OGH 9Ob213/02t

OGH9Ob213/02t4.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** OEG, ***** vertreten durch Mag. Martin Krumschnabel, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen die beklagten Parteien 1) Horst H*****, 2) Ilse H*****, Kaufleute, ***** vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 99.319,54 sA (Revisionsinteresse EUR 73.780,49 sA), über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. Juni 2002, GZ 4 R 146/02b-79, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein Rückgriff auf die Rechtsprechung zum "gemeinsamen Irrtum" ist nicht erforderlich, weil der Erstbeklagte nach dem festgestellten Sachverhalt den Irrtum der klagenden Partei "veranlasst" iSd § 871 ABGB hat. Veranlassen iS des § 871 ABGB bedeutet adäquate Verursachung; auf ein Verschulden des den Irrtum veranlassenden Vertragspartners kommt es nicht an (RIS-Justiz RS0016195; WBl 1988, 341, ecolex 1991, 318). Dass sich der Revisionswerber der Unrichtigkeit seiner Zusagen im Zusammenhang mit der "Schablonentechnik" nicht bewusst war, ändert daher nichts daran, dass er den Irrtum der klagenden Partei veranlasst hat. Mit seinem Einwand, der Irrtum sei nicht wesentlich gewesen, weicht der Revisionswerber vom festgestellten Sachverhalt ab, zumal feststeht, dass die klagende Partei den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Schablonentechnik keine ein konkurrenzloses Wirtschaften ermöglichende Neuheit darstellte. Dass die Anfechtung wegen List die Behauptung der Anfechtung wegen veranlassten Irrtums einschließt (Apathy in Schwimann, ABGB V², Rz 29 zu § 871 mwN), erkennt der Revisionswerber selbst. Auf die Frage, ob die klagende Partei den Vertrag auch wegen "gemeinsamen Irrtums" angefochten hat, braucht daher nicht eingegangen zu werden. Die gerichtliche Geltendmachung des Irrtums kann auch in der Form geschehen, dass der Irrende unter der Behauptung der Ungültigkeit des Geschäftes auf Rückstellung der von ihm bewirkten Leistung klagt (RIS-Justiz RS0016253; 8 Ob 514/94). Dies verkennt auch der Revisionswerber nicht, der aber in seinem Rechtsmittel behauptet, dass dem Vorbringen der Klägerin nicht entnommen werden könne, dass der Vertrag wegen Irrtums angefochten wird. Die anderslautende Auslegung des Prozessvorbringens der Klägerin durch das Berufungsgericht, das darin eine Irrtumsanfechtung erblickt, ist alles andere als unvertretbar. Dies zeigt schon allein der Umstand, dass ja der Revisionswerber selbst das Vorbringen der Klägerin als Irrtumsanfechtung gewertet hat (vgl sein Vorbringen S 3 in ON 4 bzw. S 3 in ON 70). Dass die klagende Partei auch andere Rechtsgründe geltend gemacht hat, schadet nicht.

Auf die Behauptung, die Klägerin habe durch ihr Verhalten die Rückgabe des Kaufgegenstandes schuldhaft vereitelt und damit ihr Wandlungsrecht verwirkt, braucht schon deshalb nicht eingegangen zu werden, weil der Revisionswerber einen derartigen Einwand in erster Instanz (und auch in zweiter Instanz) nicht erhoben hat. Selbst wenn man seinem dazu erstatteten, ausschließlich mit älteren Entscheidungen begründeten Vorbringen (zum Meinungsstand: Rummel in Rummel, ABGB³ Rz 25 zu § 871) und seinen Ausführungen zur Beweislastverteilung folgt, hätte er einen entsprechenden Einwand erheben müssen, was er aber nicht getan hat. Der in anderem Zusammenhang erhobene Hinweis auf die schlechte Wirtschaftsführung der Kläger und die Einleitung eines Konkursverfahrens reicht dazu nicht aus.

Der Einwand des Revisionswerbers, die vom Berufungsgericht vermisste Zug-um-Zug-Einrede ergebe sich aus der Beilage ./A, in der für den Fall des Rücktritts einen entsprechende Rückabwicklung des Vertrages vorgesehen sei, ist schon deshalb verfehlt. weil Urkunden Beweismittel sind und Prozessvorbringen nicht ersetzen können (RIS-Justiz RS0037915; zuletzt 3 Ob 280/01z).

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