VwGH 98/08/0029

VwGH98/08/002921.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der L Detektei-GmbH in L, vertreten durch Dr. Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Friedhofstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Dezember 1997, Zl. SV(SanR)-1337/3-1997-Ho/Ha, betreffend Beitragsnachverrechnung und Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §357;
ASVG §60;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
VwRallg;
ASVG §357;
ASVG §60;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nahm 1997 gemäß § 42 Abs. 1 ASVG jeweils eine Beitragsprüfung für den Zeitraum Jänner 1993 bis August 1997 bei der beschwerdeführenden Gesellschaft, dem Einzelunternehmen ihres handelsrechtlichen Geschäftsführers Gottfried K., der Karl H. Detektivbüro D OEG (in der Folge: D) und der H-R Detektivbüro A OEG (in der Folge: A) vor.

Mit 98 im Wesentlichen gleich lautenden Bescheiden vom 10. Oktober 1997 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse über die von den geprüften Unternehmen zur Teilversicherung in der Unfallversicherung gemeldeten Beschäftigungsverhältnisse von 36 Dienstnehmern ab. Die Anmeldung namentlich bestimmter Dienstnehmer in angeführten Zeiträumen durch D in 30 Fällen, A sowie Gottfried K. in je 34 Fällen, wurde wegen Nichtbestandes der Pflichtversicherung abgelehnt und ausgesprochen, dass eine Formalversicherung nicht bestand.

Mit weiterem Bescheid vom 10. Oktober 1997 wurde die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin verpflichtet, allgemeine Beiträge, Sonderbeiträge und einen Beitragszuschlag von insgesamt S 4,436.756,50 zu bezahlen. Auf die dem Bescheid beiliegenden Aufstellungen (I. bis VIII.) wurde verwiesen.

Gegen die Bescheide betreffend die Versicherungspflicht wurden von Gottfried K., D und A im Wesentlichen gleich lautende Einsprüche erhoben. Darin wurde einerseits geltend gemacht, die Abmeldung sämtlicher Dienstnehmer entspreche nicht dem "Grundrecht der freien Arbeitswahl" und andererseits wurde zur grundsätzlichen Situation auf den Einspruch der Beschwerdeführerin verwiesen.

Gegen den Beitragsbescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch. Darin führte sie aus, zum Stichtag 1. April 1995 hätten bereits vier Firmen existiert, die bis zu diesem Zeitpunkt sehr eng zusammengearbeitet hätten, und zwar die 1977 gegründete Beschwerdeführerin, das Unternehmen Gottfried K. seit 1991 und die 1992 gegründeten D und A. In diesen vier Unternehmen sei als geprüfter Berufsdetektiv und somit Gewerbeberechtigter lediglich Gottfried K. tätig. Die Beschwerdeführerin selbst sei an diesen Firmen nicht beteiligt. Die Beschwerdeführerin habe seit ihrem Bestehen immer wieder Fremddetekteien mit Arbeiten beauftragt, wobei sie als Rechnungsleger beim Auftraggeber aufgetreten sei. Dies sei eine durchaus übliche Vorgangsweise. "Im Sinne der Gleichbehandlung und Gleichberechtigung" dürfe es nicht vorkommen, dass die Beschwerdeführerin zwar die Unternehmen X, Y, ... mit Subaufträgen betrauen dürfe, nicht aber die Unternehmen Gottfried K., A und D, weil in diesen Unternehmen zu einem Teil die selben Arbeitnehmer beschäftigt seien, wobei bei diesen drei Unternehmen ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Diesen Dienstnehmern gegenüber entstünde dadurch "ein Arbeitsverbot".

Von den betroffenen Dienstnehmern wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Einsprüchen keine Folge. In der Begründung stellte sie zunächst das Verwaltungsgeschehen dar und ging sodann von folgendem - zusätzlichen - Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin habe als Dienstgeberin mit mehreren Dienstnehmern vor dem 1. April 1995 Arbeitsverträge - in der Regel "Vollarbeitsverhältnisse" - geschlossen. Kurz vor dem 1. April 1995 habe Gottfried K. eine Mitarbeiterbesprechung durchgeführt. Hiebei habe er den Dienstnehmern mitgeteilt, er wolle per 1. April 1995 ein neues Lohnschema einführen. In Zukunft würden die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin bei vier Unternehmen angemeldet werden. Durch diese Teilung sei in der Folge in der Tätigkeit der Dienstnehmer keine Änderung eingetreten. Zur Begründung dieses Schrittes habe Gottfried K. ausgeführt, dass er sich die Sozialabgaben nicht mehr leisten könne. Ursache für diese Teilung sei das inzwischen rechtskräftig abgeschlossene Verwaltungsverfahren mit der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gewesen, wobei es um die kollektivvertragliche Einstufung der Dienstnehmer gegangen sei. Mit dieser Teilung sollten die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Den Dienstnehmern sei von Gottfried K. ein handschriftliches Rechenbeispiel ausgehändigt worden; nach dieser Aufstellung würden auch die Dienstnehmer von der Aufteilung durch einen höheren Nettolohn profitieren. Mitarbeiter, die diesem neuen Entlohnungsschema nicht zustimmen würden, könne sich Gottfried K. nicht leisten. Er habe die Dienstnehmer daher vor die Alternative gesetzt, diese Vorgabe zu akzeptieren oder aus dem Unternehmen auszuscheiden.

Einem bei dieser Mitarbeiterbesprechung nicht anwesenden Dienstnehmer der Beschwerdeführerin habe Gottfried K. am 20. April 1995 mitgeteilt, dass er sich die Sozialabgabe nicht mehr leisten könne, weshalb alle Mitarbeiter gekündigt worden seien, er (der bei der Mitarbeiterbesprechung nicht anwesende Dienstnehmer) brauche sich deshalb keine Sorgen machen, er sei bereits rückwirkend ab 1. April 1995 bei der Beschwerdeführerin und den Unternehmen Gottfried K., A und D mit wöchentlich 10 Stunden pro Unternehmen angestellt.

Nach Angabe eines Dienstnehmers sei nur von einer Teilung des bestehenden Dienstverhältnisses die Rede gewesen, eine Kündigung sei nicht ausgesprochen worden. Auch seien Dienstzettel oder sonstige Verträge mit den übrigen drei Firmen nicht unterfertigt worden. Es seien zwar Dienstzettel einzelner Dienstnehmer betreffend alle vier Firmen vorgefunden worden. Laut Aussage dieser Dienstnehmer hätten sie lediglich einen und zwar betreffend die Beschwerdeführerin, unterschrieben, keinesfalls jedoch betreffend die drei anderen Firmen. Die Unterschrift auf dem Dienstzettel betreffend die Beschwerdeführerin sei ohne Wissen und Wollen der Betroffenen auf Dienstzettel betreffend die übrigen drei Firmen kopiert worden.

Die Dienstverhältnisse seien buchhalterisch per 1. April 1995 auf die vier genannten Unternehmen aufgeteilt worden, ein Dienstverhältnis, grundsätzlich das zur Beschwerdeführerin, sei der Vollversicherung unterlegen und die Übrigen seien als lediglich teilversicherungspflichtig im Zweig der Unfallversicherung gemeldet worden. Diese Vorgangsweise sei auch mit Dienstnehmern, die nach dem 1. April 1995 eingetreten seien, praktiziert worden. Der in der Pensionsversicherung bezüglich der Pensionshöhe zu erwartende Nachteil sollte nach den Angaben des Gottfried K. mit einem nicht über das Lohnkonto, sondern mittels Scheck gezahlten Betrages von monatlich S 1.000,-- für Zwecke einer privaten Pensionsvorsorge ausgeglichen werden.

Die Beschwerdeführerin und das Unternehmen Gottfried K. hätten die selbe Telefonnummer und auch die selbe Faxnummer. D und A führten als Firmensitze die Wohnanschriften der Gesellschafter, würden jedoch auch die selbe Faxnummer wie die Beschwerdeführerin und Gottfried K. aufweisen. Gottfried K. gebe zwar als Geschäftsanschrift seines Einzelunternehmens eine Anschrift in Linz an; unter dieser Anschrift finde sich aber lediglich die Wohnung seiner Tochter. Die gesamte Abwicklung aller vier Firmen erfolge unter Weisungsgewalt des Gottfried K. sowie dessen Gattin und dessen Sohn.

Laut Auskünften verschiedener Firmen seien sie ausschließlich in Geschäftsverbindung zur Beschwerdeführerin getreten. Deren alleiniger Geschäftspartner (gemeint wohl: Gesprächspartner) sei Gottfried K. gewesen. Auch seien alle Rechnungen von der Beschwerdeführerin an die Auftraggeber fakturiert worden und auch nur an die Beschwerdeführerin bezahlt worden. Geschäftsbeziehungen zur Einzelfirma Gottfried K. bzw. zu D oder A hätten nicht bestanden.

Die Lohnverrechnung, die zentrale Verwaltung und auch die Ausrüstung der Detektive sei durch die Beschwerdeführerin erfolgt. Nur diese habe auch über ein Dienstauto verfügt. Die Ergreiferprämien seien nur über die Beschwerdeführerin ausbezahlt worden. Den Dienstnehmern sei auch in keiner Weise bewusst gewesen, wann genau sie für welche Firma gearbeitet hätten. Die Dienstnehmer hätten Monatsberichte geführt, in die das Datum, der Einsatzort, die Arbeitzeit (Stunden von bis) und gefahrene Kilometer einzutragen gewesen seien. In keiner der zahlreich vorliegenden Monatsberichte sei differenziert, für welche Firma gerade gearbeitet worden sei. Die Monatsberichte hätten Gottfried K. übergeben werden müssen. Durch das "Splitting des Dienstverhältnisses" hätte sich im Aufgabenbereich der Dienstnehmer überhaupt nichts geändert; es seien nunmehr vier Lohnabrechnungen monatlich erfolgt. Gegenüber den Klienten seien die Detektive immer unter dem Namen der Beschwerdeführerin aufgetreten.

Nach den Aussagen der Dienstnehmer seien diese in dienstlichen Angelegenheiten ausschließlich Gottfried K. gegenüber weisungsgebunden gewesen. Die wöchentliche Dienstanweisung, die genauen Einsatzorte und einzuhaltenden Dienstzeiten seien jeweils durch Gottfried K., dessen Sohn oder dessen Gattin mitgeteilt worden. Überstunden seien jeweils von Gottfried K. angeordnet worden. Dieser habe die Dienstnehmer auch fallweise aufgefordert, Zeitausgleich zu nehmen. Die Dienstnehmer hätten Stundenaufzeichnungen über die Arbeitszeit führen müssen. Bei Kaufhausüberwachungen seien Tagesberichte angefertigt worden, die von den Filialleitern abgezeichnet worden seien. Soweit Stechuhren in Kaufhäusern vorhanden gewesen seien, hätten diese benutzt werden müssen. Ein detaillierter Arbeitsbericht zu den einzelnen vier Firmen sei nicht geführt worden. Die monatlichen Stundenlisten seien Gottfried K. vorgelegt worden sei. Die Stundenaufteilung auf die vier Unternehmen sei sodann von ihm - intern - vorgenommen worden. So sei intern dargestellt worden, dass ein Dienstnehmer bei einem Acht-Stunden-Arbeitstag die ersten zwei Stunden für die Beschwerdeführerin, die zweiten zwei Stunden für D, die dritten zwei Stunden für Gottfried K. und die vierten zwei Stunden für A tätig gewesen sei. Diese Vorgangsweise sei auch bei den nach dem 1. April 1995 eingetretenen Dienstnehmern praktiziert worden. Kontrollen der Dienstnehmer habe fallweise Gottfried K. oder der jeweilige Marktleiter durchgeführt. Wenn ein Ladendieb erwischt worden sei, sei eine Durchschrift der Niederschrift an Gottfried K. oder seine Gattin weitergeleitet worden. Die Berichterstattungspflicht habe ausschließlich gegenüber Gottfried K. bestanden. Die Dienstnehmer hätten zu den vier Lohnabrechnungen pro Monat einen Scheck über S 1.000,-- erhalten. Diese S 1.000,-- pro Monat seien jedoch nicht an alle Dienstnehmer ausbezahlt worden. Überstunden seien darüber hinaus zum Teil als Zeitausgleich, zum Teil mittels Scheck, der nicht in die Lohnverrechnung aufgenommen worden sei, abgegolten worden.

Es seien unter anderem folgende Abrechnungsvarianten festgestellt worden:

a) Beitragszeitraum Juli 1995, Dienstnehmer Thomas S.

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