OGH 9ObA12/06i

OGH9ObA12/06i22.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred R*****, Arbeiter, *****, vertreten durch Mag. Georg Streit, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P***** m.b.H., *****, vertreten durch Brandstetter Pritz & Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen EUR 4.203,50 brutto abzüglich EUR 500 netto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 2005, GZ 9 Ra 180/04p-24, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zum (verneinten) Entlassungsgrund nach § 82 lit g GewO 1859:

Der Beklagten ist zwar darin beizupflichten, dass das aufbrausende Verhalten des Klägers als ungebührlich zu beurteilen ist, zumal es auf einem ihm selbst zuzurechnenden Irrtum beruhte; doch gibt die vertretbare Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass eine gefährliche Drohung nicht vorliegt und es für die Annahme einer Ehrverletzung an der notwendigen Erheblichkeit mangelt, keinen Anlass zu einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Zum (verneinten) Entlassungsgrund nach § 82 lit f GewO 1859:

In Zusammenhang mit diesem Entlassungsgrund hat der Oberste Gerichtshof zu 8 ObA 37/04f (= RIS-Justiz RS0029495 [T 24]) ausgeführt:

„Das Verhalten (des Klägers) ist nach dem (iS des § 27 Z 4 AngG auszulegenden) Entlassungstatbestand des § 82 lit f, 1. Tatbestand, GewO 1859 zu prüfen, der nach völlig einhelliger Auffassung nicht nur das Verlassen der Arbeit im engeren Sinn, sondern vielmehr jedes mit der Verpflichtung zur Einhaltung der pflichtgemäßen Arbeitszeit unvereinbare Verhalten des Arbeitnehmers, daher auch das pflichtwidrige Nichterscheinen zur Arbeit während einer den Umständen nach erheblichen Zeit umfasst (Kuderna, Entlassungsrecht² 137; vgl auch RIS-Justiz RS0029572; RS0029517; zuletzt etwa 9 ObA 249/02m). 'Erheblich' ist ein Versäumnis insbesondere dann, wenn ihm nach der Dauer der versäumten Arbeit, nach Maßgabe der Dringlichkeit der zu verrichtenden Arbeit oder wegen des Ausmaßes des auf Grund des Versäumnisses nicht erzielten Arbeitserfolges oder der sonstigen dadurch eingetretenen betrieblichen Nachteile besondere Bedeutung zukommt. Dabei kommt es nicht allein darauf an, wie lange die Unterlassung der Dienstleistung dauerte, sondern vor allem auf die Würdigung der besonderen Umstände, unter denen sie erfolgte. Nicht die absolute Dauer der Arbeitsversäumnis ist entscheidend, sondern die Bedeutung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gerade während dieser Zeit (zuletzt etwa 8 ObA 220/02i). So wurde etwa von der Rechtsprechung bei eingeschränktem Betrieb sogar eine mehrtätige Abwesenheit als nicht erheblich beurteilt (8 ObA 21/02z), während in einem anderen Fall (RdW 1988, 53) schon das Fernbleiben im Umfang einer Stunde als erheblich angesehen wurde, weil dadurch der Betriebsablauf maßgeblich behindert worden war. Ein - wie hier - eintägiges Dienstversäumnis wurde dann als nicht tatbestandsmäßig angesehen, wenn durch das Fernbleiben des Klägers im die Entlassung auslösenden Fall relevante betriebliche Nachteile nicht entstanden sind und zudem der Dienstgeber bisherige gleichartige Vorfälle nicht ernsthaft beanstandete (8 ObA 220/02i). Es ist also stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen (RIS-Justiz RS0029495; zuletzt etwa 8 ObA 21/02z; 9 ObA 249/02m; 8 ObA 220/02i). Die Anwendung dieser von der Rechtsprechung herausgearbeiteten und vom Berufungsgericht beachteten Grundsätze im Einzelfall stellt regelmäßig keine zur Wahrung der Rechtsfortentwicklung oder Rechtseinheit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO maßgebliche Frage dar."

Bei Anwendung dieser generellen Erwägungen auf den konkreten Fall zeigt sich, dass die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes auch diesbezüglich vertretbar ist. Ein in diesem Zusammenhang behaupteter Verfahrensmangel ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Beklagte nicht aufzeigt, welches ergänzende, ihrem Standpunkt dienliche Vorbringen sie im Falle einer Anleitung erstattet hätte.

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