VwGH 2001/15/0205

VwGH2001/15/020528.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, 1. über den Antrag der F GmbH in G, vertreten durch Weidacher, Imre & Imre, Rechtsanwaltspartnerschaft OEG in 8200 Gleisdorf, Ludwig Binderstraße 14, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 13. Dezember 2000, Zl. RV 329/1-10/00, betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 sowie Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für die Jahre 1989 bis 1991, und 2. in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den eben genannten Bescheid, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art144 Abs3;
VerfGG 1953 §33;
VerfGG 1953 §35;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
ZPO §148 Abs2;
B-VG Art144 Abs3;
VerfGG 1953 §33;
VerfGG 1953 §35;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
ZPO §148 Abs2;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion Steiermark (Berufungssenat) vom 13. Dezember 2000 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen Bescheide des Finanzamtes u. a. betreffend Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 sowie über die Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für die Jahre 1989 bis 1991 abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 24. September 2001, B 587/01-3, die Behandlung der mit 6. April 2001 datierten und am selben Tag zur Post gegebenen, vor ihm erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Berichterverfügung vom 16. Dezember 2001 hat der Verwaltungsgerichtshof die beschwerdeführende Gesellschaft aufgefordert, binnen einer Frist von drei Wochen verschiedene, der Beschwerde anhaftende Mängel zu beheben, darunter den Tag der Postaufgabe der Beschwerde bekannt zu geben sowie einen diesbezüglichen Nachweis vorzulegen. Der Gerichtshof hat die beschwerdeführende Gesellschaft darauf hingewiesen, dass er von einer Postaufgabe am 6. April 2001 ausgehen werde, wenn diesem Ersuchen nicht nachgekommen werde.

Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte daraufhin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ein und begründete diesen wie folgt:

"Wir haben den seinerzeitigen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 13. Dezember 2000 lt. unserem Posteingangsstempel am 21. Februar 2001 erhalten. In weiterer Folge haben wird diesen Bescheid der P.

Wirtschaftstreuhand KG übermittelt, mit dem Ersuchen in Zusammenarbeit mit der Weidacher, Imre & Imre Rechtsanwaltspartnerschaft OEG eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde mit einem Eventualantrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof zu verfassen und abzufertigen.

In weiterer Folge hat die P. Wirtschaftstreuhand KG mit unseren ausgewiesenen Vertretern den Kontakt hergestellt und die abgabenrechtlichen Informationen für die Verfassung der Beschwerde zur Verfügung gestellt. In diesem Zusammenhang wurde in der Kanzlei der Weidacher, Imre & Imre Rechtsanwaltspartnerschaft OEG von der seit Jahrzehnten mit der zur Führung der Fristvormerke beauftragten Angestellten, M. E., die Beschwerdefrist mit '6.4.2001' als letztem Tag eingetragen, zu welchem Zwecke ihr die Bescheidausfertigung mit Eingangsstampiglie der (Beschwerdeführerin) übergeben wurde. Ihr wurde daher ausdrücklich die Dauer der Frist von 6 Wochen mitgeteilt. Doch ist, wie sich nunmehr ergibt, dieser Angestellten der Weidacher, Imre & Imre Rechtsanwaltspartnerschaft OEG ein Fehler passiert, dass die 6wöchige Frist erst mit dem Ende am 6.4.2001 eingetragen hat.

Dazu ist auszuführen, dass Frau M. E. seit dem Jahre 1965, also seit nahezu 37 Jahren vorerst in der Kanzlei Dris. G. W. und sodann ohne jede Unterbrechung in einer W. & I. Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der nunmehrigen Weidacher, Imre & Imre Rechtsanwaltspartnerschaft OEG beschäftigt war. In dieser ihrer Tätigkeit hat sie sich als extrem verlässlich und versiert erwiesen. Bei dem gegenständlichen Fristvormerk handelt es sich um eine von ihr absolute beherrschte Routinetätigkeit, bei welcher ihr entgegen der jahrzehntelangen diesbezüglich fehlerfreien Tätigkeit ein Fehler unterlaufen ist.

Eine diesbezügliche eidesstättige Erklärung der Frau M. E. ist dieser angeschlossen. Weiters wird die Kopie des Terminbuches betreffend den 6.4.2001 in der Kanzlei der Weidacher, Imre & Imre Rechtsanwaltspartnerschaft OEG angeschlossen."

Gleichzeitig wurden in einer Ergänzung der Beschwerde die ihr anhaftenden Mängel beseitigt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch ein Ereignis iSd § 46 Abs. 1 VwGG ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Keinesfalls kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde.

Diese Frist beginnt mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis iSd § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Nach den Ausführungen des Wiedereinsetzungsantrages bestand es in einem durch das Verhalten der mit der Führung der Fristvormerke beauftragten Angestellten der Vertreterin der Antragstellerin verursachten Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. In dem Zeitpunkt, in dem dieser Tatsachenirrtum als solcher erkannt werden konnte und musste, hörte auch das Hindernis iSd § 46 Abs. 3 VwGG auf. Der Irrtum über den Ablauf der Beschwerdefrist hätte bei nur geringer Aufmerksamkeit in Anbetracht des eigenen Vorbringens zur Rechtzeitigkeit der unter der Zl. B 587/01 vom Verfassungsgerichtshof protokollierten Beschwerde, welche mit 6. April 2001 datiert ist, spätestens bei Unterfertigung und Versendung dieser Beschwerde am 6. April 2001 bemerkt werden müssen, in welcher als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides "am 21. Februar 2001" angegeben war.

Bei dieser aktenkundigen Sachlage ist von einem "Aufhören des Hindernisses" nicht erst mit der am 17. Jänner 2002 erfolgten Zustellung der hg. Verfügung vom 16. Dezember 2001, sondern (spätestens) bereits in dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die Beschwerde zur Zl. B 587/01 des Verfassungsgerichtshofes verfasst bzw. unterfertigt worden ist. Spätestens an diesem Tag, dem 6. April 2001, begann die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 46 Abs. 3 VwGG zu laufen. Dass zu diesem Zeitpunkt die Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben und von diesem erst später (mit Beschluss vom 24. September 2001) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde, ändert daran nichts, denn auch nach dem gem. § 33 iVm § 35 VfGG vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden § 148 Abs. 2 ZPO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb vierzehn Tagen ab Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Der am 25. Jänner 2002 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich demnach als verspätet (vgl. die hg. Beschlüsse vom 12. Dezember 1984, 84/13/0223, 0224, vom 2. Juni 1992, 92/14/0045, 0046, vom 10. Februar 1999, 98/09/0303, 0304 und vom 24. Juni 1999, 99/15/0084).

Der Antrag war somit als verspätet zurückzuweisen.

Ausgehend von der am 21. Februar 2001 zugestandenen Zustellung des angefochtenen Bescheides und der Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte