VwGH 2006/12/0017

VwGH2006/12/001725.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des G K in W, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Schachner, Dr. Hubert Schweighofer und Dr. Gerhard Taufner, Rechtsanwälte in 3390 Melk, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 15. Juli 2004, Zl. P666120/7-PersC/2004, betreffend Überstundenvergütung nach § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §49 Abs1 idF 2000/I/142;
GehG 1956 §16 idF 2000/I/142;
BDG 1979 §49 Abs1 idF 2000/I/142;
GehG 1956 §16 idF 2000/I/142;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Offiziersstellvertreter (M BUO 2) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Stabskompanie des Militärkommandos Niederösterreich, Dienstort St. Pölten, wo er bei der Militärmusik verwendet wird.

Mit Antrag vom 15. Dezember 2003 begehrte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer eine (näher aufgeschlüsselte) Überstundenvergütung für Fahrzeiten, die er zwischen 1. April und 30. September 2003 auf Marschbewegungen in Heeresbussen zu verschiedenen Musikeinsätzen zugebracht habe und die ihm nur mit einer Bereitschaftsentschädigung (nach § 17b GehG) abgegolten worden seien. Die Zeit des Dienst-Versehens müsse einheitlich betrachtet werden, weil ihm sowohl vor als auch nach dem Transfer zum Einsatzort diverse dienstliche Aufgaben oblegen seien, sodass die "Transferzeit" immer "als normale Dienstzeit zu qualifizieren" sei.

Mit weiterer Eingabe vom 10. Februar 2004 beantragte der Beschwerdeführer "bescheidmäßig festzustellen, dass mir ab 1.4.2003 für die Zeit der Reisebewegung an jenen Tagen, an denen vor und nach Reisebewegung Aktivdienst zu leisten ist, an Stelle der Bereitschaftsentschädigung nach § 17b GehG Überstundenvergütung nach § 16 GehG gebührt, soweit diese Zeit der Reisebewegung außerhalb der Normdienstzeit liegt und die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 GehG gegeben sind".

Zu seinen wesentlichen Aufgaben als Unteroffizier bei der Militärmusik des Militärkommandos Niederösterreich gehöre es, an Orten, die außerhalb seines Dienstortes lägen, zu diversen Anlässen mit wehrpolitischem Hintergrund auf Grund eines dienstlichen Auftrages zu musizieren. Zu diesem Zweck verlasse die Militärmusik den Dienstort. Die damit verbundenen Dienstverrichtungen begännen und endeten jeweils am Dienstort, die dienstliche Inanspruchnahme erstrecke sich im überwiegenden Teil der Anlässe über die Normdienstzeit hinaus, die von Montag bis Donnerstag von 07.30 Uhr bis 15.45 Uhr und am Freitag von 07.30 Uhr bis 15.30 Uhr festgelegt sei.

Derzeit werde von der Dienstbehörde für die Zeit der Reisebewegung außerhalb der Normdienstzeit Bereitschaftsgebühr nach § 17b GehG angewiesen, auch dann, wenn vor und nach einer solchen Reisebewegung Aktivdienst geleistet werde. Vor und nach der Reise zum Ort eines Musikeinsatzes habe er in der Kaserne im Dienstort verschiedene Dienstverrichtungen zu erledigen. Vor Beginn der Reisebewegung seien die mitzunehmenden Geräte auf ihre Vollständigkeit zu prüfen (Instrumente, Noten, Notenständer, usw.). Es erfolge ein Einspielen der Instrumente sowie eine Überprüfung der Adjustierung der unterstellten Soldaten. Nach Beendigung der Reisebewegung müssten die Instrumente in der Kaserne versorgt werden, weiters erfolge die Rückgabe der Noten in das Notenarchiv, die Versorgung der Gerätschaften und Ähnliches. Auch wenn ihm während der jeweiligen Fahrt keine konkreten Dienstverrichtungen oblägen, folge hieraus, dass die Fahrzeit (wie die Zeiten davor und danach) einheitlich "als Zeit des Dienstversehens im Sinne des § 49 Abs. 1 BDG" zu beurteilen wären. Es sei daher davon auszugehen, dass die Zeit vom Dienstbeginn bis Dienstende Dienstzeit darstelle und - soweit diese Zeit außerhalb der Normdienstzeit liege - eine Mehrleistung gegeben sei, die Anspruch auf Überstundenabgeltung begründe.

Das Militärkommando Niederösterreich gab zum Antrag am 19. März 2004 folgende Stellungnahme ab (Hervorhebungen im Original):

"Anordnung der MDL:

Gem. beiliegender Stellungnahme des S3 MilKdoNÖ waren für o. A. sowie weitere Bedienstete der MilMusik/MilKdoNÖ an den in Rede stehenden Tagen MDL befehlsmäßig (mittels Dienstplan) angeordnet. Dies entspricht in vollem Umfang den Bestimmungen des Erlasses BMLV GZ 90130/15-PersA/2003 i.d.g.F.

Erbringen der MDL:

Hierbei war jeweils sowohl vor, als auch nach der Reisebewegung Aktivdienst, in der durch den Antragsteller beschriebenen Art und Weise, zu versehen. Dies ist aus dem Ausbildungsjournal (= Rückseite des genehmigten Dienstplanes) ersichtlich.

Abgeltung der MDL:

Die Abgeltung der MDL erfolgte nach den Bestimmungen des oben zitierten Erlasses, wonach Zeiten der Reisebewegung mit Bereitschaftsentschädigung gem. § 17 (b) GehG abgegolten wurden. ..."

Der Stellungnahme waren mehrere Dienstpläne angeschlossen, die die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einsätze bestätigten.

Mit Schreiben vom 6. April 2004 gab die Dienstbehörde

1. Instanz dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme. Darin teilte sie ihm "folgendes Ergebnis des Ermittlungsverfahrens" mit:

"Wie aus dem Schreiben (Ihrer) Rechtsanwälte ... vom

15 12 2003 hervorgeht, wurde durch den zuständigen und daher für Sie anordnungsbefugten Standeskörper (MilKdo NÖ), die Vergütung für die geleisteten Mehrdienstleistungen für den Zeitraum der Monate April bis September 2003 zur Abrechnung bzw. zur Anweisung gebracht. Darin begehren Sie die Abrechnungsmodalitäten hinsichtlich geleisteter Mehrdienstleistungen für die Fahrtzeiten zu Musikeinsätzen, welche als Bereitschaftszeiten und nicht als Aktivzeiten verrechnet werden, insofern abzuändern, als Ihrer Ansicht nach sowohl vor als auch nach dem Transfer zum Einsatzort noch diverse dienstliche Aufgaben durchzuführen sind, sodass die Transferzeit selbst keinesfalls nur als Bereitschaftszeit verstanden werden kann, sondern immer als normale Dienstzeit zu qualifizieren ist.

Wie Sie weiter ausführen, sind Sie verpflichtet, auch wenn Ihnen während der jeweiligen Reisebewegung keine konkreten Dienstverrichtungen obliegen, vor Antritt der Reisebewegung und nach deren Beendigung, konkret festgelegte Dienstverrichtungen ausführen zu müssen, wonach Ihrer Ansicht nach, aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es nicht zulässig ist, die auf die Fahrt entfallende Zeit einer gesonderten Beurteilung zu unterziehen und Sie daher davon ausgehen, dass die Zeit vom Dienstbeginn bis Dienstende Dienstzeit darstellt und soweit diese Zeit außerhalb der Normdienstzeit liegt, eine Mehrdienstleistung gegeben ist und damit Anspruch auf Überstundenabgeltung besteht.

Sie sind als Unteroffizier bei der Militärmusik beim MilKdo NÖ diensteingeteilt und führen an, dass zu den wesentlichen Aufgaben Ihrer Dienstverwendung gehört, an Orten, die außerhalb Ihres Dienstortes liegen, zu diversen Anlässen mit wehrpolitischem Hintergrund aufgrund eines dienstlichen Auftrages, zu musizieren. Die dienstliche Inanspruchnahme erstreckt sich im überwiegenden Teil dieser Anlässe über die Normdienstzeit, welche von Montag bis Donnerstag von 07:30 Uhr bis 15:45 Uhr und Freitag von 07:30 Uhr bis 15:30 Uhr festgelegt ist, hinaus.

Anlassbezogen verlegten Sie am 25. April 2003 im Rahmen einer solchen Veranstaltung mittels Heereskraftfahrzeug auf den Truppenübungsplatz A., wofür Ihnen für die Zeit der Reisebewegung (Hinreise) von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr Bereitschaftsgebühr nach § 17b GehG angewiesen wurde. Für die Dauer der Veranstaltung, konkret von 19:00 Uhr bis 22:15 Uhr desselben Tages, wurden Ihnen aufgrund der erbrachten 'Intensivdienstleistung', Mehrdienstleistungen im Sinne des § 16 GehG zur Anweisung gebracht. Für die daran anschließende Reisebewegung (Rückreise) in die Heimatgarnison S. wurde Ihnen für die Dauer der Reisebewegung, während einer solchen, wie Sie selbst in Ihrer Begründung anführen, Ihnen keine konkreten Dienstverrichtungen obliegen, die Zeit von 22:15 Uhr bis 23:45 Uhr mittels Bereitschaftsgebühr nach § 17b GehG abgegolten. Für die Tätigkeiten nach Beendigung der Reisebewegung (Versorgen der Instrumente in der militärischen Unterkunft sowie Rückgabe der Noten im Notenarchiv und Versorgung der Gerätschaften) wurden Ihnen die Zeit vom 25. April 23:45 Uhr bis 26. April 00:15 Uhr als erbrachte 'Intensivdienstleistung' ebenfalls als Mehrdienstleistungen im Sinne des § 16 GehG zur Anweisung gebracht und abgegolten.

Diese Vorgangsweise wiederholt sich bei gleichen oder ähnlichen Anlassfällen im bezughabenden Zeitraum und findet auch in der Anwendung der Abrechnungsmodalitäten ihre erlassmäßige Deckung.

Zu Ihrer Aufforderung, den angeblichen finanziellen Verlust in der Höhe von EUR 353,95 auf Ihr Konto einzuzahlen, wird festgestellt, dass, wie oben angeführt, die Vorgangsweise des KdoLaSK rechtsrichtig ist und daher keine Zahlung erfolgen kann."

(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)

Der Beschwerdeführer äußerte sich hiezu am 23. April 2004. Er brachte vor, der erhobene Sachverhalt sei richtig. Insbesondere stelle die Dienstbehörde richtig fest, dass im anlassbezogenen Fall vom 25. April 2003 und in den gleichen oder ähnlichen Fällen den in Rede stehenden Reisezeiten jeweils eine durch ihn zu erbringende Intensivdienstleistung unmittelbar ohne zeitliche Unterbrechung vorgelagert bzw. nach diesen Reisezeiten Intensivdienstleistung unmittelbar im Anschluss daran ohne zeitliche Unterbrechung durch ihn zu erbringen gewesen und tatsächlich erbracht worden sei. Dadurch habe die Dienstbehörde das für den vorliegenden Rechtsfall maßgebliche Kriterium bestätigt, woraus allerdings die Gebührlichkeit der geforderten Überstundenabgeltung zu folgern gewesen wäre.

Mit Bescheid vom 30. April 2004 stellte das Kommando Landstreitkräfte fest,

"dass die Abgeltung von Mehrdienstleistungen und Bereitschaftsstunden gemäß § 17b GehG in Vbdg. §§ 49ff BDG 1979 und §§ 16ff GehG im ho. Dienstbehördenbereich rechtsrichtig erfolgt und daher Ihrem Begehren auf Abänderung der Abrechnungsmodalitäten von Mehrdienstleistungen nicht entsprochen werden kann".

Nach Darstellung des Antrages, des unbeeinsprucht gebliebenen Sachverhaltes und der Rechtslage wurde in der Begründung ausgeführt, der Grundsatz, wonach für die auf Dienstreisen außerhalb der Normalarbeitszeit zugebrachte Zeit (Reisezeit), in der ein Dienst nicht versehen werde, keine Überstundenvergütung beansprucht werden könne, nicht für die Reisebewegung gelte, die sich als eine Verbindung zwischen zwei dienstlichen Einsätzen des Beamten an verschiedenen Orten darstelle, finde in der erlassmäßig angeordneten Gebührlichkeit einer Bereitschaftsentschädigung gemäß § 17b GehG seine Kongruenz. Durch die Abgeltung der Mehrdienstleistungen (Bereitschaftsgebühr) finde die beanspruchte Überstundenvergütung ihre Anwendung. Darüber hinausgehende Zahlungen wären im Gesetz nicht gedeckt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführte, die erstinstanzliche Behörde habe den relevanten Sachverhalt richtig wiedergegeben. Die rechtliche Subsumtion der Reisezeit unter § 17b GehG sei jedoch verfehlt, weil es das Wesen einer Bereitschaft sei, Arbeitskräfte für ein Ereignis bereit zu halten, dessen Eintritt ungewiss sei. Im Beschwerdefall sei jedoch dem den dienstlichen Einsatz anordnenden Vorgesetzten von Anfang an klar erkennbar gewesen, dass zur Verrichtung des konkret angeordneten Einsatzes eine Ortsveränderung erforderlich sei. Die Reisezeit sei somit dem konkreten Ereignis immanent und könne (vergleichbar etwa einem zu einem Einsatzort fahrenden Exekutivbeamten) keinesfalls als Bereitschaftszeit gewertet werden. Richtig hätte somit eine Überstundenvergütung gebührt, deren Voraussetzungen (§ 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 GehG) gegeben seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 1 Abs. 1 DVG und § 66 Abs. 4 AVG.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens (samt den Stellungnahmen des Beschwerdeführers), des festgestellten Sachverhaltes und der Rechtslage führte die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, in Anbetracht dessen, dass dem Beschwerdeführer vom Kommando Landstreitkräfte das Parteiengehör eingeräumt worden sei, er durch den angefochtenen Bescheid von dem für diese Entscheidung maßgebenden Sachverhalt Kenntnis gehabt habe und sein "Berufungsvorbringen in der gegenständlichen Entscheidung volle Berücksichtigung fand", habe im Berufungsverfahren die Durchführung des Parteiengehörs unterbleiben können.

Der im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt lautet:

"Sie sind als Unteroffizier bei der Militärmusik beim Militärkommando Niederösterreich diensteingeteilt. Zu Ihren wesentlichen Aufgaben im Rahmen Ihrer Dienstverwendung gehört es, an Orten, die außerhalb Ihres Dienstortes liegen, zu diversen Anlässen mit wehrpolitischem Hintergrund auf Grund eines dienstlichen Auftrages zu musizieren. Die diesbezügliche Inanspruchnahme erstreckt sich zum überwiegenden Teil dieser Anlässe über die Normdienstzeit, welche von Montag bis Donnerstag von 07.30 bis 15.45 Uhr und am Freitag von 07.30 bis 15.30 Uhr festgelegt ist, hinaus. Anlassbezogen verlegten Sie am 25. April 2003 im Rahmen einer solchen Veranstaltung mittels Heereskraftfahrzeug (Omnibus) auf dem Truppenübungsplatz A., wofür Ihnen für die Zeit der Reisebewegung (Hinreise) von 17.00 bis 19.00 Uhr eine Bereitschaftsgebühr gemäß § 17b des Gehaltsgesetzes 1956 angewiesen wurde. Für die Dauer der Veranstaltung, konkret von 19.00 bis 22.15 Uhr des selben Tages, wurden Ihnen auf Grund der erbrachten 'Intensivdienstleistung', Mehrdienstleistungen im Sinne des § 16 leg. cit. zur Anweisung gebracht. Für die daran anschließende Reisebewegung (Rückreise) in die Heimatgarnison S. wurde Ihnen für die Dauer dieser Reisebewegung für die Zeit von 22.15 bis 23.45 Uhr eine Bereitschaftsgebühr gemäß § 17b leg. cit. gewährt. Während der Reisebewegung obliegen Ihnen keine konkreten Dienstverrichtungen. Für die Tätigkeiten nach Beendigung der Reisebewegung (Versorgung der Instrumente in der militärischen Unterkunft sowie Rückgabe der Noten im Notenarchiv und Versorgung der Gerätschaften) wurde Ihnen die Zeit vom 25. April 2003 von 23.45 Uhr bis 26. April 2003 um 00.15 Uhr als erbrachte 'Intensivdienstleistung' ebenfalls durch Mehrleistungen im Sinne des § 16 leg. cit. abgegolten und zur Anweisung gebracht.

Diese Vorgangsweise wiederholte sich bei gleichen oder ähnlichen Anlassfällen für den bezughabenden Zeitraum."

(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)

Die Stellungnahme des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde (zusammengefasst) so wieder, dass im anlassbezogenen Fall vom 25. April 2003 "und in den gleichen oder in ähnlichen Fällen" den in Rede stehenden Reisezeiten jeweils eine durch den Beschwerdeführer zu erbringende Intensivdienstleistung unmittelbar ohne zeitliche Unterbrechung vorgelagert war bzw. nach diesen Reisezeiten eine Intensivdienstleistung zu erbringen war bzw. erbracht wurde (S. 2 des angefochtenen Bescheides).

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, grundsätzlich bestehe für die auf Dienstreisen außerhalb der normalen Arbeitszeit zugebrachte Zeit (Reisezeit), in der kein Dienst versehen werde, kein Anspruch auf Überstundenvergütung. Reisezeiten seien "nur dann vergütungsfähig, wenn tatsächlich Dienstleistungen erbracht" würden. Der Beschwerdeführer habe im Zuge seiner Busfahrten vom Auftrittsort der Musikkapelle zur Kaserne keinen dienstlichen Tätigkeiten nachzugehen. Ihm gebühre daher hiefür nur eine Bereitschaftsentschädigung gemäß § 17b GehG, nicht jedoch eine Überstundenvergütung nach § 16 Abs. 1 leg. cit. Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung jedoch mit Beschluss vom 29. November 2005, B 1135/04-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird in der ergänzten Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage:

Bei den im Beschwerdefall strittigen Ansprüchen handelt es sich um zeitraumbezogen zu beurteilende Leistungen.

§ 49 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, lautet:

"Mehrdienstleistung

§ 49. (1) Der Beamte hat auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Mehrdienstleistung). Den auf Anordnung erbrachten Mehrdienstleistungen sind Mehrdienstleistungen gleichzuhalten, wenn

1. der Beamte einen zur Anordnung der Mehrdienstleistung Befugten nicht erreichen konnte,

2. die Mehrdienstleistung zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,

3. die Notwendigkeit der Mehrdienstleistung nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Mehrdienstleistung erbracht hat, hätten vermieden werden können, und

4. der Beamte diese Mehrdienstleistung spätestens innerhalb einer Woche nach der Erbringung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung."

§ 16 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 in der Fassung der 24. GehG-Novelle BGBl. Nr. 214/1972 (GehG), zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, lautet:

"Überstundenvergütung

§ 16. (1) Dem Beamten gebührt für Überstunden,

  1. 1. die nicht in Freizeit oder
  2. 2. die gemäß § 49 Abs. 4 Z 3 BDG 1979 im Verhältnis 1:1 in Freizeit ausgeglichen werden,

    eine Überstundenvergütung."

    § 17b Abs. 1 und 4 GehG, im Wesentlichen in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, die Bezeichnung des zustimmungsberechtigten Ministers in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130, lauten:

    "Bereitschaftsentschädigung

§ 17b. (1) Dem Beamten, der sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden auf Anordnung in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten hat, um bei Bedarf auf der Stelle seine dienstliche Tätigkeit aufnehmen zu können, gebührt hiefür an Stelle der in den §§ 16 bis 17a bestimmten Nebengebühren eine Bereitschaftsentschädigung, bei deren Bemessung auf die Dauer der Bereitschaft Bedacht zu nehmen ist.

...

(4) Die Bemessung der Bereitschaftsentschädigungen nach den Abs. 1 bis 3 bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers."

In den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesbestimmung,

323 BlgNR XIII. GP, 9, heißt es:

"Zu den §§ 17 a und 17 b:

Die Journaldienstzulage nach § 17a und die Bereitschaftsentschädigungen nach § 17b unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass durch die Journaldienstzulage sowohl die Anwesenheit an der Dienststelle, als auch die fallweise Erbringung von Leistungen abgegolten wird, während die Bereitschaftsentschädigungen nur solange gebühren, als der Beamte sich bereitzuhalten hat, ohne Dienst zu leisten, in diesen Bereichen jedoch im Falle der Heranziehung zur Dienstleistung Normaldienst beziehungsweise die Erbringung einer Überstunde vorliegt. Bei der Festsetzung der Höhe der Journaldienstzulage ist daher nicht nur auf das zeitliche Ausmaß, sondern auch auf die Intensität und Häufigkeit der Heranziehung zu Leistungen während des Journaldienstes Bedacht zu nehmen. Bei den Bereitschaftsentschädigungen liegt dagegen nur eine Vergütung für die Kürzung der Freizeit vor, die je nach Stärke des Eingriffes in die persönliche Freizügigkeit abgestuft sein soll."

II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Überstundenvergütung nach § 16 GehG iVm § 49 BDG 1979 durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen verletzt. Vom Grundsatz, wonach für Dienstreisen außerhalb der Normalarbeitszeit keine Überstundenvergütung gebühre, seien Reisebewegungen ausgenommen, die sich - wie im Beschwerdefall - als eine Verbindung zwischen zwei dienstlichen Einsätzen des Beamten an verschiedenen Orten darstellten. Der Beschwerdeführer habe sowohl unmittelbar vor Beginn der jeweiligen Reise als auch nach ihrer Beendigung auf Grund von Anordnungen als Dienstleistungen anzusehende Tätigkeiten zu erbringen gehabt, die nicht als bloße Bereitschaft zu werten seien und die zueinander in einem sachlichen Zusammenhang stünden. Daher sei auch die dazwischen liegende Reisezeit - infolge der gebotenen einheitlichen Betrachtung - als Zeit des "Dienst-Versehens" und nicht als bloße Bereitschaft zu werten. Ob der Beschwerdeführer während der Reisezeit zu einer als Dienstleistung zu qualifizierenden Tätigkeit verpflichtet gewesen sei, sei ohne rechtliche Bedeutung.

Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, für die auf Dienstreisen außerhalb der Normaldienstzeit verbrachte Zeit bestehe (grundsätzlich) kein Anspruch auf Überstundenvergütung, weil es sich dabei um keine Dienstleistung, sondern um eine bloße Beeinträchtigung der Freizeit handle. Eine Vergütung für derartige Reisezeiten ist im GehG nicht vorgesehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. September 1994, Zl. 91/12/0160, vom 11. Dezember 2002, Zl. 97/12/0094, und vom 25. Juni 2003, Zl. 98/12/0138, mit weiteren Nachweisen der Vorjudikatur).

Ebenso entspricht es jedoch ständiger Rechtsprechung (beginnend mit dem hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1980, Zl. 1075/78 = Slg. 10.028/A), von der abzugehen kein Anlass besteht, dass der Grundsatz, wonach für die auf Dienstreisen außerhalb der Normalarbeitszeit zugebrachte Zeit (Reisezeit), in der ein Dienst nicht versehen wird, keine Überstundenvergütung beansprucht werden kann, nicht für eine Reisebewegung gilt, die sich als eine Verbindung zwischen zwei dienstlichen Einsätzen des Beamten an verschiedenen Orten darstellt. Dann, wenn der Dienst an einem bestimmten Ort anzutreten bzw. zu beenden ist, stellt die dazwischen liegende Zeit, und zwar auch allfällige Fahrzeit, Dienstzeit dar. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete es als nicht zulässig, die auf die Fahrt entfallende Zeit einer gesonderten Beurteilung zu unterziehen, sondern sah eine einheitliche Beurteilung als Zeit des "Dienst-Versehens" im Sinne des § 49 Abs. 1 BDG 1979 als geboten. Als maßgebend für diese Betrachtung wurde der Umstand bezeichnet, dass der Beschwerdeführer im zitierten Beschwerdefall verpflichtet war, seinen Dienst an einem Ort anzutreten bzw. zu beenden, der nicht der Ort seiner Hauptdienstleistung war. Ebenso wurde es in der Rechtsprechung als maßgeblich erachtet, dass die dem Beamten an den unterschiedlichen Orten obliegenden Dienstverrichtungen in unmittelbarem Konnex zueinander stehen, damit die Reisebewegung als Verbindung zwischen zwei dienstlichen Einsätzen an verschiedenen Orten zu bewerten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2002, Zl. 97/12/0094).

In derartigen Fällen gebührt eine Überstundenvergütung im Sinn des § 16 GehG auch für die Zeit einer Reisebewegung, sofern die sonstigen Voraussetzungen nach § 49 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 1980, Zl. 1075/78 = Slg. 10.028/A, vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0039, vom 26. November 1990, Zl. 89/12/0241, vom 20. Mai 1992, Zl. 88/12/0085, vom 11. Dezember 2002, Zl. 97/12/0094, und vom 26. Jänner 2005, Zl. 2002/12/0134).

Auch das (im Verwaltungsverfahren unstrittige) Fehlen einer Verpflichtung des Beschwerdeführers, während der Reisezeit Dienstleistungen zu erbringen, kann nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu führen, dass die Zeiten der Dienstreise bei der Ermittlung der Überstunden unberücksichtigt zu bleiben hätten. Liegen nämlich sowohl vor Beginn als auch nach Beendigung der Reisebewegung dienstliche Tätigkeiten in einem insgesamt auch zeitlich nicht unerheblichen Umfang vor, die im unmittelbaren Konnex mit der Dienstverrichtung (Musikdarbietungen) gelegen sind, dann gebührt auch für Zeiten der Reisebewegung eine Überstundenvergütung nach § 16 GehG. Da für eine dienstliche Inanspruchnahme jede dem Beschwerdeführer obliegende Dienstpflicht in Betracht kommt, kann eine solche auch darin liegen, mitgeführte Sachbehelfe oder Ausrüstungsgegenstände sicher zu verwahren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0039, und vom 26. Jänner 2005, Zl. 2002/12/0134).

Nach dem im Beschwerdefall herangezogenen typischen Beispiel waren die strittigen Reisezeiten (Hinreise zum musikalischen Auftritt an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort und Rückreise vom Auftrittsort in den Dienstort) jeweils von Zeiten umschlossen, in denen der Beschwerdeführer dienstliche Tätigkeiten entfaltete (von der belangten Behörde als "Intensivdienstleistung" bezeichnet) und die - sofern sie außerhalb der Normaldienstzeit lagen - als Überstunde qualifiziert und entsprechend abgegolten wurden. Ob in diesen unmittelbar der Hin- und Rückreise vorgelagerten Tätigkeiten auch solche vom Beschwerdeführer durchzuführen waren (wie er sie im Verfahren geltend machte) sowie bejahendenfalls über deren Art, ihr zeitliches Ausmaß und den Zusammenhang mit dem auswärtigen Auftritt bzw. der nach der Reisebewegung (im Beispiel) anerkannten Dienstleistung im Ausmaß von einer halben Stunde enthält der angefochtene Bescheid keine Feststellungen, weil die "Intensivdienstleistungen" nicht näher dargestellt werden und die Begründung das Schwergewicht auf den Umstand legt, der Beschwerdeführer habe während der Hin- und Rückreisezeit keine Dienstleistungen zu erbringen gehabt. Im Übrigen wurden derartige Dienstleistungen auch in der oben wiedergegebenen Stellungnahme des Militärkommandos für Niederösterreich bestätigt. Der angefochtene Bescheid bleibt dabei jede Begründung dafür schuldig, warum dieses Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entsprechen sollte. Ausführungen in der Gegenschrift (über die zeitliche Unerheblichkeit vor dem Reisebeginn erforderlicher Vorkehrungen) können das Fehlen einer Begründung im angefochtenen Bescheid nicht ersetzen.

Anzumerken ist schließlich, dass über den Antrag auf Feststellung der Gebührlichkeit einer Überstundenvergütung zeitraumbezogen (also unter Angabe eines konkreten Anfangs- und Endtermines) abzusprechen ist.

Auf Grund der dargestellten Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides war dieser somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die zusätzlich verzeichnete Umsatzsteuer in der Pauschalierung bereits enthalten ist.

Wien, am 25. Juni 2008

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