Normen
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs2;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin eine Tankstelle mit LKW-Zapfsäulen und einer PKW-Zapfsäule als Schlüsseltankstelle betreibt. Die Freigabe zur Betankung erfolgt über ein Schlüsselsystem nur mit Videoüberwachung. Es gibt in der Anlage keine Infrastruktur und auch keine Abstellplätze.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach (BH) vom 31. Oktober 2006, mit dem der Beschwerdeführerin näher angeführte zusätzliche Auflagen (Errichtung einer Lärmschutzwand an der Südseite, eine weitere an der Nordseite und eine Überdachung als Lärmmindermaßnahme auf dem Betriebsareal, Anordnung einer begleitenden Kontrolle durch einen Befugten bei der Umsetzung der Schallschutzmaßnahmen, Verbot des Laufenlassens von Verbrennungskraftmaschinen am Stand sowie des Betriebes von Kühlaggregaten auf dem Betriebsareal) gemäß § 79 Abs. 1 und § 333 GewO 1994 vorgeschrieben worden waren, als unbegründet abgewiesen.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, auf Grund mehrfacher Anrainer- und Nachbarbeschwerden, insbesondere wegen unzumutbarer Belästigung durch Lärm ausgehend von der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin, seien umfangreiche Lärmmessungen durchgeführt und schalltechnische Gutachten eingeholt worden. Die Beschwerdeführerin habe der Behörde ein schalltechnisches Gutachten mit der Ausarbeitung von Lärmschutzmaßnahmen durch die P & P ZT-GmbH vom 17. Februar 2004 vorgelegt. Dieses Projekt sei in drei Varianten gegliedert, davon bestehe die Variante 1 aus Lärmschutzwänden, die sich beinahe um das gesamte Betriebsareal erstreckten und beinahe nur mehr die Ein- und Ausfahrt aussparten. In der Variante 2 sei eine teilweise Überdachung des Betriebsareals der Berechnung der sich dadurch ergebenden Lärmminderung für die Nachbarn zugrunde gelegt, die Variante 3 sehe eine Überdachung im doppelten Ausmaß der Variante 2 vor. Der medizinische Amtssachverständige habe dazu festgestellt, dass die Situation mit Kühlaggregat zur Beurteilung herangezogen werden müsse, weil auch in der technischen Zugrundelegung der Berechnung der ungünstigsten halben Stunde ein LKW mit Kühlaggregat aufscheine. In der gutachtlichen Stellungnahme vom 1. August 2006 habe der gewerbetechnische Amtssachverständige ausgeführt, im Rahmen der medizinischen Beurteilung der gegenständlichen Betriebsanlage in der Verhandlung vom 2. August 2004 sei für die Nachtzeit ein spezifischer Beurteilungspegel für die gegenständliche Tankstelle von 45 dB eingefordert worden. Dieser werde schon bei Realisierung der Variante 2 gemäß dem schalltechnischem Projekt der P & P ZT-GmbH eingehalten, weshalb die seinerzeit in der Verhandlung vom 2. August 2004 vorgeschlagene schalltechnische Auflage derart abzuändern wäre, dass anstelle der Variante 3 die Variante 2 umzusetzen sei. Der medizinische Amtssachverständige habe sich dem angeschlossen (wird näher ausgeführt). Die Beschwerdeführerin habe gegen die Richtigkeit der Gutachten keine Einwendungen erhoben.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, § 79 Abs. 1 GewO 1994 sehe die "Anpassung" eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides für den Fall vor, dass die gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen (trotz Einhaltung der schon vorgeschriebenen Auflagen) nicht hinreichend geschützt seien. Die Behörde dürfe die zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen nur vorschreiben, wenn sie die genehmigte Betriebsanlage nicht in ihrem Wesen veränderten und verhältnismäßig seien. Für ein behördliches Vorgehen im Sinne des § 79 leg. cit. sei erforderlich, dass sich ergebe, die wahrzunehmenden Interessen seien nicht hinreichend geschützt. Der Grund hiefür könne unter anderem in Fehleinschätzungen bei der Sachverständigenbeurteilung im Genehmigungsverfahren, im Gewinnen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Auswirkungen einer Betriebsanlage, aber auch zum Beispiel in unzureichenden oder nicht behördlich erzwingbaren Auflagen des Genehmigungsbescheides liegen. Die erstinstanzliche Behörde habe zutreffend ein Verfahren nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 eingeleitet und durchgeführt. Ausgehend von den nicht angezweifelten Gutachten habe sie die zusätzlichen Auflagen zutreffend vorgeschrieben. Die belangte Behörde sehe in der Vorschreibung des Auflagenpunktes 3., wonach der Betrieb von Kühlaggregaten auf dem Betriebsareal unzulässig sei, keine wirtschaftliche Härte; es stehe die Wahrung der Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 im Vordergrund. Von einer Unverhältnismäßigkeit der vorgeschriebenen Auflage könne angesichts des Schutzes der Nachbarn vor Lärmbelästigungen nicht gesprochen werden.
Beim vorliegenden Verfahren nach der GewO 1994 hätten baurechtliche Überlegungen außer Betracht zu bleiben. Im Übrigen sei auf die Stellungnahme des Amtsleiters der Marktgemeinde A hinzuweisen, wonach die Beschwerdeführerin mit einer Erteilung einer Baubewilligung für die verfahrensgegenständliche Schallschutzwand jedenfalls rechnen könne.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde verkenne, dass bei einem Eingriff in baurechtliche Agenden die Gewerbeordnung nicht allein anzuwenden sei, sondern auch zu überprüfen sei, ob die angeordneten Maßnahmen baurechtlich tatsächlich durchgeführt werden könnten. Es sei rechtskräftig entschieden worden, dass die Errichtung eines neuen Flugdaches dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan widerspreche. Die Liegenschaft, auf der sich die Schlüsseltankstelle befinde, stehe nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den beiliegenden Bescheiden sei zu entnehmen, dass der Eigentümer im Rahmen der Sanierung der bestehenden Tankstelle und des Umbaus zu einer Schlüsseltankstelle nach Abbruch des alten Kiosks samt Überdachung die Neuerrichtung eines Nebengebäudes, insbesondere aber auch eines Flugdaches, beantragt habe, welcher Antrag abgewiesen worden sei. Die Abweisung sei mit der Begründung erfolgt, dass die Widmung des Grundstückes, auf dem sich die Betriebsstätte befinde, Bauland-Dorfgebiet laute und im Rahmen dieser Widmung die Errichtung eines Nebengebäudes samt Flugdach unzulässig wäre. Durch die (nunmehrige) Anordnung der Errichtung des Flugdaches werde ein rechtswidriger Zustand hergestellt und es werde daher mit dem angefochtenen Bescheid etwas angeordnet und genehmigt, was aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei.
Die belangte Behörde übersehe auch, dass die gegenständliche Tankstelle einen Altbestand darstelle, der bereits 1963 als öffentliche Tankstelle genehmigt worden sei. Die Situation von 1993 bis zum Schluss des Verfahrens 1. Instanz vor der BH habe sich nicht geändert und sei eine Lärmerhöhung gegenüber dem Ist-Zustand 1963 und der Zeit des gegenständlichen Verfahrens nicht eingetreten.
Rechtlich unbegründet und rechtswidrig sei die Auflage, wonach der Betrieb von Kühlaggregaten auf dem Betriebsareal nicht zulässig sei. Die Kühlaggregate seien während des Betriebes des Fahrzeuges aufgrund der Notwendigkeit der Kühlung der Ladung elektronisch gesteuert und könnten aus gesundheitsrechtlichen und hygienischen Gründen nicht ausgeschaltet werden. Ein Ausschalten der Kühlleistung führe zur Gefahr der Bakterienbildung sowie Vernichtung von gekühlten Waren.
4.2. § 79 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 84/2006 lautet (auszugsweise):
"(1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.
…"
4.3. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Schutz der Anrainer und Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen durch Lärmemissionen der von der Beschwerdeführerin betriebenen Betriebsanlage könne nur durch die vorgeschriebenen weiteren Auflagen (Errichtung einer Lärmschutzwand samt begleitender Kontrolle, Verbot des Laufenlassens von Verbrennungskraftmaschinen am Stand sowie des Betriebes von Kühlaggregaten) erreicht werden.
Dem hält die Beschwerdeführerin zunächst entgegen, die belangte Behörde habe mit der Errichtung eines Flugdaches etwas angeordnet, was aus rechtlichen Gründen nicht möglich und bereits rechtskräftig abgewiesen worden sei.
Damit behauptet die Beschwerdeführerin eine rechtliche Unmöglichkeit der Erfüllung der nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebenen Auflage. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Vereinbarkeit von im gewerbebehördlichen Verfahren als Auflage vorgeschriebenen baulichen Maßnahmen mit baurechtlichen Vorschriften nicht als Vorfrage zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1983, Zl. 83/04/0103, VwSlg. 11.188 A). Anderes gilt aber im Verfahren nach § 79 GewO 1994 zur Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen, da die Behörde gemäß dem zweiten Satz des § 79 Abs. 1 GewO 1994 solche Auflagen nicht vorzuschreiben hat, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Erfüllung einer solchen Auflage wäre im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen (vgl. zur hg. Rechtsprechung betreffend die Verhältnismäßigkeit nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 weiter unten).
Im Beschwerdefall liegt die behauptete rechtliche Unmöglichkeit aber nicht vor:
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf das abgewiesene Bauansuchen des Liegenschaftseigentümers im Rahmen der Sanierung der bestehenden Tankstelle verweist, das auch die Neuerrichtung eines Flugdaches umfasste, ist ihr zu entgegnen, dass das (damals) eingereichte Projekt von den Baubehörden - wie sich aus den vorgelegten Entscheidungen ergibt - als Neuerrichtung einer Tankstelle (und nicht als Änderung der bestehenden Tankstelle) beurteilt wurde, welchem Bauvorhaben die Bestimmung des § 13 Abs. 2 lit. b K-BO 1996 entgegenstand (während bei einer Änderung einer bereits bestehenden Tankstelle grundsätzlich eine Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 1 lit. a Z. 3 K-BO 1996 gegeben wäre - siehe dazu die im erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde A. vom 2. Mai 2001 wiedergegebene Stellungnahme des Amts der Kärntner Landesregierung, Unterabteilung Raumordnungsrecht). Vor diesem Hintergrund ist es daher nicht zu beanstanden, wenn sich die belangte Behörde auf das Berufungsvorbringen, sie hätte die baurechtliche Bewilligungsfähigkeit der vorgeschriebenen Schallschutzwände samt Überdachung abzuklären gehabt, nicht weiter eingegangen ist und auf die Stellungnahme des Amtsleiters der Marktgemeinde A. verwiesen hat, derzufolge die Beschwerdeführerin mit der Erteilung der Baubewilligung für die verfahrensgegenständliche Schallschutzwand samt Überdachung rechnen könne.
Der Beschwerde kommt aber im Hinblick auf folgende Überlegungen Berechtigung zu:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthält die Bestimmung des § 79 GewO 1994 die gesetzliche Ermächtigung der Behörde für den Fall, dass das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage abgeschlossen ist, mit den in diesem Verfahren vorgeschriebenen Auflagen aber nicht das Auslangen gefunden werden kann, um die im § 74 GewO 1994 umschriebenen Interessen hinreichend zu schützen, ungeachtet der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben. Sie ermöglicht es der Behörde, in bestehende Rechte einzugreifen, wobei es schon nach dem bloßen Wortlaut des § 79 GewO 1994 nicht darauf ankommt, worauf es zurückzuführen ist, dass nach der Genehmigung der Betriebsanlage die in Rede stehenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind, welche Umstände also eine Situation eintreten ließen, die die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen nach Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung im Sinne dieser Gesetzesstelle erforderlich machen. Insbesondere ist nicht Voraussetzung der Vorschreibung neuer oder anderer Auflagen nach § 79 leg. cit., dass eine Änderung in dem dem Genehmigungsbescheid zu Grunde gelegenen Sachverhalt eingetreten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0016, VwSlg. 15.252/A 1999).
Wie sich aus der Bezugnahme auf § 74 Abs. 2 GewO 1994 ergibt, unterliegt die Beurteilung im Verfahren nach § 79 leg. cit. keinen anderen Voraussetzungen als im Verfahren zur Genehmigung der Betriebsanlage. Die Behörde hat daher die Auswirkungen der Betriebsanlage auf die Nachbarschaft zu beurteilen und zu prüfen, welche - anderen oder zusätzlichen - Auflagen erforderlich sind, um Gefährdungen oder - im Rahmen des § 79 Abs. 2 GewO 1994 - unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn hintanzuhalten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. November 2005, Zl. 2003/04/0102).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 1999, Zl. 98/04/0176, ausgeführt hat, ist unter der im § 79 Abs. 1 GewO 1994 geforderten Verhältnismäßigkeit von Auflagen die Relation zwischen einerseits dem mit der Erfüllung der Auflagen verbundenen Aufwand und andererseits dem damit gewonnenen Ausmaß an Schutz der nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen zu verstehen. Es entspricht weiters der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 2000/04/0113), dass dann, wenn das Ziel einer Auflage dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dient, der mit der Erfüllung der Auflage verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen kann.
Im Beschwerdefall konnte sich die belangte Behörde auf die im Verfahren vor der BH eingeholten und im Berufungsverfahren ergänzten Sachverständigengutachten stützen, denen die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Unter Zugrundelegung dieser Gutachten erachtete die belangte Behörde die Vorschreibung der zusätzlichen Auflagen durch die BH zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten Schutzinteressen als "zutreffend" und das Verbot des Betriebes von Kühlaggregaten auf dem Betriebsareal angesichts des Schutzes der Nachbarn vor Lärmbelästigungen nicht als unverhältnismäßig. Nähere Ausführungen zur Frage der Verhältnismäßigkeit fehlen jedoch.
Wie bereits dargestellt, erübrigt sich eine weitere Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer nachträglichen Auflage, sofern ihr Ziel der Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung ist. Dafür bedarf es allerdings entsprechender Feststellungen, die weder dem erstinstanzlichen noch dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen sind. Der medizinische Sachverständige hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme in der Verhandlung vom 2. August 2004 dargelegt, dass im Hinblick auf den Lärmsanierungsbedarf, der sich im vorliegenden Fall für die Nachtzeit herauskristallisiert habe, die sensible Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr maßgeblich sei. Nach Wiedergabe von für die Beurteilung wesentlichen Begriffsbestimmungen und Ausführungen zu Lärmmindermaßnahmen an verschiedenen Immissionsorten fasste der Sachverständige seine Ausführungen dahingehend zusammen: "Bei Umsetzung der zu fordernden Variante 3 des gegenständlichen Lärmminderungsprojektes kann aus humanmedizinischer Sicht abschließend festgestellt werden, dass gesundheitliche Auswirkungen auf die Nachbarn im Sinne eines gesunden, normal empfindenden Erwachsenen bzw. Kindes durch die gegenständliche Betriebsanlage ebensowenig wie eine unzumutbare Belästigung zu erwarten sind." Diese Einschätzung wurde in weiterer Folge nur insofern eingeschränkt, als bei der gegebenen Sachlage mit der Variante 2 das Auslangen gefunden werden könne. Diese medizinische Beurteilung lässt zwar die Deutung zu, dass die vorgeschlagenen Lärmmindermaßnahmen dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dienen, doch haben sich die Behörden damit nicht auseinandergesetzt, vielmehr die Vorschreibung der nachträglichen Auflagen als notwendig zur Gewährung eines hinreichenden Schutzes der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten Interessen erachtet. Dadurch, dass die belangte Behörde die für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer nachträglichen Auflage erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat (sekundärer Verfahrensmangel), hat sie schon deshalb den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Soweit sich die Beschwerde gegen das in Auflagenpunkt 3 ausgesprochene Verbot des Betriebes von Kühlaggregaten auf dem Betriebsareal richtet, ist gleichfalls unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit festzuhalten, dass dieses undifferenzierte Verbot des Betriebs von Kühlaggregaten ohne nähere Begründung jedenfalls überschießend erscheint, wurden doch die Immissionen durch Kühlaggregate in dem zu Grunde liegenden schalltechnischen Gutachten bei Ermittlung des Ist-Zustandes berücksichtigt. Die belangte Behörde führt zu diesem Auflagenpunkt lediglich aus, die Wahrung der Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 stehe im Vordergrund und angesichts des Schutzes der Nachbarn vor Lärmbelästigungen könne nicht von einer Unverhältnismäßigkeit gesprochen werden. Eine nähere Begründung fehlt, diese wäre aber erforderlich gewesen, ist doch den Gutachten nicht zu entnehmen, dass zusätzlich zu den vorgeschlagenen baulichen Maßnahmen (Lärmschutzwand) weitere Maßnahmen, wie etwa das Verbot des Betriebes von Kühlaggregaten, notwendig wären, um die Grenzwertvorgaben des Sachverständigen für die Hintanhaltung einer Gesundheitsgefährdung zu erreichen. Diesbezüglich hat die belangte Behörde den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 26. September 2012
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