Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger lehnte in seiner außerordentlichen Revision gegen das aufgrund der mündlichen Berufungsverhandlung vom 16.4.1997 gefällte Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen die Laienrichter Dr.Gerhard Pittner und Johann Reicher und den Vorsitzenden des Berufungssenates Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr.Puster ab und machte unter anderem den Nichtigkeitsgrund der Teilnahme von befangenen Richtern gemäß § 477 Abs 1 Z 1 ZPO geltend.
Nach einem offensichtlich nach der mündlichen Berufungsverhandlung stattgefundenen Telefonat mit der Kanzleileiterin des als Steuerberater tätigen Laienrichters Dr.Pittner habe diese gesagt, Dr.Pittner sei, obwohl er selten als Laienrichter beigezogen würde, am 16.4.1997 Beisitzer bei einer arbeitsgerichtlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Graz gewesen; er sei mit Dr.Pucher, der (in einem anderen Verfahren) das sogenannte "Entlassungsgutachten" des Klägers erstellt habe, bekannt und stehe mit ihm in Geschäftskontakt. Die Frage, ob Dr.Pittner mit Dr.Pucher in der Arbeitsrechtssache des Klägers gesprochen habe, habe die Sekretärin nicht verneint, aber darauf verwiesen, daß der Klagevertreter mit Dr.Pittner selbst sprechen möge.
Der zweite fachkundige Laienrichter, der als Landtagsabgeordneter tätige Johann Reicher, habe sich (in der Berufungsverhandlung) wie auch der Vorsitzende befremdlich gegenüber dem Kläger geäußert und sinngemäß zum Ausdruck gebracht, daß er die Angelegenheit schon kenne und der Kläger der "schwarze Rechberger" sei.
Der Vorsitzende habe im Zuge von Vergleichsgesprächen geäußert, daß er für diesen speziellen Fall "besondere" Laienrichter beigezogen habe und für den Vorgang S*****/Sch***** - obwohl für eine bewußte Pflichtwidrigkeit des Klägers im Verfahren 31 Cga 239/93 kein Hinweis vorhanden war - den Ausdruck "Untreue" des Klägers verwendet und hiedurch die übrigen Senatsmitglieder präjudiziert.
Erst durch die Zusammenschau dieser Äußerungen sei die Beurteilung derselben als Befangenheitsgrund für den Kläger möglich gewesen.
Der Vorsitzende des Berufungssenates Dr.Puster äußerte sich zum Ablehnungsantrag folgendermaßen:
Wegen der Komplexität, insbesondere des Entlassungsprozesses, sei es naheliegend gewesen, weil dem Kläger insbesondere die Geschäftsführung, Buchhaltung und Finanzgebarung oblag, einen Beisitzer aus der Berufsgruppe der Wirtschaftstreuhänder (Dr.Pittner) beizuziehen. Beide Berufungsverhandlungen (Entlassung und das gegenständliche Verfahren) seien für den 16.4.1997 zu unteschiedlichen Zeiten anberaumt worden. Bereits vor der ersten Verhandlung sei den Laienrichtern der Sachverhalt dargelegt worden, wobei bereits aufgrund der seinerzeitigen Presseberichte sich die Laienrichter informiert gezeigt hatten. Im Rahmen von Vergleichsgesprächen - die Beklagte hätte sich vergleichsbereit gezeigt - habe der Vorsitzende dem Kläger bedeutet, daß im Vorgang "S*****" (siehe 7 Ra 1/97i) eine Untreuehandlung des Klägers gesehen werden könne. Der Klagevertreter habe darauf nicht reagiert. Die Behauptung des Klägers über die angebliche Äußerung Johann Reichers könne der Vorsitzende nicht bestätigen; insbesondere von wem, in welchem Zusammenhang eine solche Äußerung getätigt worden wäre. Es sei gesichert, daß es über den "schwarzen Rechberger" keine Diskussion gegeben habe. Das angeblich "unrichtige" Gutachten Dris. Pucher habe im übrigen im vorliegenden Prozeß keine Rolle gespielt. Der Vorsitzende gab zum Ausdruck, sich nicht befangen zu fühlen, noch könne er Umstände erkennen, die auch nur den Anschein der Befangenheit eines Senatsmitgliedes hätten aufkommen lassen.
Das in der Ablehnungssache zuständige Oberlandesgericht Graz wies den Ablehnungsantrag zurück.
Es führte rechtlich aus, daß die angebliche Bekanntschaft Dris. Pittner mit Dr.Pucher keinen Ablehnungsgrund bilde, weil Dr.Pucher weder als Zeuge noch als Gutachter im Verfahren einbezogen war. Die sachlichen Erwägungen für die Beiziehung der Laienrichter nähmen der Bezeichnung "besondere" Laienrichter die Bedeutung einer Voreingenommenheit des Vorsitzenden. Der Hinweis des Vorsitzenden, daß im Vorgang "S*****" eine Untreuehandlung des Klägers erblickt werden könne und ein Generalvergleich ratsam sei, könne keinen Ablehnungsgrund verwirklichen, weil selbst das Vertreten einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter eine Ablehnung nicht rechtfertige. Im übrigen hätte eine Ablehnung des Vorsitzenden oder der Laienrichter bereits in der Berufungsverhandlung erfolgen müssen. Eine Bescheinigung der Äußerung "schwarzer Rechberger" durch den Laienrichter Reicher sei nicht erfolgt.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers, der nicht berechtigt ist.
Rechtliche Beurteilung
Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird zunächst gerügt, daß ein aus drei Richtern und zwei fachkundigen Laienrichtern besetzter Senat über die Ablehnung hätte entscheiden müssen. Da nach der Spezialbestimmung des § 11 Abs 4 ASGG über die Ablehnung eines Richters oder fachkundigen Laienrichters Senate zu entscheiden haben, die sich aus drei Richtern zusammensetzen, kommt die allgemeine Senatszusammensetzung des § 11 Abs 1 ASGG hier nicht zum Tragen. Ein weiterer Verfahrensmangel liege darin, daß Dr.Pittner und Johann Reicher sich zum Ablehnungsantrag nicht geäußert haben und dieser Umstand durch die Äußerung des Senatsvorsitzenden nicht ersetzt werden könne.
Da Verfahrensverstößen, um beachtlich zu sein, Relevanz zukommen muß, was aber hier nicht der Fall ist, bildet die Unterlassung der in § 22 Abs 2 JN vorgesehenen Äußerung eines abgelehnten Richters keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
Selbst wenn die Bestätigung der Äußerung der Kanzleileiterin des Laienrichters Dr.Pittner durch die Unterschrift des Klagevertreters unter die außerordentliche Revision als Bescheinigung derselben gewertet würde, liegt, wie das Oberlandesgericht Graz zutreffend ausführt, kein Befangenheitsgrund vor. Weder das Kennen des Gutachters Dr.Pucher, der in einem Parallelprozeß ein Gutachten erstattete, noch eine Geschäftsbeziehung zu ihm kann Zweifel an der Objektivität des Laienrichters aufkommen lassen. Eine Behauptung, daß Dr.Pittner in dieser Arbeitsrechtssache des Klägers mit Dr.Pucher gesprochen habe und beeinflußt wäre, wurde nicht einmal vom Kläger dezidiert aufgestellt.
Entgegen dem Rekursvorbringen hat sich der Kläger auf die Bescheinigung der Befangenheitsgründe durch die Unterschrift des Klagevertreters lediglich hinsichtlich des abgelehnten Laienrichters Dr.Pittner berufen, so daß keine Bedenken dagegen bestehen, daß das Oberlandesgericht Graz die angebliche Äußerung "schwarzer Rechberger" mangels Anführung anderer Bescheinigungsmittel nicht als bescheinigt ansah.
Im übrigen ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die Kenntnis der Äußerung "schwarzer Rechberger" aber auch die, ohnehin keinen Ablehnungsgrund bildende Meinung bloß des Senatsvorsitzenden eines aus mehreren Mitgliedern bestehenden Senates im Vergleichsgespräch, daß ein Verhalten des Klägers in einem anderen später zu verhandelnden Entlassungsprozeß eine Untreuehandlung bilden "könne" und daher einen Generalvergleich ratsam mache (9 ObA 134/94), den Kläger hätte veranlassen müssen, wenn er meinte, daß Befangenheit vorliegt, unverzüglich die Ablehnung geltend zu machen. Eine Ablehnung kann nämlich nicht mehr erfolgen, wenn der Kläger sich in objektiver Kenntnis des Ablehnungsgrundes in die Berufungsverhandlung vom 16.4.1997 eingelassen hat (RZ 1975/1; EvBl 1995/136). Die nachträgliche Kenntnisnahme, daß Johann Reicher auch Landtagsabgeordneter ist, ändert nichts an der bedenkliche charakterliche Eigenschaften zum Ausdruck bringenden Bezeichnung des Klägers als "schwarzer Rechberger", so daß die spätere Kenntnis der Tätigkeit als Landtagsabgeordneter dieser Äußerung kein größeres Gewicht verlieh und daher keine spätere Geltendmachung rechtfertigte. Da das nachträgliche Recherchieren in der Steuerberatungskanzlei des Dr.Pittner keinen Befangenheitsgrund an den Tag brachte, konnte auch die "Zusammenschau" mit den anderen behaupteten aber verspätet geltend gemachten Umständen insgesamt keinen neuen Befangenheitsgrund aufzeigen, der eine spätere Geltendmachung rechtfertigte.
Abgesehen davon, daß die Angehörigkeit des Laienrichters Reicher zum Landtag als das über die Aufbringung der Mittel der beklagten Partei entscheidungsbefugte Gremium und die Einbeziehung der Landeshauptfrau als Vereinspräsidentin der Beklagten noch keinen objektiven Grund zur Befürchtung einer Befangenheit erkennen läßt, wurde dieser Ablehnungsgrund im Ablehnungsantrag nicht behauptet.
Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf § 40, 50 Abs 1 ZPO.
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