VwGH 2002/08/0094

VwGH2002/08/009425.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach dem nach Beschwerdeeinbringung verstorbenen F, zuletzt wohnhaft in R, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayerhofer, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Heindlkai 3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 22. Jänner 2002, Zlen. LGSOÖ/Abt.4/12810098/2002-11, LGSOÖ/Abt.4/12810099/2002, betreffend rückwirkende Berichtigung und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

BSVG §140 Abs5;
BSVG §140 Abs6;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §2a;
NotstandshilfeV §5 Abs4;
BSVG §140 Abs5;
BSVG §140 Abs6;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §2a;
NotstandshilfeV §5 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 2000, 96/08/0274 und 96/08/0275 zu verweisen; aus diesen ist Folgendes hervorzuheben:

Mit dem der Berufung des mittlerweile verstorbenen F. teilweise stattgebenden Bescheid der belangten Behörde vom 14. August 1996 (Beschwerde protokolliert zu 96/08/0274) sprach die belangte Behörde aus, die dem F. auf Grund seiner Anträge vom 8. November 1993 und vom 7. November 1994 gewährte Notstandshilfe werde rückwirkend für den 31. August 1994 von S 305,30 auf S 198,90, für die Zeiträume vom 1. September bis zum 18. September 1994 und vom 17. Oktober bis zum 31. Dezember 1994 von S 282,70 auf S 176,30, für die Zeit vom 1. Jänner bis zum 31. Jänner 1995 von S 291,-- auf S 184,60 und für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. März 1995 von S 291,-- auf S 179,30 täglich berichtigt und F. zum Rückersatz des Übergenusses in der Höhe von S 20.002,-- verpflichtet.

Diese Entscheidung gründete sich im Wesentlichen darauf, dass F. in seinen Anträgen die Frage nach dem Besitz, der Pachtung, Verpachtung oder Übergabe einer Landwirtschaft jeweils verneint habe. Er sei jedoch seit dem 31. August 1994 Hälfteeigentümer landwirtschaftlicher Liegenschaften mit einem Einheitswert von insgesamt S 81.000,-- gewesen. Seinem in der Berufung erhobenen Einwand, die Landwirtschaft liege brach, komme aus näher dargestellten Gründen keine Berechtigung zu. Gemäß § 5 Abs. 4 Notstandshilfeverordnung sei bei der Ermittlung des Einkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb § 140 Abs. 5 bis 9 BSVG anzuwenden. Aus der dazu "ergangenen Tabelle" ergebe sich bei Besitz einer landwirtschaftlichen Liegenschaft mit einem Einheitswert von S 40.000,-- ein auf die Notstandshilfe anzurechnendes Einkommen von S 3.237,-- für 1994 (maßgeblich für die Anrechnung bis Jänner 1995) und S 3.399,-- für 1995. Den daraus resultierenden Übergenuss müsse F. zurückzahlen, weil er den Besitz der Landwirtschaft nicht gemeldet bzw. im Antrag vom 7. November 1994 verschwiegen habe.

Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 2000, 96/08/0274, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die belangte Behörde habe dem schon im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen und in der Berufung näher ausgeführten Argument, es gebe keine Erträge, weil die Flächen brachlägen, zu Unrecht die rechtliche Bedeutung abgesprochen.

Das rechtliche Umfeld, in dem sich die belangte Behörde mit diesem Einwand auseinander zu setzen gehabt hätte, bestünde im Wesentlichen aus § 12 (in Verbindung mit § 38) und § 36 AlVG jeweils in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, aus § 5 Abs. 4 Notstandshilfeverordnung in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 429/1990 und dem danach sinngemäß anzuwendenden § 140 Abs. 5 bis 9 BSVG in der Fassung der 14. Novelle, BGBl. Nr. 644/1989, und der 15. Novelle, BGBl. Nr. 296/1990. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid nicht offen gelegt, nach welchen der Absätze des § 140 BSVG sie vorgegangen sei.

Im vorliegenden Fall habe die belangte Behörde nicht die Arbeitslosigkeit verneint, sondern gemäß § 5 Abs. 4 der auf Grund des § 36 AlVG erlassenen Notstandshilfeverordnung eine Einkommensanrechnung vorgenommen. § 5 Abs. 4 verweise auf § 140 Abs. 5 bis 9 BSVG. Beim Vollzug dieser Bestimmungen müsse in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich unterschieden werden, ob der Betrieb (zumindest anteilig) auf Rechnung und Gefahr des Pensionsberechtigten bewirtschaftet werde - was u.a. voraussetze, dass der Betrieb nicht aufgegeben worden sei - oder ob dies (wegen Aufgabe, Übergabe, Verpachtung oder anderweitiger Überlassung zur Bewirtschaftung) nicht zutreffe. Auf den ersten dieser Fälle beziehe sich § 140 Abs. 5 BSVG, wo an den Versicherungswert gemäß § 23 BSVG angeknüpft werde. Auf den zweiten Fall beziehe sich die - unmittelbar vom Einheitswert ausgehende, zu niedrigeren Beträgen führende - Regelung des § 140 Abs. 7 bis 9 BSVG.

Für den vorliegenden Fall bedeute das, dass die belangte Behörde das Einkommen des F. aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb nur dann gemäß § 140 Abs. 5 und 6 BSVG (in Verbindung mit § 5 Abs. 4 Notstandshilfeverordnung) in Anknüpfung an den Versicherungswert des § 23 BSVG habe ermitteln dürfen, wenn die von F. behauptete Brache eine Bewirtschaftungsmaßnahme gewesen wäre. Das dürfte - angesichts des Berufungsvorbringens dazu - nach den Maßstäben des Erkenntnisses vom 16. April 1991, 90/08/0155, zumindest 1994 - wenigstens teilweise - auch der Fall gewesen sein, sei von der belangten Behörde jedoch nicht geprüft worden. Wäre die "Brache" (im Sinne der Entscheidung SVSlg 43.917) eine Betriebsaufgabe, so käme eine derartige Einkommensermittlung hingegen nicht in Betracht.

Im fortzusetzenden Verfahren habe die belangte Behörde zu prüfen, ob im Zusammenhang mit der Notstandshilfe auch die Pauschalanrechnung eines Einkommens aus einem (nicht übergebenen oder auf andere Weise zur Bewirtschaftung überlassenen, sondern) stillgelegten landwirtschaftlichen Betrieb stattzufinden habe. Sollte sich ergeben, dass der landwirtschaftliche Betrieb nicht mehr (anteilig) auf Rechnung und Gefahr des F. geführt worden sei, sodass die von der belangten Behörde vorgenommene Einkommensanrechnung gemäß § 140 Abs. 5 BSVG in Verbindung mit § 5 Abs. 4 Notstandshilfeverordnung nicht dem Gesetz entsprochen habe, und dies auf eine Stilllegung und nicht eine Weitergabe des Betriebes - auf die in den bisherigen Ermittlungsergebnissen nichts hindeute - zurückzuführen gewesen sei, so wäre ein Rückgriff auf § 140 Abs. 7 bis 9 BSVG jedenfalls nicht "sinngemäß". Die belangte Behörde werde daher in diesem Fall von einer Anrechnung eines fiktiven Einkommens auf die Notstandshilfe abzusehen haben.

Im Bescheid vom 14. August 1996 (Beschwerde protokolliert zu 96/08/0275) sprach die belangte Behörde aus, die dem F. auf Grund seines Antrages vom 7. November 1994 in der Höhe von S 179,30 täglich gewährte Notstandshilfe werde für die Zeit vom 1. bis 6. und 12. bis 31. Mai 1995 auf S 156,70 täglich berichtigt, für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 1995 widerrufen, für die Zeit vom 1. bis 31. Juli 1995 auf S 128,30 täglich und für die Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 1995 auf S 78,70 täglich berichtigt und F. werde zum Rückersatz des Übergenusses in der Höhe von S 16.802,-- verpflichtet.

Diese Entscheidung gründete sich im Wesentlichen einerseits ebenso darauf, dass F. in seinem Antrag die Frage nach dem Besitz, der Pachtung, Verpachtung oder Übergabe einer Landwirtschaft verneint habe, obwohl er seit dem 31. August 1994 Hälfteeigentümer landwirtschaftlicher Liegenschaften mit einem Einheitswert von insgesamt S 81.000,-- gewesen sei, und andererseits darauf, dass F. das Dienstverhältnis seiner Ehefrau nicht gemeldet habe. Es sei hervorgekommen, dass diese, mit welcher er nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, vom 24. April 1995 bis zum 1. Dezember 1995 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden sei, aus dem sie näher angegebene Bezüge erzielt habe.

Mit dem Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, 96/08/0275, hob der Verwaltungsgerichtshof auch diesen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Soweit sich die Beschwerde gegen die Anrechnung eines (eigenen) Einkommens des F. aus der Landwirtschaft wendete, verwies der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf sein Erkenntnis 96/08/0274.

Zur Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau sprach der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine Vorjudikatur aus, dass die Einkommensanrechnung trotz getrennter Haushalte nicht dem Gesetz entsprochen habe. Die belangte Behörde habe nicht festgestellt, dass F. die Hausgemeinschaft nur deshalb aufgegeben habe, um der Einkommensanrechnung zu entgehen.

Mit dem (Ersatz-)bescheid vom 22. Jänner 2002 sprach die belangte Behörde unter Punkt a) aus, die F. gewährte Notstandshilfe werde rückwirkend für den 31. August 1994 von S 305,30 auf S 198,90, für die Zeiträume vom 1. September bis zum 18. September 1994 und vom 17. Oktober bis zum 31. Dezember 1994 von S 282,70 auf S 176,30 und für die Zeit vom 1. Jänner 1995 bis zum 31. März 1995 von S 291,-- auf S 179,30 täglich berichtigt und er werde zum Rückersatz des Übergenusses in der Höhe von S 20.161,-

- (EUR 1.465,16) verpflichtet.

Unter Punkt b) sprach die belangte Behörde aus, die F. in der Höhe von S 179,30 täglich gewährte Notstandshilfe werde für die Zeit vom 1. bis zum 6. Mai 1995 und vom 12. Mai bis zum 31. Oktober 1995 auf S 156,70 täglich berichtigt und er werde zum Rückersatz des Übergenusses in der Höhe von S 6.805,-- (EUR 494,54) verpflichtet.

In der Begründung zu Spruchpunkt a) führte die belangte Behörde aus, mit Schreiben vom 25. Juli 2001 sei F. um Nachweise, aus denen hervorgehe, dass er von November 1994 bis Oktober 1995 überwiegend für den Unterhalt seiner Ehefrau gesorgt habe, gebeten worden. Er habe geantwortet, seinen überwiegenden Beitrag durch die Ausfolgung von Bargeldbeträgen bzw. Geldbehebungen seiner Ehefrau zu Lasten seines Kontos geleistet zu haben. Urkundliche Nachweise seien nicht vorhanden, zumal über die Ausfolgung der Bargeldbeträge keine Bestätigungen ausgestellt worden seien und aus den Kontonachrichten über die Geldbehebungen kein Rechtsgrund hervorgehe. Zum Beweis habe er den Antrag auf Einvernahme seiner Ehefrau gestellt.

Als F. daraufhin um die Zustimmung zur Kontoeinsicht bei seiner Bank gebeten worden sei, habe er die Zustimmung verweigert und nochmals die Einvernahme seiner Ehefrau beantragt. Diese habe im Zuge der Aufnahme einer Niederschrift vom 3. Oktober 2001 folgende Aussagen gemacht:

"Wenn mein Gatte in der Lage war, mich zu unterstützen hat er mir etwas gegeben. Höhe und Zeitpunkt richteten sich danach. An die Höhe kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Manchmal waren es vielleicht S 4.000,--, S 5.000,-- oder auch weniger. Auf die Zeitpunkte der Übergabe kann ich mich auch nicht erinnern. Er hat mich auch nach meiner Arbeitsaufnahme finanziell unterstützt. Wir haben auf ca. 2 ha Getreide angebaut, auf dem Rest war Wiese, da haben wir 3 Kühe gefüttert. Damit haben wir nicht aufgehört, wie ich zu arbeiten begonnen habe. Leben konnten wir (ich und die Kinder) davon nicht. Sonst hatte ich kein Einkommen. Die Pachteinnahmen sind derzeit ca. S 14.000,-- p.a. Für die Ernte (Weizen) bekommt man ca. S 15.000,--. Die finanzielle Unterstützung habe ich vorwiegend für unseren gemeinsamen Sohn und die Tochter verwendet. Die Förderung habe ich beantragt, da mich das Gericht als Verpächterin bestimmt hat. Den nicht verpachteten Teil haben wir gemäht, den verpachteten Teil der Pächter. Die Bundesförderung ging auf mein Konto. Nach Ende der Pacht haben wir das Grundstück selbst bebaut, der Förderungszeitraum ist 5 Jahre, anschließend wurde das Grundstück wieder an die Ehegatten D. verpachtet. Frau D. ist meine Schwester. Die Brache dauerte nur 1 Jahr. Im Frühjahr 1995 haben wir wieder mit der Bewirtschaftung begonnen, oder auch erst nach zwei Jahren, genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Meine Schwester hat das Feld in dieser Zeit (1995) umgeackert, da wir keinen entsprechenden Pflug haben. Ob wir uns nach Pachtende nicht vorgestellt haben, die Bewirtschaftung wieder aufzunehmen, kann ich jetzt nicht mehr sagen.

Er wohnt im alten Haus seiner Eltern, M.straße. Ich wohne im 'Neubau', S.Weg. Die beiden Häuser sind ca. 20 - 30 m voneinander entfernt. Seine persönlichen Dinge hat er 1994 mitgenommen im Zuge der Übersiedlung."

In einer Stellungnahme vom 21. (richtig: 12.) November 2001 habe F. angeführt, er und seine Ehefrau hätten (ergänze: in der Zeit vom 30. November 1993 bis 20. April 1996) eine Realteilung der von ihnen bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen vorgenommen. Er selbst habe hinsichtlich der von ihm bearbeiteten landwirtschaftlichen Fläche nie einen Antrag auf Förderungsmaßnahmen gestellt. Es habe sich bei den bearbeiteten Grundflächen nicht um eine geförderte Grünbrache gehandelt. Er habe seiner Ehefrau monatlich einen Betrag von S 7.000,-- als Unterhalt zur Verfügung gestellt.

Zu Spruchpunkt b) führte die belangte Behörde aus, F. sei mit Schreiben vom 22. Juni 2001 (richtig: 23. Juli 2001) über die Ermittlungsergebnisse informiert worden. Demnach habe das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mitgeteilt, die Ehefrau des F. habe im Jahr 1994 im Rahmen der Fruchtfolgeförderung eine Prämie für 2,85 ha Ackerland von S 2.137,50 und für 2,30 ha Grünland von S 1.035,--, für eine Gesamtfläche von 5,15 ha insgesamt daher S 3.172,50 erhalten. Dies entspreche der für 1994 festgestellten Gesamtfläche. Die Agrarmarkt Austria habe für das Jahr 1995 eine Förderung von S 2.638,71 bekannt gegeben, welche auch am 12. Dezember 1995 angewiesen worden sei. Die Prämienausschüttung sei durch die Sonderrichtlinie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Juli 1993 geregelt. Art und Gegenstand der Förderung sei die Gewährung von Flächenprämien u.a. für selbstbewirtschaftete Acker- und Grünflächen des Betriebes, wobei die Förderungshöhe für Ackerflächen bei Anlage von mindestens 25% Grünbrache S 750,-- pro ha und S 450,-- für Grünlandflächen betrage. Da als Voraussetzung der Förderung zudem ausdrücklich die Selbstbewirtschaftung festgelegt sei, wäre die Förderung offensichtlich nur bei aktiver Bewirtschaftung gewährt.

Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern habe bekannt gegeben, dass die gesamte Liegenschaft (Einheitswert S 81.000,--) ab 1. März 1994 auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der Eheleute F. geführt und bewirtschaftet worden sei. Der Aufstellung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern sei die von F. behauptete getrennte Bewirtschaftung vertraglich real geteilten Grundanteilen nicht zu entnehmen. Das Schreiben der Sozialversicherungsanstalt deute auch nicht auf einen erfolgten Versuch, an den Versicherungsverhältnissen etwas zu ändern, hin. Die Versicherungsvoraussetzung bestehe nur auf Grund der gemeinschaftlichen Führung des gesamten Betriebes, andere Umstände seien nicht von Bedeutung. Auch auf Grund der von der Ehefrau des F. beantragten und gewährten Fruchtfolgeförderung, welche ausdrücklich nur im Zuge einer Bewirtschaftungsmaßnahme zugesprochen werde, sei jedenfalls nicht von einer Stilllegung des landwirtschaftlichen Betriebes auszugehen.

Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern habe für den Streitzeitraum eine "Winterbrache" weder festgestellt noch anerkannt. Eine solche habe sie lediglich für den Zeitraum am 1. Dezember 1993 bis 28. Februar 1994 festgestellt.

Dem Vorbringen des F., bei der "Brache" seines Liegenschaftsanteiles habe es sich nicht um eine solche im Rahmen der Bewirtschaftung gehandelt, sei auszuführen, dass er bereits am 24. November 1995 gegenüber der regionalen Geschäftsstelle des AMS angegeben habe, "jeder bewirtschafte seine Hälfte alleine, die Arbeiten seien streng getrennt". Dem gegenüber habe seine Ehefrau angegeben, auf ca. 2 ha der Fläche sei Getreide angebaut worden, auf der übrigen Fläche seien drei Kühe gehalten worden. Daran habe sich auch durch ihre Arbeitsaufnahme nichts geändert. Die Förderung habe sie beantragt, weil das Gericht sie und nicht ihren Mann "als Verpächter" bestimmt habe.

In der rechtlichen Beurteilung zu beiden Spruchpunkten führte die belangte Behörde aus, es sei davon auszugehen, dass es sich bei der Grünbrache um eine Bewirtschaftungsmaßnahme und keine Betriebsaufgabe gehandelt habe. Wie die tatsächlichen zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes notwendigen Tätigkeiten durch interne Vereinbarungen zwischen den beiden Hälfteeigentümern aufgeteilt seien, könne sich auf die Versicherungsvoraussetzung "Führung und Bewirtschaftung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr" im Außenverhältnis nicht auswirken. Dass nicht F. selbst, sondern seine Ehefrau die Förderung beantragt habe, wirke sich auf die Einkommensanrechnung nicht aus, weil die Förderung für das gesamte land(forst)wirtschaftlich genutzte Grundstück beantragt worden sei. Dieses Vorbringen des F. sei abgesehen davon ohnehin unglaubwürdig, weil dieser in seiner Berufung noch angegeben habe, "wir haben die Förderung bekommen."

Die Ermittlung des Einkommens des F. habe aus diesen Gründen unter Anwendung von § 140 Abs. 5 und 6 BSVG i.V.m. § 5 Abs. 4 NHVO in Anwendung des Versicherungswertes nach § 23 BSVG zu erfolgen.

Der Besitz einer landwirtschaftlichen Liegenschaft mit einem Einheitswert von S 81.000,-- bedeute im Jahr 1994 ein monatliches Einkommen von S 6.474,--, für den Hälfteeigentümer ergebe sich daher ein Betrag von S 3.237,-- monatlich bzw. S 106,42 täglich. Für 1995 sei der Betrag auf S 6.797,-- erhöht worden, was wiederum ein Einkommen von S 3.339,-- monatlich bzw. von S 111,75 täglich für den Hälfteeigentümer bedeute.

Zur Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau führte die belangte Behörde aus, der Nachweis dafür, dass die Trennung des Ehepaares lediglich zur Umgehung der Anrechnung vorgenommen worden sei, sei auf Grund der Ermittlungsergebnisse nicht gelungen. Es sei daher davon auszugehen, dass ab 1. Dezember 1994 ein gemeinsamer Haushalt nicht mehr vorliege.

Der Anspruch des F. auf einen Familienzuschlag für seine Ehefrau gebühre auch nach getrennter Haushaltsführung weiter, weil er glaubhaft gemacht habe, für den Unterhalt seiner Frau aufgekommen zu sein. Ab Mai 1995 gebühre erstmals für die Ehefrau kein Familienzuschlag mehr, weil diese ab 24. April 1995 in einem Dienstverhältnis gestanden sei und ihr gesamtes Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen sei.

Der Anspruch des F. auf Notstandshilfe habe im August 1994 S 237,50 täglich betragen. Im August 1994 seien ihm drei und ab dem 1. September 1994 zwei Familienzuschläge zugestanden. Abzüglich des eigenen Einkommens aus der Landwirtschaft ergebe sich für den Zeitraum bis 31. August 1994 ein täglicher Anspruch von S 198,90 und für den Zeitraum von 1. bis 18. September 1994 und von 17. Oktober bis 31. Dezember 1994 (von 19. September 1994 bis 16. Oktober 1994 sei über ihn rechtskräftig eine Ausschlussfrist verhängt worden), ein täglicher Anspruch des F. von S 176,30,--.

Von Jänner bis März 1995 habe der Anspruch des F. inklusive zweier Familienzuschläge täglich S 291,-- betragen, wobei sich dieser Betrag durch die Anrechnung seines landwirtschaftlichen Einkommens auf S 179,30 reduziert habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

F. verstarb nach Beschwerdeeinbringung. Sein Vertreter (§ 23 Abs. 5 VwGG) beantragte namens der von der erbserklärten Witwe und der beiden Kinder vertretenen Verlassenschaft nach F. die Fortsetzung des Verfahrens. Eine Einantwortungsurkunde lag im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (noch) nicht vor.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Anrechnung des Einkommens des F. aus dessen land- und forstwirtschaftlichem Betrieb auf den Notstandshilfeanspruch. Aufbauend auf den Feststellungen, wonach keine Betriebsaufgabe vorliege, ist die belangte Behörde bei der Ermittlung seines Einkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auch zu Recht gemäß § 5 Abs. 4 NHVO i.V.m. § 140 Abs. 5 und 6 BSVG vorgegangen.

§ 5 Abs. 4 der auf Grund des § 36 AlVG erlassenen Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 i.d.F. BGBl Nr. 490/2001, sieht unter der Überschrift "Anrechnung des Einkommens des Arbeitslosen" Folgendes vor:

"(4) Bei der Ermittlung des Einkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ist § 140 Abs. 5 bis 9 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes sinngemäß anzuwenden."

Die Abs. 5 und Abs. 6 des § 140 BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, die sich auf den Fall beziehen, dass der Betrieb (zumindest anteilig) auf Rechnung und Gefahr des Pensionsberechtigten bewirtschaftet wird, lauten in der Fassung der 14. und 15. Novelle (BGBl. Nr. 644/1989 und BGBl. Nr. 296/1990):

"(5) Der Ermittlung des Nettoeinkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb sind 70 v.H. des Versicherungswertes (§ 23) dieses Betriebes zu Grunde zu legen.

§ 23 Abs. 10 ist hiebei nicht anzuwenden. Dieser Betrag, gerundet auf volle Schilling, gilt als monatliches Nettoeinkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb.

(6) Steht das Recht zur Bewirtschaftung des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr nicht einer einzigen Person zu, so gilt das gemäß Abs. 5 ermittelte Nettoeinkommen, sofern bei dessen Ermittlung die Bewirtschaftung durch mehrere Personen nicht bereits berücksichtigt wurde, nur im Verhältnis der Anteile am land(forst)wirtschaftlichen Betrieb als Nettoeinkommen."

Soweit die Beschwerde geltend macht, die belangte Behörde habe die beiden Berufungsverfahren ohne bescheidmäßigen Ausspruch in unzulässiger Weise miteinander verbunden, ist auszuführen, dass es sich bei der Verbindung von Verfahren um eine Verfahrensanordnung gemäß § 39 Abs. 2 AVG handelt. Die Beschwerde kritisiert zwar die Verbindung der beiden Berufungsverfahren, zeigt jedoch nicht auf, gegen welche Verfahrensvorschrift die belangte Behörde dadurch verstoßen hätte oder dass F. dadurch in der Verfolgung seiner Rechte gehindert worden wäre. Angesichts des den Verfahrensvorschriften innewohnenden Grundsatzes der Verwaltungsökonomie ist im vorliegenden Fall die Verbindung der Berufungen jedenfalls zweckmäßig und damit zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 98/08/0029).

Dem Vorbringen des F., wonach er sich in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt erachte, weil die belangte Behörde die herangezogenen Sonderrichtlinien des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Juli 1993 nicht beigeschafft und ihm zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt habe, ist zu entgegnen, dass er in keiner Weise die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzeigt.

Soweit sich die Beschwerde gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung zu der angenommenen Bewirtschaftung des Betriebes wendet, ist Folgendes auszuführen:

Wegen der durch § 41 Abs. 1 VwGG eingeschränkten Prüfungsbefugnis darf der Gerichtshof die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht in dem Sinn einer Kontrolle unterziehen, dass er sie an der Beweiswürdigung misst, die er selbst vorgenommen hätte, wäre er an Stelle der belangten Behörde gewesen. Er darf vielmehr die Beweiswürdigung nur auf ihre Schlüssigkeit, gemessen an Denkgesetzen und an menschlichem Erfahrungsgut, überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2004, 2001/08/0049).

Die belangte Behörde hat Feststellungen bezüglich der Bewirtschaftung der Grundstücke in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen getroffen und ausführlich und schlüssig dargelegt, weshalb sie der Behauptung des F. betreffend Betriebsstilllegung keinen Glauben schenkte.

Sie folgte den Angaben der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, wonach die gesamte Liegenschaft ab März 1994 auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführt und bewirtschaftet worden sei, den Angaben der Agrarmarkt Austria, wonach Voraussetzung für die Gewährung von Förderungen eine aktive Bewirtschaftung sei, und der Mitteilung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, wonach im Rahmen der Fruchtfolgeförderung eine Prämie für das gesamte Grundstück gewährt worden sei, sowie den Angaben seiner Ehefrau.

Diese Beweiswürdigung der belangten Behörde hält einer Schlüssigkeitsprüfung stand.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach die belangte Behörde die von F. behauptete Realteilung der Landwirtschaft auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse hätte beurteilen müssen und somit von einer Anrechnung des gesamten Einkommens aus der Landwirtschaft hätte absehen müssen, ist zunächst auszuführen, dass die belangte Behörde ohnehin nur die auf seinen Hälfteanteil entfallenden Erträgnisse berücksichtigt hat.

Die Anrechnung des Einkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb nach § 140 Abs. 5 bis 6 des BSVG setzt eine Führung des Betriebes auf Rechnung und Gefahr des F. voraus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 23. Februar 2005, 2001/08/0117) wird ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb dann auf Rechnung und Gefahr einer Person (auf gemeinsame Rechnung und Gefahr mehrerer Personen) geführt, wenn sie aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird (werden). Wer in diesem Sinn aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Das Eigentum bzw. Miteigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten aus der Betriebsführung setzt voraus, dass durch rechtswirksame dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluss eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahe kommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird. Die bloße tatsächliche Betriebsführung durch einen Miteigentümer reicht dazu nicht aus (vgl. zu der erforderlichen besonderen, im Außenverhältnis wirksamen Vereinbarung zwischen Miteigentümern die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1988, 87/08/0119, und vom 3. Juli 1990, 88/08/0248).

Den Feststellungen der belangten Behörde zufolge ist F. gemeinsam mit seiner Ehefrau als Hälfteeigentümer zweier Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Da eine bloß tatsächliche Betriebsführung durch einen Miteigentümer keine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung herbeiführt, war die Annahme einer Betriebsführung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des F. und seiner Ehefrau durch die belangte Behörde auf Grund dieser Eigentumsverhältnisse nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde macht geltend, dass die Förderung der Grünbrache für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb jährlich lediglich S 3.172,50 betragen habe, während die geforderten Rückzahlungsbeträge insgesamt eine Summe von S 26.000,-- ausmachten. Dies ergäbe einen realen Einkommensverlust von S 22.800,--. Dem ist zu entgegnen, dass nach den Feststellungen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht nur Einkünfte auf Grund der Förderung, sondern auch aus dem Verkauf der Ernte (Weizen) und der Tierhaltung erzielt wurden, vor allem aber gemäß § 5 Abs. 4 NHVO i.V.m. § 140 Abs. 5 und 6 BSVG die Anrechnung in Form eines Pauschalbetrages vorzunehmen ist.

Es ist nicht mehr strittig, dass die belangte Behörde die Rückforderung der empfangenen Notstandshilfe auf den Tatbestand der Verschweigung stützen konnte. Der Rückforderung unterliegt der Teil der empfangenen Notstandshilfe, auf welchen F. keinen Rechtsanspruch gehabt hat.

Die Beschwerde erwies daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegensteht. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 10. August 2000, 2000/07/0083, und vom 14. Mai 2003, 2000/08/0072). Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Beantwortung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Mai 2005

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