VwGH 2006/18/0506

VwGH2006/18/05063.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, in der Beschwerdesache der EE in E, geboren am 6. April 1984, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 13. Dezember 2006, Zl. 2/4033/80/06, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung gemäß § 51 FPG, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs4;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
FrPolG 2005 §51;
FrPolG 2005 §57;
FrPolG 2005 §59 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs4;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
FrPolG 2005 §51;
FrPolG 2005 §57;
FrPolG 2005 §59 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Tirol (der belangten Behörde) vom 13. Dezember 2006 - dem Beschwerdevorbringen zufolge zugestellt am 19. Dezember 2006 - wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, vom 15. November 2006 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria gemäß § 51 Abs. 1 zweiter Satz iVm Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, zurückgewiesen.

Dem Beschwerdevorbringen zufolge ist die Beschwerdeführerin am 12. Jänner 2005 nach Österreich eingereist und hat einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. März 2006 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden ist. Dies "unter gleichzeitiger Feststellung der Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Nigeria und der Ausweisung dort hin." Die dagegen erhobene Berufung hat der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 6. November 2006 abgewiesen. Am 16. November 2006 wurde die Beschwerdeführerin in ihre Heimat abgeschoben, wo sie sich bis zu ihrer Wiedereinreise nach Österreich am 15. Dezember 2006 aufgehalten hat.

Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführerin vom 15. November 2006 damit, dass über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria bereits mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. November 2006 rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in Bezug auf § 51 Abs. 5 FPG, mit dem sie in Wirklichkeit die Berufungsentscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates bekämpfe, gehe ins Leere. Die Fremdenpolizeibehörde könne nicht einen Bescheid einer anderen Behörde, hier der Asylbehörde, abändern.

2.1. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Wirkung eines negativen Feststellungsbescheides mit dem Wegfall des Aufenthaltsbeendigungsbescheides (zB Wegfall einer Ausweisung durch Ausreise oder Legalisierung; Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes) erschöpft und der durch den Feststellungsbescheid bewirkte Eingriff in die Rechtssphäre des Fremden beendet ist. Die Feststellung, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den von ihm bezeichneten Staat unzulässig sei, wirkt nicht "pro futuro" für künftig zu erlassende Aufenthaltsbeendigungsbescheide. Im Zuge eines neuerlichen Beendigungsverfahrens hätte der Fremde wieder die Möglichkeit, einen Antrag nach § 51 Abs. 1 FPG zu stellen (vgl. die zu § 54 Abs. 1 Fremdengesetz 1992 bzw. § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 ergangenen hg. Beschlüsse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0311, vom 4. Dezember 1997, Zl. 95/18/1417, vom 9. September 1999, Zl. 97/21/0365, vom 5. November 1999, Zl. 97/21/0251, vom 28. April 2000, Zl. 98/21/0224, vom 24. März 2000, Zl. 96/21/0880, vom 7. August 2001, Zl. 97/18/0057, vom 6. November 2001, Zl. 98/18/0093, und vom 28. Jänner 2003, Zl. 99/18/0195). Eine Form des Wegfalls eines Aufenthaltsbeendigungsbescheides ist - unbeschadet der Möglichkeit einer Feststellung nach § 51 FPG - die Gegenstandslosigkeit einer Ausweisung gemäß § 57 oder § 59 Abs. 1 FPG.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Auffassung auch in Fällen festgehalten, in denen - wie vorliegend gemäß § 51 Abs. 5 FPG - ein Antrag auf Abänderung eines Feststellungsantrags (zur Zulässigkeit von Abänderungsanträgen an Fremdenpolizeibehörden in Bezug auf die mit negativen Asylbescheiden verbundenen Feststellungen vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/18/0197) gestellt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2001, Zl. 99/21/0159).

2.3. Da die vom unabhängigen Bundesasylsenat gegen die Beschwerdeführerin verhängte Ausweisung mit ihrer Abschiebung am 16. November 2006 ihre rechtliche Wirkung verloren hat (vgl. zur Rechtslage nach § 17 Abs. 1 Fremdengesetz aus 1992 bzw. § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 etwa die hg. Beschlüsse vom 21. September 1998, Zl. 98/21/0022, und vom 3. August 2000, Zl. 99/18/0417), ist nach dem Gesagten (2.1. und 2.2.) auch der genannte Feststellungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. November 2006 mit dem 16. November 2006 unwirksam geworden. Für den gegenständlichen Abänderungsantrag bedeutet dies an sich, dass es von da ab an einem rechtswirksamen Bescheid fehlte, der iSd § 51 Abs. 5 FPG hätte abgeändert werden können. Mithin ist es ab der Abschiebung der Beschwerdeführerin zum Wegfall einer Zulässigkeitsvoraussetzung gekommen, unabhängig davon, ob die von der Beschwerdeführerin behauptete Sachverhaltsänderung in ihrem Heimatstaat tatsächlich eingetreten ist oder nicht (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 99/21/0159).

3.1. Gemäß § 51 Abs. 1 FPG hat die Behörde auf Antrag mit Bescheid festzustellen, ob stichhältige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG bedroht ist. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Antrag nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

Daraus ist ersichtlich, dass ein Fremder nur dann ein subjektives Recht auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung hat, wenn - etwa auf Grund eines anhängigen Ausweisungs- oder Aufenthaltsverbotsverfahrens oder auf Grund eines wirksamen Aufenthaltsbeendigungsbescheides - eine konkrete Aussicht besteht, dass er in einen Staat abgeschoben werde, in dem er behauptet, im Sinne des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG gefährdet zu sein. Ist das nicht der Fall, so besteht hinsichtlich der Erledigung einer Beschwerde betreffend Feststellung gemäß § 51 Abs. 1 bzw. Abs. 5 FPG kein Rechtsschutzbedürfnis.

Eine konkrete Aussicht auf Abschiebung des Fremden und damit ein Rechtsschutzbedürfnis besteht zB dann nicht, wenn sein Aufenthalt legalisiert worden ist (vgl. etwa die teilweise schon genannten hg. Beschlüsse vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0139, vom 26. März 1999, Zl. 94/18/0770, vom 9. September 1999, Zl. 97/21/0365, vom 5. November 1999, Zl. 97/21/0251, vom 26. November 1999, Zl. 96/21/0494, vom 28. April 2000, Zl. 98/21/0224, vom 12. Jänner 2000, Zl. 98/21/0203, und vom 24. März 2000, Zl. 96/21/0880), wenn der Aufenthaltsbeendigungsbescheid wegfällt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 4. Dezember 1997, Zl. 95/18/1417, vom 6. November 2001, Zl. 98/18/0093, vom 28. Jänner 2003, Zl. 99/18/0195, und vom 27. Februar 2003, Zl. 2002/18/0262) oder wenn sich der Fremde nicht (mehr) im Bundesgebiet aufhält (vgl. die in solchen Fällen vorgesehene Einstellung des Feststellungsverfahrens vor der Verwaltungsbehörde gemäß § 51 Abs. 4 zweiter Satz FPG, sowie die den Nichtaufenthalt des Fremden wegen seiner Abschiebung bzw. freiwilligen Ausreise betreffenden hg. Beschlüsse vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0288, vom 5. August 1998, Zl. 98/21/0253, vom 17. September 1998, Zl. 94/18/0165, vom 15. Jänner 1999, Zl. 96/21/0437, und vom 26. Juni 2002, Zl. 98/21/0273).

3.2. Auch in den Fällen, in denen gemäß § 51 Abs. 5 FPG ein Antrag auf Abänderung eines Feststellungsantrags gestellt worden ist, fällt das Rechtsschutzbedürfnis des Fremden ab dem Zeitpunkt des Fehlens einer konkreten Aussicht auf seine Abschiebung nachträglich weg (vgl. den hg. Beschluss vom 5. September 2006, Zl. 2002/18/0137). Mit der Abschiebung der Beschwerdeführerin ist der genannte Ausweisungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates unwirksam geworden (oben 2.3.). In Ermangelung eines Bescheides, auf Grund dessen der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides beendet werden könnte, bestand zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine konkrete Aussicht, dass die Beschwerdeführerin abgeschoben werden könnte. Auf dem Boden des Gesagten kam einer Entscheidung über die nach der Abschiebung der Beschwerdeführerin (bzw. nach dem Wegfall der besagten Ausweisung) eingebrachten Beschwerde bereits zum Zeitpunkt ihrer Einbringung lediglich abstrakt-theoretische Bedeutung zu (vgl. nochmals den Beschluss Zl. 2002/18/0137).

Sollte gegen die Beschwerdeführerin neuerlich ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots oder einer Ausweisung eingeleitet werden, steht es ihr - in Anbetracht der Unwirksamkeit des früheren Feststellungsbescheids (oben 2.2. und 2.3.) - frei, einen Feststellungsantrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG zu stellen.

4. Die Beschwerde war sohin gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen. Wien, am 3. Juli 2007

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