VwGH 2003/11/0239

VwGH2003/11/023929.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. Gernot Franz Herzog, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Führerscheingesetz (Erteilung einer Lenkberechtigung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §67b Z1;
VwGG §27;
AVG §67b Z1;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 391,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 6. März 2003 gab der Beschwerdeführer seine Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 17. Februar 2003, mit dem sein Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B abgewiesen worden war, zur Post.

Am 10. September 2003 gab der Beschwerdeführer eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 B-VG zur Post, die am 11. September 2003 im Verwaltungsgerichtshof einlangte.

Nach Einleitung des Vorverfahrens durch hg. Verfügung vom 22. September 2003 teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 29. Dezember 2003 mit, sie habe mit Bescheid vom 27. Juni 2003, Zl. UVS-34/10084/6-2003, die Berufung des Beschwerdeführers erledigt und ihren Bescheid zweifach an die Erstbehörde abgefertigt. Die Erstbehörde sei unter einem entsprechend der bislang problemlos geübten Praxis um die nachweisliche Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer ersucht worden. Laut den durchgeführten Ermittlungen sei der Bescheid vom 27. Juni 2003 der Erstbehörde nachweislich zugegangen und dabei im Mehrparteienverfahren rechtlich existent geworden. Den Ausführungen der Erstbehörde zufolge sei eine Bescheidausfertigung am 9. Juli 2003 per RSa-Brief ordnungsgemäß für die weitere Verfahrenspartei an deren Vertreter weitergeleitet worden. Bezüglich dieses Zustellvorgangs liege der Erstbehörde jedoch kein Zustellnachweis vor. Angesichts des Fehlens eines Nachweises einer früheren Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführers sei der Bescheid von der Berufungsbehörde neu ausgefertigt und per Fax im Voraus am 26. November 2003 sowie postalisch gegen Übernahmebestätigung am 27. November 2003 neuerlich dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters übermittelt worden. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht liege somit nicht vor.

Unter einem legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Aus diesen ergibt sich, dass eine Ausfertigung des Bescheides der belangten Behörde vom 27. Juni 2003 am 1. Juli 2003 bei der Erstbehörde, der Bundespolizeidirektion Salzburg, eingelangt ist.

Zu diesen Angaben der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer mit hg. Verfügung vom 12. Jänner 2004 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

In seiner Stellungnahme vom 15. Jänner 2004 brachte der Beschwerdeführer vor, ob und wieweit der Bescheid bereits vor der Zustellung zu Handen seines Rechtsvertreters am 27. November 2003 der Bundespolizeidirektion Salzburg zugestellt worden sei, entziehe sich seiner Kenntnisnahme.

Voraussetzung der Zulässigkeit einer nach Art. 132 B-VG und § 27 VwGG erhobenen Säumnisbeschwerde ist die Säumigkeit der von einer Partei angerufenen obersten Behörde; Säumnis liegt nicht vor, wenn die Behörde über den Antrag bereits entschieden hat.

Gegenstand der vorliegenden Säumnisbeschwerde ist die Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung. Das Verfahren über die Berufung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg ist im Hinblick auf § 67b Z. 1 AVG ein Mehrparteienverfahren. Im Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid erlassen worden, wenn er wenigstens gegenüber einer der Parteien ordnungsgemäß erlassen wurde. In einem solchen Verfahren ist somit eine Säumnisbeschwerde unzulässig, wenn der Bescheid durch Zustellung an eine der Parteien des Verfahrens erlassen wurde; dies auch dann, wenn er der beschwerdeführenden Partei noch nicht zugestellt wurde (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 3. Juli 1990, Zl. 90/08/0035, vom 26. Juni 1995, Zl. 95/10/0044, und vom 30. Mai 1997, Zl. 96/02/0602, mwN). Dass der Erstbehörde im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keine subjektiven Rechte zukommen, ändert entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nichts daran (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Mai 1997, Zl. 96/02/0602).

Im vorliegenden Fall ist somit - unbeschadet der Frage, ob der Bescheid dem Beschwerdeführer selbst vor Erhebung der Säumnisbeschwerde zugestellt wurde - die Säumnisbeschwerde im Hinblick auf die am 1. Juli 2003 erfolgte Zustellung an die Bundespolizeidirektion Salzburg unzulässig. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, insbesondere § 51, VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Jänner 2004

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