OGH 9Ob73/19d

OGH9Ob73/19d30.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG *****, vertreten durch die Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M***** GmbH und 2. J***** O*****, beide vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.512,60 EUR sA, Räumung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 33.212,40 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. August 2019, GZ 40 R 166/19m‑30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00073.19D.1030.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der von den Beklagten in der außerordentlichen Revision vorgetragene Verfahrensmangel wurde bereits vom Berufungsgericht verneint. Er kann daher nicht als Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RS0042963 [T58]).

Bei der von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Beantwortung der Frage, ob den Mieter an der Entstehung des Zinsrückstands ein grobes Verschulden trifft, ist dem Rechtsanwender ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt (RS0042773). Die Lösung dieser Frage begründet die Zulässigkeit der Revision demnach nur dann, wenn das Berufungsgericht diesen Beurteilungsspielraum überschritten hat (RS0042773 [T2, T3]). Dies zeigen die Beklagten in ihrer außerordentlichen Revision aber nicht auf:

Grobes Verschulden setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (RS0069304). Für die Beurteilung der Frage, ob den Mieter an der verspäteten Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden trifft, ist die Willensrichtung des Mieters, die zur Zahlungssäumnis führte, entscheidend (RS0069316 [T2, T11, T12, T14]). Dabei ist es auch zulässig, das Zahlungsverhalten des Mieters vor dem Räumungsprozess zu beurteilen (RS0069316 [T13]). Toleriert werden kann im Allgemeinen nur eine Verspätung von wenigen Tagen oder wegen vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten; häufige Rückstände trotz Mahnung können nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausschließen (RS0070310). Zahlt der Mieter den Mietzins nicht, weil er wirtschaftliche Schwierigkeiten hat, so hat er auch zu beweisen, dass er die Schwierigkeiten nicht verschuldet hat (RS0069316 [T8]).

Dem (einzigen) Argument der Beklagten, sie hätten den Mietzins (jedenfalls von November 2018 bis Mai 2019) nicht bezahlen können, weil der Untermieter für das gänzlich untervermietete Mietobjekt den fälligen Untermietzins nicht bezahlt habe, hat das Berufungsgericht entgegen gehalten, dass diese Behauptung unter Berücksichtigung bereits vorangegangener Zahlungsrückstände, Mahnungen und zwei Mietzinsklagen aus dem Jahr 2018 nicht – ausnahmsweise – die grobe Fahrlässigkeit der Beklagten am Mietzinsrückstand ausschließe. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden. Wenn die Beklagten in ihrer außerordentlichen Revision behaupten, das Berufungsgericht weiche mit seiner Rechtsauffassung von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, ohne allerdings für ihren Rechtsstandpunkt sprechende Entscheidungen näher zu benennen, gelingt es ihnen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO substantiiert darzulegen (9 Ob 11/19m Pkt 1; RS0043654 [T5]). Soweit die Revisionswerber ihren weiteren Ausführungen zugrunde legen, dass der Klägerin immer bekannt gewesen sei, dass der Mietvertrag ausschließlich zu Zwecken der Untervermietung abgeschlossen worden sei, weichen sie vom festgestellten Sachverhalt des Erstgerichts ab. Insoweit ist die außerordentliche Revision auch nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043312).

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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