Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner und Antragsteller ist schuldig, der Antragstellerin und Antragsgegnerin die mit 445,82 EUR (darin 74,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die am ***** 1984 geborene, volljährige Antragstellerin und Antragsgegnerin Nadine F***** (im Folgenden kurz Antragstellerin) ist die Tochter des Antragsgegners und Antragstellers Karl Willibald P***** (im Folgenden kurz Antragsgegner). Die Antragstellerin wechselte im Wintersemester 2005/2006 vom abgebrochenen Diplomstudium der Ernährungswissenschaften auf das Bakkalaureatsstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Dieses Bakkalaureatsstudium war an der Universität Wien ab 1. 10. 2003 eingerichtet worden, nachdem das bisherige Diplomstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in ein Bakkalaureats- und ein darauf aufbauendes Magisterstudium gleichen Namens umgewandelt worden war. Die Lehrziele des früheren Diplomstudiums und des nunmehrigen Bakkalaureats- und Magisterstudiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft entsprechen einander. Der Mittelwert der durchschnittlichen Studiendauer des Bakkalaureatsstudiums beträgt an der Universität Wien 8,1 Semester. Die Antragstellerin hat das Bakkalaureatsstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft am 20. 8. 2007 mit Auszeichnung absolviert. Sie ist seit dem 1. 10. 2007 im Magisterstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft inskribiert, hat dort schon einige Prüfungen abgelegt und führt nun dieses Studium im Anschluss an das Bakkalaureatsstudium fort. Unstrittig ist, dass der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin bei Verfahrenseinleitung am 25. 4. 2006 zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsleistung von 377,90 EUR verpflichtet war.
Die Antragstellerin beantragte mit Protokollarantrag vom 25. 4. 2006, den Antragsgegner ab 1. 11. 2005 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 600 EUR zu verpflichten. Der Antragsgegner betreibe als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der F***** GmbH ein F*****geschäft in Graz und sei auch persönlich haftender Gesellschafter der P***** & P***** OEG. Er lebe in sehr guten Verhältnissen, pflege einen äußerst exklusiven Lebensstil und verdiene monatlich jedenfalls 2.860 EUR. Sie verfüge demgegenüber über kein Einkommen, betreibe jedoch ihr Studium nach dem Wechsel von Ernährungswissenschaften auf Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zielstrebig und mit sehr gutem Erfolg. Sie habe das Bakkalaureatsstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, auf das Lehrveranstaltungen des abgebrochenen Diplomstudiums der Ernährungswissenschaften als freie Wahlfächer angerechnet worden seien, am 20. 8. 2007 erfolgreich abgeschlossen. Schon während des Bakkalaureatsstudiums habe sie mit dem Magisterstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft begonnen. Der „Magister" sei nämlich für viele Berufe Voraussetzung, während mit dem bloßen „Bachelor" die beruflichen Chancen weit geringer seien. Das Magisterstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft gebe es erst seit dem Wintersemester 2003/2004. Mangels fertiger Absolventen fehlen noch Werte über die durchschnittliche Studiendauer. Sie hoffe jedenfalls, das Magisterstudium im Jänner 2009 beenden zu können, und habe auch bereits eine Reihe von Lehrveranstaltungen positiv abgeschlossen, zB REDMAN (Redaktions- und Verlagsmanagement) und FORMAN (Forschungsmanagement).
Der Antragsgegner bestritt das Vorbringen der Antragstellerin und beantragte die Abweisung des Antrags auf Erhöhung des Unterhalts, hilfsweise die Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 250 EUR. Weiters beantragte er, ihn seiner Unterhaltspflicht zu entheben, und zwar zunächst ab dem 1. 6. 2003 bzw zuletzt ab dem 1. 4. 2007. Von einem ernsthaften und zielstrebigen Studium der Antragstellerin habe jedenfalls zunächst keine Rede sein können. Zwar sei ihr im Bakkalaureatsstudium ein guter Erfolg attestiert worden; die Finanzierung des Magisterstudiums komme jedoch - ähnlich wie beim Doktorstudium - nur unter ganz besonderen Voraussetzungen, etwa einem besseren Fortkommen, in Frage. Gerade auf dem Gebiet der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sei aber auf Grund des „schwammigen" Qualifikationsprofils des Studienplans unerfindlich, welcher Vorteil im Erwerbsleben durch eine Vertiefung in dieser Studienrichtung gegeben sei. Die Antragstellerin sei somit seit dem Abschluss des Bakkalaureatsstudiums selbsterhaltungsfähig. Dies entspreche auch den Intentionen des Gesetzgebers, der mit der Einführung der Bakkalaureatsstudien schnelle Studienabschlüsse gewährleisten wollte. Die Weiterfinanzierung des Masterstudiums könne dem Antragsgegner nicht zugemutet werden. Sein Unternehmen habe in den Jahren 2003 - 2005 schlecht bilanziert. Der von ihm dennoch gehaltene Lebensstandard werde ausschließlich von seiner Ehefrau, die ein ausreichend hohes Einkommen ins Verdienen bringe, finanziert. Er verfüge über kein nennenswertes Vermögen; eine Liegenschaft im Wert von 40.000 EUR sei unverkäuflich.
Das Erstgericht wies den Antrag des Antragsgegners, ihn ab 1. 4. 2007 seiner Unterhaltspflicht zu entheben, ab. Die Entscheidung über den Erhöhungsantrag der Antragstellerin und den Herabsetzungsantrag des Antragsgegners behielt es vor. Ausgehend von den getroffenen, vorstehend wiedergegebenen Feststellungen ging das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass die ein Jahr übersteigende Überlegungsfrist der Antragstellerin beim Wechsel des Studiums der Ernährungswissenschaften auf das Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft anzurechnen sei. Dies wirke sich jedoch im vorliegenden Fall nicht weiter aus, weil die Antragstellerin das Bakkalaureatsstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft selbst bei einem fiktiven Beginn im Wintersemester 2003/2004 innerhalb der durchschnittlichen Studiendauer absolviert habe. Das Lehrziel des Bakkalaureats- und Magisterstudiums entspreche jenem des früheren Diplomstudiums. Absolventen des Diplomstudiums könnten nicht unterhaltsrechtlich besser gestellt werden als Studenten des Bakkalaureats- und Magisterstudiums. Entscheidend sei, dass ein pflichtbewusster Vater seinem Kind bei intakten Familienverhältnissen auch während des Magisterstudiums weiterhin Unterhalt gewähren würde. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei daher auch während des Magisterstudiums aufrecht, weshalb der Enthebungsantrag des Antragsgegners abzuweisen sei.
Das Rekursgericht gab dem gegen die Abweisung des Enthebungsantrags wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es ließ jedoch den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass zur Frage, ob bereits der Abschluss des Bakkalaureatsstudiums oder erst der Abschluss des Magisterstudiums die Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes begründe, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Das Rekursgericht trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei. Erst mit dem Abschluss des Magisterstudiums werde die Berufsausbildung abgeschlossen.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, dem Enthebungsantrag mit Wirkung ab 20. 8. 2007 Folge zu geben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt. Im Revisionsrekursverfahren geht es nur um den Enthebungsantrag des Vaters. Dieser bezieht sich - wie schon der Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts - auf den 20. 8. 2007. Damit stellt der Revisionsrekurswerber auf den Abschluss des Bakkalaureatsstudiums durch seine Tochter ab. Das vorhergehende abgebrochene Diplomstudium der Ernährungswissenschaften wird im Revisionsrekurs nicht mehr thematisiert. Der Revisionsrekurswerber stellt auch nicht mehr in Frage, dass die Antragstellerin das Bakkalaureatsstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit betrieben hat.
In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass Eltern gemäß § 140 ABGB zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften beizutragen haben. Der Unterhaltspflichtige hat nach ständiger Rechtsprechung auch zu einer höherwertigen Berufsausbildung seines Kindes beizutragen, wenn dieses die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, dieses Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und wenn ihm nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine solche Beteiligung an den Kosten des Studiums seines Kindes möglich und zumutbar ist (RIS-Justiz RS0047580 ua). Die Selbsterhaltungsfähigkeit kann vor und nach der Volljährigkeit eintreten; ein den Lebensverhältnissen der Eltern und den Anlagen und Fähigkeiten des Kindes entsprechendes Studium schiebt diesen Zeitpunkt hinaus (RIS-Justiz RS0047524 ua).
Aufgrund der Änderung der Standortverordnung Universität Wien, BGBl II 1999/446, mit Verordnung, BGBl II 2003/447, wurden an der Fakultät der Human- und Sozialwissenschaften der Universität Wien ab dem 1. 10. 2003 in der Studienrichtung Publizistik- und Kommunikationswissenschaft das Bakkalaureatsstudium Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (Studiendauer: sechs Semester) und das darauf aufbauende Magisterstudium gleichen Namens (Studiendauer: vier Semester) eingerichtet (siehe auch Perle/Brünner/Hense, Universitäten, in Hauser/Kostal, Hochschulrecht - Jahrbuch 2008, 13 [124] ua). Grundlage dieser Änderung war § 11a Universitäts-Studiengesetz (UniStG), BGBl I 1997/48, der am 1. 9. 1999 mit Novelle BGBl I 1999/167 eingeführt wurde und die Umwandlung von Diplomstudien in Bakkalaureatsstudien und darauf aufbauende Magisterstudien ermöglicht hat. Diese Reform beruht auf dem sogenannten „Bologna-Prozess", dessen Ziel die Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschulbildung ist (siehe zum „Bologna-Prozess" und seinem Hintergrund Griller/Seifert, „Bologna-Prozess", Europäischer Binnenmarkt und österreichisches Berufsrecht: Katalysatoren oder Gefahren für die Reform der Juristenausbildung in Österreich? JBl 2006, 613 [616 ff]; Griller/Puff, Das Wirtschaftsrechtsstudium an der WU-Wien, ÖJZ 2006, 706 ff; Unger, Zur Konvergenz des Europäischen Forschungs- und Hochschulraumes - Welche Zukunft für Bologna? in Busch/Unger, Rechtsfragen des Europäischen Hochschulraumes 41 [42 ff] ua). Im Rahmen des neuen wissenschafts- und bildungspolitischen Umfelds erachtete es auch der österreichische Gesetzgeber für angezeigt, vom bisherigen zweistufigen Bildungssystem (Diplom - Doktorat) auf das international verbreitete dreistufige Studiensystem (Bachelor - Master - Doctor) umzustellen. Mit der Einführung kürzerer Studien soll Absolventen Gelegenheit gegeben werden, schon nach drei Jahren Studienzeit zu einem akademischen Grad zu gelangen. Die Regierungsvorlage zur Novelle des UniStG ging davon aus, dass die Absolventen kürzerer akademischer Studien insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe attraktiver als die Absolventen längerer Diplomstudien sein werden. Durch den Anstieg der Akademikerquote versprach man sich auch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Österreich (RV 1997 BlgNR 20. GP 9 ff). Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung betonte, dass der Großteil der Lehrveranstaltungen im Bakkalaureatsstudium integriert werden solle, damit die für die Berufsausübung entscheidenden Qualifikationselemente bereits im Bakkalaureatsstudium vermittelt werden können. Das Magisterstudium solle vor allem der wissenschaftlichen Vertiefung und Anfertigung der Magisterarbeit dienen (AB 2083 BlgNR 20. GP 1 f).
Mit Einführung des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002), BGBl I 2002/120, wurde die Organisation der österreichischen Universitäten grundlegend geändert (RV 1134 BlgNR 21. GP 68 f). Sie wurden aus der österreichischen Bildungsverwaltung ausgegliedert und als vollrechtsfähige juristische Personen des öffentlichen Rechts eingerichtet (Eichinger, Mitwirkung und Mitbestimmung der Betriebsräte an den Universitäten, in Reissner/Tinhofer, Das neue Universitätsarbeitsrecht 117 [118 f]; 8 ObA 13/08g ua). Mit dem UG 2002 wurde der Großteil der Bestimmungen des UniStG (insbesondere auch der vorgenannte § 11a) aufgehoben (§ 143 Abs 9 UG 2002). Dabei wurde aber das vorher eingeführte dreistufige Studiensystem beibehalten und in das UG 2002 übernommen (§§ 51, 54 UG 2002; RV 1134 BlgNR 21. GP 91; vgl auch Perthold-Stoitzner in Mayer, UG 2002 § 54 III., IV.; Sebök, UG 2002, 171 f ua).
Im Jahr 2006 wurde mit der Novelle, BGBl I 2006/74, unter anderem die Bezeichnung „Bakkalaureatsstudium" durch „Bachelorstudium" und die Bezeichnung „Magisterstudium" durch „Masterstudium" ersetzt sowie die Bezeichnung der akademischen Grade angepasst (IA 752/A 22. GP 4; AB 1308 BlgNR 22. GP 1 f). Gemäß § 51 Abs 2 Z 4 UG 2002 sind nun Bachelorstudien die ordentlichen Studien, die der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung und der Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten dienen, welche die Anwendung wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse und Methoden erfordern. Masterstudien sind gemäß § 51 Abs 2 Z 5 UG 2002 die ordentlichen Studien, die der Vertiefung und Ergänzung der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung auf der Grundlage von Bachelorstudien dienen. Doktoratsstudien sind schließlich gemäß § 51 Abs 2 Z 12 UG 2002 die ordentlichen Studien, die der Weiterentwicklung der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit sowie der Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf der Grundlage von Diplom- und Masterstudien dienen. Die Universitäten sind gemäß § 54 Abs 1 UG 2002 berechtigt, Diplom-, Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien einzurichten. Neu einzurichtende Studien dürfen jedoch nach Abs 2 leg cit grundsätzlich nur als Bachelor- und Masterstudien eingerichtet werden. Der Arbeitsaufwand für Bachelorstudien hat nach Abs 3 leg cit 180 ECTS-Anrechnungspunkte und für Masterstudien mindestens 120 ECTS-Anrechnungspunkte zu betragen.
Der Antragsgegner meint, dass die Bakkalaureatsstudien bei den Universitäten auf wenig Akzeptanz stoßen und unter den Studenten am Ruf der Minderqualität leiden. Abgesehen davon, dass dies eher für als gegen die Entscheidung der Antragstellerin spräche, auch noch das Magisterstudium in Angriff zu nehmen, sollte man sich in diesem Zusammenhang vor vorschnellen Beurteilungen hüten. Wie Studenten und Wirtschaft das neue dreistufige System bezüglich der Bakkalaureatsbzw Bachelorstudien mittelfristig annehmen und inwieweit sich die Erwartungen des Gesetzgebers erfüllen werden, bleibt abzuwarten und bedarf zweifellos noch gründlicher Evaluierung und Bewusstseinsbildung. Der Reformprozess ist möglicherweise auch noch nicht abgeschlossen (vgl Unger, Zur Konvergenz des Europäischen Forschungs- und Hochschulraumes - Welche Zukunft für Bologna? in Busch/Unger, Rechtsfragen des Europäischen Hochschulraumes 41 [47] ua). Dennoch ist im vorliegenden Verfahren bereits jetzt über die Auswirkungen des dreistufigen Studiensystems auf die Unterhaltspflicht eines Elternteils, dessen Kind nach Absolvierung der ersten Stufe (Bakkalaureus) im Rahmen der zweiten Stufe (Magister) weiterstudiert, zu entscheiden.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts lag schon eine einschlägige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur gegenständlichen Frage vor (6 Ob 92/08k), auf die auch der Revisionsrekurswerber zutreffend hinweist; sie war damals allerdings noch nicht im Rechtsinformationssystem (RIS) veröffentlicht. Dabei ging es um das Bakkalaureats- und Magisterstudium der Betriebswirtschaft an der Universität Graz. Der 6. Senat wies in dieser Entscheidung zunächst darauf hin, dass es zum bisherigen Doktoratsstudium gefestigter Rechtsprechung entsprach, dass Unterhalt nur dann zu gewähren ist, wenn der bisherige Studienfortgang während des Magisterstudiums überdurchschnittlich war, der Erwerb des Doktorgrads ein besseres Fortkommen erwarten lässt, das Doktoratsstudium zielstrebig betrieben wird und ein maßstabsgerechter Elternteil bei intakten Familienverhältnissen seinem Kind für diesen Zeitraum weiterhin Unterhalt gewähren würde (RIS-Justiz RS0101996; Gitschthaler, Unterhaltsrecht² Rz 382 mwN ua). Das Masterstudium diene nach der Vorgabe des § 51 Abs 2 Z 5 UG 2002 der Vertiefung und Ergänzung der wissenschaftlichen Berufsvorbildung und sei daher vom Doktoratsstudium, welches nach der gesetzlichen Zielvorgabe des § 51 Abs 2 Z 12 UG 2002 eindeutig nur mehr der Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und somit nur mehr sehr eingeschränkt der Berufsvorbereitung diene, abzugrenzen. Im Hinblick auf die Ansiedelung des Masterstudiums deutlich unterhalb des Doktoratsstudiums könnten die von der bisherigen Rechtsprechung für das Doktoratsstudium entwickelten Anforderungen nicht in voller Strenge auf das Masterstudium nach dem UG 2002 übertragen werden. Entscheidend sei vielmehr, dass auch das Masterstudium noch unmittelbar der Berufsvorbildung diene (Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4 129). Der 9. Senat schließt sich dieser rechtlichen Beurteilung an.
In 6 Ob 92/08k kam schließlich der Umstand zum Tragen, dass die Absolvierung des Masterstudiums der Betriebswirtschaft auch eine Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Berufe, wie zB für Wirtschaftsprüfer, darstelle. Das Bakkalaureatsstudium der Betriebswirtschaft an der Universität Graz erfüllte demgegenüber damals wegen einer zu geringen ECTS-Punktezahl die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer nicht. Dazu kam, dass nach einer Auskunft der Universität Graz dem Bachelor der Betriebswirtschaft beruflich nur verschiedene Positionen in Banken offen standen, wohingegen die Absolvierung auch des Masterstudiums eine deutliche Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten des Antragstellers mit sich brachte (Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4 129).
Dieser Ansatz kann auch im gegenständlichen Fall nutzbar gemacht werden. Zwar liegen hier keine Anhaltspunkte für bestimmte Berufe vor, für deren Ausübung die Absolvierung des Magisterstudiums der Publizistik und Kommunikationswissenschaft (anstelle des Bakkalaureatsstudiums) eine zwingende Voraussetzung ist. Aber auch hier ist davon auszugehen, dass sich mit dem Abschluss des Magisterstudiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft die beruflichen Möglichkeiten gegenüber jenen des Bakkalaureatsstudiums erweitern. Der Antragsgegner qualifizierte zwar den von der Antragstellerin vorgelegten Studienplan der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft als „schwammig", muss aber zur Kenntnis nehmen, dass das Magisterstudium gemäß § 51 Abs 2 Z 5 UG 2002 nicht nur zur Verfassung der „Masterthesis" erfolgt, wie er argumentiert, sondern ausdrücklich die Vertiefung und Ergänzung der Berufsvorbildung bezweckt. Nach den Intentionen des UG 2002 dient nämlich nicht nur das Bakkalaureatsstudium (Bachelorstudium, § 51 Abs 2 Z 4), sondern auch das darauf aufbauende Magisterstudium (Masterstudium, § 51 Abs 2 Z 5) der Berufsvorbildung (vgl auch Joeinig, Unterhalt für Studierende, RZ 2008, 170 [173 f] ua). Dass vier zusätzliche Semester, die auch der Berufsvorbildung dienen, die beruflichen Möglichkeiten des Absolventen erweitern können, liegt auf der Hand. Hierauf hat sich auch die Antragstellerin berufen (ON 41). Ihr diesbezügliches Vorbringen wurde dem Antragsgegner vom Erstgericht zugestellt (ON 47). Der im Revisionsrekurs erhobene Vorwurf, diese Frage sei „überhaupt nicht" erörtert worden, geht daher ins Leere.
Ein Schwerpunkt des Magisterstudiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien liegt laut vorgelegtem Studienplan - im Vergleich mit dem Studienplan des Bakkalaureatsstudiums - im Bereich des Medien- und Kommunikationsmanagements. Die Ausbildung auf diesem Gebiet soll damit erkennbar dazu beitragen, die Absolventen des Magisterstudiums auch für Managementtätigkeiten in Medien- und Kommunikationsberufen zu qualifizieren. Die Antragstellerin dokumentierte in diesem Punkt auch ihr besonderes Interesse, indem sie bereits, wie ausgeführt, Lehrveranstaltungen des Magisterstudiums in diesem Bereich absolvierte. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Studium ein besseres berufliches Fortkommen erwarten lässt, sind regelmäßig allgemeine Erfahrungsgrundsätze ausreichend (6 Ob 92/08k; RIS-Justiz RS0047580 ua). Diese stehen im Fall eines erst seit kurzem angebotenen Magisterstudiums naturgemäß nur beschränkt zur Verfügung. Es kann aber ohnehin nicht verlangt werden, dass mit Sicherheit feststeht, dass durch das Magisterstudium die Berufs- und Einkommenschancen des Unterhaltsberechtigten verbessert werden (9 ObA 240/97b ua). Bei einer über vier zusätzliche Semester gehenden, vertiefenden Berufsvorbildung spricht jedenfalls die allgemeine Lebenserfahrung für eine Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten. Ob diese Erweiterung „erheblich" ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Nach der Lage des Falls waren die besseren Berufschancen für den Entschluss der Antragstellerin ausschlaggebend, auch noch das Magisterstudium zu absolvieren. Dafür, dass diese Entscheidung unsachlich gewesen wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor. In diesem Zusammenhang verwies das Erstgericht zutreffend darauf, dass Entscheidungen in Unterhaltssachen an den Verhältnissen in einer „intakten Familie" zu orientieren sind (RIS-Justiz RS0101996 ua). Dabei würde die Frage, ob dem Bakkalaureatsstudium noch ein Magisterstudium folgen soll, zweifellos zwischen Eltern und Kind diskutiert und die Entscheidung an den Fähigkeiten des Kindes, an dessen Bereitschaft, noch vier weitere Semester zu studieren, und daran ausgerichtet werden, ob sich durch das Magisterstudium für das Kind eine Verbesserung der beruflichen Möglichkeiten ergibt. Nach den Verfahrensergebnissen besteht kein Grund, an den Fähigkeiten und der nötigen Zielstrebigkeit der Antragstellerin, weiter zu studieren, zu zweifeln. Nach der Lage des Falls spricht die Vertiefung der Berufsvorbildung auch für eine Verbesserung der beruflichen Möglichkeiten. Die Vorinstanzen gelangten daher zutreffend zur Beurteilung, dass der Abschluss des Bakkalaureatsstudiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft durch den Anschluss des darauf aufbauenden Magisterstudiums noch nicht die Selbsterhaltungsfähigkeit der Antragstellerin hergestellt hat. Aus 6 Ob 574/95 - dort ging es unter anderem um die Frage, ob einem Unterhaltskläger die Fortsetzung einer journalistischen Nebentätigkeit zumutbar sei, nachdem er schließlich aufgrund einer Studienberechtigungsprüfung die Berechtigung zur Durchführung eines ordentlichen Publizistikstudiums erworben hatte - ist für den Standpunkt des Revisionsrekurswerbers ebenfalls nichts zu gewinnen. Soweit der Revisionsrekurswerber noch rügt, dass sich das Rekursgericht nicht mit der Frage der Zumutbarkeit der Finanzierung des Magisterstudiums durch den Antragsgegner auseinandergesetzt habe, ist er darauf zu verweisen, dass er im Rekurs gegen die erstgerichtliche Entscheidung nicht substantiiert dargelegt hat, welche konkreten Lebensverhältnisse den väterlichen Unterhaltsbeitrag zum Magisterstudium seiner Tochter grundsätzlich in Frage stellen sollen. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts wird daher auch mit diesem Einwand nicht aufgezeigt. Dem Revisionsrekurs muss damit ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht - unter Berücksichtigung der Volljährigkeit der Antragstellerin gemäß § 101 Abs 2 AußStrG - auf § 78 Abs 2 AußStrG.
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