OGH 9ObA115/17b

OGH9ObA115/17b30.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Mag. Thomas Dürrer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der K*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einsichtnahme (Streitwert: 21.800 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Mai 2017, GZ 6 Ra 6/17z‑10, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 9. November 2016, GZ 36 Cga 123/16k‑6, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00115.17B.1030.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Ersturteil zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen Einsicht in die Vordienstzeitenanrechnungen (Vordienstzeiten‑Beiblätter) der Dienstnehmer im Bereich Management und Services und IKM zu gewähren.

Das auf Gewährung von Einsicht in die Dienstverträge dieser Mitarbeiter gerichtete Mehrbegehren der klagenden Partei wird abgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.“

Im Berufungsverfahren findet kein Kostenersatz statt. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Betriebsrat für jene Mitarbeiter der Beklagten, die von der S*****gesellschaft mbH im Bereich der K***** beschäftigt werden.

Die Beklagte folgte (und folgt) jedem der vom klagenden Betriebsrat vertretenen Mitarbeiter zu Beginn des Dienstverhältnisses den schriftlichen Dienstvertrag und ein Beiblatt mit den Vordienstzeiten (Beginn und Ende, Arbeitgeber, usw) aus, in dem die Vordienstzeitenanrechnung ersichtlich ist. Im Dienstvertrag finden sich Informationen wie Urlaubsstichtag, Vorrückungsstichtag und Jubiläumsstichtag, nicht jedoch bei welchem Dienstgeber, in welcher Funktion und wie lange der Dienstnehmer vor Beginn des Dienstverhältnisses bei der Beklagten beschäftigt war.

Der klagende Betriebsrat hat die Möglichkeit, durch ein im Betrieb installiertes Administrationssystem bestimmte Daten der Dienstnehmer (ua den Vorrückungsstichtag, den Urlaubsstichtag, den Jubiläumsstichtag, das Eintrittsdatum, die besoldungsrechtliche Einstufung, allfällige Ergänzungszulagen und das Datum der nächsten Vorrückung) abzufragen. Allein durch diese Informationen ist es dem Betriebsrat aber noch nicht möglich, zu überprüfen, welche Vordienstzeiten in welchem Ausmaß die Beklagte beim jeweiligen Dienstnehmer angerechnet hat. Für diese Prüfung benötigt der Kläger das jeweilige Vordienstzeiten-Beiblatt.

Die Beklagte verweigert dem Kläger sowohl die Einsichtnahme in die Dienstverträge als auch in die Vordienstzeiten‑Beiblätter.

Der klagende Betriebsrat begehrt von der Beklagten, ihm Einsicht in die Dienstverträge sowie in die Vordienstzeitenanrechnungen der von ihm vertretenen Mitarbeiter zu gewähren. Nach § 89 Z 2 ArbVG sei er befugt, die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen, daher auch die Einhaltung der Arbeitsverträge der Mitarbeiter, zu überwachen. Dem Kläger gehe es um die Anrechnung der Vordienstzeiten. Dies sei die „einzige Problematik“ des gegenständlichen Verfahrens. Ohne Einsichtnahme in die Vordienstzeiten‑Beiblätter könne der Kläger – unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 5. 12. 2003, C‑514/12, SALK – die korrekte Einstufung der einzelnen Mitarbeiter nicht überprüfen.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass dem Betriebsrat ein Überwachungsrecht nur für Regelungen zustehe, deren sachlicher Anwendungsbereich der Betrieb sei. Einzelvertragliche Vereinbarungen, die nicht gleichmäßig für den Betrieb, sondern nur für den einzelnen Dienstnehmer gelten, fielen nicht darunter.

Das Erstgericht wies das – von Amts wegen und ohne nähere Begründung in ein Feststellungsbegehren umformulierte – Klagebegehren ab. Ein Recht, einzelvertragliche Vereinbarungen, die nicht gleichmäßig für den Betrieb gelten, zu überwachen, stünde dem Betriebsrat ohne Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter nicht zu. Der Dienstvertrag sei keine „sonstige arbeitsrechtliche Vereinbarung“ iSd § 89 Z 2 ArbVG.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Ein uneingeschränktes (ohne Beschränkung auf die zur Berechnung der Bezüge erforderlichen Unterlagen und auch hinsichtlich jener Mitarbeiter, die schon rein theoretisch von der Problematik einer Anrechnung von Vordienstzeiten gar nicht betroffen sein könnten) Einsichtsrecht des Betriebsrats in die Dienstverträge der einzelnen Mitarbeiter ergebe sich weder aus § 89 Z 1 noch aus § 89 Z 2 ArbVG. Der Dienstvertrag enthalte auch Informationen und (sensible) Daten des Dienstnehmers, die der Betriebsrat nicht zur Wahrnehmung seiner Interessenvertretungsaufgaben benötige.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Frage, ob dem Betriebsrat ein uneingeschränktes Einsichtsrecht in die Dienstverträge der Mitarbeiter zukomme, vom Obersten Gerichtshof bislang nicht beantwortet worden sei.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, dem Klagebegehren vollinhaltlich, „in eventu“ zumindest teilweise im Umfang der Einsichtsgewährung in die Vordienstzeitenanrechnung stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Die Frage, ob im erstgerichtlichen Verfahren zu bestimmten Punkten ein schlüssiges Tatsachengeständnis iSd § 267 ZPO vorlag, ist eine Verfahrensfrage (RIS‑Justiz RS0040078). Da ein derartiger Verfahrensfehler aber bereits vom Berufungsgericht verneint wurde, ist dem Kläger eine Rüge in dritter Instanz verwehrt (2 Ob 20/13z; RIS‑Justiz RS0042963).

2. Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist (RIS‑Justiz RS0037440). Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RIS‑Justiz RS0037551). Maßgebend für den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind daher der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen (RIS‑Justiz RS0037610 [T34]). Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt wurde, was im Zweifel nicht anzunehmen ist, ist es dem Gericht nach der herrschenden Rechtsprechung verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben (RIS‑Justiz RS0037610 [T36, T43]).

Der Kläger hat sein Begehren in der Klage zwar auf § 89 Z 2 ArbVG gestützt. Aus der Klagserzählung und seinem weiteren Vorbringen im Verfahren geht jedoch hervor, dass er seine ihm als Betriebsrat von § 89 ArbVG eingeräumte, nicht auf die Z 2 beschränkte Überwachungsbefugnis geltend macht. § 89 Z 1 bis 4 ArbVG konkretisiert als demonstrative Aufzählung (arg: „insbesondere“) nur die Generalklausel des ersten Satzes des § 89 ArbVG. Dass der Kläger seinen Klagsanspruch ausschließlich auf § 89 Z 2 ArbVG beschränken wollte, ist daher nicht anzunehmen. Das Begehren des Klägers ist somit auch nach der Bestimmung des § 89 Z 1 ArbVG zu prüfen.

3.1. Der 1. Abschnitt des 3. Hauptstücks des II. Teils des Arbeitsverfassungsgesetzes (§§ 89 bis 93) enthält Bestimmungen über die Allgemeinen Befugnisse der Arbeitnehmerschaft. § 89 ArbVG gibt dem Betriebsrat das Recht, die Einhaltung der die Arbeitnehmer des Betriebs betreffenden Rechtsvorschriften zu überwachen. Insbesondere stehen ihm nach den Z 1 bis 4 folgende Befugnisse zu:

1. Der Betriebsrat ist berechtigt, in die vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge der Arbeitnehmer und die zur Berechnung dieser Bezüge erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen, sie zu überprüfen und die Auszahlung zu kontrollieren. Dies gilt auch für andere die Arbeitnehmer betreffenden Aufzeichnungen, deren Führung durch Rechtsvorschriften vorgesehen ist;

2. der Betriebsrat hat die Einhaltung der für den Betrieb geltenden Kollektivverträge, der Betriebsvereinbarungen und sonstiger arbeitsrechtlicher Vereinbarungen zu überwachen. Er hat darauf zu achten, daß die für den Betrieb geltenden Kollektivverträge im Betrieb aufgelegt (§ 15) und die Betriebsvereinbarungen angeschlagen oder aufgelegt (§ 30 Abs. 1) werden. Das gleiche gilt für Rechtsvorschriften, deren Auflage oder Aushang im Betrieb in anderen Gesetzen vorgeschrieben ist;

3. der Betriebsrat hat die Durchführung und Einhaltung der Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz, über die Sozialversicherung, über eine allfällige betriebliche Altersversorgung einschließlich der Wertpapierdeckung für Pensionszusagen (§ 11 Betriebspensionsgesetz, BGBl. Nr. 282/1990, in der jeweils geltenden Fassung) sowie über die Berufsausbildung zu überwachen. Zu diesem Zweck kann der Betriebsrat die betrieblichen Räumlichkeiten, Anlagen und Arbeitsplätze besichtigen. Der Betriebsinhaber hat den Betriebsrat von jedem Arbeitsunfall unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Betriebsbesichtigungen im Zuge behördlicher Verfahren, durch die Interessen der Arbeitnehmerschaft (§ 38) des Betriebes (Unternehmens) berührt werden, sowie Betriebsbesichtigungen, die von den zur Überwachung der Arbeitnehmerschutzvorschriften berufenen Organen oder die mit deren Beteiligung durchgeführt werden, ist der Betriebsrat beizuziehen. Der Betriebsinhaber hat den Betriebsrat von einer anberaumten Verhandlung sowie von der Ankunft eines behördlichen Organs in diesen Fällen unverzüglich zu verständigen;

4.  werden im Betrieb Personalakten geführt, so ist dem Betriebsrat bei Einverständnis des Arbeitnehmers Einsicht in dessen Personalakten zu gewähren.“

3.2. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die Einführung des ArbVG (RV 840 BlgNR 13. GP  81), der noch eine etwas andere Formulierung des § 89 ArbVG zugrunde lag, wird das Überwachungsrecht des Betriebsrats umfassend mittels einer Generalklausel umschrieben und durch die beispielsweise Aufzählung einzelner Überwachungsbefugnisse ausgeformt. Die umfassende Formulierung der Generalklausel soll ein umfassendes Überwachungsrecht des Betriebsrats bezüglich der Einhaltung aller die Arbeitnehmer berührenden Normen (zB arbeits-, steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Inhalts) sicherstellen; es kommt daher nicht darauf an, ob sich solche Normen aus Gesetz, Verordnung, Kollektivvertrag, Satzung, Mindestlohntarif oder Betriebsvereinbarungen, Bescheid oder Einzelarbeitsvertrag, oder etwa aus schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Betriebsinhaber ergeben. Das Recht auf Einsichtnahme in die Gehaltsunterlagen wird auch auf andere die Arbeitnehmer betreffende Aufzeichnungen ausgedehnt, sofern deren Kenntnis für den Betriebsrat zu einer zweckentsprechenden Ausübung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse nötig ist.

4.1. Der klagende Betriebsrat begründet seinen Anspruch nach § 89 ArbVG nicht mit einem ihm zustehenden Recht auf Kontrolle der Einhaltung von konkreten einzelvertraglich vereinbarten Bestimmungen in den Arbeitsverträgen der von ihm vertretenen Mitarbeiter. Er möchte lediglich überprüfen, ob die Beklagte hinsichtlich der Anrechnung der Vordienstzeiten die unionsrechtlichen (Gleichbehandlungs‑)Vorschriften in Bezug auf das Entgelt der Mitarbeiter einhält. Schon nach der Generalklausel des§ 89 ArbVG („Rechtsvorschriften“) ist der klagende Betriebsrat zur Überprüfung berechtigt. Dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

4.2. Die dem Betriebsrat von § 89 ArbVG eingeräumten Überwachungsrechte kann dieser wirkungsvoll aber nur dann wahrnehmen, wenn er in Kenntnis der dafür erforderlichen Information ist bzw sich diese durch Einsicht in die entsprechenden Unterlagen beschaffen kann. Nur wenn er also in sämtliche abrechnungsrelevanten Dokumente und Aufzeichnungen des Betriebs Einsicht nehmen kann, kann er auch seiner Pflicht (6 ObA 1/14m mwN), die Einhaltung der die Arbeitnehmer des Betriebs betreffenden Rechtsvorschriften zu überwachen, nachkommen.

Nach § 89 Z 1 ArbVG ist der Betriebsrat berechtigt, in die vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge der Arbeitnehmer und die zur Berechnung dieser Bezüge erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen und sie zu überprüfen. Diese verpflichtende Konnexität zwischen Einsicht und Erforderlichkeit stellt eine inhaltliche Einschränkung des Überwachungsrechts nach § 89 Z 1 ArbVG dar (Grünanger, Einsichtsrecht[e] in Gehaltsdaten und Personalakten? Die Rechte des Betriebsrats und einzelner Arbeitnehmer, ZAS 2014/48, [293 f]). In der Lehre wird in diesem Zusammenhang ebenfalls von einem Einsichtsrecht in die „entsprechenden Berechnungsunterlagen“ (Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht3 669) bzw in „alle Unterlagen, die zur Überprüfung der Richtigkeit der Berechnung sowie der Richtigkeit und Pünktlichkeit der Auszahlung des Entgeltes und der sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Abgaben nötig sind“ (Hruška‑Frank, Einsichtsrecht des Betriebsrates in Aufzeichnungen über Bezüge der ArbeitnehmerInnen im Betrieb, infas 2008, 43 [45]) gesprochen.

Zur Überprüfung der korrekten Anrechnung von Vordienstzeiten durch die Beklagte benötigt der klagende Betriebsrat im konkreten Fall aber nicht zwangsläufig auch die Einsicht in die Einzelarbeitsverträge. Dafür genügen die ihm vom Dienstgeber im Rahmen des im Betrieb installierten Administrationssystems ohnehin bereits zur Verfügung gestellten Informationen im Zusammenhang mit der hier klagsweise begehrten Einsicht in die Vordienstzeitenanrechnungen (Vordienstzeiten-Beiblätter). Dies lässt auch der in der Revision gestellte „Eventualantrag“ eindeutig erkennen. Weshalb der Kläger im konkreten Fall zur Überprüfung der Vordienstzeitenanrechnungen zudem auch die Einzelarbeitsverträge einsehen müsste, legt die Revision nicht dar.Die überschießende Außerstreitstellung der Beklagten, dass der Kläger für die Prüfung der Anrechnung der Vordienstzeiten durch die Beklagte den jeweiligen Dienstvertrag samt Vordienstzeiten-Beiblatt benötigt, bindet hier daher nicht (vgl RIS‑Justiz RS0107489).

4.3. Die Frage der Einsicht in die Arbeitsverträge durch den Betriebsrat wird in der Literatur kontroversiell diskutiert. Ein Teil vertritt die Ansicht, dass Arbeitsverträge vom Überwachungsrecht nicht erfasst sind (Strasser in Floretta/Strasser, ArbVG‑Handkommentar § 89 ArbVG Punkt 5.3., 475 f; Strasser/Jabornegg, Arbeitsrecht II4 367; Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht3 670; Lang, Kein uneingeschränktes Einsichtsrecht des Betriebsrats in Arbeitsverträge – Eine genauere Betrachtung des § 89 ArbVG, ASoK 2016, 470 ff; Risak in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, System- und Praxiskommentar Kap XIX Rz 132). Dagegen bezieht sich nach einem anderen Teil des Schrifttums das Überwachungsrecht auch auf die Einhaltung der einzelnen Arbeitsverträge (Cerny in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht III4 § 89 ArbVG Erl 8; Hruška‑Frank, Einsichtsrecht des Betriebsrates in Aufzeichnungen über Bezüge der ArbeitnehmerInnen im Betrieb, infas 2008, 43 [45]; Löschnigg, Datenermittlung im Arbeitsverhältnis [2009], 196 ff; Drs, Einsichtsrechte des Betriebsrats, DRdA 2014, 261 [264]; dies,in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 89 Rz 25; DRdA 2015/33 [Goricnik]; Mosler in Tomandl, ArbVG § 89 Rz 5; Kietaibl, Arbeitsrecht I9 153; Auer‑Mayer in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht5, § 89 Rz 2). Die Frage, ob dem Betriebsrat in einer anderen Konstellation das Recht auf Einsicht auch in die Arbeitsverträge der von ihm vertretenen Mitarbeiter zukommt bzw ob der Betriebsrat ein Überwachungsrecht betreffend die Einhaltung einzelvertraglicher Vereinbarungen zusteht, muss hier aber nicht näher erörtert werden.

Da sich die Revision des Klägers jedenfalls teilweise als berechtigt erweist, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer teilweisen Klagsstattgabe im Umfang des begehrten Einsichtrechts in die Vordienstzeitenanrechnungen (Vordienstzeiten-Beiblätter) der vom Kläger vertretenen Mitarbeiter der Beklagten abzuändern. Das darüber hinausgehende, auch auf Einsichtsgewährung in die Dienstverträge gerichtete Mehrbegehren ist hingegen abzuweisen.

Da die gegenständliche Streitigkeit der Bestimmung des § 50 Abs 2 ASGG unterfällt, findet in den vor dem Erst- und Berufungsgericht geführten Verfahren kein Kostenersatz statt (§ 58 Abs 1 ASGG). Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht im Hinblick auf das in etwa gleichteilige Obsiegen der Parteien auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Zugesprochen wurde kein Eventualbegehren, sondern ein Teil des Begehrens.

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