das Bordell wird nicht in Wohnwägen, Wohnmobilen, Zelten oder ähnlichen Anlagen betrieben.

      5. Das Gebäude, in dem das Bordell betrieben werden soll, dient keinen anderen Zwecken als dem beantragten. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn in dem Gebäude zwar Wohnungen bestehen, diese aber ausschließlich von Personen bewohnt werden, die

    1. a) in dem Bordell die Prostitution ausüben;
    2. b) das Bordell selbst betreiben; oder
    3. c) als verantwortliche Person namhaft gemacht worden sind.

      6. Die sanitäre Ausstattung des Gebäudes entspricht den hygienischen Anforderungen.

      In Ausführung der Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei - ohne die Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Bescheid konkret zu bekämpfen - zunächst geltend, die in der von den Behörden als Abweisungsgrund herangezogenen Bestimmung des § 1e Z. 2 lit. c L-PolG vorgesehene Entfernung zwischen dem beantragten Bordell und der (geschützten) Jugendschutzeinrichtung von 300 m sei nicht im Sinne einer rechnerischen Luftlinie, sondern im Sinne eines zwischen beiden Standorten zurückzulegenden Weges zu verstehen, was im gegebenen Fall eine über 300 m hinausgehende Entfernung bedeutet hätte.

      Des Weiteren bringt die beschwerdeführende Partei vor, es müsse unterschieden werden; es sei nicht sachgerecht, Jugendliche als generell geschützt anzunehmen; nicht schutzwürdig seien solche, die lediglich Skiwochen von einwöchiger Dauer in der mitbeteiligten Gemeinde verbrächten, wobei der Betrieb des Bordells im Hinblick auf die vorgesehenen Betriebszeiten die im Jugendheim aufhältigen Jugendlichen in keiner Weise beeinträchtigen könne, und überdies auch Ausgehverbote für die Jugendlichen denkbar seien.

      Im Übrigen sei jener Gastronomiebetrieb, welcher in der Betriebsart eines "Jugendheimes" geführt werde ("W. Hof"), fälschlicherweise unter § 1e Z. 2 lit. c L-PolG subsumiert worden.

      Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

      Zur Auslegung des in § 1e Z. 2 L-PolG verwendeten Begriffs "im Umkreis" ist zunächst festzuhalten, dass Gegenstand der Auslegung grundsätzlich der Gesetzestext als Träger des in ihm niedergelegten Sinnes ist, um dessen Verständnis es bei der Auslegung geht. Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen, des normativen Sinnes des Gesetzes. Jede Gesetzesauslegung hat (im Sinne des § 6 ABGB) mit der Erforschung des Wortsinnes zu beginnen, wobei zu fragen ist, welche Bedeutung einem Ausdruck oder Satz nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2002/13/0156, mwN). Wird auf diesem Weg keine Eindeutigkeit des Gesetzeswortlautes erkannt, ist insbesondere auch der Regelungszusammenhang, in welchem die anzuwendende Norm steht, zu berücksichtigen.

      Der Begriff "im Umkreis" verbunden mit einer Entfernungsangabe bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch "das Gebiet, das in der angegebenen Entfernung "um etwas herum" liegt. Dabei entspricht die Entfernungsangabe dem Radius, also jener Strecke, die zwischen dem Mittelpunkt eines Kreises und der Kreislinie liegt. Anderes lässt sich auch den Materialien nicht entnehmen, in denen darauf hingewiesen wird, dass "der Schutzbereich gegenüber dem Entwurf (unmittelbare Umgebung) wesentlich erweitert und zur leichteren Vollziehung genau festgelegt" werden sollte (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 610 der Beilagen zum stenografischen Protokoll des Salzburger Landtages (5. Session der 12. GP)). Die von der beschwerdeführenden Partei vertretene Auffassung, wonach die im Gesetz vorgesehene Entfernung als Wegstreckenangabe zu werten sei, entfernt sich daher vom allgemeinen Sprachgebrauch, zumal es dem Gesetzgeber freigestanden wäre, hätte er dem Gesetz diesen Sinn unterlegen wollen, die Ausdrücke "Wegstrecke" oder "Straßenkilometerentfernung" o.ä. zu verwenden. Auch weist die belangte Behörde zutreffend darauf hin, dass - ausgehend von einem derartigen Wortsinn - der Schutzbereich durch äußere Umstände, wie Straßenbauarbeiten oder sonst begründete Umwege, beliebig veränderbar würde, was dem erklärten Zweck der Vorschrift zuwiderliefe.

      Auch dem weiteren Einwand der beschwerdeführenden Partei, mit der Regelung des § 1e Z. 2 lit. c L-PolG sei kein Schutz für jene Kinder und Jugendlichen beabsichtigt gewesen, die lediglich kurzfristig, etwa im Rahmen einer Skiwoche, in den "Jugendheimen" aufhältig seien, kommt keine Berechtigung zu, weil sich aus dem oben wiedergegebenen Gesetzestext eine derartige Einschränkung nicht ergibt. Wie die belangte Behörde auch zutreffend in ihrer Gegenschrift geltend macht, gäbe es für eine derartige Differenzierung keine sachliche Rechtfertigung, weil es auf die Dauer des Aufenthaltes der jugendlichen Schutzobjekte in dem Nahbereich eines derartigen Betriebes nicht ankommen kann, sondern auf die grundsätzliche Geneigtheit, eine Gefährdung der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung der jugendlichen Schutzobjekte zu besorgen.

      Meint die beschwerdeführende Partei schlussendlich, der als "Jugendheim" geführte Gastronomiebetrieb "W. Hof" falle nicht unter § 1e Z. 2 lit. c L-PolG, so bleibt sie selbst die Begründung für diese Behauptung schuldig. Dass dieser Betrieb in der Form eines "Jugendheimes" geführt wird, ergibt sich aus der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell/See vom 10. November 2004 erteilten Gewerbeberechtigung. Ein als "Jugendheim" geführter Betrieb ist aber als "Heim für Kinder und Jugendliche" im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung anzusehen. Auch hier kommt es auf die Dauer des Aufenthaltes nicht an. Im Übrigen besteht im Hinblick auf die in den vorgelegten Verwaltungsakten liegenden Meldelisten der dort aufhältig gewesenen Schulklassen kein Zweifel, dass beide in Rede stehenden Gastgewerbebetriebe jedenfalls auch unter § 1e Z. 2 lit. b leg. cit. zu subsumieren wären.

      Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

      Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere dessen § 3 Abs. 2.

      Wien, am 23. April 2009

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