OGH 8Ob2082/96a

OGH8Ob2082/96a28.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** OHG,*****, vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger, DDr.Heinz Mück, Dr.Peter Wagner, Dr.Walter Müller, Dr.Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Erhard Hackl, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Hofgasse 7, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Friedrich S*****, 2. Betonwerk G***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Martina Witthof, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen S 400.000,-- und S 401.410,16 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20.September 1995, GZ 1 R 134/95-110, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 18.April 1995, GZ 4 Cg 323/92-104, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin errichtete für den ehemals Erstbeklagten, über dessen Vermögen im Zuge des Rechtsstreites das Konkursverfahren eröffnet wurde, eine Reithalle und den Dachstuhl für den daran angrenzenden Restauranttrakt. Einer der beiden persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin war nur unter der Bedingung bereit, mit dem Bau zu beginnen, daß ein Betrag von S 400.000,-- bezahlt würde. Die Klägerin legte am 18.10.1985 eine Teilrechnung in dieser Höhe. Da der ehemals Erstbeklagte zur Bezahlung dieser Rechnung nicht in der Lage war, akzeptierte er einen von der Klägerin ausgestellten und auf ihn gezogenen Wechsel. Die Zweitbeklagte übernahm für diesen Wechsel die Bürgschaft, indem sie durch ihren vertretungsbefugten Geschäftsführer neben dem Akzept mit dem Beisatz "als Bürge für den Bezogenen" firmamäßig fertigte. Der Wechsel sollte am 23.2.1986 fällig werden. Als er zu diesem Termin nicht eingelöst wurde, rief der Gesellschafter der Klägerin am 25.2.1986 den Geschäftsführer der Zweitbeklagten an, welcher nach Bekanntgabe des Sachverhaltes erklärte, daß er sich "um die Sache kümmern würde und daß der Wechsel bezahlt werden würde".

Am 26.3.1986 brachte die Klägerin die Wechselmandatsklage gegen die beiden aus dem Wechsel verpflichteten Parteien ein. Der erlassene Wechselauftrag wurde aufgrund der von den Beklagten eingewendeten Formungültigkeit deshalb aufgehoben, weil der Wechsel keinen Remittenten aufwies. Das abweisende Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt, der Oberste Gerichtshof gab mit seiner Entscheidung vom 24.7.1987 der Revision nicht Folge.

Mit ihrer am 30.7.1987 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von S 400.000,-- sA, den Erstbeklagten darüber hinaus zur weiteren Zahlung von S 401.410,16 sA schuldig zu erkennen. Der Werklohn für die im Auftrag des Erstbeklagten durchgeführten Arbeiten betrage aufgrund der Schlußrechnung vom 23.4.1986 insgesamt S 801.410,16. Der Erstbeklagte habe von diesem Betrag durch Wechselakzept zumindest S 400.000,-- anerkannt. Die Zweitbeklagte habe diesen Wechsel als Bürgin für den Bezogenen akzeptiert. Auch wenn der Wechsel formungültig gewesen sei, liege jedenfalls eine schriftliche Bürgschaftserklärung der Zweitbeklagten vor. Darüber hinaus habe die Zweitbeklagte im Telefonat vom 25.2.1986 selbst Zahlung zugesagt, mündlich nochmals die Bürgschaft für S 400.000,-- übernommen und diesen Betrag ausdrücklich anerkannt.

Die Beklagten wendeten gegen diesen Anspruch Gegenforderungen von insgesamt S 859.725,40 aus dem Titel des Schadenersatzes ein und brachten weiters vor, daß infolge nicht behobener Mängel der Werklohn nicht fällig sei. Die Beklagten hätten niemals ein konstitutives Anerkenntnis erklärt. Der Wechsel über den Betrag von S 400.000,-- sei als Vorauszahlung nur unter der Bedingung übergeben worden, daß die Klägerin termingerecht mit den Arbeiten beginne. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Die Zweitbeklagte brachte zudem vor, daß sie nur eine Wechselbürgschaft eingegegangen sei und sie nie die Absicht gehabt habe, sich hinsichtlich des Grundgeschäftes zu verbürgen. Mit der Ungültigkeit des Wechsels sei daher auch die Bürgschaft weggefallen.

Nachdem im ersten Rechtsgang das Berufungsgericht mit Teilurteil das Klagebegehren in Ansehung des ehemals Erstbeklagten mit S 801.410,16 sA als zu Recht und die eingewendete Gegenforderung mit dem S 514.833,23 übersteigenden Betrag als nicht zu Recht bestehend und den ehemals Erstbeklagten zur Zahlung eines Betrages von S 286.576,93 sA schuldig erkannt und darüber hinaus, somit in Ansehung des ehemals Erstbeklagten hinsichtlich der bis zur Höhe von S 514.833,23 eingewendeten Gegenforderung und in Ansehung der Zweitbeklagten hinsichtlich des gesamten Begehrens das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen hatte, trat hinsichtlich des ehemals Erstbeklagten nach Eröffnung des Konkurses über dessen Vermögen und Fortsetzung des Verfahrens als Prüfungsprozeß Ruhen des Verfahrens ein. Mit dem nunmehr nur mehr die Zweitbeklagte betreffenden Urteil wies das Erstgericht das gegen diese gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß die Erklärung des Geschäftsführers der Zweitbeklagten vom 25.2.1986, er werde sich um die Sache kümmern, der Wechsel werde bezahlt werden, als bloße Versicherung ein unstreitiges Verpflichtungsverhältnis aus dem Wechsel zu erfüllen, niemals geeignet sein könne, ein davon unabhängiges neues Verpflichtungsverhältnis im Sinne eines konstitutiven Anerkenntnisses zu schaffen. Auch könne die Wechselbürgschaft der Zweitbeklagten nicht als eine vom Wechsel unabhängige zivilrechtliche Bürgschaftserklärung angesehen werden. Nach Lehre und Rechtsprechung sei die Wechselbürgschaft eine Institution des Wechselrechtes und von der bürgerlich-rechtlichen Bürgschaft verschieden. Im Zweifel sei nicht anzunehmen, daß durch die Unterfertigung eines Wechsels eine Haftung sowohl nach Wechselrecht als auch nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts übernommen werden solle. Die Übernahme einer Wechselbürgschaft begründe nur dann auch die Haftung nach bürgerlichem Recht, wenn dies vereinbart worden sei.

Mit dem nun angefochtenen Urteil gab das Gericht zweiter Instanz der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es erklärte die ordentliche Revision als nicht zulässig. Ausgehend von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen führte das Berufungsgericht zur Rechtsrüge aus, daß die Konversion der Wechselbürgschaft in eine selbstschuldnerische Bürgschaft oder einen Schuldbeitritt nicht in Frage komme. Entscheidend für die Wechselbürgschaft sei die formelle Akzessorietät. Wenn die Wechselerklärung des Hauptschuldners wegen Formfehlers nichtig oder der ganze Wechsel förmlich ungültig sei, bestehe keine Haftung des Wechselbürgen. Im Zweifel sei nicht anzunehmen, daß durch die Unterfertigung eines Wechsels eine Haftung auch nach bürgerlichem Recht übernommen werden solle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Der von den Vorinstanzen wiedergegebene Rechtssatz, daß im Zweifel nicht anzunehmen sei, es solle durch die Unterfertigung eines Wechsels eine Haftung sowohl nach Wechselrecht als auch nach bürgerlichem Recht übernommen werden, die Übernahme einer Wechselbürgschaft begründe vielmehr nur dann eine Haftung nach bürgerlichem Recht, wenn dies von den Parteien vereinbart worden sei, geht auf die Entscheidung SZ 11/148 zurück. Dort war allerdings gerade dieser Teil der Begründung nicht tragend, da einerseits vom Vorliegen einer sogenannten "verkleideten Wechselbürgschaft" ausgegangen wurde und andererseits der Ausgleichsanspruch mehrerer Gutsteher untereinander zu beurteilen war. In der Folge kam die Rechtsprechung immer wieder auf diesen Rechtssatz zurück (SZ 43/173; SZ 53/75; SZ 55/187), jedoch nicht in Zusammenhang mit der Frage, ob aufgrund eines formungültigen Wechsels außerhalb des Wechselverfahrens Ansprüche geltend gemacht werden können. So war Gegenstand der Entscheidung SZ 43/173 die im Wechselmandatsverfahren eingewendete Ungültigkeit eines Wechsels; in SZ 53/75 hatte sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage zu beschäftigen, ob neben vorhandenen Blankowechseln, deren Formungültigkeit nicht behauptet wurde, aus der Wechselverpflichtungserklärung das Bestehen eines bürgerlich-rechtlichen Bürgschaftsvertrages abgeleitet werden könne. SZ 55/187 schließlich trat der Rechtsansicht der Vorinstanzen entgegen, daß die ausdrücklich als Wechselbürgen in Anspruch genommenen Beklagten, ohne daß Feststellungen über die Komplettierung des Blankowechsels zu treffen wären, aufgrund der Annahme einer bürgerlich-rechtlichen Bürgschaft in Anspruch genommen werden könnten. Diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes läßt sich somit nach dem jeweils zu entscheidenden Sachverhalt zwanglos dahin zusammenfassen, daß Wechselerklärungen auf einem formgültigen Wechsel nicht in andere rechtsgeschäftliche Erklärungen umgedeutet werden können (vgl. auch BGH WM 72, 461). Ergänzend ist hiezu anzumerken, daß dieser Grundsatz auch dann Geltung haben muß, wenn dieser Wechsel präjudiziert (anderenfalls würden Art.43, 44 WG ausgehöhlt) oder verjährt ist (Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz19 Art.2 WG Rdz 12).

Die hier allein entscheidungswesentliche Frage der Umdeutung einer Wechselerklärung kann somit nur dann entstehen, wenn von vornherein ein formungültiger Wechsel vorliegt. Mit dieser Frage hat sich der Oberste Gerichtshof - soweit überblickbar - bislang noch nicht beschäftigt. Für den deutschen Rechtsbereich wird das Problem der Umdeutung in § 140 BGB ausdrücklich geregelt. Das ABGB enthält zwar keine vergleichbare Bestimmung, doch ist die Rechtsfigur im österreichischen Recht entsprechend der deutschen Regelung anerkannt (vgl. hiezu auch Koziol/Welser10 I 155; Martin Binder, Zur Konversion von Rechtsgeschäften). Eine Konversion setzt voraus, daß die von den Vertragsparteien abgegebenen Erklärungen zwar nicht die Voraussetzungen des von ihnen angestrebten, in Wahrheit jedoch nichtigen Geschäftes, wohl aber die Voraussetzungen eines anderen, von ihnen nicht beabsichtigten Geschäftes erfüllen. Kann nun angenommen werden, daß ein solches Geschäft dem von den Parteien ins Auge gefaßten Zweck eher entspricht als seine Nichtigkeit, so darf es "umgedeutet" werden. Es ist als jenes Geschäft anzusehen, dessen Voraussetzungen es erfüllt. Eine Konversion ist ausgeschlossen, wenn jene Norm, welche die Ungültigkeit des angestrebten Geschäftes verfügt, auch auf das umgedeutete Geschäft anzuwenden ist (SZ 55/182; SZ 58/12). Der hypothetische Parteiwille muß das Ergebnis der Umdeutung decken (ÖBl 1984, 90; SZ 58/12), die Rechtsfolgen für die Parteien dürfen nach der Umdeutung nicht ungünstiger werden als sie es bei Wirksamkeit des nichtigen Geschäftes gewesen wären (P.Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht, 173).

Für den Bereich des Wechselrechtes wird die Umdeutung eines wegen Formmangels nichtigen Wechsels in ein anderes wirksames Rechtsgeschäft vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalles grundsätzlich bejaht. Der Ausstellungsakt kann in einem solchen Fall in eine bürgerlich-rechtliche Anweisung umgedeutet werden, da diese formfrei ist und dem Zweck des Ausstellers eher gerecht wird als die völlige Unwirksamkeit der Erklärung (Koziol/Welser10 aaO; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere12 68; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz19, Art.2 WG Rdz 9). Zur Frage der Umdeutung der in einem formnichtigen Wechsel übernommenen Wechselbürgschaft vertritt Martin Binder aaO 174 FN 177 die Ansicht, daß die Wechselbürgschaft als zivilrechtliche Bürgschaft zugunsten der Grundforderung aufrecht erhalten werden könne, sofern sich nicht gegenteilige Anhaltspunkte ergeben. P.Bydlinski folgt aaO 177 diesem allerdings nicht weiter begründeten Rechtssatz nur eingeschränkt, indem er meint, eine generelle Konversion sei wohl abzulehnen. Durch die angesprochene Umdeutung werde nicht bloß die Art der Haftung (zivilrechtliche Bürgschaft statt Wechselbürgschaft), sondern zusätzlich die gesicherte Verbindlichkeit (Kausalverpflichtung statt Wechselverpflichtung) verändert. So eröffne die Zahlung auf eine Kausalforderung insbesondere keinen wechselrechtlichen Regreß gegen die Vormänner des Hauptschuldners. Eine Ausnahme sieht P.Bydlinski allerdings in dem (wohl gängigsten) Fall der Verbürgung für den Akzeptanten. Einem solchen Bürgen stünden ja - außer gegen den Akzeptanten selbst - von vornherein keine wechselrechtlichen Regreßansprüche zu. Inhaltlich sei das Rückgriffsrecht gemäß § 1358 ABGB aber ohnehin nicht "schlechter" als ein Wechselregreßanspruch.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann die Anwendbarkeit dieser Rechtsansicht auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht deshalb ungeprüft bleiben, weil sich die Zweitbeklagte nicht für den Akzeptanten, sondern für den Bezogenen verbürgt habe, ist doch der Bezogene derjenige, der den Wechsel zu akzeptieren hat (Art.21, 25 WG). Es liegt somit hier gerade die Art von Verpflichtungserklärung vor, welche P.Bydlinski als der Umdeutung zugänglich angesehen hat.

Der erkennende Senat vermag sich den für eine Umdeutung der Wechselbürgschaft für den Bezogenen (= Akzeptanten) in eine Bürgschaft nach bürgerlichem Recht sprechenden gewichtigen Argumenten nicht zu verschließen: Die Wechselbürgschaft (Aval) dient zwar wie die Bürgschaft nach dem ABGB und dem HGB als Sicherungsmittel für fremde Verbindlichkeiten, geht aber infolge des Formalcharakters der Wechselerklärungen und ihrer gegenseitigen Unabhängigkeit über diese hinaus. Die Verpflichtungserklärung des Wechselbürgen ist gemäß Art.32 Abs.2 WG auch gültig, wenn die Verbindlichkeit, für die er sich verbürgt hat, aus einem anderen Grund als wegen eines Formfehlers nichtig ist (SZ 53/91; SZ 55/87). Die Wechselbürgschaft ist insofern formell akzessorisch, da der Wechselbürge auch dann haftet, wenn der erste Unterzeichner geschäftsunfähig, dessen Unterschrift gefälscht oder erdichtet ist (Gamerith in Rummel ABGB2 Rdz 6 zu § 1346). Wechselbürge und Hauptschuldner haften als Gesamtschuldner. Der Wechselbürge als Eigenschuldner kann nicht wie der Bürge nach dem ABGB die Einwendungen des Hauptschuldners gegen den Inhaber geltend machen, insbesondere nicht die Einreden, die dem Hauptschuldner aufgrund des seiner Wechselverpflichtung zugrundeliegenden Kausalverhältnisses zustehen (Gamerith aaO; Hueck/Canaris12 aaO 148; Baumbach/Hefermehl aaO Art.32 WG Rdz 2). Demgegenüber ist die Bürgschaft nach bürgerlichem Recht streng akzessorisch, d.h. von der Hauptschuld auch in ihrem Fortbestehen und Erlöschen abhängig (§ 1363 ABGB; Gamerith aaO § 1347 Rdz 3). Ist die Hauptschuld nicht gültig entstanden, gilt dies auch für die Bürgschaft (§ 1351 ABGB; SZ 56/21). Dem Bürgen stehen gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einwendungen aus dem Bürgschaftsverhältnis grundsätzlich alle Einwendungen des Hauptschuldners aus dem gesicherten Schuldverhältnis zu. Das gilt auch für solche, die geltend zu machen der Hauptschuldner unterlassen hat. Der Bürge hat somit aus eigenem Recht alle rechtshindernden, rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Einreden (Gamerith aaO § 1351 Rdz 6).

Die Bürgschaft nach Wechselrecht stellt sich somit durchwegs beschwerlicher dar als jene nach bürgerlichem Recht, zumal auch der Wechselbürge grundsätzlich nicht in zeitlich engeren Grenzen in Anspruch genommen werden kann, haftet er doch gemäß Art.70 Abs.1 WG mit dem Annehmer (Art.47 Abs.1 WG) für die wechselmäßigen Ansprüche zumindest durch drei Jahre vom Verfalltag an gerechnet (Pimmer, WechselG, ScheckG9 Art.70 WG Anm.2). Wie Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, 347 trefflich formuliert, wäre es "ein starkes Stück", wollte der nach bürgerlichem Recht belangte Bürge eines formungültigen Wechsels dem Kläger entgegenhalten, daß er ihm ursprünglich mehr an Sicherheit habe geben wollen, weshalb der Kläger nunmehr aus dem Papiergeschäft gar nichts zu erhalten habe.

Nach dem beiden Parteien bekannten und aus den Feststellungen klar hervorleuchtenden Zweck hat die Klägerin nur deshalb mit der Werkerrichtung begonnen, weil sie unter anderem durch die Bürgschaft der Zweitbeklagten Sicherheit hinsichtlich der Zahlung der ersten Teilrechnung erhalten hat. Der wirtschaftliche Zweck der Gutstehungserklärung wog daher für alle Beteiligten schwerer als die Frage der Form derselben. Irgendein Anhaltspunkt dafür, daß die Parteien des Bürgschaftsvertrages die Verpflichtung des Bürgen ausschließlich auf eine solche nach dem Wechselrecht beschränken wollten, ist dem Akt nicht zu entnehmen. Es ist in diesem Zusammenhang wieder auf die Ausführungen Jacobis aaO 681 f zu verweisen, welcher zur Frage der Umdeutung einer formungültigen Wechselbürgschaft unter anderem wie folgt Stellung nimmt: "Was erklärt ist, richtet sich nicht nach den Wirkungen, die das Gesetz an die Erklärung knüpft, sondern nach dem, was der Gegner oder die Allgemeinheit unter den entsprechenden Worten oder Zeichen versteht, die der Erklärende äußert ... Hat also jemand die für beide Arten von Bürgschaft inhaltlich notwendige Haftungserklärung abgegeben, und hat dabei die Folgen der Wechselbürgschaft übernehmen wollen, aber die wechselrechtliche Form nicht, wohl aber die zivilrechtliche beachtet, so ist er, ohne daß es darauf ankommt, ob die Voraussetzungen der Konversion vorliegen oder nicht, zivilrechtlicher, eventuell handelsrechtlicher Bürge".

Die Zweitbeklagte als GmbH ist Formkaufmann im Sinne des § 6 HGB. Ihr kommt Vollkaufmannseigenschaft zu (HSSlg 10.022). Daß die Bürgschaft auf seiten der Zweitbeklagten ein Handelsgeschäft war, ist unstrittig, sodaß gemäß § 350 HGB auf die Bürgschaft der Zweitbeklagten die Formvorschrift des § 1346 Abs.2 ABGB (Schriftlichkeit) nicht anzuwenden ist. Obwohl die Wechselbürgschaft auch alle Merkmale eines schriftlichen Bürgschaftsvertrages aufweisen würde (vgl. JBl 1991, 193), war deshalb auf die Kaufmanneigenschaft der Beklagten hinzuweisen, weil so offenkundig wird, daß die Umdeutung keinesfalls in Bereiche eingreift, die vom Gesetzgeber als besonders schutzwürdig gewertet werden. Die Umdeutung der von der Zweitbeklagten inn einem formungültigen Wechsel übernommenen Bürgschaft hat daher in eine solche nach Handelsrecht zu erfolgen. Gemäß § 349 HGB haftet die Zweitbeklagte als Bürge und Zahler. Es stehen ihr, wie dem Bürgen nach bürgerlichem Recht, alle Einreden gegen die Hauptschuld aus eigenem Recht zu.

Da die Vorinstanzen aus unrichtiger Rechtsansicht die Haftung der Zweitbeklagten verneint haben, ohne auf die im Verfahren vorgebrachten Einwendungen gegen den Klagsanspruch Bedacht zu nehmen, waren die Urteile erster und zweiter Instanz aufzuheben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren das Zurechtbestehen des Klagsanspruches auch hinsichtlich der Zweitbeklagten materiell zu prüfen haben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

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