European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00078.21K.0625.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO iVm § 252 IO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 10. 11. 2020, der am selben Tag in der Ediktsdatei veröffentlicht wurde, erklärte das Erstgericht den Zahlungsplan vom 1. 9. 2017 gemäß § 196 Abs 2 IO für nichtig.
[2] Das Rekursgericht wies den am 21. 12. 2020 im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Rekurs des Antragsgegners als verspätet zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO für nicht zulässig.
[3] Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Schuldners spricht keine erhebliche Rechtsfrage an.
Rechtliche Beurteilung
[4] Zahlt ein Zahlungsplanschuldner die Masseforderungen nicht binnen der vom Gericht zu setzenden angemessenen Frist, die drei Jahre nicht übersteigen darf, so ist der Zahlungsplan gemäß § 196 Abs 2 IO ex lege nichtig. Diese Nichtigkeit tritt erst dann ein, wenn der Schuldner die Masseforderungen trotz Aufforderung unter Einräumung einer mindestens vierwöchigen Nachfrist nicht gezahlt hat, wobei die Aufforderung einen Hinweis auf diese Rechtsfolge zu enthalten hat.
[5] Eine besondere Regelung für das Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit gemäß § 196 Abs 2 IO enthält das Gesetz nicht. Nach § 193 Abs 1 IO gelten, soweit nichts anderes angeordnet ist, im Zahlungsplanverfahren die Bestimmungen über den Sanierungsplan. Nach § 158 Abs 2 IO hat das Gericht die Nichtigkeit eines Sanierungsplans mit Beschluss festzustellen, wobei dieser Beschluss öffentlich bekanntzumachen ist (OLG Wien 6 R 148/18f ZIK 2018/308; Mohr , IO 11 § 196 Anm 5 b).
[6] Die Wirkungen der Zustellung eines Beschlusses, für den die öffentliche Bekanntmachung vorgeschrieben ist, treten gemäß § 257 Abs 2 IO bereits durch die öffentliche Bekanntmachung ein, und zwar unabhängig davon, ob und wann auch noch eine besondere Zustellung an die Beteiligten erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0065237; RS0110969; RS0127105 [T1]) und ob der Rekurswerber in die Ediktsdatei tatsächlich Einsicht genommen hat (8 Ob 61/16b, 8 Ob 29/20b). Dieser Rechtslage und ständigen Rechtsprechung ist das Rekursgericht gefolgt.
[7] Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RS0042656).
[8] Der Oberste Gerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass gegen die Zustellungswirkungen nach § 257 Abs 2 IO keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (8 Ob 121/13x; 8 Ob 87/15z; 8 Ob 61/16b). Mit dem Hinweis auf Art 6 MRK zeigt der Schuldner daher ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[9] Es kann dem Revisionsrekurs auch darin nicht gefolgt werden, dass der Schuldner angesichts der seit der Bestätigung des Zahlungsplans vergangenen Zeit mit der Veröffentlichung einer Entscheidung in der Ediktsdatei völlig überrascht werde. Da dem Schuldner die Bedingungen des Zahlungsplans, zu denen die Frist zur Begleichung der Masseforderungen zählt, bekannt waren und er diese Frist ungenutzt verstreichen hatte lassen, musste er ab diesem Zeitpunkt mit den gesetzlichen Folgen rechnen.
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