Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 105.000 S brutto samt 4 % Zinsen seit 25.März 1987 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen."
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 45.833,05 S bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin 23.200 S Barauslagen und 2.057,55 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde mit einem Bühnendienstvertrag von der Direktion der Österreichischen Bundestheater am 6.Februar 1980 zunächst für fünf Monate als Dramaturg engagiert. Dieses Arbeitsverhältnis wurde in mehreren Abschnitten bis 31.August 1986 verlängert und endete mit diesem Tag. Der Kläger bezog ein monatliches Entgelt von 30.000 S brutto, 14mal jährlich.
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Abfertigung von 105.000 S brutto sA mit der Begründung, Schauspieler unterlägen nicht den Bestimmungen des Angestelltengesetzes. Eine Abfertigung stehe ihnen auf Grund des ArbAbfG nur deshalb nicht zu, weil Arbeitgeber die R*** Ö*** sei. Diese Besserstellung der beklagten Partei verletze aber den Gleichheitsgrundsatz nach 7 B-VG, weil alle privaten Theaterunternehmer zur Zahlung von Abfertigungen verpflichtet seien.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe nicht 10 Dienstjahre im Sinn des § 4 Abs 1 Bundestheaterpensionsgesetz erworben und sei daher ohne Anspruch auf Ruhegenuß ausgeschieden. Dienstverhältnisse zum Bund seien gemäß § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen, sodaß ein Abfertigungsanspruch nicht bestehe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Kläger komme gemäß §§ 1 und 51 SchauspielerG nicht die Stellung eines Angestellten zu; er habe daher keinen Anspruch auf Abfertigung nach dem AngG. Von der Geltung des ArbAbfG sei das Arbeitsverhältnis des Klägers aber gemäß Art. I § 1 Abs 2 Z 3 dieses Gesetzes ausdrücklich ausgenommen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Den mehrfachen Ausnahmsbestimmungen des Art. I § 1 Abs 2 ArbAbfG lasse sich entnehmen, daß es sich die R*** Ö*** vorbehielt, bei Arbeitsverhältnissen, bei denen der Bund Arbeitgeber ist, eigene Abfertigungsregelungen zu schaffen. Fiskalische Erwägungen könnten die den Bund begünstigende Regelung nicht sachlich begründen, weil die von der R*** Ö*** mit Künstlern abgeschlossenen Bühnendienstverträge - für die keine entsprechende Abfertigungsregelung getroffen worden sei - nicht die Mehrzahl derartiger Arbeitsverhältnisse seien und allgemeine finanzpolitische Zwecke nicht die Benachteiligung gerade dieser Gruppe rechtfertigen könnten. Die im Bundestheaterpensionsgesetz getroffene Pensionsregelung sei kein Äquivalent für die Abfertigung, weil Bedienstete, die wie der Kläger vor Erreichen einer zehnjährigen Versicherungszeit ausschieden, das Anwartschaftsrecht auf eine Pension verlören. Die Beurteilung, ob die Bestimmung des Art. I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG eine planwidrige Lücke sei, die durch einschränkende Interpretation zu schließen wäre, oder ob eine verfassungswidrige Schlechterstellung für alle Bundesbediensteten geschaffen worden sei, denen keine Abfertigungsansprüche zustehen, müsse nach Auffassung des Berufungsgerichtes dem Höchstgericht vorbehalten werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Der im Art. 7 B-VG verankerte Gleichheitsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände die gleichen Rechtsfolgen zu knüpfen. Dieser Grundsatz verbietet demnach willkürliche Differenzierungen, läßt aber unterschiedliche Regelungen dort zu, wo sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Arb. 10.221 mwN; Walter-Mayer Bundesverfassungsrecht6 Rz 1347).
Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die Schlechterstellung einer kleinen Gruppe von Bundesbediensteten gegenüber der überwiegenden Mehrzahl dieser Bediensteten mit dem allgemeinen finanzpolitischen Zweck einer Ausgabenbeschränkung nicht gerechtfertigt werden kann. Die Anfechtung eines Gesetzes gemäß Art. 89 Abs 2 undArt. 140 Abs 1 B-VG kommt allerdings nur dann in Frage, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes nicht möglich ist.
Nach der im Ausschußbericht 1215 BlgNR 14.GP wiedergegebenen Begründung des Initiativantrages zum ArbAbfG sollten die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stehenden Probleme vereinheitlicht und die Rechtsstellung der Arbeiter an jene der Angestellten durch Schaffung gesetzlicher Abfertigungsansprüche für Arbeiter angeglichen werden. Da aber in der Generalklausel des Art. I § 1 Abs 1 ArbAbfG ganz allgemein von "Arbeitsverhältnissen" die Rede ist, werden tatsächlich nicht nur Arbeiter sondern alle auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages nicht nur geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer erfaßt. Der Zweck der im ArbAbfG enthaltenen Ausnahmsbestimmungen läßt sich hingegen weder dem Gesetzestext noch den Gesetzesmaterialien entnehmen; dieser Zweck ist gemäß § 6 ABGB mit Hilfe objektiv-teleologischer Auslegung zu ermitteln, wobei interpretative Widersprüche zum Verfassungsrecht zu vermeiden sind (vgl. Bydlinski in Rummel ABGB Rz 20 und 21 zu § 6; Walter-Mayer aaO Rz 135). Zieht man in Betracht, daß bereits vor der im ArbAbfG getroffenen Regelungen Abfertigungen für große Gruppen von Arbeitnehmern in diversen Gesetzen, insbesondere etwa im AngG, GutsAngG, JournalistenG, Hausgehilfen- und HausAngG sowie im VBG vorgesehen waren, kann der in Art. I § 1 Abs 1 ArbAbfG enthaltenen Generalklausel nur die Absicht des Gesetzgebers entnommen werden, nun für alle übrigen auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Ausmaß von wenigstens 1/5 der Normalarbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfertigung gesetzlich zu verankern. Auch die in Art. I § 1 Abs 2 und 3 ArbAbfG normierten Ausnahmen von der Geltung des Gesetzes sind mit diesem Gesetzeszweck vereinbar. Während die Ausnahmsbestimmungen des Art. I § 1 Abs 3 ArbAbfG Arbeitsverhältnisse erfassen, für die bereits eine gesetzliche Abfertigungsregelung bestand, haben die Ausnahmsbestimmungen des Abs 2 dieser Gesetzesbestimmung ihre Ursache in den Kompetenztatbeständen der Bundesverfassung, die die Regelung der in Z 1 und 2 genannten Arbeitsverhältnisse in die Landesgesetzgebung bzw. die Ausführungsgesetzgebung der Länder verweisen (vgl. Migsch in Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rz 56, 57 und 70 zu Art. I § 1 ArbAbfG sowie Martinek-Schwarz in Abfertigung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses, 289 f). Lediglich die Ausnahmsbestimmung des Abs 2 Z 3 - Arbeitsverhältnisse zum Bund ist nicht mit verfassungsrechtlichen Kompetenzvorschriften zu rechtfertigen, weil die Regelung dieser Arbeitsverhältnisse unter den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs 1 Z 16 B-VG (Dienstrecht) fällt, der sowohl die Regelungsbefugnis für arbeitsvertragliche als auch für beamtenrechtliche Dienstverhältnisse umfaßt (VfSlg. 7.883 = Arb. 9.525). Diese Ausnahme ist einerseits mit der in der B-VG-Novelle 1974 betonten Eigenständigkeit des Dienstrechtes (vgl. Martinek-Schwarz aaO 290) und weiters damit zu begründen, daß der Gesetzgeber im VBG bereits eine Abfertigungsregelung vorgesehen hatte, weiters für einzelne dem VBG nicht unterliegende Gruppen von Arbeitnehmern des Bundes durch Dienstordnungen, gesetzliche und kollektivvertragliche Regelungen Abfertigungsansprüche festgelegt wurden (vgl. Migsch aaO Rz 71 zu Art. I Abs 1 ArbAbfG), während mit den übrigen, dem VBG nicht unterliegenden Arbeitsverhältnissen in der Regel Pensionsansprüche verbunden waren, die über die Ansprüche aus der Pensionsversicherung nach dem ASVG hinausreichen (vgl. Martinek-Schwarz aaO 291). Durch die undifferenzierte Ausnahmsbestimmung des Art. I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG geschaffene planwidrige Lücken sind daher nur dort anzunehmen, wo einem auf Grund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages beschäftigten Bundesbediensteten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses - trotz Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen, wie entsprechende Dauer des Arbeitsverhältnisses etc. - weder ein Abfertigungsanspruch im Sinne der §§ 23 und 23 a AngG (bzw. § 35 VBG) noch eine im Sinne des § 23 a Abs 4 AngG (vgl. auch Art. I § 2 Abs 2 ArbAbfG) als adäquater Ersatz für die Abfertigung in Frage kommender, über die Pensionsleistungen nach dem ASVG hinausreichender Versorgungsanspruch zusteht. Nur in letzterem Fall wäre im Hinblick auf den einer Abfertigung vergleichbaren Zweck einer Versorgung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Absehen von einer Abfertigungsregelung sachlich gerechtfertigt; eine geringere als die übliche Arbeitszeit und die Möglichkeit zur Erzielung von Einnahmen aus Nebentätigkeiten ist schon mangels Funktionsähnlichkeit und im Hinblick darauf, daß die Abfertigungsregelung nach Art. I § 1 Abs 1 ArbAbfG bereits auf Arbeitsverhältnisse mit einem Beschäftigungsausmaß von einem Fünftel der Normalarbeitszeit Anwendung findet, entgegen der Ansicht der Revisionsgegnerin kein adäquater Ausgleich für die Abfertigung. Da nun dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen ist, daß er durch die Ausnahmsbestimmung des Art. I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG gegen das Gleichheitsgebot des Art. 7 B-VG verstoßende, sachlich nicht gerechtfertigte Lücken in der Abfertigungsregelung für jene Bediensteten des Bundes schaffen wollte, für die nicht auf andere Weise (etwa durch das VGB) eine Abfertigungsregelung getroffen wurde und für die dieser Nachteil auch nicht durch einen entsprechenden, über die Pensionsleistungen nach dem ASVG hinausreichenden Pensionsanspruch ausgeglichen wird, ist bei verfassungskonformer Interpretation im Falle des Klägers eine planwidrige, durch analoge Anwendung der in Art. I Abs 1 ArbAbfG iVm §§ 23 und 23 a AngG getroffenen Regelungen zu schließende Gesetzeslücke anzunehmen (ebenso Migsch aaO Rz 73 zu Art. I § 1 ArbAbfG). Eine analoge Anwendung des § 35 VBG, von dessen Geltung das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß § 1 Abs 3 lit a ausgenommen ist, kommt schon im Hinblick darauf nicht in Frage, daß die dort vorgesehene ungünstigere Abfertigungsregelung im Falle des Klägers nicht durch die sonstigen im VBG vorgesehenen günstigeren Regelungen, etwa bezüglich der Kündigung, ausgeglichen wird (vgl. Arb. 8.970).
Da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach einer ununterbrochenen Dauer von mehr als 6 Jahren seitens der beklagten Partei aufgelöst wurde und ein Entlassungsgrund im Sinne des § 23 Abs 7 AngG nicht einmal behauptet wurde, gebührt dem Kläger die begehrte Abfertigung in Höhe dreier Monatsbezüge unter Einbeziehung der Sonderzahlungen in die Bemessungsgrundlage.
Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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