Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 3.948,83 EUR (darin 658,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Die 1986 gegründete D***** GmbH war im Bereich Video und Filmproduktion tätig und hielt mehrere Beteiligungen im In- und Ausland. In der Generalversammlung vom 3. 8. 2000 wurde die Umwandlung der Gesellschaft in die D***** AG beschlossen und die Beklagten als Mitglieder des ersten Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft bestellt. Nach Ausgliederung des Produktionsbetriebs Ende des Jahres 2000 hatte die D***** AG im Wesentlichen nur mehr Holdingfunktion in der D***** Gruppe. Für die Gruppe war eine Ausweitung in sämtlichen Bereichen (Musikvideos, Fernseh- und Kinofilme etc) geplant, für die Aktiengesellschaft wurde der Gang an die Börse angestrebt. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 19. 3. 2003, AZ 5 S 164/03g, wurde über das Vermögen der D***** AG (idF: Gemeinschuldnerin) das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.
Der Kläger begehrte von den Beklagten zuletzt die Zahlung von 800.000 EUR sA im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie bei Ausübung ihrer Aufsichtsratsfunktion die erforderliche Sorgfalt iSd § 99 AktG außer Acht gelassen hätten. Sie hätten sich bereits vor ihrer Bestellung über die Lage der Gemeinschuldnerin informieren müssen. Bereits seit 1995 sei das Eigenkapital negativ gewesen, es seien regelmäßig Verluste erwirtschaftet worden. Die enormen Verluste seien zwar teilweise durch hohe Gesellschafterzuschüsse finanziert worden, was aber an der Erkennbarkeit der wirtschaftlichen Probleme seit den 90er-Jahren nichts geändert habe. Die Beklagten hätten aufgrund des seit 25. 5. 2000 vorgelegenen Jahresabschlusses 1999 (negatives EGT von 46 %, Verbindlichkeiten von 130 % des Umsatzes) Prüfungshandlungen durchführen müssen, um sich von einer allfälligen Verbesserung im Jahr 2000 zu überzeugen. Dem Jahresabschluss 1999 seien offensichtliche Fehlbewertungen des Abschlussprüfers bezüglich der Bewertung des Filmarchivs, der Beteiligungen und der Forderungen gegenüber Tochtergesellschaften zugrunde gelegen. Die erst am 7. 3. 2000 erfolgte Beteiligung der B*****bank als stille Gesellschafterin habe auf den Jahresabschluss 1999 keine Auswirkungen gehabt. Ohne positive Fortbestehensprognose habe sie auch nachträglich keinen Entfall der Überschuldung zur Folge, zumal sie trotz Rangrücktrittserklärung im Überschuldungsstatus als Verbindlichkeit zu berücksichtigen gewesen wäre. Selbst unter Außerachtlassung dieser Verbindlichkeit habe Anfang 2000 eine Überschuldung vorgelegen, zumal der Überschuldungsstatus in einer Krisensituation mit Liquidationswerten zu errechnen sei. Dem Jahresabschluss 2000 sei nur mehr ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt worden, womit die wirtschaftlichen Probleme der Gemeinschuldnerin offensichtlich gewesen seien. Die Beklagten hätten trotz Konkursreife in den Hauptversammlungen vom 22. 12. 2000 und 20. 11. 2001 zahlreiche Kapitalzuführungsmaßnahmen gebilligt, obwohl erkennbar gewesen sei, dass dies nur der Konkursverschleppung diene. Sie hätten sich vom Vorstand eingehend über geplante Sanierungsmaßnahmen berichten lassen müssen. Spätestens ab Vorliegen eines vorläufigen Jahresabschlusses für 2000 hätte der Aufsichtsrat drastische Maßnahmen ergreifen müssen, um den Vorstand zur sofortigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu veranlassen. Tatsächlich habe er sich weder mit Sanierungskonzepten auseinandergesetzt noch sonst auf die Unternehmenskrise reagiert. Im Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 20. 11. 2001 sei klar gewesen, dass die im Abschlussbericht 2000 als zur Fortführung des Unternehmens erforderlich bezeichnete „Realisierung der Planzahlen“ nicht mehr möglich gewesen sei. Der Jahresabschluss 2000 weise einen Bilanzverlust von fast 106 Mio ATS aus. Der Börsegang sei bereits gescheitert gewesen. Selbst unter Berücksichtigung der Beteiligung der B*****bank als Eigenkapital ergebe sich auch per 31. 12. 2000 eine Überschuldung. Dass sich Investoren durch das Konzept des Vorstands in die Irre führen ließen, entbinde den Aufsichtsrat ebenso wenig seiner Prüfpflicht wie die personellen Verflechtungen zwischen Aktionären, Vorstand und Aufsichtsrat. Die Schadenersatzforderung werde auch auf § 247 iVm §§ 39 bis 42 AktG gestützt. Die Beklagten hätten sich nicht auf den Gründungsbericht verlassen und der Umwandlung zustimmen dürfen.
Durch das Verhalten des Aufsichtsrats sei der Schuldnerin ein Weiterwirtschaften ermöglicht worden, wodurch in den Geschäftsjahren 2000 bis 2002 Verluste von insgesamt 20.852.957,05 EUR erwirtschaftet worden seien. Darüber hinaus habe sich der Stand der Verbindlichkeiten erheblich erhöht, so im Jahr 2000 bereits um 4.200.432,64 EUR. Der Kläger machte zunächst 1,2 Mio EUR als Schaden geltend. Zuletzt brachte er zur Schadensbezifferung vor, die im Konkursverfahren anzuerkennenden Forderungen beliefen sich auf 1.592.000 EUR. Der Wirtschaftsprüfer ***** habe sich im Vergleichsweg zur Zahlung eines Betrags von 550.000 EUR an die Masse verpflichtet. Es sei ein Verwertungserlös von 230.000 EUR erzielt worden. Vom verbleibenden Fehlbetrag von 812.000 EUR würden 800.000 EUR geltend gemacht.
Die Beklagten bestritten und beantragten Klagsabweisung. Ihre Einwendungen lassen sich dahin zusammenfassen, dass der Aufsichtsrat im erforderlichen Ausmaß entsprechend der wirtschaftlichen Situation Sitzungen abgehalten und sich vom Vorstand Bericht erstatten lassen habe. Er sei laufend über die weiteren Schritte informiert worden und habe deren optimale Umsetzung mit dem Vorstand diskutiert. Er habe keine Gründe gehabt, an einer positiven Fortbestehensprognose zu zweifeln. Der Jahresabschluss 1999 sei mit einem ausgewiesenen positiven Eigenkapital von 18.283.727,08 ATS vorgelegen. Darin sei auch angeführt, dass in der Beteiligung an der Berliner Tochtergesellschaft stille Reserven von 18.000.000 ATS enthalten seien. Da im Lagebericht keine negativen Entwicklungen nach dem Bilanzstichtag angeführt seien, habe der Aufsichtsrat am 3. 8. 2000 annehmen können, dass das positive Eigenkapital von über 36.000.000 ATS weiterhin vorhanden sei. Auch im Umwandlungsprüfbericht sei das Nichtvorliegen einer Überschuldung und das Vorhandensein des Stammkapitals von 1.000.000 ATS bestätigt worden. Die stille Beteiligung der B*****bank von 10.000.000 DM sei aufgrund der von dieser abgegebenen Rangrücktrittserklärung bei der Ermittlung der Überschuldung wie Eigenkapital zu behandeln, womit eine Überschuldung im Zeitpunkt der Umwandlung ausgeschlossen sei. Im eingeschränkten Bestätigungsvermerk vom 19. 10. 2001 habe der Abschlussprüfer bestätigt, dass die Fortführung des Unternehmens möglich sei, wenn die vorgesehene Finanzierung durch die Gesellschafter im vollen Umfang erfolge und die Planzahlen realisiert werden könnten. Ersteres sei der Fall gewesen, zweiteres sei primär vom Vorstand zu beurteilen gewesen. Dessen „Business Plan“ sei vom Aufsichtsrat überprüft und die Erklärungen des Vorstands als plausibel erachtet worden. Das Konzept habe auch eingehenden Prüfungen unabhängiger Dritter standgehalten, auf deren Grundlage sich zahlreiche Investoren am Unternehmen beteiligt hätten. Der Vorwurf an die Beklagten sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Zufuhr von Eigenkapital und insolvenzrechtlich gleichgestellten nachrangigen Drittfinanzierungen gerade auch dem Schutz der Gläubiger diene. Auch die Kausalität der behaupteten Pflichtverstöße sei nicht gegeben, weil der Vorstand seine Meinung über die Geschäftspolitik nicht geändert hätte, eine Verweigerung der Zustimmung des Aufsichtsrats zum „Business Plan“ durch Aktionärsbeschluss ersetzt worden wäre und ein Rücktritt des Aufsichtsrats nur zu einer Neuwahl geführt hätte. Die Beklagten hafteten nicht den Gläubigern, sondern nur der Gesellschaft gegenüber. Der Kläger habe nicht dargelegt, welcher Schaden durch das behauptete Fehlverhalten entstanden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stellte es, soweit revisionsgegenständlich, folgenden Sachverhalt fest:
Am 31. 12. 1999 bestand ein Überhang der Schulden über das Vermögen von -1.431.700 EUR bei gleichzeitig positivem Working Capital in Höhe von rund 909.900 EUR und einer Überdeckung im kurzfristigen Bereich von rund 635.600 EUR. Im Jahr 1999 wurde ein Jahresfehlbetrag von rund -6.163.600 EUR erwirtschaftet. Der Cash Flow I des Jahres 1999 war mit rund -3.413.500 EUR deutlich negativ. Der negative Cash Flow und die Investitionen des Jahres 1999 wurden vor allem durch Eigenfinanzierung (Kapitalerhöhungen, Einstieg der Investoren ***** und ***** am 22. 10. 1999, Gesellschafterdarlehen mit eigenkapitalähnlichem Charakter) gedeckt. Auch der negative Cash Flow und die Investitionen des Jahres 2000 wurden durch Maßnahmen der Eigenfinanzierung (Einlage stille Gesellschaft, Kapitalerhöhungen, Wandelschuldverschreibung Nr 1, Einstieg der Investoren ***** und *****) gedeckt.
Gemäß dem Jahresabschluss zum 31. 12. 1999 wurden mit Sacheinlage- und Einbringungsverträgen vom November 1999 Beteiligungen eingebracht, die insgesamt mit rund 1.302.700 EUR bewertet und passivseitig entsprechend in eine nicht gebundene Rücklage eingestellt wurden. Zusammen mit einer auf einem Beschluss der Generalversammlung vom 5. 11. 1999 basierenden Kapitalerhöhung von 500.000 EUR auf 700.000 EUR leisteten die Neugesellschafter ***** und ***** Gesellschafterzuschüsse in Höhe von insgesamt rund 3.186.400 EUR, die ebenfalls als nicht gebundene Kapitalrücklage ausgewiesen wurden. Aus einer ex-ante-Sicht war mit einer Inanspruchnahme der Gemeinschuldnerin aus mehreren Interzessionserklärungen zum 31. 12. 2000 in Höhe von zusammen rund 1.563.600 EUR nicht zu rechnen.
Bei Berücksichtigung der im ersten Quartal des Jahres 2000 eingegangenen stillen Beteiligung der B*****bank an der Gemeinschuldnerin als „Quasi-Eigenkapital“ war diese Anfang des Jahres 2000 betriebswirtschaftlich nicht überschuldet, weil durch die Einlage der stillen Gesellschafterin in Höhe von rund 5.112.900 EUR der ermittelte Überhang der Schulden über das Vermögen zum 31. 12. 1999 von rund -1.431.700 EUR bei weitem abgedeckt war.
Das deutlich positive Working Capital zum 31. 12. 1999 zeigte, dass zu diesem Stichtag keine kurzfristigen Liquiditätsschwierigkeiten drohten und ein kurzfristiges Fortbestehen möglich war, indem Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung ergriffen werden konnten. Bei der Berücksichtigung der Stillen Einlage als Quasi-Eigenkapital lag auch noch zum 31. 12. 2000 ein Überhang des Vermögens über die Schulden der D***** AG vor. In diesem Sinn war die stille Beteiligung jedenfalls ausreichend, den zum 31. 12. 1999 bestehenden Schuldenüberhang zu beseitigen. Die Gemeinschuldnerin war demnach Anfang des Jahres 2000 aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht überschuldet. Unter Berücksichtigung des „Quasi-Eigenkapitals“ und mehrerer Eventualverbindlichkeiten ergab sich zum 31. 12. 2000 ein Überschuss des Vermögens der Gemeinschuldnerin in Höhe von 1.393.500 EUR.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zusammengefasst aus, durch die Verletzung der Pflicht des Aufsichtsrats zur Überwachung der Geschäftsführung bezüglich Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit könnten sich Aufsichtsratsmitglieder ersatzpflichtig machen, allerdings sei diese Haftung keine Erfolgshaftung. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Gemeinschuldnerin Anfang des Jahres 2000 nicht überschuldet gewesen. Von den Beklagten könne nicht verlangt werden, dass sie einen anderen Standpunkt einzunehmen gehabt hätten, weshalb sie kein Verschulden treffe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Nach § 2 Abs 3 des Vertrags über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen der Gemeinschuldnerin und der B*****bank vom 7. 3. 2000 sei letztere mit ihrer Einlageforderung unwiderruflich im Rang hinter alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Gläubiger der Gemeinschuldnerin zurückgetreten. Der Rangrücktritt beinhalte, dass Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag im Falle einer Liquidation, eines Konkurses, Vergleiches oder einer sonstigen Beendigung von D***** nur geltend gemacht werden könnten, wenn sämtliche gegenwärtigen und künftigen Gläubiger von D***** vollständig befriedigt seien und dass ferner Zahlungen auf diese Ansprüche lediglich aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten von D***** übersteigenden Vermögen bzw künftigen Liquidationserlösen zu leisten seien. Dass bei der Prüfung der rechnerischen Überschuldung Verbindlichkeiten aus eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen nur dann nicht zu berücksichtigen seien, wenn die Gesellschafter eine Rangrücktrittserklärung abgegeben hätten, sei vom Gesetzgeber erst mit dem mit GIRÄG 2003 neu geschaffenen Abs 3 des § 67 KO klargestellt worden. Auch davor habe allerdings insoweit Einigkeit bestanden, als die Berücksichtigung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen jedenfalls unterbleiben konnte, wenn eine entsprechende Rangrücktrittserklärung vorgelegen sei. Insgesamt sei also die Überschuldung der Gemeinschuldnerin per 31. 12. 1999 durch die Einlage der B*****bank bereits Anfang des Jahres 2000 weggefallen. Den Beklagten könne kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie auch die Bilanz der Gemeinschuldnerin zum 31. 12. 2000 nicht zum Anlass genommen hätten, den Vorstand zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu drängen, ihn seiner Funktion zu entheben oder ihre eigenen Funktionen zurückzulegen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Auswirkungen einer Rangrücktrittserklärung auf den Überschuldungsstatus der Gesellschaft nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des § 67 Abs 3 KO durch das GIRÄG 2003 keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht, in eventu an das Berufungsgericht.
Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Die vom Kläger geltend gemachten Revisionsgründe der Verfahrensmängel und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor:
1.1. Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0121557) erfordert die Berücksichtigung des Inhalts einer in den Feststellungen der Vorinstanzen - wenn auch ohne wörtliche Wiedergabe - enthaltenen Urkunde, deren Echtheit überdies zugestanden wurde, nicht die amtswegige Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Die Wiedergabe des unstrittigen Wortlauts einer Urkunde durch das Berufungsgericht ist prozessual unbedenklich, weil unstrittiges Parteienvorbringen - und dazu gehört auch der Inhalt einer von beiden Seiten für bedeutsam angesehenen Urkunde - ohne weiteres der Entscheidung zu Grunde zu legen ist (RIS-Justiz RS0121557 [T1]). Es begründet daher weder einen Verfahrensmangel noch eine Aktenwidrigkeit, wenn das Berufungsgericht seine Entscheidung auf den von ihm auszugsweise wiedergegebenen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen der Gemeinschuldnerin und der B*****bank vom 16. 2. 2000/7. 3. 2000 (Beil ./K) stützte.
1.2. Die Frage, ob das Überraschungsverbot verletzt wurde, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Frage, die schon aus diesem Grund keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 ZPO aufwirft (RIS-Justiz RS0037300 [T31]). Eine unzulässige Überraschungsentscheidung mit der Begründung des Klägers, das Berufungsgericht habe das Vorbringen zu dem durch die Insolvenzverschleppung verursachten Schaden als unschlüssig erachtet und den Parteien keine Gelegenheit zur Stellungnahme dazu gegeben, ist auch nicht zu erkennen: Der Kläger verweist selbst darauf, dass er bei Wahrnehmung der Anleitungspflicht durch das Berufungsgericht auf sein bereits erstattetes Vorbringen im Schriftsatz vom 12. 1. 2009 S 15 verwiesen hätte. Nichts anderes gilt zu der von ihm vermissten Anleitung hinsichtlich der Aufsichtsratspflichten in der Krise, für die er ebenso auf sein erstinstanzliches Vorbringen verweist.
2. Materiell richtet sich der Kläger gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die stille Beteiligung der B*****bank aufgrund ihrer Rangrücktrittserklärung nicht zu passivieren gewesen sei und sich auch durch § 67 Abs 3 IO idF des GIRÄG 2003 daran nichts geändert habe. Eine ausreichende Rangrücktrittserklärung könne nur dann vorliegen, wenn die betreffende Verbindlichkeit nach der Vereinbarung im Insolvenzverfahren gar nicht, also nicht einmal nachrangig, zu bedienen sei.
Maßgeblich für den vorliegenden Fall ist allerdings nicht die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an eine Rangrücktrittserklärung zu stellen sind, um eine Passivierungspflicht bei der Überschuldungsprüfung hintanzuhalten, sondern vielmehr, ob die Beklagten nach der damals geltenden Rechtslage, sohin vor Schaffung des § 67 Abs 3 KO (IO), darauf vertrauen durften, dass die Beteiligung der stillen Gesellschafterin außer Acht bleiben konnte.
Dass dabei die Grundsätze zu Rangrücktrittserklärungen bei eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen auch für eine Rangrücktrittserklärung eines stillen Gesellschafters gelten, wird in der Revision nicht bezweifelt.
2.1. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass auch zur Rechtslage vor dem Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 (GIRÄG 2003), BGBl 92/2003, in der Literatur nur umstritten war, ob eine Berücksichtigung von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen im Überschuldungsstatus auch ohne Rangrücktrittserklärung unterbleiben konnte (vgl Dellinger in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen [1999] KO § 67 Rz 68), was hier nicht weiter entscheidungsrelevant ist. Einigkeit bestand aber darüber, dass sie jedenfalls dann nicht zu passivieren waren, wenn eine entsprechende Rangrücktrittserklärung vorlag (Dellinger aaO Rz 67; Thiery, Nachschüsse, Zuschüsse und Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in der GmbH-Bilanz, in FS Frotz 1993, 841, 857; Karollus/Schulyok, Eigenkapitalersetzende Leistungen [1998] 118 f [„wohl einhellige Auffassung“]).
2.2. Rangrücktrittserklärungen wurden in der Praxis zwar mit differierendem Inhalt abgegeben (Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger 4 II/2 207; s auch Schummer, Das Eigenkapitalersatzrecht [1998], 54 ff). Zu verlangen war aber jedenfalls, dass der Gesellschafter ausdrücklich oder stillschweigend erklärt haben muss, dass seine Darlehensforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen oder aus einem Liquidationsüberschuss nach Befriedigung aller Gläubiger bezahlt werden soll (Dellinger aaO mwN; s auch Chalupsky/Ennöckl/Holzapfel, Handbuch des österreichischen Insolvenzrechts [1986] 40) bzw dass der Gläubiger die Befriedigung seiner Forderung gegenüber anderen Gläubigern zurückstellt (Schumacher aaO 205 f; Thiery aaO 857). In diesem Sinn war nach Schumacher, aaO, etwa der Erklärungsinhalt, dass die Darlehensverbindlichkeit unwiderruflich nur aus künftigen Bilanzgewinnen oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu erfüllen ist, für die vor dem 1. 1. 2004 abgegebenen Rangrücktrittserklärungen jedenfalls als ausreichend anzusehen. Ebenso führte Schummer, aaO 158 f, aus, dass nach ganz herrschender Auffassung die Voraussetzungen [für eine Rangrücktrittserklärung] jedenfalls erfüllt seien, wenn der Gläubiger erklärt, dass seine Forderung „nur aus künftigen Jahresüberschüssen, aus einem Liquidationsüberschuss oder aus weiterem, alle anderen Schulden der Gesellschaft übersteigenden Vermögen“ zu tilgen ist. Bei einer derartigen Erklärung müsse die Forderung bei der Überschuldungsprüfung daher nicht als Verbindlichkeit der Gesellschaft angesetzt werden. Nach Dellinger, aaO Rz 67, genügte es, wenn die Gesellschafter mit dem Rangrücktritt zu erkennen geben, dass wegen ihrer Befriedigungsrechte hinsichtlich der eigenkapitalersetzenden Forderungen kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht. Thiery, aaO, verwies für seine restriktivere Ansicht, dass zur Vermeidung der Passivierungspflicht nach der Vereinbarung auch die Geltendmachung der Forderung im Konkurs ausgeschlossen sein musste, ausschließlich auf deutsches Schrifttum.
2.3. Die mit dem GIRÄG 2003 eingeführte Bestimmung des § 67 Abs 3 KO (IO) sieht vor, dass bei der Prüfung, ob rechnerische Überschuldung vorliegt, Verbindlichkeiten - auch solche aus eigenkapitalersetzenden Leistungen - dann nicht zur berücksichtigen sind, wenn der Gläubiger erklärt, dass er Befriedigung erst nach Beseitigung eines negativen Eigenkapitals (§ 225 Abs 1 UGB) oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller Gläubiger begehrt und dass wegen dieser Verbindlichkeiten kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht. Die ErlBem, 124 BlgNR XXII. GP, halten dazu fest, dass es in diesem Fall weder notwendig noch geboten ist, „die Forderung in der Überschuldungsbilanz zu passivieren, weil klargestellt ist, dass der Gesellschafter erst bei der internen Verteilung des verbliebenen Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern nach Befriedigung aller Gläubiger zum Zug kommen kann. An die exakte Formulierung der Rangrücktrittserklärung sollten keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden. Wichtig ist, dass der Anspruch hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger treten soll und dass sich der Gläubiger keine Berücksichtigung seiner Forderung in einem Konkursverfahren erwartet.“ Den Erläuternden Bemerkungen ist dagegen nicht zu entnehmen, dass die an eine Rangrücktrittserklärung zu stellenden inhaltlichen Anforderungen gegenüber der davor bestandenen Rechtslage konstitutiv geändert werden sollten, um eine Passivierungspflicht zu verhindern.
Dementsprechend wurde die Bestimmung des § 67 Abs 3 KO (IO) bereits in der Entscheidung 6 Ob 282/03v als gesetzliche Klarstellung bezeichnet und im dazu geprägten Rechtssatz (RIS-Justiz RS0118959) festgehalten: Wenn die in der Krise des Unternehmens erbrachten eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen (Gesellschafterdarlehen) oder Haftungsübernahmen (Schuldbeitritte; Bürgschaften) ausreichten, um die Befriedigung aller Gläubiger mit Ausnahme der rückforderungsberechtigten Gesellschafter zu bewirken oder sicherzustellen, durfte vor dem Inkrafttreten des GIRÄG 2003 ein Gläubiger, dessen Forderungen vom späteren Gemeinschuldner befriedigt wurden, wegen der bis dahin fehlenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung und der divergierenden Meinungen im Schrifttum der vertretbaren Ansicht sein, dass keine rechnerische Überschuldung vorlag […]. Dass bei der Prüfung der rechnerischen Überschuldung Verbindlichkeiten aus eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen nur dann nicht zu berücksichtigen sind (die Rückforderungsansprüche also auf der Passivseite der Überschuldungsbilanz nicht aufzuscheinen haben), wenn die Gesellschafter eine Rangrücktrittserklärung abgegeben haben, wurde vom Gesetzgeber erst durch den mit dem GIRÄG 2003 neu geschaffenen Abs 3 des § 67 KO klargestellt.
2.4. Nach dem referierten Meinungsstand bedarf die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagten als Aufsichtsratsmitglieder im Sinne der damals herrschenden Ansicht der Lehre sowie unter Bedachtnahme auf die der Entscheidung 6 Ob 282/03v zu Grunde liegenden Wertungen auch unter Heranziehung des strengen Sorgfaltsmaßstabs des § 99 AktG jedenfalls annehmen durften, dass die Einlage der stillen Gesellschafterin nicht zu passivieren war, keiner Korrektur.
3. Soweit der Kläger geltend macht, dass der Sachverständige keinen Überschuldungsstatus erstellt habe, an den andere Anforderungen als einen Jahresabschluss zu stellen seien (va Bewertung zu Liquidationswerten; Berücksichtigung von Schließungskosten), so wurde vom Sachverständigen eine Überschuldung aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu Anfang des Jahres 2000 gerade verneint, wodurch sich die Beklagten nicht veranlasst sehen mussten, die Erstellung eines Überschuldungsstatus zu Liquidationswerten zu initiieren.
4. Angesichts des festgestellten Überhangs des Vermögens über die Schulden zum 31. 12. 2000 lassen die bisherigen Erwägungen auch keine Fehlbeurteilung in der Rechtsansicht der Vorinstanzen erkennen, dass den Beklagten nicht vorzuwerfen sei, die Bilanz der Schuldnerin zum 31. 12. 2000 nicht zum Anlass genommen zu haben, den Vorstand zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu drängen, diesen seiner Funktion zu entheben oder ihre eigenen Funktionen zurückzulegen.
5. Der Kläger beruft sich für eine Haftung der Beklagten schließlich auf deren „eklatante Verletzung“ der den Aufsichtsrat in der Krise der Gesellschaft treffenden Handlungspflichten und verweist dazu auf die Entscheidung 8 Ob 624/88, wonach eine Haftung der Organmitglieder nicht nur bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht, sondern auch ohne Rücksicht auf diese dann bestehen kann, wenn etwa bei ständig steigenden Verlusten der Geschäftsbetrieb weder grundlegend reformiert noch eingestellt wird. Die genannte Entscheidung bezog sich allerdings auf den Vorwurf einer zulasten der Kommanditgesellschaft fehlerhaften Geschäftsführung von Geschäftsführern der Komplementär-GmbH. Die Grundsätze der Aufsichtsratshaftung wurden dagegen in der Entscheidung 1 Ob 144/01k geklärt (s auch 8 Ob 262/02s), die schon das Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO; die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)