European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00069.24Y.1023.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Am 3. 12. 2021 schlossen der klagende Vertragsbedienstete und die beklagte Stadt mit eigenem Statut einen auf ein Jahr befristeten Dienstvertrag. Am 10. 11. 2022 einigten sie sich auf einen Nachtrag zum Dienstvertrag, mit dem sie die ursprünglich vereinbarte Befristung „auf die Dauer der Funktion“ eines namentlich bezeichneten Stadtrats „im Stadtsenat“ verlängerten.
[2] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Feststellung, dass die (zweite) Befristung unwirksam und das Dienstverhältnis unbefristet sei, ab. Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu, weil die Übertragung der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Wirksamkeit einer Befristung auf den Dienstvertrag des Klägers einzelfallbezogen sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) auf:
[4] 1. Dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem Fall wie dem vorliegenden oder einem vergleichbaren Fall vorliegt macht die außerordentliche Revision noch nicht zulässig: Kann nämlich ein vom Obersten Gerichtshof noch nicht ausdrücklich behandelter Fall bereits mit den Leitlinien seiner Rechtsprechung gelöst werden, liegt keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität vor (RS0042656 [T48]; RS0042742 [T11, T13]).
[5] 2. Dem Argument des Klägers, das Berufungsgericht sei von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen, die Kettenarbeitsverträge nur zulasse, soweit sie durch besondere wirtschaftliche oder soziale Gründe gerechtfertigt seien (vgl RS0021824; RS0028327), ist § 4 Abs 4 der vom Gemeinderat der Beklagten beschlossenen Vertragsbedienstetenordnung (VBO) entgegenzuhalten (iVm § 46 Abs 1 Z 5 des Statuts der Stadt * 1992, der die Erlassung der VBO dem Gemeinderat im eigenen Wirkungsbereich vorbehält): Diese vom Berufungsgericht berücksichtigte Regelung, mit der sich die außerordentliche Revision nicht befasst, sieht ausdrücklich vor, dass ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Dienstverhältnis „einmal“ auf bestimmte Zeit verlängert werden kann.
[6] 3. Nach der Rechtsprechung kann eine Befristung eines Dienstverhältnisses kalendermäßig fixiert sein oder an ein objektiv bestimmbares Ereignis anknüpfen, dessen Eintritt feststeht und der willkürlichen Beeinflussung durch die Vertragsparteien entzogen ist (RS0109439; RS0028403). In Anwendung dieses Grundsatzes wurde etwa die Notwendigkeit der Beschäftigung von Ersatzkräften als zulässiger Grund für eine Befristung anerkannt (9 ObA 7/09h; 8 ObA 21/19z) oder die Befristung des Dienstverhältnisses eines parlamentarischen Mitarbeiters „mit dem Ende der Gesetzgebungsperiode“ als unbedenklich angesehen (9 ObA 57/16x). Auch die VBO sieht, worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat, in § 4 Abs 3 vor, dass das Dienstverhältnis nur dann als auf bestimmte Zeit eingegangen gilt, wenn es – ua – „von vornherein auf die Besorgung einer bestimmten, zeitlich begrenzten Arbeit“ abgestellt ist.
[7] 4. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die hier getroffene Befristung wirksam vereinbart wurde, steht mit der dargestellten Rechtsprechung und den Bestimmungen der VBO im Einklang.
[8] 4.1. Der Kläger meint, die Dauer der Funktion des in der Befristungsvereinbarung genannten Stadtrats könne weder eingegrenzt noch geschätzt werden, weil der Stadtrat unbegrenzt wiedergewählt werden könne. Damit kann er aber keine Zweifel an der Vertretbarkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts wecken: Nach § 31 Abs 1 des Statuts der Stadt * 1992 werden die Stadträte längstens „auf die Dauer der Funktionsperiode des Gemeinderates“ gewählt; sie bleiben so lange im Amt, bis die neu gewählten Mitglieder des Stadtsenats angelobt sind. Damit ist die Funktionsdauer der Stadträte entgegen der Annahme des Klägers von vornherein zeitlich begrenzt mit der Angelobung der in der konstituierenden Sitzung des neuen Gemeinderats neu gewählten Mitglieder des Stadtsenats. Mit der „Wiederwahl“ eines Stadtrats beginnt eine neue Funktionsperiode. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die vorliegende Befristung sei der Befristung „mit dem Ende der Gesetzgebungsperiode“ für parlamentarische Mitarbeiter ähnlich und daher wirksam, ist auch vor diesem Hintergrund vertretbar.
[9] 4.2. Richtig ist, dass das Amt eines Stadtrats nach § 31 Abs 2 des Statuts der Stadt * 1992 in bestimmten, dort geregelten Fällen auch bereits vor dem in Abs 1 leg cit geregelten Zeitpunkt enden kann. Die nicht näher begründete Behauptung des Klägers, die Beklagte könne die Dauer seines Dienstverhältnisses willkürlich beeinflussen, findet darin aber keine Deckung.
[10] 5. Die außerordentliche Revision ist daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
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