OGH 9ObA134/94

OGH9ObA134/9429.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Wolfgang Adametz und Dr.Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei T***** P*****, Discjockey, ***** vertreten durch Dr.Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, wider die beklagte Partei Arnulf M*****, Betreiber der Diskothek *****, vertreten durch Dr.Dietrich Clementschitsch und andere, Rechtsanwälte in Villach, wegen S 172.532,77 sA (im Berufungsverfahren S 162.950,11 sA), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 13.Juni 1994, GZ Jv 8119-17d/94-3, womit der Ablehnungsantrag der klagenden Partei gegen den Vorsitzenden des Berufungssenates zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit der Behauptung, daß er zu Unrecht entlassen worden sei, begehrt der Kläger S 172.532,77 netto sA vom Beklagten.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Mit dem Kläger sei eine Probezeit von 14 Tagen vereinbart worden, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis wegen mangelnden Arbeitserfolges gelöst worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 9.582,66 netto sA statt und wies das entlassungsabhängige Mehrbegehren von S 162.950,11 sA ab. Es stellte im wesentlichen fest:

Auf das Verlangen des Klägers, einen schriftlichen Dienstvertrag zu erhalten, erwiderte der Beklagte, daß man es zuerst probieren werde und ein schriftlicher Dienstvertrag abgefaßt würde, wenn alles passe. Der Beklagte pflegte nämlich keine schriftlichen Dienstverträge abzuschließen, vereinbarte jedoch üblicherweise eine Probezeit. Es wurde auch in diesem Fall eine Probezeit von 14 Tagen vereinbart. In der Folge erschien der Kläger beim Beklagten und legte ihm einen handschriftlichen Dienstvertragsentwurf vor, in dem allerdings nichts von einer Probezeit stand. Der Beklagte äußerte sich dahin, daß er nichts unterschreibe, ohne es durchgelesen zu haben. Auf neuerliches Andrängen des Klägers, den Entwurf zu unterfertigen, erklärte der Beklagte, daß er diesen "Kaszettel" nicht unterschreibe, sondern der Kläger nach Beendigung der Probezeit einen ordentlichen Vertrag zu den ausgehandelten Bedingungen erhalten werde.

Auf Grund dieses Sachverhalts erachtete das Erstgericht die Lösung des Arbeitverhältnisses während der Probezeit durch den Beklagten gemäß § 19 Abs 2 AngG für zulässig und wirksam.

Der Kläger erhob gegen diese Entscheidung eine Berufung, in der er im wesentlichen eine Beweisrüge erhebt und ausführt. Noch vor der Durchführung einer Berufungsverhandlung lehnte er den Vorsitzenden des Berufungssenates als befangen ab. Das Berufungsgericht habe in einem ähnlich gelagerten Fall seiner Berufung nicht Folge gegeben. In dem ganz ähnlich gelagerten Fall des Parallelverfahrens habe das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt, daß der Abschluß eines Probemonats schon wegen des hohen, einem Discjockey zu zahlenden Entgeltes in Verbindung mit dessen Bedeutung für den Geschäftserfolg einer Diskothek, als sehr wahrscheinlich erscheine. Die Angaben des Klägers seien daher keineswegs als so glaubwürdig anzusehen, wie es die Berufung darzustellen versuche. Aufgrund dieser Ausführungen des Berufungsgerichtes bestehe die Gefahr, daß der Vorsitzende des Berufungssenates eine "vorgeprägte Meinung" gegenüber dem Kläger habe und sich dies auch im vorliegenden Fall zu seinen Ungunsten auswirken könne.

Der Vorsitzende des Berufungssenates äußerte sich dahin, daß er sich weder aufgrund der vom Kläger angeführten Vorentscheidung noch aus anderen Gründen befangen fühle. Er kenne den Kläger nicht und könne sich an ihn, selbst wenn er an der Berufungsverhandlung teilgenommen haben sollte, nicht mehr erinnern.

Das Oberlandesgericht Graz wies den Ablehnungsantrag zurück. Zur Begründung der Befangenheit könne nicht einmal eine unrichtige Sachentscheidung herangezogen werden. Daß ein Richter in einem Rechtsstreit schon eine bestimmte Ansicht geäußert habe, bilde ebenfalls keinen Ablehnungsgrund. Es müßten vielmehr zureichende Gründe glaubhaft gemacht werden, daß sich der Richter bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen werde. Derartige Gründe seien nicht einmal behauptet worden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß seinem Ablehnungsantrag Folge gegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Ein Ablehnungsantrag im Sinne des § 19 Z 2 JN ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann begründet, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, die Unbefangenheit des Richters in Zweifel zu ziehen. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (Fasching, Komm I 200; SZ 43/104; JBl 1968, 94; RZ 1984/81 mwH, ua). Kein Ablehnungsgrund liegt aber vor, wenn der Richter bereits in einem gleichgelagerten Prozeß gegen die ablehnende Partei entschieden hat (Fasching ZPR2 Rz 164 Abs 2; Kuderna ASGG § 34 Erl 1); selbst eine unrichtige Sachentscheidung könnte diesbezüglich nicht zur Begründung der Befangenheit herangezogen werden (GMA ZPO14 § 19 JN E 12 ua).

In dem vom Kläger genannten Vorverfahren (7 Ra 120/93 des OLG Graz) wurde die Feststellung, daß die Beklagte mit ihren Arbeitnehmern üblicherweise einen Probemonat vereinbart, nicht gesondert (konkret) bekämpft. Diese geschäftliche Vorgangsweise wurde vom Berufungsgericht mangels eines gegenteiligen Beweisergebnisses für unbedenklich und aus den vom Kläger in seinem Ablehnungsantrag wiedergegebenen Gründen für sehr wahrscheinlich gehalten. Die Billigung der Feststellung der Vereinbarung eines Probemonats stützte sich aber nicht nur auf diese Geschäftspraxis, sondern auch auf die Aussagen eines Zeugen und der Beklagten. Es kann daher keine Rede davon sein, das Berufungsgericht habe sich bei seinen Erwägungen nur von der Wahrscheinlichkeit einer üblichen Vorgangsweise leiten lassen.

Abgesehen davon, daß gemäß § 11 Abs 1 ASGG das Berufungsgericht über die Berufung des Klägers in einem Senat bestehend aus drei Richtern und zwei fachkundigen Laienrichtern zu entscheiden haben wird, so daß selbst eine "vorgeprägte Meinung" des Vorsitzenden nicht von ausschlaggebender Bedeutung wäre, liegen keinerlei konkrete Behauptungen oder Hinweise dafür vor, der Vorsitzende des Berufungssenates werde im Rahmen der Berufungsausführungen nicht ebenfalls unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier Überzeugung beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr zu halten sei oder nicht (§ 272 Abs 1 ZPO).

Dem Rekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

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