Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 665,66 (darin enthalten EUR 110,94 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Eine relevante Aktenwidrigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichtes liegt nicht vor. Die Beklagte macht geltend, dass die Ausführungen des Berufungsgerichtes, dass die Beklagte gar nicht vorgebracht habe, dass die Klägerin während des Dienstverhältnisses unbefugt wesentliche Firmenunterlagen mit nach Hause genommen habe, mit dem Akteninhalt im Widerspruch stehe, weil die Beklagte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. 12. 2000 ein dahingehendes Vorbringen erstattet habe. Dem ist ihr entgegenzuhalten, dass in dieser Tatsatzung weder behauptet wurde, dass es sich um wesentliche Firmenunterlagen gehandelt habe, noch dass diese während des Dienstverhältnisses nach Hause genommen wurden. Insofern liegt also ein Abweichen des Berufungsgerichtes vom Akteninhalt nicht vor. Selbst aus den Ausführungen der Beklagten in der Revision ist nicht ersichtlich, welche wesentlichen Firmenunterlagen die Klägerin nach Hause genommen hätte. Allein der im erstgerichtlichen Verfahren vorgenommene allgemein gehaltene Verweis auf den Strafakt kann ein dahingehendes Vorbringen nicht ersetzen (vgl auch allgemein RIS-Justiz RS0017844; insb 10 Ob 63/00p).
Im Übrigen hat das Berufungsgericht das Vorliegen von Gründen, die die Beklagte zur Entlassung gemäß § 27 AngG berechtigen würde, zutreffend verneint. Es ist daher grundsätzlich ausreichend, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Klägerin war ab 1. 10. 1999 bei dem Beklagten im Rahmen eines vom Arbeitsmarktservice geförderten Angestelltenverhältnisses als Büroangestellte beschäftigt. Nachdem dem Beklagten am 3. 2. 2000 ein Zahlungsbefehl über die Forderungen einer anderen Arbeitnehmerin im Ausmaß von S 34.537,72 zugestellt worden war, erteilte er vorweg der Wirtschaftskammer eine Vollmacht. Er verfasste dann selbst - nach seinem eigenen Vorbringen am Freitag, den 11. 2. 2000 - einen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl und wies die Klägerin an, diesen Einspruch so rechtzeitig aufzugeben, dass er noch fristgerecht am folgenden Montag bei Gericht einlange. Die Klägerin war bereits an diesem Freitag an Grippe erkrankt und ab Montag überhaupt im Krankenstand. Sie meldete bereits um 7.00 Uhr den Krankenstand, jedoch wurde der Einspruch weder vom Beklagten noch einem anderen in den Betriebsräumen anwesenden Mitarbeitern rechtzeitig abgeschickt. Dem Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung wurde wegen auffallender Sorglosigkeit des Beklagten im Zusammenhang mit der Weiterleitung nicht Folge gegeben.
Am 17. 2. 2000 verfasste der Beklagte dann ein Entlassungsschreiben betreffend die Klägerin, das dieser zwar vorweg im Krankenstand nicht übergeben werden konnte, von dem sie dann aber bei ihrer versuchten Rückkehr Kenntnis erhielt. Darin wurde auf mangelhafte Arbeitszeitaufzeichnungen und Kenntnisse im Umgang mit EDV-Systemen sowie negative Äußerungen über die Beklagte Bezug genommen. Besondere EDV-Kenntnisse hatte die Klägerin aber nie zugesagt und auch beharrliche Verstöße gegen die Anordnung, die Arbeitszeiten "abzustempeln" waren nicht feststellbar. Erst nach ihrer Entlassung erstattete die Klägerin gegen den Beklagten und seine Ehegattin Strafanzeige und äußerte auch gegen einen Geschäftspartner des Beklagten, dass die wirtschaftliche Situation des Beklagten schlecht sei. In zwei Fällen war der Klägerin bei der Abrechnung von Berufsschulgeldern ein Irrtum unterlaufen, in dem sie jeweils statt S 7.550,-- S 7.750,-- abrechnete.
Zu den Ausführungen der Revision der Beklagten ist nun vorweg darauf hinzuweisen, dass Entlassungsgründe nur solche Tatbestände darstellen können, die bereits vor Ausspruch der Entlassung vorgelegen sind, mögen sie auch erst später hervorkommen (RIS-Justiz RS0028962 mwN etwa WBl 1987, 342 = Arb 10.649). Das heißt, die Entlassungsgründe müssen zumindest im Zeitpunkt der Lösung des Arbeitsverhältnisses bereits eingetreten sein. Damit fallen aber die Argumente der Beklagten aus der erst nach der Entlassung erstatteten Anzeige bzw Äußerungen gegenüber Dritten schon deshalb weg.
Im Wesentlichen verbleibt der der Klägerin durchaus als Fehlverhalten zuzurechnende Umstand, dass sie nicht bereits am Freitag für eine Postaufgabe des Einspruchs gegen den Zahlungsbefehles sorgte und dann am Montag sich zwar rechtzeitig krank meldete, jedoch nicht auf das Erfordernis, den Einspruch noch zur Post zu bringen, hinwies. Betrachtet man nun dieses Verhalten, so ist zu prüfen, ob darin nicht der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 AngG verwirklicht sein könnte. Dazu hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in seiner Entscheidung vom 21. 2. 2002 zu 8 ObS 30/02y festgehalten, dass entscheidend ist, ob der Arbeitgeber durch das Verhalten des Arbeitnehmers objektiv betrachtet befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen wird und dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet werden (vgl auch RIS-Justiz RS0029547 ua). Für die Verwirklichung des Entlassungsgrundes ist dabei schon Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers ausreichend. Auf das Vorliegen einer Schädigungsabsicht kommt es nicht an (vgl OGH 21. 2. 2002, 8 ObA 30/02y mwN etwa RIS-Justiz RS0029531 ua).
Allein in dem dargestellten Fehlverhalten der Klägerin kann jedoch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles gerade noch eine solche Befürchtung des Arbeitgebers nicht als objektiv gerechtfertigt angesehen werden. Ist doch zu berücksichtigen, dass der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen vorweg die Ansprüche der anderen Klägerin ohnehin zahlen wollte, dem sohin keine besondere Bedeutung beimaß. Maßgeblich ist vor allem, dass die Klägerin nach den Feststellungen an dem - einzigen - entscheidenden Tag, am den Freitag, dem 11. 2., bereits an Grippe erkrankt war, offensichtlich trotzdem arbeitete und vom Beklagten an diesem Tag auch noch mit dem "Götz-Zitat" bedacht wurde. Auch hat sich nicht ergeben, dass es regelmäßig zu ihrem Aufgabengebiet gehört hätte, mit derartigen Gerichtsverfahren umzugehen. Unter Beachtung dieser beruflichen und persönlichen Ausnahmesituation muss aber objektiv betrachtet ein Arbeitgeber im Hinblick auf diesen einzigen - wirklich gravierenden - Vorfall nicht befürchten, dass im regelmäßigen Arbeitsablauf seine dienstlichen Interessen wesentlich beeinträchtigt werden. Soweit der Beklagte noch releviert, dass nach seinem Vorbringen auch der Sohn der Klägerin diese unbefugterweise am Wochenende bei den Computerarbeiten unterstützt hätte, zeigt er nicht auf, welche konkreten betrieblichen Interessen dadurch beeinträchtigt worden wären. Ebensowenig hat der Beklagte vorgebracht, dass dagegen über den Sohn der Klägerin ein ausdrückliches Zutrittsverbot erlassen hätte (vgl OGH 12. 3. 1998 8 ObA 27/98y = ASoK 1998, 425 = RdW 1998, 476).
Insgesamt war daher der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.
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