European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00019.18M.0425.000
Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Parteien haben die Kosten ihrer Rekurse jeweils selbst zu tragen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 939,24 EUR (darin 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Der Vater der Beklagten, ein US-amerikanischer Staatsbürger, war in Österreich nicht sozialversichert. Er wurde am 8. 1. 2009 in einer von der Klägerin in Tirol betriebenen öffentlichen Krankenanstalt als sogenannter Selbstzahler stationär aufgenommen. Dabei gab er (vertreten durch die Beklagte) eine „Zustimmungserklärung“ ab, in der er sich verpflichtete, die angeführten Pflege- und Sondergebühren spätestens bei seiner Entlassung zu bezahlen. Der Vater der Beklagten verstarb am 15. 1. 2009 in der Krankenanstalt. Durch seinen Krankenhausaufenthalt waren LKF‑Gebühren in Höhe des Klagsbetrags entstanden. Die Klägerin meldete die Gebührenforderung (zumindest zum größten Teil, nämlich mit einem Betrag von 13.028,40 EUR) mit Schreiben vom 4. 5. 2009 im Verlassenschaftsverfahren an. Der Nachlass wurde der Beklagten mit Beschluss vom 4. 7. 2014 mit der Rechtswohltat des Inventars zur Gänze rechtskräftig eingeantwortet. Der Reinnachlass betrug 144.179,01 EUR.
Die Klägerin begehrt mit ihrer bei Gericht am 20. 9. 2016 eingebrachten und der Beklagten am 30. 9. 2016 zugestellten Klage von der Beklagten als Erbin die Bezahlung der LKF‑Gebühren. Sie erstattete ein obigen Ausführungen entsprechendes Vorbringen. Die streitgegenständliche Forderung gründe im öffentlichen Recht, konkret in §§ 39 ff des Tiroler Krankenanstaltengesetzes (TirKAG). Die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ergebe sich aus § 43 Abs 7 TirKAG, zumal die Gebühren ablebensbedingt von der Erbin und somit von einer vom Pflegling verschiedenen Person eingefordert werden müssten.
Die Beklagte wandte Verjährung, hilfsweise Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Zum Zeitpunkt der Vorschreibung der LKF‑Gebühren sei der Vater der Beklagten bereits verstorben gewesen. Damit sei „eine andere physische oder juristische Person“ iSd § 43 Abs 7 TirKAG zu ihrer Bezahlung verpflichtet und somit für die Klage der ordentliche Rechtsweg zulässig. Der Tiroler Landesgesetzgeber habe derartige Ansprüche, indem er ihre gerichtliche Geltendmachung vorsehe, dem privatrechtlichen Bereich zugeordnet. Für privatrechtliche Pflegegebührenforderungen komme die kurze Verjährungsfrist des § 1486 Z 3 ABGB zur Anwendung. Weil die Beklagte die Einrede der Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs nur hilfsweise erhoben habe, habe eine gesonderte Beschlussfassung darüber unterbleiben können.
Das Berufungsgericht hob aus Anlass der von der Klägerin erhobenen Berufung das Ersturteil samt dem ihm vorangegangenen Verfahren und der Klagszustellung als nichtig auf und wies die Klage mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurück. Da das Erstgericht die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht entschieden habe, habe das Berufungsgericht diese Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Der Gebührenanspruch öffentlicher Heilanstalten gegenüber dem Patienten selbst sei öffentlich-rechtlicher Natur. Die Beklagte sei Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Vaters. Weil die Gesamtrechtsnachfolge den eigentlichen Rechtsgrund der Gebührenforderung unberührt lasse und auch nicht zu erkennen wäre, warum die Beklagte Gebührenschuldnerin sein sollte, wenn sie diese Verpflichtung nicht von ihrem Vater geerbt hätte, sei § 43 Abs 7 TirKAG nicht anwendbar. Der Anspruch wäre daher im Verwaltungsweg zu erheben. Gemäß § 477 Abs 1 Z 6 ZPO sei das angefochtene Urteil und, soweit der Grund der Nichtigkeit das vorangegangene Verfahren ergreife, auch dieses aufzuheben, wenn über eine nicht auf den Rechtsweg gehörige Sache erkannt worden sei. Nichtigkeitsgründe wirkten absolut und seien von Amts wegen zu beachten. Liege ein zulässiges Rechtsmittel vor, so seien Nichtigkeitsgründe auch dann aufzugreifen, wenn die Parteien sie nicht geltend gemacht haben. Eine Geltendmachung durch eine Partei bloß „in eventu“ könne daran nichts ändern. Die Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs führe auch zur Zurückweisung der Klage.
Hiergegen richten sich die Rekurse beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin beantragt die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und dem Berufungsgericht aufzutragen, unter Abstandnahme des im Beschluss behaupteten Nichtigkeitsgrundes in der Sache zu entscheiden. Die Beklagte beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das klagsabweisende Ersturteil zu bestätigen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte erstattete eine Rekursbeantwortung.
Wenn das Berufungsgericht unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Urteils die Klage zurückweist, ist sein Beschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO stets, also unabhängig vom Streitwert und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, anfechtbar (10 ObS 53/17t mwN; E. Kodek in Rechberger, ZPO4 §
519 Rz 8). Beide Rekurse sind daher zulässig.
Beide Rekurse sind jedoch nicht berechtigt.
1.1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist für eine bindende Entscheidung über eine Prozessvoraussetzung iSd § 42 Abs 3 JN nicht erforderlich, dass das Gericht über ihr Vorliegen ausdrücklich und spruchmäßig entschieden hat (RIS-Justiz RS0114196; aA RIS‑Justiz RS0039857; RS0039811). Zwar wird eine bloß implizite Bejahung der Prozessvoraussetzung durch meritorische Behandlung als nicht ausreichend erachtet (RIS‑Justiz RS0114196 [T4, T8]; RS0039857 [T1]), sehr wohl aber eine bindende Entscheidung dann angenommen, wenn das Gericht sich mit dem Vorliegen der Prozessvoraussetzung in den Entscheidungsgründen auseinandergesetzt hat (RIS-Justiz RS0039774; RS0114196 [T6, T7]).
Der
Entscheidungswille des Gerichts, über die Prozessvoraussetzung zu entscheiden, muss aber deutlich erkennbar sein. Dem Berufungsgericht ist im Ergebnis beizupflichten, dass hier – zumindest im Zweifel – kein eindeutiger Entscheidungswille des Erstgerichts und damit auch keine bindende Entscheidung iSd § 42 Abs 3 JN vorliegt. Eine solche wurde auch in den Rekursen beider Parteien nicht behauptet.
1.2. Mangels einer bindenden Entscheidung (§ 42 Abs 3 JN) über die Zulässigkeit des Rechtswegs sah sich das Berufungsgericht wegen des Vorliegens eines zulässigen Rechtsmittels zurecht veranlasst, die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs nach § 42 Abs 1 JN von Amts wegen zu prüfen (Garber in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 42 JN Rz 21, 44 mwN).
2. Ob die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen sind, ob also der Rechtsweg (= Gerichtsweg) gegeben ist, hängt davon ab, ob es sich um eine bürgerliche Rechtssache handelt und, falls ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, ob dieser nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen wird (RIS‑Justiz RS0045584 [T32]; 9 ObA 68/10f). Bei der Entscheidung hierüber ist zwar grundsätzlich von den Klagebehauptungen auszugehen, aber nicht allein der Wortlaut, sondern vielmehr der Inhalt des Begehrens, nämlich die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs maßgebend (RIS‑Justiz RS0045584 [T71]; RS0045644 [T19, T20]; RS0045718 [T1, T30]; 9 ObA 151/14t). Irrelevant ist für die Zulässigkeit des Rechtswegs, ob das Begehren auch berechtigt ist und was der Beklagte dagegen inhaltlich einwendet; darüber ist erst in der Sachentscheidung abzusprechen (RIS‑Justiz RS0045718 [T9]; RS0045644 [T13]).
3. Der Vater der Beklagten gab (vertreten durch die Beklagte) bei seiner stationären Aufnahme am 9. 1. 2009 eine Erklärung ab, in der er sich als Selbstzahler zur Bezahlung der angeführten Pflege- und Sondergebühren spätestens bei seiner Entlassung verpflichtete (Beilage ./B). Dies stellt eine Zustimmungserklärung iSd § 30 Satz 2 TirKAG („Der Pflegling hat sich bei der Aufnahme durch eine schriftliche Erklärung zu verpflichten, die LKF-Gebühren und die Sondergebühren zu tragen.“) dar (vgl Stärker in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 Kap XI Rz 238).
3.1. Nach § 30 Abs 1 KAKuG (BGBl 1957/1 idF BGBl I 2004/179) sind durch die Landesgesetzgebung Vorschriften über die Einbringung von LKF-Gebühren oder Pflege‑(Sonder‑)gebühren und Kostenbeiträgen (§ 27a KAKuG), insbesondere über das Verfahren zur Einbringung im Rückstandsfall gegenüber dem Pflegling selbst, über die Geltendmachung gegenüber dritten Personen und die Berechnung von Entgelten für Begleitpersonen von Pfleglingen (§ 27 Abs 6 zweiter Satz KAKuG), zu erlassen. Dabei steht es dem (Landes-)Gesetzgeber frei, den Anspruch unabhängig von seinem Inhalt dem privatrechtlichen oder dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen (zum Salzburger KAG 6 Ob 334/99g = RIS‑Justiz RS0045438 [T9]).
3.2. Die Einbringung von LKF-Gebühren und Sondergebühren ist im TirKAG in § 43 geregelt (LGBl 1958/5, hier anzuwenden idF LGBl 2012/150). Abs 1 bestimmt, dass die LKF‑Gebühren und die Sondergebühren vom Pflegling zu entrichten sind, sofern nicht ein Dritter aufgrund eines besonderen Rechtstitels leistungspflichtig ist. Die Gebühren sind mit dem Tag der Vorschreibung fällig (Abs 2 Satz 3). Bleibt ein Pflegling mit der Bezahlung von Gebühren länger als vier Wochen im Rückstand, so kann der Träger der Krankenanstalt gemäß Abs 3 einen Rückstandsausweis ausfertigen, der neben der Höhe der ausstehenden Gebühren insbesondere den Hinweis auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und auf die Verzugszinsen sowie auf die Möglichkeit der Erhebung eines Einspruchs nach Abs 4 zu enthalten hat. Der Pflegling kann gegen den Rückstandsausweis binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder mündlich bei der Stelle, die den Rückstandsausweis erlassen hat, Einspruch erheben (Abs 4). Über den Einspruch entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel die betreffende Krankenanstalt liegt (Abs 5). Rückstandsausweise, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit der Bestätigung versehen sind, dass sie einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, sind im Verwaltungsweg vollstreckbar (Abs 6). Zur Einbringung rückständiger Gebühren, zu deren Bezahlung nicht der Pflegling selbst, sondern eine andere physische oder juristische Person verpflichtet ist, hat der Träger der Krankenanstalt den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Abs 7).
4. Aus § 30 KAKuG iVm § 43 TirKAG ergibt sich, dass der Gebührenanspruch gegenüber dem Pflegling selbst nicht auf den ordentlichen Rechtsweg, sondern auf den Verwaltungsweg gehört (vgl 4 Ob 590/81 = KRSlg 687 = RIS‑Justiz RS0045461; 5 Ob 605/82 = RZ 1983/32 = KRSlg 684; 2 Ob 178/09d = EvBl 2010/106 [Rendessy]). Die Rechtslage nach dem TirKAG entspricht insoweit der in den meisten anderen Bundesländern (vgl 6 Ob 256/03w; VfGH B 98/52 = VfSlg 2388 = KRSlg 28; Ballon in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 1 JN Rz 137; Kopetzki,Krankenanstaltenrecht, in Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht3 I 377 [474]). Der Gebührenanspruch gegenüber dem Pflegling (Patienten)
ist öffentlich-rechtlicher
Natur (2 Ob 178/09d = EvBl 2010/106 [Rendessy] = RIS‑Justiz RS0125762; VwGH 2004/11/0194; 2007/11/0050; Stöger in Neumayr/Resch/Wallner, Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht § 30 KAKuG Rz 1).
5. Zur Einbringung rückständiger Gebühren, zu deren Bezahlung nicht der Pflegling selbst, sondern eine andere physische oder juristische Person verpflichtet ist, hat der Träger der Krankenanstalt den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 43 Abs 7 TirKAG). Die Parteien vertreten in den Rekursen – insofern übereinstimmend – die Ansicht, die Beklagte wäre eine „andere physische oder juristische Person“ als der Pflegling (der verstorbene Vater der Beklagten) selbst; es sei daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Rechtsweg für die gegenständliche Klage eröffnet.
Der Senat hat hierzu erwogen:
5.1. § 43 Abs 7 TirKAG geht auf die Bestimmung des § 45 Abs 4 Krankenanstaltengesetz 1920 (StGBl 1920/327) zurück, die wie folgt lautete: „Ansprüche auf rückständige Verpflegsgebühren, die nicht gegen den Pflegling selbst, sondern gegen andere physische Personen oder gegen juristische Personen erhoben werden, sind, falls nicht nach besonderer gesetzlicher Anordnung (zum Beispiel nach dem Krankenversicherungsgesetz usw) die Verwaltungsbehörden zur Entscheidung berufen sind, im ordentlichen Rechtswege geltend zu machen.“ Die Bestimmung wurde dahingehend verstanden, dass die Vorschreibung im Verwaltungsweg („Mandatsverfahren“) nur gegen den Pflegling selbst zulässig sei, „nicht aber gegen andere, aufgrund gesetzlicher Vorschriften zahlungspflichtige Personen“ (Mayer/Schneider, Das Krankenanstaltengesetz [1926] 89). § 43 Abs 1 TirKAG trägt nun dem Pflegling die Entrichtung der LKF‑Gebühren und der Sondergebühren auf, „sofern nicht ein Dritter aufgrund eines besonderen Rechtstitels leistungspflichtig ist“. Sowohl eine systematische als auch eine historische Auslegung sprechen damit dafür, § 43 Abs 7 TirKAG im Lichte des § 43 Abs 1 TirKAG zu verstehen: Abs 7 möchte den ordentlichen Rechtsweg dann eröffnen, wenn eine vom Pflegling verschiedene Person aufgrund eines besonderen Rechtstitels – zB einer von ihr eingegangenen Verpflichtung, für die Kosten des Krankenhausaufenthalts des Pfleglings aufzukommen (vgl 4 Ob 195/10w) – in Anspruch genommen wird. Die bloße Gesamtrechtsnachfolge schafft demgegenüber keinen besonderen Rechtstitel für eine Leistungspflicht zur Begleichung von LKF-Gebühren und Sondergebühren iSd § 43 Abs 1 TirKAG; vielmehr übernimmt der Erbe durch die Gesamtrechtsnachfolge allein dann eine solche Leistungspflicht, wenn sie der Erblasser (Pflegling) bereits hatte.
5.2. Dem entspricht auch die Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts:
5.2.1. Der Verfassungsgerichtshof vertrat im Erkenntnis B 63/70 = VfSlg 6337 = JBl 1971, 619 (Morscher) die Ansicht, dass die Bestimmungen des § 41 WrKAG (idF WrLGBl 1958/1), wonach – vergleichbar der Rechtslage in Tirol – die Vorschreibung und Einbringung der Pflege- und Sondergebühren im Verwaltungsweg vorzunehmen sind, auch für den Erben des Pfleglings gelten. Beim Erben handle es sich nämlich um keine „andere physische oder juristische Person“ iSd § 39 WrKAG (für welche für die Einbringung der Pflege- und Sondergebühren nach § 39 Abs 2 WrKAG nicht wie beim Pflegling die Vorschriften des § 41 WrKAG gelten, sondern die „jeweils hierfür geltenden besonderen gesetzlichen Vorschriften“). Der Verfassungsgerichtshof begründete dies damit, dass der Erbe gemäß § 547 ABGB (idF vor dem ErbRÄG 2015), sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf diese den Erblasser vorstelle und er mit diesem in Beziehung auf einen Dritten – hier dem Rechtsträger der Krankenanstalt – für eine Person gehalten werde.
5.2.2. Auch der Verwaltungsgerichtshof folgt in ständiger Rechtsprechung dieser Rechtsanschauung. Unter Hinweis auf § 547 ABGB (aF) wendet er die Bestimmungen der Krankenanstaltengesetze der Bundesländer über die Heranziehung des Pfleglings zur Bezahlung der Pflegegebühren im Verwaltungsweg auch auf dessen Erben an. Dabei betont er, dass die Zahlungspflicht des Erben eine solche des Pfleglings voraussetzt (VwGH 1461/71 = KRSlg 245; 81/08/0131 = VwSlg 11.686 [A] = KRSlg 304; 86/09/0215 = KRSlg 344; 95/11/0351 = ZfVB 1998/1619; 2000/11/0232 = KRSlg 478; 2007/11/0050).
5.2.3. Die Rechtsansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, dass sich (auch) aus der erbrechtlichen Universalsukzession ergibt, dass der Erbe des Pfleglings bei der Einbringung von Pflege- bzw LKF-Gebühren nicht anders als der Verstorbene zu behandeln ist, überzeugt. Das ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) brachte durch die Neufassung der §§ 547 f ABGB insofern keine inhaltliche Änderung (Sprohar-Heimlich in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 547 Rz 23, § 548 Rz 9).
5.3. Im Übrigen erkannte der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 21/69 (= SZ 42/29), dass die bereits zu Lebzeiten des Verstorbenen entstandenen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsverbindlichkeiten auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger übergehen. Dies wurde in der Entscheidung mit dem Wesen der Gesamtrechtsnachfolge begründet, aus der sich ergibt, dass der Erbe für Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu bestreiten gehabt hätte, als Schuldner einzustehen hat. Diese Rechtsansicht wird von der Literatur geteilt (zB Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht14 II Rz 1840; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 531 Rz 3; Schauer in Gruber/Kalss/Müller/
Schauer,
Erbrecht und Vermögensnachfolge2 § 16 Rz 72; Weiß/Ferrari in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 7; krit Granner, Erb- und gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge im öffentlichen Wirtschaftsrecht, JBl 2015, 157 [160 ff] mwH). Für den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Bezahlung von LKF-Gebühren kann nichts anderes gelten.
5.4. Dieser Anspruch hat in der Behandlung des Verstorbenen zu Lebzeiten seinen Entstehungsgrund. Da es auf die Entstehung des Anspruchs zu Lebzeiten ankommt (s Welser/Zöchling-Jud aaO; Welser aaO; Schauer aaO) ist es ohne Bedeutung, dass er – wie hier – erst nach dem Ableben fällig wurde.
5.5. Als Ergebnis ist festzuhalten: § 43 Abs 7 TirKAG gilt nicht für den Fall, dass der Erbe eines Pfleglings als dessen Rechtsnachfolger auf die Begleichung angefallener LKF-Gebühren in Anspruch genommen wird.
6. Das Berufungsgericht hat daher mit Grund die Zulässigkeit des Rechtswegs verneint. Hinsichtlich der sich hieraus ergebenden Notwendigkeit zur Nichtigerklärung des Urteils und des Verfahrens sowie der Zurückweisung der Klage ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 iVm § 528a ZPO).
7. Die Kosten ihrer erfolglosen Rekurse haben die Parteien jeweils selbst zu tragen ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 50 ZPO Rz 7). Weil allein die Beklagte eine (als solche erfolgreiche) Rekursbeantwortung eingebracht hat, hat sie Anspruch auf Ersatz von deren Kosten (vgl RIS‑Justiz RS0035848; RS0035885; M. Bydlinski aaO).
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