Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 533 ZPO finden auf das Wiederaufnahmeverfahren grundsätzlich die im ersten bis vierten Teil der ZPO enthaltenen Vorschriften entsprechende Anwendung (vgl auch § 535 ZPO). Für die Frage der Zulässigkeit von Rechtsmitteln an den Obersten Gerichtshof wird daraus abgeleitet, dass diese nicht anders zu beurteilen sei als
im Hauptprozess selbst (EvBl 1994/3 = JBl 1994, 263 = RZ 1994/59;
EvBl 1994/171 = SZ 67/5). Käme nur im Ehescheidungsverfahren ein Revisionsrekurs (etwa gegen eine Klagezurückweisung) gemäß den §§ 528 Abs 3, 505 Abs 4, 502 Abs 5 Z 1 ZPO iVm § 49 Abs 2 Z 2b JN in Betracht, so hat dies auch im Wiederaufnahmeverfahren zu gelten. Ungeachtet des Ausspruchs der Unzulässigkeit durch das Rekursgericht steht dem Wiederaufnahmekläger daher der außerordentliche Revisionsrekurs an sich zu Gebote (§ 528 Abs 3 ZPO).
2. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers kann nicht generell gesagt werden, dass sich die Kognition des Gerichts im Vorprüfungsverfahren (§ 538 ZPO) darauf zu beschränken hätte, ob rechtliche Erwägungen, Unschlüssigkeit des Vorbringens oder absolute Untauglichkeit des geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes einer Wiederaufnahme entgegenstehen, weshalb die vom Rekursgericht angestellten Erwägungen nicht vorweg eine Zurückweisung der Wiederaufnahmeklage rechtfertigen könnten. Vielmehr ist nach nun ständiger Judikatur eine Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage wegen Verschuldens des Klägers im Sinn des § 530 Abs 2 ZPO auch dann möglich und geboten, wenn sich dieses Verschulden bereits aus den Tatsachenbehauptungen in der Klage ergibt (vgl nur RdW 1992, 248; RIS-Justiz RS0044558/T 1). Da das Vorliegen eines Verschuldens gemäß § 530 Abs 2 ZPO von Amts wegen zu beachten ist, hat die wiederaufnahmsklagende Partei auch Tatsachen anzuführen, aus denen sich ergibt, dass sie kein Verschulden trifft (1 Ob 258/02a). Ergibt sich somit schon aus den Klagebehauptungen unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung ein Verschulden des Klägers an der Unterlassung von im ursprünglichen Prozess möglicher Prozesshandlungen, ist dies bereits im Vorprüfungsverfahren wahrzunehmen.
3. Ob eine verschuldete Verletzung der prozessualen Diligenzpflicht vorliegt, ist regelmäßig nach den konkreten Umständen des Einzelfalls - bzw nach den im Einzelfall aufgestellten Behauptungen - zu beurteilen, weshalb eine der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof zugängliche erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nur bei einer erheblichen Fehlbeurteilung des Rekursgerichts in Betracht käme. Eine solche liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Die Entscheidung über die Einhaltung oder Unterlassung der im Einzelfall zumutbaren Sorgfalt hat daher grundsätzlich keine über diesen hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0111578, 9 Ob 3/04p).
4. Nimmt eine Partei die Aussageverweigerung eines Zeugen und das Unterbleiben gerichtlicher Maßnahmen zur allfälligen Erzwingung einer Aussage ohne Verfahrensrüge gemäß § 196 ZPO zur Kenntnis, so ist darin ein Verschulden zu erblicken, das den Erfolg einer auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützten Wiederaufnahmeklage in Ansehung dieses Zeugen und der von ihm zu bekundenden Tatsachen ausschließt (1 Ob 270/98g). Der Revisionsrekurswerber kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe davon ausgehen dürfen, dass der betreffende Zeuge im Berufungsverfahren neuerlich zu einer Vernehmung geladen würde (vgl auch SZ 23/199, RIS-Justiz RS0037369).
5. Die vom Wiederaufnahmskläger als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob eine Partei im Hinblick auf § 530 Abs 2 ZPO iVm § 1297 ABGB verpflichtet ist, alle nur erdenklich möglichen Beweisanträge zum Beweis einer bestimmten Tatsache zu stellen, wenn sie für dieselbe Tatsache bereits andere Beweismittel angeboten hat und davon ausgehen konnte, dass diese Beweise auch aufgenommen würden, stellt sich in dieser Form im vorliegenden Verfahren nicht. Wie bereits dargelegt, durfte der Kläger nicht damit rechnen, dass jener Zeuge, der sich in erster Instanz der Aussage entschlagen hat, vom Berufungsgericht neuerlich zur Vernehmung geladen würde. Bereits nach der rügelosen Fortsetzung des Verfahrens in erster Instanz hätte dem Revisionsrekurswerber klar sein müssen, dass der von ihm angestrebte Beweis durch die Aussage dieses Zeugen nicht mehr erbracht werden kann. Der Kläger hätte daher durchaus Anlass zur Überlegung gehabt, ob nicht auch andere Beweismittel zu diesem Beweisthema zur Verfügung stehen könnten.
Soweit das Rekursgericht nun unter diesen Umständen die Auffassung vertreten hat, es wäre für den Kläger - wie für jeden "Durchschnittsmenschen" - naheliegend gewesen, sich über den Verbleib von der von Hotelgästen auszufüllenden Meldezettel Gedanken zu machen und bereits während des laufenden Verfahrens eine Anfrage an die zuständige Gemeinde zu richten, so kann darin eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste, nicht erblickt werden. Im Allgemeinen ist ein Verschulden des Wiederaufnahmsklägers ja nur dann zu verneinen, wenn er trotz sorgsamer Prozessvorbereitung von der neuen Tatsache oder dem neuen Beweismittel erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses Kenntnis erlangt (RIS-Justiz RS0044533, 9 Ob 3/04p).
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