OGH 8Ob39/21z

OGH8Ob39/21z29.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen M*****, geboren am ***** 2014, wegen Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters N*****, vertreten durch Mag. Alexander Fuchs, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 28. Jänner 2021, GZ 2 R 132/20d‑53, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00039.21Z.0429.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Vater verbüßt derzeit in einer Justizanstalt eine fünfjährige Freiheitsstrafe wegen der Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung und anderer Delikte. Seiner Verurteilung im November 2017 lagen wiederkehrende Gewalthandlungen gegen die Mutter (und zwei weitere Frauen) sowie gegen das Kind zugrunde, wobei das Kind auch die Gewalt gegenüber der Mutter miterleben musste. Der letzte Kontakt zwischen dem Vater und der Minderjährigen fand im Sommer 2017 statt.

[2] Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters auf Einräumung eines (in der Justizanstalt auszuübenden) Kontaktrechts zum Wohl des Kindes ab.

[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters.

[5] 1. Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil das Kontaktrecht (§ 186 ABGB) eingeräumt werden soll oder dieses einzuschränken oder zu untersagen ist (§ 187 Abs 2 ABGB), hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Dies gilt insbesondere auch für die Ausübung des Kontaktrechts zwischen einem Kind und einem inhaftierten Elternteil in einer Justizanstalt (Nademleinsky in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 187 ABGB Rz 14 mwN zur zweitinstanzlichen Rsp; vgl auch Jausovec, Das Besuchsrecht zwischen Eltern und Kindern, 141). Erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG sind dabei regelmäßig nicht zu lösen (RIS‑Justiz RS0087024 [T6]; RS0097114 [T6, T8, T10]). Ausschlaggebend ist allein das Wohl des Kindes (RS0047958; RS0048056). Im Konfliktfall hat das Interesse eines Elternteils gegenüber dem Wohl des Kindes zurückzutreten (RS0048062; RS0048068 [T3]). Daran ändert auch der im Revisionsrekurs ins Treffen geführte Art 8 EMRK nichts (7 Ob 180/08h; 4 Ob 19/08k).

[6] 2. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass angesichts des bereits mehrere Jahre zurückliegenden (und auf Gewalttätigkeiten des Vaters auch gegen das Kind zurückgehenden) Kontaktabbruchs überhaupt nur ein begleiteter Kontakt im Sinne des § 111 AußStrG in Betracht käme, zieht der Rechtsmittelwerber gar nicht in Zweifel. Er wendet sich ausschließlich gegen die Ansicht der Vorinstanzen, dass ein begleiteter Besuch mit Mund-/Nasenschutz hinter einer Plexiglasscheibe in der Justizanstalt dem Kindeswohl widerspreche, und zwar mit der Behauptung, dass es sich hierbei sehr wohl um eine angemessene Möglichkeit zur Ausübung des Kontaktrechts handle. Damit zeigt er aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Die – auch vom Kinder- und Jugendhilfeträger geteilte – Einschätzung, dass Besuche im schon von Vornherein schwierigen Ambiente einer Justizanstalt hinter Plexiglasscheibe mit Maske eine kindgerechte Form von Kontakten ausschließen, ist auf den vorliegenden Einzelfall bezogen und im Hinblick auf das junge Alter der Minderjährigen nicht unvertretbar. Andere Rechtsfragen, insbesondere die (von den Vorinstanzen ausgeschlossene) Möglichkeit der Kontaktrechtsausübung in anderer Form, etwa in neutralen Räumlichkeiten, spricht der Vater nicht an.

[7] 3. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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