OGH 9ObA96/07v

OGH9ObA96/07v7.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Peter Schleinbach als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Jessica F*****, Verkäuferin, *****, vertreten durch die Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Bernd W*****, Inhaber einer Werbeagentur, *****, vertreten durch Mag. Bernhard Kispert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.749,30 EUR brutto abzüglich 906 EUR netto sA (Revisionsinteresse 6.003,30 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. April 2007, GZ 7 Ra 31/07s-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 12. September 2006, GZ 22 Cga 37/06f-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei, die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten gegen den klagestattgebenden Teil des Ersturteils nicht Folge. Die Begründung des Berufungsgerichts ist zutreffend; auf deren Richtigkeit wird hingewiesen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das die ordentliche Revision nicht zuließ, hängt die Entscheidung aber durchaus von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts ab, der zur Wahrung der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, weil hiezu eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt (§ 502 Abs 1 ZPO). Dabei handelt es sich um die Frage, ob die während der ersten drei Monate erfolgte Auflösung des Lehrverhältnisses durch den Lehrberechtigten per SMS der nach § 15 Abs 2 BAG gebotenen Schriftform genügt. Dieser Frage kommt im Hinblick auf die weite Verbreitung der „Kommunikation" per SMS über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Bei der Wiedergabe des Parteivorbringens und der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen kann sich der Oberste Gerichtshof im Folgenden auf das beschränken, was zum Verständnis seiner Rechtsausführungen erforderlich ist (§ 510 Abs 3 Satz 1 ZPO). Bevor auf die rechtliche Beurteilung der Sache eingegangen wird, ist der Revisionswerber hinsichtlich der ebenfalls erhobenen Mängelrüge darauf hinzuweisen, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden, nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können (RIS-Justiz RS0042963 ua). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Von den erstgerichtlichen Feststellungen ist zum besseren Verständnis der folgenden Ausführungen Folgendes hervorzuheben:

Die bereits volljährige Klägerin war ab 1. 9. 2005 beim Beklagten als Lehrling beschäftigt. Ende der Lehrzeit wäre (unter Anrechnung der Lehrzeit bei einem anderen Lehrberechtigten) der 8. 3. 2006 gewesen. Am 30. 11. 2005 erhielt die Klägerin um 21.16 Uhr auf ihrem Mobiltelefon die folgende SMS des Beklagten: „Muss dich mit heutigem Tag kündigen. Können wir aber wahrscheinlich widerrufen, wenn ich ihn Wien bin. Liebe Grüße Bernd." Beim persönlichen Treffen zwischen den Parteien am 5. 12. 2005 nahm der Beklagte die ausgesprochene Beendigung des Lehrverhältnisses nicht zurück.

Die Klägerin steht in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen auf dem Standpunkt, dass das Lehrverhältnis vom Beklagten nicht per SMS rechtswirksam aufgelöst werden konnte. Demgegenüber vertritt der Beklagte auch im Revisionsverfahren die Auffassung, dass die Auflösung per SMS formgerecht erfolgt sei.

In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass das Lehrverhältnis nach § 15 Abs 1 Berufsausbildungsgesetz (BAG), BGBl 1969/142, während der ersten drei Monate sowohl vom Lehrberechtigten als auch vom Lehrling jederzeit einseitig aufgelöst werden kann. Diese Auflösung bedarf nach § 15 Abs 2 BAG - wie auch alle anderen Auflösungsformen des § 15 BAG - zur Rechtswirksamkeit der Schriftform (Preiss in ZellKomm § 15 BAG Rz 3, 14 ua). Es handelt sich bei der vorgeschriebenen Form nicht bloß um eine Ordnungsvorschrift, sondern um eine Wirksamkeitsvoraussetzung (arg „Rechtswirksamkeit"; vgl auch Berger/Fida/Gruber, BAG § 15 Erl 34 f, die deshalb von einer „echten" Formvorschrift sprechen). Bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Schriftform tritt die angestrebte Auflösung des Lehrverhältnisses im Allgemeinen nicht ein. Der Lehrling hat bei vorzeitiger, formwidriger Beendigung des Lehrverhältnisses ohne wichtigen Grund ein (hier nicht weiter strittiges) Wahlrecht, entweder auf der Fortsetzung des Lehrverhältnisses zu beharren oder Schadenersatzansprüche wegen der Auflösung des Lehrverhältnisses geltend zu machen (vgl Berger/Fida/Gruber aaO § 15 Erl 36; 8 ObA 297/99f, DRdA 2001/24 [Jabornegg, insb S 309]; Preiss aaO § 15 BAG Rz 4; Rauch, Formvorschriften bei der Auflösung eines Lehrverhältnisses, ASoK 2007, 336 [339] ua). Die Klägerin entschied sich für die Schadenersatzlösung.

Das Gebot der Schriftlichkeit bedeutet nach § 886 ABGB im Allgemeinen „Unterschriftlichkeit", es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine Ausnahme vor. Dies ist hier nicht der Fall.

„Unterschriftlichkeit" erfordert in der Regel die eigenhändige Unterschrift unter dem Text (Gschnitzer in Klang IV/1² 269; Rummel in Rummel, ABGB³ § 886 Rz 1; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB³ § 886 Rz 1; P. Bydlinski in KBB § 86 Rz 1; RIS-Justiz RS0078934 ua; vgl auch RV 1999 BlgNR 20. GP 24 zu § 4 Signaturgesetz). Als Unterschrift genügt - neben verschiedenen anderen, hier aber nicht relevanten Varianten - grundsätzlich das eigenhändige Schreiben des Familiennamens in jeder üblichen Schriftart (Apathy/Riedler aaO § 886 Rz 9 mwN ua). In der Unterzeichnung liegt die Anerkennung des Urkundstextes und die Perfektion des Rechtsakts (Gschnitzer aaO 268 ua). Ein selbst den Namen des Erklärenden enthaltendes Telegramm reicht mangels eigenhändiger Unterschrift zur Erfüllung der Schriftlichkeit nicht aus (Gschnitzer aaO 272; Apathy/Riedler aaO § 886 Rz 2; 5 Ob 535/85 ua). Das Erfordernis der Schriftform ist nicht Selbstzweck. Es dient nicht nur dem allgemeinen Schutz des Rechtsverkehrs, sondern insbesondere auch dem Übereilungsschutz, der Klarheit und der Beweissicherung (vgl Rummel aaO § 886 Rz 8; Staudinger/Hertel, BGB § 126 Rn 66 ff ua). Das Erfordernis der Schriftform soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können (1 Ob 525/93; RIS-Justiz RS0017221 ua). Die Unterzeichnung soll damit auch einen Schutz vor Fälschungen bieten (Gschnitzer aaO 268 ua); zumindest erschwert das Unterschriftserfordernis Fälschungen (Staudinger/Hertel aaO § 126 Rn 125 ua). Die Bestimmung des § 886 ABGB über das Erfordernis der Unterschrift ist nicht nur auf Verträge, sondern auch auf einseitige Erklärungen anzuwenden, für welche das Gesetz, ohne eine entsprechende Einschränkung zu machen, Schriftlichkeit normiert (RIS-Justiz RS0017216 ua). Neben den vorstehenden typischen Zwecken der Schriftform, die auch hier bestehen, ist beim Lehrverhältnis auch noch zu beachten, dass nicht nur dessen Auflösung, sondern schon dessen Begründung durch Abschluss des Lehrvertrags der Schriftform unterliegt (§ 12 Abs 1 BAG). Die Gesetzesmaterialien zum BAG begründen dies mit der „Wichtigkeit eines solchen Vertrags für die Vertragspartner" (RV 876 BlgNR 11. GP 39). Daher ist es nur konsequent, nicht nur die Begründung, sondern auch die Auflösung des Lehrverhältnisses der Schriftform zu unterwerfen (§ 15 Abs 2 BAG). Die Statuierung dieser Form erscheint dem Gesetzgeber auch deshalb zweckmäßig, um eine der Ausbildung nicht zuträgliche Fluktuation hintanzuhalten und unbedachte Schritte zur Unterbrechung oder Aufgabe einer Ausbildung, insbesondere bei Jugendlichen im Pubertätsalter, zu vermeiden (RV 876 BlgNR 11. GP 41). Wie wichtig dem Gesetzgeber die Schriftform gerade bei der Auflösung des Lehrverhältnisses ist, zeigt sich auch daran, dass die Nichteinhaltung der Schriftform beim Abschluss des Lehrvertrags keine Nichtigkeit bewirkt (§ 12 Abs 7 BAG), die Auflösung des Lehrverhältnisses ohne Schriftform hingegen rechtsunwirksam ist (§ 15 Abs 2 BAG).

Im vorliegenden Fall ist nun die Frage zu beurteilen, ob die während der ersten drei Monate erfolgte Auflösung des Lehrverhältnisses durch den Lehrberechtigten per SMS der Schriftform genügt (§ 15 Abs 2 BAG). Die Abkürzung „SMS" steht für „Short Message Service". Dabei handelt es sich um einen Mobilfunkdienst, der das in der Regel gebührenpflichtige Versenden von Kurznachrichten von einem Mobiltelefon im Wege der Kurznachrichtenzentrale des jeweiligen Mobilfunkbetreibers auf ein anderes Mobiltelefon gestattet. Daneben gibt es noch andere Varianten der Versendung der Kurznachrichten, zB von einem PC auf ein Mobiltelefon. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „SMS" synonym für die einzelne Kurznachricht selbst, die im Rahmen des „Short Message Service" versandt wird, verwendet. Dem folgend meinen auch die weiteren Ausführungen mit „SMS" in erster Linie die Kurznachricht(en) selbst. Unstrittig ist, dass eine eigenhändige Unterfertigung der SMS durch den Absender nach der technischen Konzeption des „Short Message Service" nicht vorgesehen ist. Auf SMS-Signaturen einzelner Mobilfunkbetreiber braucht hier mangels Fallbezugs nicht eingegangen werden. Dass im Text der SMS der Vor- und/oder Zuname des Absenders steht, stellt noch keine eigenhändige Unterfertigung des Textes dar. Hiezu ist auf die vorstehenden allgemeinen Ausführungen zum Vorliegen einer Unterfertigung zu verweisen. Es wurde auch bereits darauf hingewiesen, dass zB auch ein den Namen des Erklärenden enthaltendes Telegramm mangels eigenhändiger Unterschrift zur Erfüllung des Erfordernisses der Schriftlichkeit nicht ausreicht (Gschnitzer aaO 272; Apathy/Riedler aaO § 886 Rz 2; 5 Ob 535/85 ua). Auf die allfällige Abbildung einer Unterschrift bei einer sogenannten „MMS" also einer multimedialen Kurznachricht im Rahmen des „Multimedia Messaging Service", braucht hier mangels Fallbezugs ebenfalls nicht näher eingegangen werden.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Beendigungserklärung des Beklagten mit einer „schlichten" SMS, also einer reinen Textnachricht ohne eigenhändige Unterschrift. Wendet man hierauf die vorstehenden Grundsätze der Rechtsprechung und Lehre zur Schriftlichkeit im Sinne von Unterschriftlichkeit an, dann folgt daraus, dass eine Beendigungserklärung per SMS nicht der Schriftform des § 15 Abs 2 BAG genügt. Dass es sich bei SMS, wie der Revisionswerber betont, um ein bedeutendes, häufig verwendetes „Kommunikationsmittel" handelt, wird vom Senat nicht verkannt. Dem Schluss des Revisionswerbers, dass dies im Hinblick auf den heutigen Stand der Technik und die damit verbundene Entwicklung bedeuten müsse, dass SMS der Schriftform genügen, kann jedoch nicht beigetreten werden. Mangels Unterschrift entspricht die schlichte SMS nicht der Schriftform im Sinne des herrschenden Verständnisses. Die vom Gesetzgeber schon in Bezug auf die Begründung des Lehrverhältnisses betonte Wichtigkeit des Lehrvertrags verlangt auch Sicherheit in der Frage, ob ein Lehrverhältnis allenfalls vor Fristablauf wieder aufgelöst wurde. Der Gesetzgeber wählte als Sicherheitsmaßstab die (einfache) Schriftform. An diesen Maßstab kommt die schlichte SMS mangels eigenhändiger Unterfertigung nicht heran. Überzeugende Gründe, weshalb man bei der Auflösung des Lehrvertrags vom sonst üblichen Gebot der Unterschriftlichkeit abgehen und sich damit begnügen sollte, dass dem Lehrvertragspartner ein nicht eigenhändig unterfertiger „Beendigungstext" zugeht, vermag der Revisionswerber nicht zu nennen. Der Zweck der Schriftform nach § 15 Abs 2 BAG wird nur dann erreicht, wenn auch für die Beendigungserklärung iSd § 15 Abs 1 BAG verlangt wird, dass sie eigenhändig unterschrieben ist (vgl Berger/Fida/Gruber aaO § 15 Erl 34; Preiss aaO § 15 BAG Rz 3; Rauch aaO 336 ua). In diesem Sinn wies der Senat auch bereits zu 9 ObA 198/91 darauf hin, dass die vorzeitige Auflösungserklärung des Lehrberechtigten, die dort in Briefform aus dem Grunde des § 15 Abs 3 lit e BAG erfolgte, unterzeichnet werden muss. Da bei einer schlichten SMS keine eigenhändige Unterschrift vorliegt, genügt eine Auflösungserklärung nach § 15 Abs 1 BAG per SMS nicht, um das Lehrverhältnis rechtswirksam aufzulösen (Rauch aaO 336; Uher, Schriftlichkeit im Arbeitsrecht, ARD 5783/10/2007; offenbar zust auch Gerhartl, Schriftlichkeitsgebot und elektronischer Rechtsverkehr, RdW 2007/640 ua).

Aus der Entscheidung 8 ObA 92/03t ist für den gegenteiligen Standpunkt des Revisionswerbers nichts zu gewinnen. Richtig ist, dass in dieser Entscheidung die Mitteilung des Krankenstands per SMS durch den Arbeitnehmer an die ihm als „Diensthandy" bekanntgegebene Mobilfunkrufnummer des Arbeitgebers als ordnungsgemäße Anzeige der Dienstverhinderung iSd § 4 EFZG qualifiziert wurde. Diese Bestimmung enthält jedoch - anders als § 15 Abs 2 BAG - keine Vorschrift über die Form der Anzeige (Rauch aaO 336 FN 1 ua). Auch aus der Berücksichtigung mündlicher Erklärungen im Zusammenhang mit der Beurteilung der Unverzüglichkeit einer vorzeitigen Auflösung des Lehrverhältnisses (vgl RIS-Justiz RS0031751 ua) ist für die hier zu beurteilende Frage, ob eine formgültige rechtswirksame Beendigungserklärung des Beklagten (während der ersten drei Monate des Lehrverhältnisses) vorliegt, nichts zu gewinnen. Als einseitige (arg „einseitig auflösen"), empfangsbedürftige Erklärung genügt ihr Zugang an den Erklärungsempfänger (vgl Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 376 f; RIS-Justiz RS0028555 ua). Dass der Klägerin die Mobilfunkrufnummer des Beklagten bekannt war, als die SMS bei ihr einlangte, wurde entgegen der Befürchtung des Revisionswerbers vom Berufungsgericht nicht „übersehen", ist jedoch für die Einhaltung der Schriftform durch den Beklagten irrelevant. Auf das Verhalten des Empfängers im Anschluss an den Zugang kommt es nicht an. Auf eine einvernehmliche Auflösung des Lehrverhältnisses hat sich der Beklagte (zurecht) nicht gestützt. Zusammenfassend gelangten somit die Vorinstanzen zutreffend zur rechtlichen Beurteilung, dass die Beendigungserklärung des Beklagten per SMS nicht der in § 15 Abs 2 BAG vorgeschriebenen Schriftform entsprach.

Abgesehen von der Frage der Schriftform, macht der Revisionswerber noch zwei weitere Punkte geltend, in denen er das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO mutmaßt und eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts rügt. Beides trifft hier nicht zu.

Der Revisionswerber vermisst zunächst eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, „wie das Interesse des Arbeitgebers an einem einheitlichen Betriebsurlaub aller Arbeitnehmer im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse Berücksichtigung finden muss". Bei einem kleinen Betrieb solle es genügen, wenn der Arbeitgeber einen Betriebsurlaub „verordne". Das Interesse des Arbeitgebers an einem einheitlichen Betriebsurlaub aller Arbeitnehmer müsse berücksichtigt werden. Es könne dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, dass ein erst seit kurzem beschäftigter Lehrling während des Betriebsurlaubs allein seinen Dienst versehe.

Nicht weiter strittig ist, dass das Urlaubsgesetz (UrlG), BGBl 1976/390, auch für Lehrlinge gilt, wenn diese auch im Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnt werden (Berger/Fida/Gruber aaO § 1 Erl 5; Cerny, UrlG9 § 1 Erl 1 ua). Davon ausgehend genügt es, den Revisionswerber auf § 4 Abs 1 UrlG hinzuweisen, wonach der Zeitpunkt des Urlaubsantritts zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebs und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers zu vereinbaren ist. Dem Wesen einer Vereinbarung entsprechend, müssen beide Vertragspartner über den Verbrauch und die zeitliche Lagerung des Urlaubs übereinstimmen. Der Arbeitgeber kann daher den Arbeitnehmer nicht einseitig „auf Urlaub schicken" (Cerny aaO § 4 Erl 1 mwN ua). Die Zustimmung zu einem allfälligen „Betriebsurlaub" muss der Arbeitgeber von jedem einzelnen Arbeitnehmer einholen. Die einseitige „Verordnung" des Betriebsurlaubs, wie sie dem Revisionswerber vorschwebt, vermag - auch in einem kleinen Betrieb - die gemäß § 4 Abs 1 UrlG gebotene Urlaubsvereinbarung nicht zu ersetzen (vgl Reissner in ZellKomm § 4 UrlG Rz 22 ua). Dass von keiner Urlaubsvereinbarung gesprochen werden kann, wenn der Lehrberechtigte dem Lehrling wie im vorliegenden Fall an einem Freitag im November, knapp vor 20.00 Uhr, einfach eine SMS mit dem Inhalt schickt, dass in der folgenden Woche Betriebsurlaub sei, weshalb der Lehrling nicht zur Arbeit kommen brauche, bedarf nach dem Vorgesagten keiner besonderen Erörterung. Der Beklagte behauptete nicht, dass er sich in Bezug auf den Betriebsurlaub um eine entsprechende Urlaubsvereinbarung mit der Klägerin bemüht habe. Erörterungen über die weitere Vorgehensweise, wenn sich der Lehrling dem Vorschlag des Lehrberechtigten, eine Urlaubsvereinbarung unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebs und die Erholungsmöglichkeiten des Lehrlings abzuschließen, grundlos widersetzt, können daher unterbleiben. Eine unrichtige Beurteilung des Berufungsgerichts wird vom Revisionswerber mit seinen Ausführungen nicht aufgezeigt. Zum Thema „Anrechnung" nach § 1162b ABGB - § 29 AngG findet auf Lehrlinge iSd des BAG keine Anwendung (§ 5 AngG; Schrammel in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 5 Rz 4 ua) - macht der Revisionswerber schließlich geltend, dass die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs „divergierend" sei. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Anrechnung der Einkünfte der Klägerin erst ab dem Beginn des vierten Monats nach der Beendigungserklärung des Beklagten angenommen. Damit habe es sich gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gestellt, wonach es Zweck der genannten Bestimmungen sei, eine Bereicherung des Arbeitnehmers zu verhindern. Der Revisionswerber unterlässt es, jene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu benennen, die in der von ihm aufgeworfenen Frage einander widersprechen sollen. Unstrittig geht es hier nicht um eine Anrechnung nach § 1155 ABGB. Der Beklagte beharrte bis zuletzt auf dem Standpunkt, das Lehrverhältnis sei von ihm innerhalb der Probezeit mit sofortiger Wirkung formgerecht aufgelöst worden; eine Weiterarbeit der Klägerin kam für ihn nicht in Betracht. Richtig ist, dass es Zweck der Anrechnungsvorschrift des § 1162b ABGB (und auch des - soweit es die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage betrifft - gleichlautenden § 29 AngG) ist, eine Bereicherung des Arbeitnehmers zu verhindern (RIS-Justiz RS0028317 ua). Davon ist jedoch nach dem Gesetzeswortlaut die Anrechnung des Entgelts aus einer anderen Verwendung für die ersten drei Monate, für die Kündigungsentschädigung gebührt, ausdrücklich ausgenommen. Die Dreimonatsfrist ist somit anrechnungsfrei (Krejci in Rummel, ABGB³ §§ 1162a, 1162b Rz 15; Martinek/Schwarz/Schwarz aaO 668; Löschnigg, Arbeitsrecht10 536; Pfeil in Schwimann, ABGB³ § 1162b Rz 20; ders in ZellKomm § 29 AngG Rz 34; Spenling in KBB § 1162b ABGB Rz 5; 9 ObS 3/91; 9 ObA 135/03y; RIS-Justiz RS0028296 ua). Da der Revisionswerber somit auch in diesem Punkt keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts aufzeigt, muss seine Revision erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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