Normen
AmtsspracheV Slowenisch 1977 §2 Abs1;
AmtsspracheV Slowenisch 1977 §2 Abs2;
AmtsspracheV Slowenisch 1977;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §73 Abs3;
AVG §8;
B-VG Art119 Abs2;
B-VG Art132;
PStG §3;
PStG §31 Abs1;
PStG §31 Abs2 Z1;
PStG §48;
PStG §59;
StV 1955 Art7 Z3;
VolksgruppenG 1976 §13 Abs1;
VolksgruppenG 1976 §18;
VolksgruppenG 1976 §2 Abs1 Z3;
VolksgruppenG 1976 §20 Abs2;
VolksgruppenG 1976 §20;
VolksgruppenG 1976 §22 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §42 Abs4;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2003:2002180152.X00
Spruch:
Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 1996 auf Ausstellung einer Geburtsurkunde in slowenischer Sprache wird gemäß § 20 Abs. 2 Volksgruppengesetz
abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die Beschwerdeführerin wurde am 6. November 1996 in Klagenfurt geboren. Ihre Geburt wurde im Geburtenbuch des Standesamtes des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt unter der Nr. 1541/1996 eingetragen.
Im Antrag vom 23. Dezember 1996 teilte die Beschwerdeführerin dem Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt zunächst mit, dass bereits anlässlich der Eintragung in das Geburtenbuch der Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung der Geburtsurkunde in slowenischer Sprache gestellt worden sei. Nunmehr sei eine Fotokopie der Geburtsurkunde mit einer von einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin beglaubigten Übersetzung in die slowenische Sprache übermittelt worden, was dem Antrag nicht entspreche. § 20 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976 (im Folgenden: VGG), erfordere vielmehr, dass die Behörde selbst auf Verlangen eine Geburtsurkunde in der Volksgruppensprache ausstelle. Darüber hinaus sei zu bemerken, dass die übermittelte beglaubigte Übersetzung insofern nicht korrekt sei, als sie (auch) die deutschen Ortsbezeichnungen "Eberndorf" und "Klagenfurt" enthalte. Es werde daher beantragt, der Beschwerdeführerin eine von der Behörde erstellte Ausfertigung der Geburtsurkunde in slowenischer Sprache zukommen zu lassen. Sollte dem Antrag nicht stattgegeben werden, werde um bescheidmäßige Erledigung ersucht.
Da innerhalb der Entscheidungsfrist von sechs Monaten weder die begehrte Geburtsurkunde ausgestellt noch ein abweisender Bescheid erlassen wurde, stellte die Beschwerdeführerin am 1. Juli 1997 den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an den Landeshauptmann von Kärnten gemäß § 73 Abs. 2 AVG, der am 11. Juli 1997 beim Amt der Kärntner Landesregierung einlangte. Mit Bescheid vom 9. September 1997 hat der Landeshauptmann von Kärnten den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung einer Geburtsurkunde in slowenischer Sprache zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Standesamt Klagenfurt dem § 20 Abs. 2 VGG dadurch Rechnung getragen habe, dass es eine Übersetzung der Geburtsurkunde in die slowenische Sprache durch einen gerichtlich beeideten Dolmetscher habe anfertigen lassen. Der Antrag auf bescheidmäßige Erledigung durch das Standesamt Klagenfurt gehe "gleichfalls ins Leere", weil eine behördliche Beurkundung keinen Bescheid darstelle.
Diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof über die von der Beschwerdeführerin dagegen eingebrachte Beschwerde mit Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 97/01/1010, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es im vorliegenden Fall nicht darum gehe, ob eine behördliche Beurkundung wie die Ausstellung einer Geburtsurkunde einen Bescheid darstelle. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens sei der - zulässige - Antrag der Beschwerdeführerin, die Personenstandsbehörde erster Instanz (der Bürgermeister des Landeshauptstadt Klagenfurt) möge gemäß § 20 Abs. 2 VGG eine Geburtsurkunde als Übersetzung in die slowenische Sprache, die Sprache der Volksgruppe, der die Beschwerdeführerin angehöre, ausstellen. Ausdrücklich sei für den Fall der Nichtentsprechung die Erlassung eines Bescheides begehrt worden. Nur im Fall der positiven Erledigung dieses Antrages durch Ausstellung der begehrten Urkunde hätte die Erlassung eines Bescheides zu unterbleiben gehabt. Da dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht entsprochen worden sei, hätte der Landeshauptmann im Devolutionsweg durch Bescheid über das Bestehen des von der Beschwerdeführerin behaupteten Anspruchs auf Ausstellung der Geburtsurkunde in ihrer Volksgruppensprache abzusprechen gehabt.
Des Näheren wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Am 21. Juni 2001 langte neuerlich ein an den Landeshauptmann von Kärnten gerichteter Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin beim Amt der Kärntner Landesregierung ein. Darin führt die Beschwerdeführerin aus, dass die aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes am 14. Dezember 2000 zugestellt worden sei und seither wiederum sechs Monate vergangen seien, ohne dass vom Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt über den Antrag auf Ausstellung des Geburtsurkunde entschieden worden sei.
Schließlich richtete die Beschwerdeführerin am 27. Dezember 2001 einen Devolutionsantrag an den Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) in dem sie geltend macht, dass der Landeshauptmann auch innerhalb von sechs Monaten nach dem neuerlichen Devolutionsantrag nicht entschieden habe.
2. Mit der vorliegenden, am 10. Juli 2002 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, dass auch die belangte Behörde nicht binnen sechs Monaten entschieden habe und stellt den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden.
3. Die belangte Behörde stellte nicht in Abrede, dass innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist keine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin ergangen sei, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Hinweis vor, dass gemäß § 59 Personenstandsgesetz nur die Personenstandsbehörde dazu befugt sei, Personenstandsurkunden auszustellen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 31 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 3 Personenstandsgesetz - PStG, BGBl. Nr. 60/1983, handelt es sich bei einer Geburtsurkunde um einen Auszug aus dem Geburtenbuch, der von der Personenstandsbehörde - das ist gemäß § 59 leg. cit. iVm Art. 119 Abs. 2 B-VG der Bürgermeister - auszustellen ist. Mangels normativen Charakters einer derartigen Beurkundung handelt es sich dabei nicht um einen Bescheid (vgl. etwa Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 396 f).
1.2. Zunächst ist die Frage der Zulässigkeit eines Devolutionsantrages, der die Ausstellung einer Urkunde bzw. die Erlassung eines den Antrag auf Urkundenausstellung abweisenden Bescheides bezweckt, zu klären.
Dazu wird vorweg festgehalten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis, Zl. 97/01/1010, den Bescheid des im Devolutionsweg zuständig gewordenen Landeshauptmannes wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und nicht wegen Unzuständigkeit des Landeshauptmannes - weil ein unzulässiger Devolutionsantrag keinen Zuständigkeitsübergang bewirken könne - aufgehoben hat.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Gemäß § 73 Abs. 3 leg. cit. beginnt für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.
Der Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG bietet somit nur einen Rechtsschutz gegen die Säumnis einer Behörde bei Bescheiderlassung. Er ist jedoch nicht dazu geeignet, die Ausstellung einer Urkunde zu begehren (Rill, Säumnis bei Beurkundungen, ZfVB 1987, S. 615). Dies führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der von der Beschwerdeführerin gestellten Devolutionsanträge. Wird die Behörde erster Instanz mit der Ausstellung einer nicht als Bescheid zu qualifizierenden Urkunde säumig, hat nämlich die im Devolutionsweg angerufene Behörde - falls sie den Anspruch als gegeben erachtet - mit Bescheid festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Urkundenausstellung gegeben sind (Rill, a.a.O., S. 619).
Aus diesem Grund ist somit auch der von der belangten Behörde geltend gemachte Umstand, dass nur die Personenstandsbehörde erster Instanz dazu befugt ist, Personenstandsurkunden auszustellen, nicht geeignet darzutun, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
1.3. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 1996 auf Ausstellung der Geburtsurkunde in slowenischer Sprache bzw. Erlassung eines den Antrag abweisenden Bescheides ist am 30. Dezember 1996 beim Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt eingelangt. Da dieser Antrag binnen sechs Monaten nicht erledigt wurde, ist mit dem Einlangen des an den Landeshauptmann gerichteten Devolutionsantrages vom 1. Juli 1997 beim Amt der Kärntner Landesregierung am 11. Juli 1997 die Zuständigkeit zur Entscheidung - in der oben 1.2. dargestellten Weise - ex lege (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, E 234 ff zu § 73 AVG, zitierte hg. Judikatur) übergegangen.
Der Landeshauptmann hat diese Zuständigkeit auch wahrgenommen und den Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 1996 mit Bescheid vom 9. September 1997 zurückgewiesen. Nach Aufhebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof war der gegenständliche Antrag gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wieder beim Landeshauptmann anhängig. Der am 21. Juni 2001 eingelangte Devolutionsantrag vom 20. Juni 2001, mit dem die Beschwerdeführerin neuerlich den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den - ohnehin bereits zuständigen - Landeshauptmann geltend machte, ging daher ins Leere.
Da der Landeshauptmann sechs Monate nach Zustellung des erwähnten Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses am 14. Dezember 2000 nicht neuerlich entschieden hat, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung mit Einlangen des Devolutionsantrages vom 27. Dezember 2001 bei der belangten Behörde auf diese über.
2. Gemäß § 27 VwGG kann die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Wann der Devolutionsantrag vom 27. Dezember 2001 bei der belangten Behörde eingelangt ist, ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtlich. Dieser Antrag wurde jedoch am 9. Jänner 2002 vom Kabinett des Bundesministers an die zuständige Sektion weitergeleitet. Die am 10. Juli 2002 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde wurde daher jedenfalls erst nach ungenütztem Verstreichen der sechsmonatigen Entscheidungsfrist erhoben und ist somit zulässig.
Im Rahmen der Entscheidung in der Sache selbst gemäß § 42 Abs. 4 zweiter Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof anstelle der belangten Behörde zu entscheiden, ob der Beschwerdeführerin ein Anspruch auf Ausstellung der beantragten Geburtsurkunde in slowenischer Sprache zukommt.
3.1. Der Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. 152/1955 (im Folgenden: StV Wien) regelt in seinem Art. 7 Z. 3 Folgendes:
"In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfasst."
§ 20 VGG hat folgenden Wortlaut:
"(1) Ist die in Österreich ausgestellte Urkunde, auf Grund deren eine Eintragung in ein Personenstandsbuch erfolgen soll, in der Sprache der Volksgruppe abgefasst, so hat das Standesamt unverzüglich eine Übersetzung herzustellen oder herstellen zu lassen.
(2) Auf Verlangen sind Auszüge aus Personenstandsbüchern und sonstige Urkunden vom Standesamt als Übersetzung in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen."
3.2. In seinem Erkenntnis vom 5. März 1996, B 974/94, Slg. 14.452, hat der Verfassungsgerichtshof zu § 20 Abs. 2 VGG Folgendes ausgeführt:
"Dabei handelt es sich jedoch um keine Vorschrift, die nur
Art. 7 Z. 3 des Staatsvertrags ausführt, weil die in § 20 Abs. 2
VolksgruppenG einfachgesetzlich eingeräumten Rechte über die
verfassungsgesetzlich gewährleisteten hinausreichen. § 20 Abs. 2
VolksgruppenG, dessen örtlicher Anwendungsbereich nicht auf
bestimmte Teile des Bundeslandes Kärnten beschränkt ist (vgl. auch
§ 20 Abs. 1 VolksgruppenG), verpflichtet die Behörde nämlich zur
Erteilung von Auszügen aus Personenstandsbüchern in der Sprache
der Volksgruppe ohne Rücksicht darauf, in welcher Sprache das
vorangegangene Verfahren vor sich ging, und ganz losgelöst vom
Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Zumittlung einer solchen
Urkunde ... diese ... Bestimmung ... räumt ... mit klaren Worten
und völlig unmissverständlich das (ortsungebundene) Recht ein, auf
Verlangen Auszüge aus Personenstandsbüchern ... in der Sprache der
Volksgruppe erteilt zu bekommen."
4.1. Mit Verfügung vom 8. April 2003 wurde den Parteien vom Verwaltungsgerichtshof unter Einräumung einer Äußerungsfrist von vier Wochen Folgendes mitgeteilt:
"Nach der vorläufigen Ansicht des Berichters gilt § 20 Abs. 2 Volksgruppengesetz entgegen der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. März 1996, B 974/94, vertretenen Ansicht nicht für alle Standesämter in ganz Österreich. Schon weil bei isolierter Betrachtung dieser Bestimmung offen bliebe, was unter der - auch in mehreren anderen Bestimmungen des Abschnittes V des Volksgruppengesetzes über die Amtssprache enthaltenen - Wendung 'Sprache einer (der) Volksgruppe' zu verstehen ist, ist eine Auslegung aus dem systematischen Zusammenhang unumgänglich. Das Volksgruppengesetz bezeichnet die einzelnen Volksgruppensprachen, die als zusätzliche Amtssprache nach dem Abschnitt V in Frage kommen, nicht selbst, sondern enthält diesbezüglich in seinem § 2 Abs. 1 Z. 3 eine Verordnungsermächtigung. Aus den auf Grund dieser Ermächtigung ergangenen Amtssprachenverordnungen (für die slowenische Sprache: BGBl. Nr. 307/1977) ergibt sich aber nicht nur, welche Volksgruppensprache als Amtssprache zugelassen wird, sondern insbesondere auch, vor welchen Behörden diese Sprache als Amtssprache verwendet werden kann, also der örtliche Anwendungsbereich der Regelungen über die Amtssprache. Die in § 20 Abs. 2 Volksgruppengesetz enthaltene Verpflichtung, 'auf Verlangen ... Auszüge aus Personenstandsbüchern und sonstige Urkunden vom Standesamt als Übersetzung in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen', trifft daher die Standesämter der in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 307/1977 genannten Gemeinden. (Vgl. zum Ganzen Kolonovits, Sprachenrecht in Österreich (1999) 387 ff mwN; siehe dort auch die für die hier vertretene Auslegung ins Treffen geführten weiteren Argumente.)
Die Landeshauptstadt Klagenfurt ist in der - abschließenden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 2000, V 91/99) - Aufzählung des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 307/1977 nicht enthalten. Da somit die Personenstandsbehörde erster Instanz nicht verpflichtet war, gemäß § 20 Abs. 2 Volksgruppengesetz die begehrte Geburtsurkunde 'als Übersetzung' in die slowenische Sprache zu erteilen, traf diese Verpflichtung auch nicht den vorliegend im Devolutionsweg zuständig gewordenen Landeshauptmann.
Gegen dieses Ergebnis bestehen nach der vorläufigen Auffassung des Berichters keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei der Volkszählung im Jahr 1981 haben von den 87.321 Einwohnern der Landeshauptstadt Klagenfurt 919 Personen als Umgangssprache 'Slowenisch und Deutsch' sowie 218 Personen 'Slowenisch' genannt. Insgesamt haben somit 1137 Personen, das sind 1,30 Prozent der Bevölkerung als Umgangssprache (auch) Slowenisch angegeben. Bei der Volkszählung 1991 haben 1710 von 89.415 Einwohnern, das sind 1,91 Prozent Slowenisch als Umgangssprache angegeben. Bei der Volkszählung 2001 waren es 1730 von 90.141 Einwohnern, das sind 1,92 Prozent. Auf Grund dieses geringen Prozentsatzes an slowenischsprachiger Bevölkerung handelt es sich bei der Gemeinde Klagenfurt nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis, V 91/99, sowie das Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, G 213/01 u.a. Zahlen) nicht um einen 'Verwaltungsbezirk' mit 'gemischter' Bevölkerung im Sinn von Art. 7 Z. 3 des Staatsvertrages von Wien BGBl. Nr. 152/1955."
4.2. In ihrer Stellungnahme vom 12. Juni 2003 führte die Beschwerdeführerin dazu Folgendes aus:
"Die Beschwerdeführerin vermag diese Ansicht nicht zu teilen. Richtig ist, dass die Landeshauptstadt Klagenfurt/Celovec auch im Sinne des Erkenntnisses des VfGH vom 4. Oktober 2000, V 91/99, nicht zu den Gemeinden gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 307/1977 zählt und auch bei großzügiger Auslegung nicht als 'Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung' im Sinne des Art. 7 Abs. 3 des Staatsvertrages von Wien betrachtet werden kann.
Allerdings hat der VfGH im oben zitierten Erkenntnis überzeugend festgestellt, dass § 20 des VGruppG keiner räumlichen Beschränkung unterliegt und insbesondere keine Beschränkung auf ein bestimmtes Gebiet oder eine bestimmte Volksgruppe vorsieht.
Dies hat auch überzeugende praktische Gründe: In der slowenischen Amtssprachenverordnung sind überwiegend Landgemeinden aufgezählt, in welchen ein entsprechender Anteil (lt. VfGH-Erkenntnis V 91/99 etwa 10 %) an Volksgruppenangehörigen vorhanden ist. Geburtsurkunden haben hingegen Personenstandsbehörden des Geburtsortes auszustellen, Sterbeurkunden, Personenstandsbehörden des Sterbeortes usw. Nun finden Hausgeburten nur in den seltensten Fällen statt, der Regelfall ist die Geburt im Krankenhaus. Krankenhäuser befinden sich in den Städten, keine Stadt, welche Standort eines derartigen Krankenhauses wäre, hat einen derartigen Volksgruppenanteil dass diese Stadt als 'Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung' zu qualifizieren wäre. Demnach hätten Volksgruppenangehörige in der Regel - außer sie wurden 'zu Hause' in einer in der Amtssprachenverordnung genannten Gemeinde geboren -
keine Möglichkeit, eine Personenstandsurkunde in ihrer Sprache zu erlangen. Personenstandsurkunden sind aber in weit größerem Ausmaß mit der höchstpersönlichen Identität einer Person verbunden, als z. B. irgendwelche Gebührenvorschreibungen, Straferkenntnisse, Baubescheide etc., auf deren Ausstellung ein Volksgruppenangehöriger in seiner Sprache das Recht hat, sofern er in einem 'anspruchsbegründendem' Gebiet wohnhaft ist. Die Ausstellung einer Personenstandsurkunde durch das Standesamt in der Sprache der Volksgruppe stößt auch auf keine größeren Schwierigkeiten, wie es ja gerade der ggst. Fall beweist: es ist kein Problem eine Übersetzung anfertigen zu lassen, in diesem Verfahren geht es ja nur darum, dass der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt sich weigert eine derartige Urkunde zu erstellen und nicht nur übersetzen zu lassen.
Es sprechen daher rechtliche und auch sehr schwerwiegende praktische Argumente für die Richtigkeit der Judikatur des VfGH in dieser Frage und erlaubt sich die Beschwerdeführerin anzuregen, diesbezüglich keine Judikaturdivergenz zwischen den Höchstgerichten herbeizuführen."
5. Bei Personenstandsurkunden handelt es sich gemäß § 31 Abs. 1 PStG um Auszüge aus den Personenstandsbüchern, die den wesentlichen Inhalt der Eintragung wiedergeben. Bei einer Geburtskurkunde gemäß § 31 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. handelt es sich somit um einen Auszug aus dem Geburtenbuch. Die Personenstandsbücher sind gemäß § 18 VGG und § 48 PStG in deutscher Sprache zu führen.
Gemäß § 20 Abs. 2 VGG sind Auszüge aus Personenstandsbüchern, also etwa auch Geburtsurkunden, vom Standesamt auf Verlangen "als Übersetzung" in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen. Nach den ErlRV betreffend ein Bundesgesetz über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz) (217 BlgNR, 14. GP, 15 f) soll dadurch gewährleistet werden, dass den Volksgruppenangehörigen auf Verlangen eine Urkunde in ihrer Sprache zukommt. Der Gesetzgeber wollte somit, dass auf Verlangen die Urkunde selbst in der Sprache der Volksgruppe ausgestellt wird. Die Wendung "als Übersetzung" spricht nicht gegen diese Auslegung, weil mit jener lediglich klargestellt wird, dass eine derartige Urkunde durch Übersetzung des in deutscher Sprache abgefassten Inhalts des entsprechenden Personenstandsbuches zu Stande kommt. Auch der Verfassungsgerichtshof kam im oben 3.2. zitierten Erkenntnis Slg. 14.452 zum Ergebnis, dass § 20 Abs. 2 VGG das Recht einräumt, eine Personenstandsurkunde in der Sprache der Volksgruppe erteilt zu bekommen.
6. § 20 Abs. 2 VGG enthält keine ausdrückliche Regelung über den örtlichen Anwendungsbereich dieser Bestimmung. Der Verfassungsgerichtshof vertrat im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis Slg. 14.452 die Ansicht, dass diese Bestimmung "mit klaren Worten und völlig unmissverständlich" das ortsungebundene - also vor allen Standesämtern in ganz Österreich geltende - Recht einräumt, auf Verlangen Auszüge aus Personenstandsbüchern in der Sprache der Volksgruppe erteilt zu bekommen.
Wie bereits in der Verfügung vom 8. April 2003 ausgeführt, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine Auslegung von § 20 Abs. 2 VGG aus dem systematischen Zusammenhang schon deshalb unumgänglich, weil bei isolierter Betrachtung dieser Bestimmung offen bliebe, was unter der - auch in mehreren anderen Bestimmungen des Abschnittes V des VGG über die Amtssprache enthaltenen - Wendung "Sprache einer (der) Volksgruppe" zu verstehen ist. Das VGG bezeichnet die einzelnen Volksgruppensprachen, die als zusätzliche Amtssprache in Frage kommen, nämlich nicht selbst, sondern enthält diesbezüglich in seinem § 2 Abs. 1 Z. 3 eine Verordnungsermächtigung. Aus den auf Grund dieser Ermächtigung ergangenen Amtssprachenverordnungen (für die slowenische Sprache: BGBl. Nr. 307/1977) ergibt sich aber nicht nur, welche Volksgruppensprache als Amtssprache zugelassen wird, sondern insbesondere auch, vor welchen Behörden diese Sprache als Amtssprache verwendet werden kann, also der - eingeschränkte - örtliche Anwendungsbereich der Regelungen über die Amtssprache. Dass das VGG mit § 20 Abs. 2 kein vor allen Standesämtern in Österreich geltend zu machendes Recht einräumen wollte, ergibt sich auch daraus, dass Art. 7 Z. 3 StV Wien, dessen Umsetzung eine der Zielsetzungen des VGG ist (vgl. die ErlRV, a. a.O., 7), das Recht auf Verwendung der slowenischen und kroatischen Sprache als zusätzliche Amtssprache nur territorial beschränkt einräumt, nämlich in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung. (Vgl. zum Ganzen Kolonovits, Sprachenrecht in Österreich (1999) 387 ff mwN; siehe dort auch die für die hier vertretene Auslegung ins Treffen geführten weiteren Argumente.) Ein eindeutiger Hinweis, dass der Gesetzgeber bezüglich des örtlichen Anwendungsbereiches des Rechts, auf Verlangen eine Personenstandsurkunde in der Volksgruppensprache ausgestellt zu erhalten, über die sich aus dem StV Wien ergebende Verpflichtung hinausgehen wollte, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien.
Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten "überzeugenden praktischen Gründe", wonach Geburten üblicherweise in den Krankenhäusern der größeren Städte ohne relevanten Anteil an slowenischsprachiger Bevölkerung stattfänden und daher Volksgruppenangehörige keine Möglichkeit hätten, eine Geburtsurkunde in der Volksgruppensprache zu erlangen, vermögen nicht zu überzeugen. Gegen eine österreichweite Anwendung von § 20 Abs. 2 VGG sprechen gerade praktische Gründe. Diesfalls müssten nämlich auch Personenstandsbehörden außerhalb der gemischtsprachigen Gebiete, für die nicht die Verpflichtung des "Trägers" gemäß § 13 Abs. 1 VGG besteht, den Gebrauch der Volksgruppensprache sicherzustellen (vgl. zum Umfang dieser Verpflichtung des Rechtsträgers Kolonovits a.a.O. S. 237), Urkunden in der Sprache einer Volksgruppe ausstellen. Die Personenstandsbehörde hätte die Übereinstimmung des in einer in der Regel allen Organwaltern fremden Sprache erstellten Auszuges mit der Eintragung im Personenstandsregister mit Amtssiegel und Unterschrift des Standesbeamten zu beurkunden.
Für eine Anwendung von § 20 Abs. 2 VGG auch auf jene Personenstandsbehörden, in deren Sprengel die Bevölkerung zwar nicht gemischtsprachig ist, sich jedoch ein Krankenhaus mit einer Geburtshilfeabteilung befindet, in dem erfahrungsgemäß öfter Kinder von Volksgruppenangehörigen zur Welt gebracht werden, ergeben sich aus dem Gesetz keine Anhaltspunkte.
Der Verwaltungsgerichtshof bleibt daher bei seiner bereits in der Verfügung vom 8. April 2003 geäußerten Ansicht, dass die in § 20 Abs. 2 VGG normierte Verpflichtung, "auf Verlangen ... Auszüge aus Personenstandsbüchern und sonstige Urkunden vom Standesamt als Übersetzung in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen", nur die Standesämter der in den Amtssprachenverordnungen genannten Gemeinden trifft.
7.1. Die Landeshauptstadt Klagenfurt ist in der - abschließenden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom 4. Oktober 2000, V 91/99) - Aufzählung des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977, BGBl. Nr. 307/1977, über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, nicht enthalten.
7.2. Da die Personenstandsbehörde somit nicht verpflichtet war, die Geburtsurkunde in slowenischer Sprache auszustellen, war der entsprechende Antrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.
8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 10. September 2003
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