Normen
BauG Stmk 1995 §41 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;
BauG Stmk 1995 §41 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark je zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das verfahrensgegenständliche Grundstück im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde ist in dem anzuwendenden Flächenwidmungsplan 3.0 als Freiland gewidmet.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 19. Februar 2003 die Baubewilligung für die Errichtung eines "Zubaues eines Einfamilienwohnhauses" auf diesem Grundstück. Das Bauvorhaben sah von dem auf dem Baugrundstück bestehenden Gebäude aus einen Verbindungsgang mit einer Länge von ca. 21 m und daran anschließend ein neues Gebäude vor, wobei der so bezeichnete "Zubau" nach der Baubeschreibung und den Plänen (bestehend aus Keller-, Erd- und Dachgeschoß) flächenmäßig ca. 253 m2, hingegen das bestehende Wohnhaus ca. 260 m2 umfasst.
Die belangte Behörde erklärte diesen Bescheid mit Bescheid vom 2. Dezember 2005 aus dem Grunde des § 68 Abs. 4 lit. d AVG als nichtig und behob ihn. Dies begründete sie insbesondere damit, dass im vorliegenden Fall kein Zubau vorliege. Die Erteilung der Baubewilligung stehe mit der Freilandausweisung im geltenden Flächenwidmungsplan im fortdauernden Widerspruch, der auch nicht in Zukunft lösbar sei.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die dagegen erhobene Beschwerde der Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/06/0053, als unbegründet ab.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte in der Folge den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 13. Februar 2006 den Auftrag, das Einfamilienwohnhaus auf dem angeführten Grundstück mit sofortiger Wirkung zu beseitigen. Er führte dazu aus, dass der Baubewilligungsbescheid vom 19. Februar 2003 mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 2005 behoben und als nichtig erklärt worden sei. Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG sei hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen ein Beseitigungsauftrag zu erlassen.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 22. August 2006 als unbegründet ab.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu - soweit es beschwerderelevant ist - im Wesentlichen aus, dass auf Grund der Nichtigerklärung des Baubewilligungsbescheides vom 19. Februar 2003 durch den Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 2005, der mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/06/0053, bestätigt worden sei, keine baubehördliche Bewilligung für das gegenständliche vom Beseitigungsauftrag erfasste Bauwerk gegeben sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0178, ausgeführt, dass eine Baubewilligung infolge ihrer Nichtigerklärung nicht mehr gegeben sei und ein Beseitigungsauftrag für ein im Zeitpunkt der Errichtung und der Erlassung des Bauauftrages vorschriftswidriges Gebäude der Rechtslage entspreche. In diesem Erkenntnis sei eine Auseinandersetzung mit der ex nunc-Wirkung einer Nichtigkeitserklärung nicht erfolgt. Im Erkenntnis vom 29. März 2001, Zl. 99/06/0185, habe der Verwaltungsgerichtshof eine andere Beurteilung vorgenommen. Die Aufsichtsbehörde habe sich danach nicht mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinander gesetzt, dass die Baubewilligung noch vor ihrer Aufhebung von den Beschwerdeführern konsumiert worden sei. Bei der Nichtigerklärung gemäß § 32 Abs. 3 Stmk. ROG handle es sich um eine Nichtigkeit im Sinne des § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG, die eine nachträgliche Vernichtbarkeit des betroffenen Bescheides ermögliche, sodass einem mit einem solchen Nichtigkeitsmangel behafteten Bescheid uneingeschränkt die Rechtswirkung so lange zukomme, als er nicht mit Bescheid als nichtig erklärt worden sei. Eine solche Nichtigerklärung gemäß § 32 Abs. 3 Stmk. ROG wirke somit immer nur ex nunc. Wenn das Bauvorhaben tatsächlich im Zeitraum nach Erteilung der Baubewilligung bis zur Erlassung des Nichtigkeitsbescheides errichtet worden sei, könne nicht davon gesprochen werden, dass im Zeitpunkt der Errichtung dieses Bauvorhabens eine Bewilligungspflicht für das Vorhaben bestanden habe und keine Baubewilligung vorgelegen sei. In diesem Fall entspreche die Erlassung eines Beseitigungsauftrages nicht der Gesetzeslage.
Die Argumente des zuletzt angeführten Erkenntnisses seien nach Hauer - Trippl (Steiermärkisches Baurecht4, S. 420, Anm. 7) nicht überzeugend. Wenn auch die Wirkung der Nichtigerklärung einer Baubewilligung "ex nunc" eintrete, so erscheine es eindeutig, dass eine Baubewilligung mit der Rechtskraft der Nichtigerklärung ihre rechtliche Existenz verloren habe. Ein der Baubewilligung zu Grunde liegendes Vorhaben habe seine rechtliche Deckung durch die Baubewilligung verloren. Damit sei aber ein früher bewilligter Bau ein bewilligungsloser geworden, fehle doch die Baubewilligung. Für einen solchen Bau habe sowohl die Steiermärkische Bauordnung 1968 als auch das Baugesetz in der früheren Fassung (Stammfassung 1995) die Erteilung eines Beseitigungsauftrages vorgesehen (§ 41 Abs. 3 Stmk. BauG sei unverändert geblieben).
Aus diesen Darlegungen ergebe sich, dass für den Fall einer Nichtigerklärung einer Baubewilligung das betreffende Bauvorhaben ab ihrer Wirkung einen vorschriftswidrigen Bau darstelle, für den nach dem Gesetz jedenfalls ein Beseitigungsauftrag zu erteilen sei.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist das Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003, anzuwenden.
§ 41 Abs. 1 und 3 Stmk. BauG sehen Folgendes vor:
"§ 41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn
- 1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
- 2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3. baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.
(2) ...
(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen."
Die Beschwerdeführer machen geltend, dass einer Nichtigerklärung, wie dies der Verwaltungsgerichtshof auch in dem Erkenntnis vom 29. März 2001, Zl. 99/06/0185, ausgesprochen habe, nur eine ex nunc-Wirkung zukomme. Es sei mit Bescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Juli 2006 die Benützungsbewilligung für das gegenständliche Einfamilienhaus erteilt worden. Die in dieser Bewilligung genannten Mängel seien vor Erlassung des Beseitigungsauftrages behoben und die entsprechenden Bescheinigungen nachgereicht worden. Die vorliegende Baubewilligung sei daher konsumiert worden.
Diesem Vorbringen ist Folgendes zu entgegnen:
Zunächst ist festzustellen, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Anwendung des § 70a Stmk. BauO 1968 geht, zu dem die beiden von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angeführten hg. Erkenntnisse ergangen sind, sondern um die Anwendung des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG. Während § 70a Stmk. BauO 1968 u.a. angeordnet hat, dass "vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde", zu beseitigen sind, spricht nunmehr § 41 Abs. 3 Stmk. BauG davon, dass die Behörde "hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen" einen Beseitigungsauftrag zu erlassen hat. Die Erteilung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG kommt dann in Betracht, wenn die Errichtung eines bestimmten Baues sowohl im Zeitpunkt der Bauausführung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrages bewilligungspflichtig bzw. anzeigepflichtig bzw. zwar bewilligungsfrei, aber gegen Bestimmungen des Stmk. BauG verstoßend war (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, Zl. 2001/06/0167, und die weitere dort angeführte hg. Vorjudikatur). Die Nichtigerklärung der ursprünglich erteilten Baubewilligung hat ex nunc-Wirkung, wirkt somit ab dem Zeitpunkt der Erlassung des die Nichtigkeit erklärenden Bescheides. Wenn eine bauliche Anlage etwa im Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage und im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages baubewilligungspflichtig war, kann nur dann von einer nicht vorschriftswidrigen baulichen Anlage gesprochen werden, wenn sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages eine entsprechende Baubewilligung für die bauliche Anlage vorgelegen ist. Genau diese Voraussetzung trifft aber im vorliegenden Fall nicht zu. Es könnte zwar im vorliegenden Fall, was von der belangten Behörde auf Grund ihrer zutreffenden Auffassung nicht näher nachgeprüft wurde, die ursprünglich erteilte Baubewilligung während ihres rechtlichen Bestehens konsumiert worden sein, mit ihrer Nichtigerklärung ist das Vorliegen einer Baubewilligung für dieses Bauvorhaben aber weggefallen. Daraus ergibt sich für den zweiten relevanten Zeitpunkt bei der Beurteilung der baulichen Anlage als allenfalls vorschriftswidriger Anlage, nämlich den Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages, dass für sie, für die die Baubewilligungspflicht nach wie vor gegeben ist, keine Baubewilligung mehr vorliegt. Sie stellte daher - dies hat die belangte Behörde zutreffend festgestellt - in dem gleichfalls maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides eine vorschriftswidrige Anlage im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG dar. Das Interesse der Schonung erworbener Rechte war im Verfahren betreffend die Nichtigerklärung der ursprünglich erteilten Baubewilligung zu berücksichtigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Mai 2008
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