Spruch:
Die außerordentliche Revision der drittbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG);
II. zu Recht erkannt:
Der Revision der klagenden Parteien wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil, das hinsichtlich der erstbeklagten Partei als unangefochten und hinsichtlich der drittbeklagten Partei aufgrund Pkt I des Spruchs unberührt bleibt, wird hinsichtlich der zweitbeklagten Partei dahin abgeändert, dass es insgesamt lautet:
Die zweit- und drittbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei 38.113,91 EUR sowie der zweitklagenden Partei 30.246,74 EUR jeweils samt 4 % Zinsen seit 16. 4. 2009 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die zweit- und drittbeklagten Parteien der erstklagenden Partei und der zweitklagenden Partei zur ungeteilten Hand für sämtliche zukünftigen Pflichtaufwendungen aufgrund des Arbeitsunfalls des am ***** geborenen M***** K***** vom 29. 3. 2006 zu haften haben.
Das Mehrbegehren, auch die erstbeklagte Partei sei zur ungeteilten Hand mit den zweit- und drittbeklagten Parteien schuldig, der erstklagenden Partei 38.113,91 EUR sA sowie der zweitklagenden Partei 30.246,74 EUR sA zu zahlen und es werde festgestellt, dass auch die erstbeklagte Partei zur ungeteilten Hand mit den zweit- und drittbeklagten Parteien der erstklagenden Partei und der zweitklagenden Partei für sämtliche zukünftigen Pflichtaufwendungen aufgrund des Arbeitsunfalls von M***** K***** vom 29. 3. 2006 zu haften habe, wird abgewiesen.
Die zweit- und drittbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 15.950,53 EUR (darin enthalten 2.411,89 EUR USt und 1.479,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 5.649,48 EUR (darin enthalten 571,38 EUR USt und 2.221,20 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 4.982,28 EUR (darin enthalten 377,91 EUR USt und 2.961,60 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der erstbeklagten Partei und der Nebenintervenientin folgende Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen:
Die erstklagende Partei der erstbeklagten Partei 4.695,56 EUR für das Verfahren erster Instanz und 1.728,42 EUR für das Berufungsverfahren sowie der Nebenintervenientin 931,29 EUR für das Verfahren erster Instanz und 1.728,42 EUR für das Berufungsverfahren;
die zweitklagende Partei der erstbeklagten Partei 3.774,06 EUR für das Verfahren erster Instanz und 1.414,17 EUR für das Berufungsverfahren sowie der Nebenintervenientin 748,53 EUR für das Verfahren erster Instanz und 1.414,17 EUR für das Berufungsverfahren.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstbeklagte ist Inhaber eines Elektroinstallationsunternehmens. Der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte sind seit vielen Jahren in diesem Unternehmen als Facharbeiter beschäftigt. Am 29. 3. 2006 ereignete sich bei Dekorationsarbeiten in der Innenstadt von Klagenfurt ein Arbeitsunfall, bei dem M***** K*****, der im Betrieb des Erstbeklagten als Helfer arbeitete, verletzt wurde. Der Unfall ereignete sich dadurch, dass sich der Verletzte in einer Höhe von rund 4,4 m auf einem Rollgerüst befand, das beim Verschieben durch den Drittbeklagten mit den Rädern in eine etwa 8 cm tiefe, mit Pflastersteinen ausgelegte Regenrinne geriet und dadurch umkippte. Der Drittbeklagte war als Monteur, der Zweitbeklagte als Obermonteur und Partieführer tätig. Die Erstklägerin ist gesetzlicher Unfallversicherungsträger und die Zweitklägerin gesetzlicher Krankenversicherungsträger des Verletzten. Die erbrachten Sach- und Barleistungen sind der Höhe nach unstrittig. Mit künftigen Sach- und Barleistungen der Klägerinnen an den Verletzten ist zu rechnen.
Die Klägerinnen begehrten den Ersatz der jeweils von ihnen an den Verletzten erbrachten Sach- und Barleistungen. Zudem stellten sie ein Feststellungsbegehren. Der Erstbeklagte habe grob fahrlässige Organisationsmängel zu verantworten. Der Zweitbeklagte habe den Arbeitsunfall als Partieführer grob fahrlässig verschuldet, weil die Räder des Gerüsts trotz Belastung nicht eingebremst gewesen und auch keine Seitenausleger verwendet worden seien. Außerdem habe er geduldet, dass der Drittbeklagte das Gerüst mit dem darauf befindlichen Helfer entgegen den Sicherheitsvorschriften verschoben habe. Die Haftung des Drittbeklagten ergebe sich daraus, dass dieser dem später Verletzten die Anordnung erteilt habe, das Gerüst zu besteigen, und dieses in der Folge entgegen der Bedienungsanleitung verschoben habe.
Der Erstbeklagte entgegnete, dass sämtliche Mitarbeiter in die Bedienung des Rollgerüsts und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften eingeschult und ausführlich unterwiesen worden seien. Der Zweitbeklagte führte aus, dass er vor Aufnahme der Arbeiten nach der Mittagspause vom Erstbeklagten angerufen worden und erst durch das Umstürzen des Gerüsts auf den Unfall aufmerksam geworden sei. Es treffe ihn daher kein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß. Der Drittbeklagte wendete ein, dass er in die Handhabung und Bedienung des Rollgerüsts nicht eingeschult worden sei. Davon abgesehen sei das Gerüst offenbar durch eine unachtsame Bewegung des Verletzten aus dem Gleichgewicht geraten und zum Kippen gekommen. Die Nebenintervenientin bestritt als Haftpflichtversicherer des Erstbeklagten das Vorliegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren zur Gänze ab. Sowohl dem Zweitbeklagten als auch dem Drittbeklagten sei die Stellung eines Aufsehers im Betrieb iSd § 333 Abs 4 ASVG zuzubilligen. Der Erstbeklagte habe kein grobes Organisationsverschulden zu verantworten. Aufgrund der Einschulungs- und Unterweisungsmaßnahmen habe er davon ausgehen dürfen, dass der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte bei Durchführung des Arbeitsauftrags die ihnen bekannten Sicherheitsvorschriften beachteten. Der Zweitbeklagte habe gegen die Bedienungsanleitung für das Rollgerüst verstoßen, weil er die Seitenausleger nicht verwendet habe. Das dafür maßgebende Verhältnis zwischen Höhe und Breite (3 : 1) sei aber nur geringfügig überschritten worden. Zudem habe der Zweitbeklagte seine Aufsichtspflicht nicht verletzt, weil er aufgrund eines Anrufs die Anweisung des Drittbeklagten an den Verletzten, Arbeiten auf dem Gerüst auszuführen, nicht habe wahrnehmen können. Der Drittbeklagte habe gegen die Bestimmung des § 66 Abs 5 der Bauarbeiterschutzverordnung verstoßen, weil er das Rollgerüst verschoben habe, ohne den Verletzten vorher aufzufordern, dieses zu verlassen. Da er die Regenrinne im Unfallsbereich übersehen bzw den Niveauunterschied nicht wahrgenommen haben dürfte, könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass er den Eintritt des Schadens jedenfalls als wahrscheinlich erkannt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese abweisende Entscheidung in Ansehung des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten. Gegen den Drittbeklagten gab es dem Klagebegehren jedoch statt. Der Erstbeklagte habe davon ausgehen dürfen, dass dem Zweitbeklagten und dem Drittbeklagten als langjährige versierte Mitarbeiter im Betrieb die vorschriftsmäßige Handhabung des Gerüsts bekannt gewesen sei. Dem Zweitbeklagten könne aufgrund seines Telefonats mit dem Erstbeklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er die zum Unfall führende Vorgangsweise des Drittbeklagten nicht bemerkt habe. Sein Verhalten sei daher nur als leicht fahrlässig zu bewerten. Dem Drittbeklagten sei hingegen anzulasten, dass er in Kenntnis der vorschriftswidrigen Nutzung des Gerüsts dieses mit dem darauf befindlichen Mitarbeiter verschoben und dabei die rund 8 cm tiefe, mit Pflastersteinen ausgelegte Regenrinne am Boden nicht beachtet habe. Für ihn sei jedenfalls vorhersehbar gewesen, dass das Gerüst beim Verschieben infolge Lösung der Bremsen instabil werde und zum Kippen komme, wenn dieses mit den Rädern in die Regenrinne gelange. Dem Drittbeklagten sei daher eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltsverletzung vorzuwerfen.
Gegen die Abweisung der Klagebegehren gegen den Zweitbeklagten wendet sich die Revision der Klägerinnen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in der Weise abzuändern, dass dem Klagebegehren auch gegen den Zweitbeklagten stattgegeben werde; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Mit ihren - durch den Obersten Gerichtshof freigestellten - Revisionsbeantwortungen beantragen der Zweitbeklagte und die Nebenintervenientin, das Rechtsmittel der Klägerinnen zurückzuweisen, in eventu diesem den Erfolg zu versagen.
Gegen die Verurteilung des Drittbeklagten richtet sich dessen außerordentliche Revision wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerinnen ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts zum Verschuldensgrad des Zweitbeklagten einer Korrektur bedarf. Die Revision der Klägerinnen ist auch berechtigt.
Hingegen erweist sich die außerordentliche Revision des Drittbeklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig.
1.1 Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls sowie die Eigenschaft des Zweit- und des Drittbeklagten als Aufseher im Betrieb sind im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Die Abweisung des Klagebegehrens gegenüber dem Erstbeklagten ist rechtskräftig.
1.2 Der Zweitbeklagte war aufgrund seines Telefonats mit dem Erstbeklagten zum Unfallszeitpunkt vom Rollgerüst zwar einige Meter entfernt. Die von ihm ausgeübte Funktion als Partieführer hat er dadurch allerdings nicht verloren. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach der Zweitbeklagte im Hinblick auf das Telefongespräch seine Funktion als Partieführer nicht hätte wahrnehmen können, sind in dieser Hinsicht missverständlich. Diese sind jedenfalls nicht so zu verstehen, dass der Zweitbeklagte seine vorgesetzte und weisungsbefugte Stellung aufgegeben hätte. Dementsprechend geht auch das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass sowohl der Zweitbeklagte als auch der Drittbeklagte als Aufseher im Betrieb anzusehen sind.
2. Die für den vorliegenden Fall entscheidende Rechtsfrage, ob der zugrunde liegende Arbeitsunfall durch ein grob fahrlässiges Verhalten der als Aufseher im Betrieb handelnden Personen verursacht wurde, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0085228). Dieser Frage kommt - abgesehen von Fällen einer auffallenden Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz - im Allgemeinen keine erhebliche Bedeutung zu.
Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Rechtsprechung anzunehmen, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt vorliegt und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich voraussehbar ist (RIS-Justiz RS0030644; RS0085373; RS0085332). Bei einem Arbeitsunfall ist vor allem zu prüfen, ob der Schädiger mit Rücksicht auf die Gefährlichkeit der Situation ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat (RIS-Justiz RS0085228; RS0022698). Die Übertretung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen oder von Unfallverhütungsvorschriften muss an sich noch kein grobes Verschulden begründen (RIS Justiz RS0052197).
3. Zur Unfallsörtlichkeit und zum Unfallshergang hat das Erstgericht festgestellt, dass sich im Unfallsbereich eine Regenrinne befand, die rund 8 cm tief und mit Pflastersteinen ausgelegt war. Beim Verschieben des Rollgerüsts gerieten dessen Räder in die Regenrinne bzw zwischen die Fugen der Pflastersteine, wodurch das Gerüst umkippte. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass der Arbeitsunfall - „wie festgestellt“ - dadurch ausgelöst worden sei, dass die Räder des Gerüsts in die Regenrinne gerieten, sodass durch den Niveauunterschied von rund 8 cm das Gerüst umkippte. Die Ergänzung in der Feststellung zur Unfallsörtlichkeit „bzw zwischen die Fugen der Pflastersteine“ bezieht sich somit eindeutig auf die Pflastersteine, mit der die Regenrinne ausgelegt war. Damit ist nicht fraglich, dass das Gerüst mit den Rädern in die rund 8 cm tiefe Regenrinne geriet. Die vom Drittbeklagten gerügte Aktenwidrigkeit liegt demnach nicht vor.
4. Beim Verschieben des über 4 m hohen und 1,35 m breiten Rollgerüsts, für das angesichts der Höhe Seitenausleger hätten verwendet werden müssen, handelt es sich mit Rücksicht auf die Instabilität der Konstruktion um eine Tätigkeit, bei der keinesfalls ein Mensch auf dem Gerüst transportiert werden darf. Zudem hätte der Bodenbeschaffenheit besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen. Die erhöhte Gefahr des Umkippens des Gerüsts, die jedem vernünftigen Menschen schon angesichts der Konstruktion klar sein muss, lässt sich auch der Bedienungsanleitung unmissverständlich entnehmen. Mit den Sicherheitsvorschriften des Gerüsts war der Drittbeklagte nach den Feststellungen vertraut. Das Weiterbewegen eines Rollgerüsts mit einem auf dem Gerüstboden in einer Höhe von rund 4,4 m befindlichen Mitarbeiter muss einem sorgfältigen Monteur - selbst ohne Bedachtnahme auf Pkt 12 der Bedienungsanleitung (§ 35 Abs 1 Z 2 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes) bzw auf § 66 Abs 5 der Bauarbeiterschutzverordnung iVm § 40 der Arbeitsmittelverordnung - als offenkundige und naheliegende Gefahr erscheinen. Die Beurteilung des schadensbegründenden Verhaltens des Drittbeklagten als grob fahrlässig durch das Berufungsgericht erweist sich demnach jedenfalls als vertretbar. Dem Drittbeklagten gelingt es damit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage, die seine Revision zulässig machen würde, aufzuzeigen.
5.1 Anderes gilt für die Revision der Klägerinnen in Ansehung der Haftung des Zweitbeklagten. Dieser ist bereits über zwanzig Jahre im Betrieb des Erstbeklagten als Facharbeiter beschäftigt und arbeitet schon seit fünfzehn Jahren unter anderem bei Dekorationsarbeiten mit dem in Rede stehenden Rollgerüst (vgl auch ON 24, 9). Am Unfallstag fungierte er als Obermonteur und Partieführer. Schon aufgrund seiner praktischen Erfahrung war er mit der ordnungsgemäßen Handhabung des Rollgerüsts in besonderer Weise vertraut. Ebenso waren ihm die Sicherheitsvorschriften im Umgang mit dem Gerüst schon seit dessen Auslieferung bekannt (vgl ON 21, 15). Er wusste auch, dass die Bedienungsanleitung für das Rollgerüst im Unternehmen des Erstbeklagten zur Einsicht aufgelegen ist. Im Jahr 2001 nahm er an einer besonderen sicherheitstechnischen Unterweisung teil, zu deren Gegenstand auch das in Rede stehende Rollgerüst zählte.
Der Zweitbeklagte hätte als Partieführer mit erweitertem Pflichtenhorizont zunächst bereits wissen müssen, dass in Anbetracht der Höhe des Gerüsts die Seitenausleger zu verwenden sind. Dennoch hat er diese zu den Dekorationsarbeiten nicht mitgenommen. Der Umstand, dass diese Sicherheitsvorrichtungen nach den bisherigen Gepflogenheiten nur bei Arbeiten mit größerem Krafteinsatz Verwendung fanden, vermag die Sorgfaltsanforderungen nicht zu reduzieren. Vor allem aber hätte insbesondere auch mit Rücksicht auf die Bedienungsanleitung und die Arbeitnehmerschutzvorschriften gerade für den Zweitbeklagten klar sein müssen, dass aufgrund der besonderen Gefahrengeneigtheit das Verschieben des Rollgerüsts mit einem darauf befindlichen Mitarbeiter, noch dazu bei beträchtlichen Bodenunebenheiten, unter allen Umständen zu unterlassen ist. Er hätte daher seine Mitarbeiter am Unfallstag anweisen müssen, das Gerüst ausschließlich ohne darauf befindliche Personen oder Gegenstände zu bewegen und dieses erst nach Einbremsung aller Räder zu besteigen. Demgegenüber hat er, wie er - entgegen den Ausführungen in seiner Revisionsbeantwortung - selbst zugestanden hat (ON 24, 9; vgl auch die Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin Seite 5), bei den Dekorationsarbeiten am Vormittag geduldet, dass das Gerüst mit einem auf diesem befindlichen Mitarbeiter, der vom Gerüstboden lediglich eine Ebene (von einer Höhe von 4,4 m auf 4,03 m; vgl ON 28, 32) heruntergestiegen ist, verschoben wurde. Er musste daher davon ausgehen, dass diese Vorgangsweise auch nach der Mittagspause eingehalten wird. Dass bei dieser Art der Fortbewegung des Rollgerüsts ein Umstürzen praktisch unmöglich sei, konnte er nicht annehmen. Nach den Feststellungen wurde das Rollgerüst im Bereich der späteren Unfallstelle erst vor der Mittagspause aufgestellt, um im Anschluss daran dort mit den Arbeiten fortzufahren. Der Unfall ereignete sich unmittelbar nach der Mittagspause. Jedenfalls in Anbetracht der konkreten Bodenbeschaffenheit vor allem im Bereich der Regenrinne hätte der Zweitbeklagte die risikoträchtige Vorgangsweise des Verschiebens des Rollgerüsts samt darauf befindlichem Mitarbeiter von vornherein untersagen müssen. Der Umstand, dass er, als sich der Unfall ereignete, einige Meter vom Gerüst entfernt mit dem Erstbeklagten telefonierte und erst im Moment des Umkippens des Gerüsts auf den Unfall aufmerksam wurde, ist daher nicht mehr entscheidend.
So wie für den Drittbeklagten naheliegend war, dass das weiterbewegte Rollgerüst infolge fehlender Stabilität bei Bodenunebenheiten mit großer Wahrscheinlichkeit umkippen kann, war das besondere Gefahrenpotenzial auch für den Zweitbeklagten vorhersehbar. Ihm ist daher ebenfalls grobe Fahrlässigkeit anzulasten, weshalb auch seine Haftung zu bejahen ist.
5.2 In Stattgebung der Revision der Klägerinnen war der Zweitbeklagte (zur ungeteilten Hand mit dem Drittbeklagten) zum Leistungsersatz sowie zur Haftung für künftige Schäden gegenüber den Klägerinnen zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung gründet sich - unter Bedachtnahme auf die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts - sowohl hinsichtlich der gegen den Zweit- und den Drittbeklagten obsiegenden Klägerinnen (mit einem Streitgenossenzuschlag von 15 % bis zum Beitritt der Nebenintervenientin und von 20 % danach bis einschließlich des Berufungsverfahrens) als auch in Ansehung des obsiegenden Erstbeklagten bzw der Nebenintervenientin (mit einem Streitgenossenzuschlag von 10 %) auf §§ 41, 50 ZPO (vgl dazu RIS-Justiz RS0090822). Die von den beiden Klägerinnen zu tragenden Prozesskosten werden nach dem Verhältnis der Streitwerte auf diese aufgeteilt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)