Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) bindet die Entlassung eines begünstigten Behinderten - auch nach der BEinstG-Novelle 1999, BGBl I 1999/17 - weder an die Zustimmung einer Behörde oder eines Gerichts noch zählt es gewisse wichtige Gründe auf, die eine Entlassung rechtfertigen. Die einschlägigen Bestimmungen des allgemeinen Entlassungsrechts kommen daher grundsätzlich zur Anwendung (vgl Löschnigg, Arbeitsrecht10 547; Ernst/Haller, BEinstG6 § 8 Erl 119; Weiss in DRdA 2003/13, 158; Mayr in ZellKomm § 8 BEinstG Rz 18; RIS-Justiz RS0108889 ua).
Als ein wichtiger Grund, der den Arbeitgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, ist nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG anzusehen, wenn der Angestellte im Dienst untreu ist. „Untreue im Dienst" setzt einen vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers voraus (vgl Kuderna, Entlassungsrecht² 81 f; Pfeil in ZellKomm § 27 AngG Rz 5; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 27 Rz 7; RIS-Justiz RS0029506 ua). Nach ständiger Rechtsprechung muss der Vorsatz des Arbeitnehmers nicht nur auf die den Verstoß begründende Handlung oder Unterlassung gerichtet sein, sondern auch die Richtung dieses Verstoßes, nämlich die den Interessen des Arbeitgebers abträgliche Eignung der Handlung (Unterlassung) umfassen. Dem Arbeitnehmer muss überdies die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewusst sein (Pfeil aaO § 27 AngG Rz 6 mwN; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 122 Rz 41 f; RIS-Justiz RS0029375 ua).
Ob der Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG verwirklicht ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0029420 ua), denen in der Regel keine darüber hinausgehende erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt, sofern keine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vorliegt. Von einer solchen kann hier keine Rede sein; die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist vertretbar. Danach liegt hier ein erheblicher Verstoß des Klägers gegen die dienstlichen Interessen des Beklagten vor, der den Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG erfüllt, weil der Kläger als angestellter kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer ohne sachliche Gründe die Unterschrift unter einen Förderungsvertrag, der dem Beklagten bedeutende finanzielle Zuwendungen verschafft hätte, unter bewusster Inkaufnahme finanzieller Nachteile seines Arbeitgebers verweigerte, um sich bei den laufenden Gehaltsverhandlungen einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass gerade an Angestellte in leitender Stellung strengere Anforderungen zu stellen sind (vgl Pfeil aaO § 27 AngG Rz 10; RIS-Justiz RS0029652 ua), genießen sie doch auch eine größere Vertrauensstellung als Arbeitnehmer, die bloß mit untergeordneten Tätigkeiten befasst sind (RIS-Justiz RS0029341 ua). Dass der Kläger den Beklagten mit der Unterfertigung des Förderungsvertrags hinhielt und seine Unterschrift an die vorherige Einsichtnahme in Unterlagen knüpfte, die ihm nach den Feststellungen ohnehin bereits bekannt waren, lässt sein Verhalten in keinem milderen Licht erscheinen und relativiert den Einwand in der Revision, es habe sich ohnehin nur um eine „vorläufige" Weigerung gehandelt.
Das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist allen Entlassungstatbeständen immanent und dient der Abgrenzung bloß geringfügiger Verstöße von tatbestandsmäßigen Begehungshandlungen (vgl Kuderna aaO 60; RIS-Justiz RS0029095 ua). Auch die Beurteilung dieser Frage hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (Pfeil aaO § 27 AngG Rz 11 ua) und begründet gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Nach der Lage des Falls kann in der Bejahung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger keine unvertretbare Beurteilung erblickt werden. Von einem bloß „geringfügigen" Verstoß kann hier keine Rede sein. Auf die vom Revisionswerber erstmals in der Revision aufgeworfene Frage der Abgrenzung des Verhältnisses des Zustimmungsgrunds zur Kündigung nach § 8 Abs 4 lit c BEinstG (beharrliche Verletzung der Dienstpflichten), der mit der BEinstG-Novelle 1999 eingeführt wurde (s zu den Motiven des Gesetzgebers RV 1518 BlgNR 20. GP 10, 12), und des Entlassungsgrunds nach § 27 Z 4 zweiter Tatbestand AngG (beharrliche Dienstverweigerung; vgl zum Meinungsstand Ernst/Haller aaO § 8 Erl 132 ff; Rauch, ASoK 2000, 242; Risak, ASoK 2001, 19; Löschnigg aaO 502; Weiss in DRdA 2003/13, 157 ff; Hack DRdA 2003, 514; Preiss in DRdA 2004/7, 63 ua) kommt es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht an, weil sich die Entlassung des Klägers auf Untreue im Dienst nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG und nicht bloß auf eine „geringfügige" Pflichtverletzung, die laut Revision bei Beharrlichkeit nur mehr dem Regime des § 8 Abs 4 lit c BEinstG (und nicht mehr dem § 27 Z 4 zweiter Tatbestand AngG) unterliege, gründet (vgl in diesem Zusammenhang auch den Zustimmungsgrund zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nach § 121 Z 3 ArbVG [beharrliche Verletzung der Dienstpflichten], der Vorbild für § 8 Abs 4 lit c BEinstG war [RV 1518 BlgNR 20. GP 12], und den Zustimmungsgrund zur Entlassung eines Betriebsratsmitglieds nach § 122 Abs 1 Z 3 ArbVG [Untreue im Dienst]).
Auf Überlegungen, ob der Kläger durch sein Verhalten auch noch andere Entlassungstatbestände verwirklichte, muss hier nicht eingegangen werden. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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