Spruch:
1. Der Revisionsrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.
2. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.980,07 EUR (darin 330,01 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist bei Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses und der Revision an den Ausspruch des Rekurs- bzw des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3, § 526 Abs 3 ZPO nicht gebunden (§ 526 Abs 2 bzw § 508a Abs 1 ZPO). Sowohl gegen einen Beschluss als auch gegen ein Urteil zweiter Instanz ist ein Rechtsmittel nach § 528 Abs 1 ZPO bzw nach § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Gericht zweiter Instanz von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Dies ist hier nicht der Fall. Die Zurückweisung der Rechtsmittel kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 bzw § 528a ZPO). Zum besseren Verständnis sei hier allerdings nochmals eine kurze Zusammenfassung des Verfahrens vorangestellt:
Die Beklagte war bei der Klägerin ab 1. 7. 1967 als Privatkundenbetreuerin angestellt. Nach Malversationen der Beklagten im Dienst, worüber ein Strafverfahren anhängig ist, wurde das Arbeitsverhältnis am 9. 3. 2009 einvernehmlich aufgelöst.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage den Ersatz von Anwaltskosten in der Höhe von zuletzt 54.460,32 EUR sA. Diese seien im Zusammenhang mit der Ermittlung und Aufarbeitung des von der Beklagten durch die Malversationen verursachten Schadens sowie der diesbezüglichen Beratung und Vertretung der Klägerin aufgelaufen.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, dass sie die Malversationen ohnehin zugegeben habe. Das Einschreiten des Klagevertreters sei daher nicht erforderlich und auch nicht zweckentsprechend gewesen. Die eingeklagten Leistungen seien im Strafverfahren im Rahmen des Privatbeteiligtenanschlusses geltend zu machen.
Das Erstgericht hob mit Beschluss das Verfahren hinsichtlich eines Betrags von 10.422,36 EUR sA als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück. Im Übrigen wurde die Beklagte mit Urteil des Erstgerichts schuldig erkannt, der Klägerin den weiteren Betrag von 43.167,18 EUR sA zu zahlen. Das Mehrbegehren der Klägerin von 870,78 EUR sA wurde (rechtskräftig) abgewiesen.
In zweiter Instanz wurde dem gegen einen Teil der teilweisen Klagezurückweisung erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge gegeben. Die Berufung der Beklagten gegen die teilweise Klageabweisung wegen Nichtigkeit wurde verworfen; im Übrigen wurde der Berufung der Beklagten nicht Folge gegeben. Der ordentliche Revisionsrekurs und die ordentliche Revision wurden zugelassen.
Gegen die Bestätigung der teilweisen Klagezurückweisung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung beantragt.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Gegen die Bestätigung der teilweisen Klagestattgebung richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und „hilfsweise Nichtigkeit“ mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens von 43.167,18 EUR sA abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt.
Die Klägerin beantragt, die Revision zu verwerfen bzw zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs der Klägerin und die Revision der Beklagten sind mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Ad I.) Zum Revisionsrekurs der Klägerin:
Das Rekursgericht begründete die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses damit, dass zur Frage des Ersatzes von Anwaltskosten, die dem Geschädigten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren erwachsen seien, die aber nicht den Privatbeteiligtenanschluss betreffen, noch keine Rechtsprechung vorliege. Dieser Begründung der Zulassung des Revisionsrekurses schließt sich die Klägerin an. Zur Schadenersatzhaftung für Rechtsanwaltskosten gebe es zwar bereits genug Entscheidungen; zur Frage des Ersatzes von Anwaltskosten, die dem Geschädigten bloß mittelbar im Zusammenhang mit einem Strafverfahren entstanden seien, fehle jedoch noch Rechtsprechung. Die Beklagte geht in ihrer Beantwortung auf die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht näher ein, sondern setzt sich mit dem Rechtsmittel der Klägerin nur in meritorischer Hinsicht auseinander.
Zur Begründung des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage genügt es nicht, eine Frage aufzuwerfen, zu der noch keine Rechtsprechung vorliegt. Es kommt vielmehr gemäß § 528 Abs 1 ZPO zusätzlich darauf an, dass von der Lösung dieser Frage die Entscheidung „abhängt“, die Frage also „präjudiziell“ ist (9 Ob 74/10p ua). Dies ist bei der Frage, ob die dem teilweise zurückgewiesenen Klagebegehren zugrundeliegenden Anwaltsleistungen den Privatbeteiligtenanschluss betreffen, nicht der Fall. Nach dem maßgebenden Klagevorbringen habe die Beklagte der Klägerin durch Malversationen im Dienst einen Schaden zugefügt, der nicht nur das Strafverfahren betreffe. Die Klägerin habe sich im Zusammenhang mit der Ermittlung und Aufarbeitung des enormen Schadens sowie der erforderlichen Beratung und Vertretung der Klägerin veranlasst gesehen, die Klagevertreterin mit der Erbringung diverser anwaltlicher Leistungen zu betrauen, womit ein Aufwand der Klägerin in Höhe des Klagebetrags verbunden gewesen sei. Fest steht, dass von der Beklagten erst ein Teil des Schadens der Klägerin wiedergutgemacht wurde; laut Ersturteil haftet ein Teil des Schadens von zumindest 314.000 EUR noch unberichtigt aus.
Beim Aufwand des Geschädigten zur Aufarbeitung des Schadens und zur Beweissammlung handelt es sich nach der Rechtsprechung typischerweise um vorprozessuale Kosten, die nicht selbstständig einklagbar sind, solange nicht der eigentliche Schaden erledigt ist (vgl 4 Ob 165/00v; 4 Ob 103/06k; RIS-Justiz RS0035770, RS0111906 ua). Dies ist hier nicht der Fall. Ausnahmsweise können Kosten der Schadensfeststellung, ungeachtet des noch immer aushaftenden Schadens, selbstständig einklagbar sein, wenn ein besonderes Interesse des Geschädigten an der Sachverhaltsermittlung - unabhängig von der Rechtsverfolgung in einem Prozess - besteht (vgl 8 Ob 2070/96m; 9 Ob 7/09h; RIS-Justiz RS0035826 ua). Derartiges muss aber vom Kläger behauptet werden (vgl 2 Ob 390/97k ua), was hier - trotz Einwands der Beklagten, dass die Klägerin mit ihren Anwaltskosten (soweit sie erforderlich gewesen seien) auf den Privatbeteiligtenanschluss zu verweisen sei - nicht der Fall war. Die Klägerin bestreitet die teilweise Klagezurückweisung auch nicht zur Gänze, sondern konzediert, dass ein Teil der Anwaltskosten trotz Unzulässigkeit des Rechtswegs eingeklagt worden sei. Soweit sie aber aus den teilweise zurückgewiesenen Kosten einzelne Leistungen heraushebt und insoweit versucht, durch ergänzende Ausführungen darzulegen, dass sich gerade diese nicht auf den Privatbeteiligtenanschluss bezogen haben, ist sie auf das auch im Revisionsrekursverfahren geltende Neuerungsverbot zu verweisen (Kodek in Rechberger, ZPO³ § 526 Rz 3 mwN ua). Im Übrigen kommt es, wie schon erwähnt, nicht darauf an, ob die Klägerin bestimmte Kosten im Strafverfahren als Privatbeteiligte geltend machen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die zurückgewiesenen Anwaltskosten nach dem Klagevorbringen auf schädigende Handlungen der Beklagten beziehen, deren Ersatz noch in beträchtlichem Umfang aussteht. Dass die gegenständlichen Kosten bereits getilgten Schäden zuzurechnen seien, wurde von der Klägerin nicht geltend gemacht. Den Zusammenhang mit den noch unberichtigten Schäden unterstrich die Klägerin selbst noch dadurch, dass sie die Anwaltskosten auf der Bemessungsgrundlage der noch offenen Schäden ermittelte.
Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO, von der die Entscheidung abhängt, ist der Revisionsrekurs der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat nicht auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen (vgl RIS-Justiz RS0035979 ua).
Ad II.) Zur Revision der Beklagten:
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zu den Fragen, inwieweit ein Arbeitgeber Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitnehmer überwälzen könne, inwieweit die Besonderheiten des Arbeitsrechts ein Abweichen von den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen gebieten und ob Anwaltskosten im Hinblick auf eine Vereinbarung zur Ermöglichung der tätigen Reue zu ersetzen seien, noch keine Rechtsprechung vorliege. Dieser Begründung der Zulassung der Revision schließt sich die Beklagte an und ergänzt, dass zu den zivilrechtlichen Konsequenzen der Verletzung des Verbots der Doppelvertretung durch einen Rechtsanwalt noch keine Rechtsprechung vorliege. Dem gegenüber bestreitet die Klägerin das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und beantragt die Zurückweisung der Revision.
Auch hier genügt es nicht, Fragen zu benennen, zu denen möglicherweise noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt. Wie schon erwähnt, kommt es vielmehr darauf an, dass die Entscheidung des Revisionsgerichts von der Lösung dieser Fragen „abhängt“ (§ 502 Abs 1 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO³ § 508a Rz 1 mwN ua).
Dies ist in Bezug auf die Überlegungen des Berufungsgerichts zur Begründung der Zulassung der Revision nicht der Fall, weil die Beklagte in ihrer Revision darauf nicht substantiiert eingeht. Stattdessen erblickt die Beklagte eine erhebliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit der behaupteten Doppelvertretung des Klagevertreters. Diesbezüglich ist richtig, dass die Beklagte in erster Instanz darauf hinwies, dass „die Klagevertretung“ zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Schadens und der damit verbundenen Beauftragung durch die Klägerin Rechtsvertreter der Beklagten gewesen sei. Besondere Konsequenzen leitete die Beklagte daraus aber zunächst nicht ab. Die Klägerin räumte dazu ein, dass die Beklagte früher von einem Rechtsanwalt aus der Kanzlei der Klagevertreterin vertreten worden sei. Diese Vertretung im Rahmen einer Nachbarschaftsstreitigkeit sei allerdings im März 2009 bereits längst abgeschlossen gewesen. Dies wurde von der Beklagten zwar nominell bestritten, ein konkretes, vom Klagevorbringen abweichendes Tatsachenvorbringen wurde allerdings in erster Instanz nicht erstattet. Die nunmehrigen Überlegungen der Beklagten in der Revision zu einem allfälligen Verlust des Honoraranspruchs, weil der die Beklagte früher vertretende Klagevertreter insbesondere „Zugang zu den subjektiven Befindlichkeiten der von ihm betreuten Partei erhalten sowie ihre Psyche kennengelernt habe und demzufolge abschätzen könne, wie sie sich in Krisensituationen verhalten werde ...“, widerstreiten dem Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO) und sind daher nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage, von der die Entscheidung des Revisionsgerichts abhängt, aufzuzeigen (vgl 9 ObA 43/12g ua).
Soweit die Beklagte meint, auch das übrige Klagebegehren wäre wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen gewesen, weshalb „hilfsweise“ von einer Nichtigkeit auszugehen sei, ist sie darauf zu verweisen, dass eine vom Berufungsgericht bereits verneinte Nichtigkeit nicht erfolgreich in der Revision geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0042925 ua). Diese Ausführungen sind daher auch nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage darzutun.
Zusammenfassend ist es somit auch der Beklagten nicht gelungen, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb die Revision ebenfalls zurückzuweisen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979 ua).
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