OGH 9ObA39/14x

OGH9ObA39/14x27.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei P***** S*****, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Dr. Peter Nöbauer ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 39.283,97 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 22.488,67 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 5. Februar 2014, GZ 12 Ra 4/14s‑42, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Der bei der Beklagten angestellte Kläger wurde am 29. 7. 2011 entlassen.

Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Entlassung Grund zur Annahme, dass der Kläger ohne rechtmäßigen Hinderungsgrund dem Dienst ferngeblieben war. Tatsächlich stellte sich aber für die Beklagte nachträglich heraus, dass der Kläger am 29. 7. 2011 wegen einer Erkrankung arbeitsunfähig war. Der Kläger hatte zwar am Morgen des Entlassungstags telefonisch versucht, seinen Vorgesetzten zu erreichen, um für diesen Tag eine Urlaubsvereinbarung abzuschließen, was jedoch nicht gelang. Hätte der Kläger am Morgen des Entlassungstags darauf hingewiesen, dass er infolge Krankheit arbeitsunfähig sei, hätte ihn die Beklagte nicht entlassen.

Rechtliche Beurteilung

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung (8 ObA 2058/96x; 8 ObA 41/02s; 8 ObA 17/04i: 9 ObA 136/08b; RIS‑Justiz RS0124568; RS0028246; Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG § 32 Rz 12) kommt die Mitverschuldensregel des § 32 AngG „ausnahmsweise" auch dann zur Anwendung, wenn sich die von einem Teil erklärte vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwar als ungerechtfertigt erweist, der Erklärungsempfänger aber ein schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt hat, das im Zusammenwirken mit einem ebenfalls schuldhaften Verhalten des Erklärenden für die Auflösung ursächlich war. Die Mitverschuldensregel kann bei ungerechtfertigter vorzeitiger Auflösung demnach nur dort greifen, wo der Erklärungsempfänger ein Verhalten gesetzt hat, das zusätzlich bzw unabhängig von dem für die vorzeitige Auflösung nicht ausreichenden Verhalten für die Auflösung kausal im Sinn des Verursachung eines Informationsmangels des die Auflösung unberechtigt Erklärenden war. In diesem Sinn nimmt die Rechtsprechung ein Mitverschulden des unberechtigt entlassenen Arbeitnehmers an, der dem Arbeitgeber einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten schuldhaft nicht bekannt gibt, wenn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Rechtfertigungsgrunds die Entlassung nicht ausgesprochen hätte (RIS‑Justiz RS0101991; Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG § 32 Rz 13 mwN).

Vom Vorliegen eines derartigen Falls ‑ vergleichbar mit den Sachverhalten, die insbesondere den Entscheidungen 8 ObA 52/04m und 9 ObA 26/11f zugrunde liegen ‑ gingen die Vorinstanzen unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung und im Rahmen des von § 32 AngG eingeräumten Ermessensspielraums aus. Ausschlaggebend dafür war vor allem der Umstand, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit nicht bekannt gab und so bei der Beklagten den Anschein erweckte, den Urlaub eigenmächtig angetreten zu haben. Eine im vorliegenden Einzelfall (9 ObA 44/05v) korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zeigt der Kläger in seiner außerordentlichen Revision nicht auf. Auf die vom Kläger relevierte Frage, ob sein Verhalten ein wichtiger Grund sei, der eine Entlassung gemäß § 27 Z 4 AngG rechtfertige, kommt es nicht an. Ein wichtiger Grund ist ja gerade wegen Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes zu verneinen.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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