VwGH 2005/06/0078

VwGH2005/06/007831.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der L GmbH in X, vertreten durch Dr. Harold Schmid, Mag. Helmut Schmid und Dr. Helmut Horn, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 8, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 19. Jänner 2005, Zl. 052521/2004/0003, betreffend Beseitigungsauftrag nach dem Steiermärkischen Baugesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
BauG Stmk 1995 §20 Z3 lita;
BauG Stmk 1995 §33 Abs1;
BauG Stmk 1995 §33 Abs5;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6 idF 1995/59;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6 idF 2003/078;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
AVG §13 Abs3;
BauG Stmk 1995 §20 Z3 lita;
BauG Stmk 1995 §33 Abs1;
BauG Stmk 1995 §33 Abs5;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6 idF 1995/59;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6 idF 2003/078;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz wurde gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz die Beseitigung einer auf einem näher bezeichneten Grundstück errichteten Werbe- und Ankündigungseinrichtung (mobiler Werbeständer) im Ausmaß von ca. 5 m Breite und ca. 2,4 m Höhe mit beidseitiger Werbefläche binnen zwei Tagen ab Rechtskraft des Bescheides aufgetragen. Begründend führte die Behörde aus, dass diese bauliche Anlage ein anzeigepflichtiges Vorhaben darstelle und auf Grund des Fehlens der Genehmigung vorschriftswidrig errichtet sei.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin am 16. Juni 2004 das Rechtsmittel der Berufung ein und wendete die Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens I. Instanz ein. Es sei kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und kein Parteiengehör gewahrt worden. Die auf dem im Akt einliegenden Lichtbild erkennbaren Werbetafeln seien ordnungsgemäß bei der zuständigen Baubehörde angezeigt worden. Dies werde vor allem daraus deutlich, dass sich die Tafeln bereits seit dem Jahr 1998 vor Ort befänden und bislang nicht beanstandet worden seien. Auch sei nicht erkennbar, welcher konkrete mobile Werbeständer zu entfernen sei.

Im selben Schriftsatz führte die Beschwerdeführerin aus, hiemit eine Bauanzeige betreffend einen mobilen Werbeständer im Ausmaß von ca. 5 m Breite und ca. 2,4 m Höhe, mit beiderseitiger Werbefläche auf dem gegenständlichen Grundstück zu erstatten. Diesbezügliche Unterlagen gemäß § 20 Abs. 2 Z. 2 Stmk BauG wurden nicht vorgelegt.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab und ergänzte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend, dass die im Abstand von ca. 8,00 m zur östlichen und 3,00 m zur nördlichen Grundgrenze errichteten Werbe- und Ankündigungseinrichtung (mobiler Werbeständer), im Ausmaß von ca. 5 m Breite und ca. 2,4 m Höhe mit beiderseitiger Werbefläche binnen zwei Tagen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen sei. Unter Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangten Behörde aus, dass gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG ein Beseitigungsauftrag hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen zu erlassen sei. Dieser Auftrag sei ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 Stmk BauG auszusprechen. Zur gleichzeitig eingebrachten Bauanzeige führte die belangte Behörde aus, dass für das Eintreten der Rechtsfolge des § 33 Abs. 6 Stmk BauG eine vollständig belegte Bauanzeige erforderlich sei. Nur in einem solchen Fall liege eine "Anzeige" im Sinne des § 33 Abs. 6 dritter Satz Stmk BauG vor. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes könne nämlich nicht unterstellt werden, das Gesetz ließe ein bauliches Vorhaben als genehmigt gelten, das - wie im vorliegenden Fall - etwa infolge Fehlens der notwendigen Pläne, Baubeschreibungen und sonstigen Unterlagen - zu unbestimmt sei und daher auf das Vorliegen von Untersagungsgründen des § 33 Abs. 4 Z. 2 Stmk BauG noch gar nicht beurteilt werden könne.

Zum Einwand, dass von der Behörde erster Instanz kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden wäre und der Beschwerdeführerin keinerlei Parteiengehör gewährt worden sei, sei festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein allfälliger Mangel des Parteiengehöres im Verfahren erster Instanz durch die im Berufungsverfahren mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme als saniert anzusehen sei, denn die Behörde wäre auch bei ordnungsgemäßer Wahrung des Parteiengehörs zu keinem anderen Verfahrensergebnis gekommen. Zum weiteren Berufungsvorbringen hielt sie fest, dass die Baubehörde auch noch Jahre nach einer konsenslosen Errichtung die Beseitigung beauftragen könne, da dem österreichischen Baurecht die Erteilung einer behördlichen Genehmigung durch Ersitzung völlig fremd sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 20 Z. 3 lit. a des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 (in der Folge: Stmk BauG), ist die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von Werbe und Ankündigungseinrichtungen (Tafeln, Schaukästen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise u. dgl.) anzeigepflichtig.

Die im gegenständlichen Fall weiteren maßgeblichen Bestimmungen des BauG lauten:

"§ 33

(1) Vorhaben im Sinne des § 20 müssen der Behörde nachweislich schriftlich angezeigt werden.

(2) Der Anzeige sind folgende Unterlagen anzuschließen:

2. In den Fällen des § 20 Z. 2 bis 5

- ein Lageplan im Maßstab 1:1000 (zweifach),

- die erforderlichen Grundrisse, Schnitte, Ansichten

und Beschreibungen (zweifach),

- der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes an

dem für die Bebauung vorgesehenen Grundstück in Form einer

amtlichen Grundbuchabschrift oder in anderer rechtlich gesicherter

Form, jeweils nicht älter als sechs Wochen,

- die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder

des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht selbst

Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist,

- erforderlichenfalls der Nachweis nach § 22 Abs. 2 Z. 3.

(3) Die Verfasser der Unterlagen haben überdies zu bestätigen, dass diese allen baurechtlichen Anforderungen entsprechen.

(4) Die Behörde hat das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem

Bescheid innerhalb von acht Wochen zu untersagen, wenn

a) das angezeigte Vorhaben bewilligungspflichtig nach

§ 19 ist,

b) ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, zu einem

Bebauungsplan, einer Bebauungsrichtlinie oder festgelegten

Bebauungsgrundlagen vorliegt,

c) die Abstandsbestimmungen verletzt werden,

d) keine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung

sichergestellt ist,

e) das Vorhaben in einem offenkundigen Widerspruch zu

sonstigen baurechtlichen Vorschriften steht oder

2. eine Beeinträchtigung des Straßen , Orts und

Landschaftsbildes festgestellt wird.

(6) Liegen keine Untersagungsgründe vor, ist dem Bauwerber eine Ausfertigung der planlichen Darstellung und Baubeschreibung mit dem Vermerk ,Baufreistellung' zuzustellen. Das angezeigte Vorhaben gemäß § 20 gilt ab Zustellung als genehmigt. Das angezeigte Vorhaben gilt auch als genehmigt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird.

...

(8) Die Beurteilung, ob Untersagungsgründe vorliegen, hat auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Einlangens der Anzeige maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu erfolgen.

...

§ 41

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn

Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen,

insbesondere wenn

1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,

2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im

Sinne des § 33 Abs. 6 oder

3. baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses

Gesetzes ausgeführt werden.

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

…"

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, dass gleichzeitig mit der Berufung eine Bauanzeige im Sinne des § 33 Stmk BauG eingebracht worden sei. Sie bestreitet jedoch nicht, dass die verfahrensgegenständliche Bauanzeige unvollständig erstattet worden sei. Vielmehr hätte die belangten Behörde, wenn sie die Ansicht vertrete, dass ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vorliege, einen Verbesserungsauftrag erteilen müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt, weshalb anzunehmen sei, dass die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Werbeanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde bereits mangels fristgerechten Erlasses eines Untersagungsbescheides gemäß § 33 Abs. 6 Stmk BauG genehmigt gewesen sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Erteilung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG dann in Betracht kommt, wenn die Errichtung eines bestimmten Baues sowohl im Zeitpunkt der Bauausführung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrages bewilligungspflichtig bzw. anzeigepflichtig bzw. zwar bewilligungsfrei, aber gegen Bestimmungen des Stmk. BauG verstoßend war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2008, Zl. 2006/06/0306, mwN). Eine vorschriftswidrige bauliche Anlage im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk BauG 1995 liegt unter diesen Voraussetzungen jedenfalls vor, bis eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt oder das Bauvorhaben gemäß § 33 Abs. 6 Stmk BauG 1995 als genehmigt gilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2006, Zl. 2003/06/0171).

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens zu § 33 BauG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass in § 33 Abs. 6 letzter Satz Stmk. BauG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 (nunmehr) ausdrücklich vorgesehen ist, dass das angezeigte Vorhaben auch als genehmigt gilt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird. Auch § 33 Abs. 5 stellt auf die vollständige und mängelfreie Anzeige ab. Schon vor dieser Novelle war es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 33 Abs. 6 Stmk. BauG in der Stammfassung (vgl. das Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2001/06/0139) für den Eintritt der Fiktion des Vorliegens der Genehmigung im Sinne dieser Bestimmung auch maßgeblich, dass eine vollständige und mängelfreie Anzeige vorgelegen ist (vgl. das Erkenntnis vom 24. Oktober 2006, Zl. 2006/06/0103).

In einem ähnlich gelagerten Fall hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch der Umstand, dass die belangte Behörde in einem Anzeigeverfahren offensichtlich ihre Verpflichtung, gemäß § 13 Abs. 3 zweiter Satz AVG einen Verbesserungsauftrag "unverzüglich" zu erlassen, verletzt hat, nichts an ihrer Befugnis zur Erteilung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG ändert, weil die Bauanzeige nach wie vor unvollständig geblieben ist (vgl. nochmals das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004). Dies trifft auch im gegenständlichen Beschwerdefall zu.

Daher stand auch im vorliegenden Fall die unvollständig gebliebene Bauanzeige vom 16. Juni 2004 nicht der Erlassung eines Beseitigungsauftrags entgegen.

Mit dem übrigen Beschwerdevorbringen, mit welchem die Beschwerdeführerin Verfahrensfehler geltend macht, zeigt sie hingegen nicht deren Wesentlichkeit auf, da auch nach ihrem Beschwerdevorbringen nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde hätte gelangen können. (Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin bereits in ihrem Berufungsschriftsatz auf Ermittlungsergebnisse des Beweisverfahrens erster Instanz (Fotos) Bezug genommen hat, weshalb von deren Kenntnis ausgegangen werden kann.)

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 31. März 2009

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