Spruch:
Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.415,05 (darin EUR 559,01 USt und EUR 1.061 Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 16. 1. 1996 verletzte sich die Klägerin bei einem Sturz auf einer Treppe des vom Beklagten betriebenen Lokals. Es ist dem Grunde nach unstrittig, dass der Beklagte der Klägerin für ihre daraus entstandenen Schäden zu haften hat.
Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang gegen den Beklagten beim Erstgericht eine ganze Reihe von Schadenersatzklagen eingebracht. Im Verfahren 3 C 1279/96h begehrte sie zunächst die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Schäden aus diesem Unfall, änderte die Klage aber in der Folge in ein Leistungsbegehren auf Zahlung von S 95.000 Schmerzengeld und S 500 Spesenersatz, womit sie erfolgreich war. Im Verfahren 3 C 65/99h begehrte sie eine Verunstaltungsentschädigung, Heilungskosten und Ersatz sonstigen Aufwandes ersetzt. Im Verfahren 3 C 1040/99s begehrte sie die Kosten einer Umschulung; diese Verfahren endeten mit einem Vergleich, worin sich der Beklagte zur Zahlung einer Pauschalabfindung von S 130.000 verpflichtete.
In den verbundenen Verfahren 3 C 433/00f und 3 C 322/00b begehrte sie schließlich rückständigen und laufenden Verdienstentgang ab März 1997. Dieses Begehren wurde zur Gänze wegen Verjährung abgewiesen (Urteil des Erstgerichts vom 30. 3. 2000, bestätigt durch Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. 8. 2001, 1 R 129/01d; noch nicht rechtskräftig, weil außerordentliche Revision zu 2 Ob 65/02a anhängig).
Mit der hier zu behandelnden Klage, 3 C 93/99g, welche am 20. 1. 1999 eingebracht wurde, begehrt die Klägerin Verdienstentgang für das Jahr 1996. Mit Urteil vom 1. 7. 1999 wies das Erstgericht diese Klage wegen Verjährung ab. Der Klägerin sei seit dem Unfalltag der tatsächliche Eintritt der Rechtsgutverletzung und der Schädiger bekannt gewesen. Beim eingeklagten Verdienstentgang habe es sich um gut vorhersehbare und sicher zu erwartende Folgeschäden gehandelt. Die Klägerin habe es verabsäumt, mit früheren Schadenersatzklagen ein Feststellungsbegehren zur Vermeidung der Verjährung solcher Ansprüche zu verbinden.
Mit Beschluss vom 19. 11. 1999 (ON 18) hat das Berufungsgericht dieses Urteil unter Verweis auf die geänderte Judikatur des Höchstgerichtes, wonach die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nach § 1489 erster Fall ABGB nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens beginnt (1 Ob 621/95 = SZ 68/238 [verstärkter Senat]), aufgehoben. Nach dem 20. 1. 1996 eingetretene Schäden könnten unter diesem Gesichtspunkt nicht verjährt sein; ob der Klägerin, welche Ansprüche ab dem 16. 1. 1999 geltend macht, in den vier Tagen zwischen 16. 1. 1999 und 20. 1. 1999 überdies ein Verdienst entgangen sei, lasse sich mangels entsprechender Feststellungen nicht beurteilen.
Mit Urteil vom 14. 9. 2001 wies das Erstgericht im zweiten Rechtsgang in Übergehung des § 499 Abs 2 ZPO die Klage erneut wegen Verjährung der eingeklagten Ansprüche zur Gänze ab. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes im Aufhebungsbeschluss sei "im gegenständlichen Fall" der Beginn der Verjährung mit dem Zeitpunkt anzusetzen, in dem die Klägerin Kenntnis vom Schädiger und (wenn auch noch nicht der Höhe nach) vom Schadenseintritt erlangt habe. Wie ein anderer Senat des Berufungsgerichtes im Verfahren 3 C 433/00f (betreffend Verdienstentgangsforderungen der Klägerin für das Jahr 1997) ausführlich begründet habe, vertrete der Oberste Gerichtshof in der Frage der Verjährung von Folgeschäden die gemäßigte Einheitsschadentheorie, wonach die kurze Verjährung zwar nicht vor dem tatsächlichen Schadenseintritt zu laufen beginne, es die Berücksichtigung leitender, insbesondere der Prozessökonomie dienender Zwecke des Verjährungsrechtes aber verbiete, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehen beginnen zu lassen. Mit der positiven Kenntnis vom Erstschaden werde die Verjährungsfrist auch dann in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern könne und ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt seien; der drohenden Verjährung müsse er mit einer Feststellungsklage begegnen.
Die Klägerin habe selbst behauptet, in der Nacht vom 16. auf den 17. 1. 1996 operiert und am 18. 1. 1996 erstmals erwacht zu sein; zudem habe ihr Vater am 19. 1. 1996 eine Anzeige beim Gendarmerieposten erstattet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei ihr also bekannt gewesen, wer der Schädiger sei und dass aus dem Unfall Schäden, insbesondere auch an Verdienstentgang, entstanden seien. Das Erstgericht wage sogar zu beurteilen, dass die Klägerin noch vor dem operativen Eingriff Kenntnis davon gehabt habe, dass sie zumindest vorübergehend arbeitsunfähig sein werde, zumal Patienten vor einem operativen Eingriff in der Regel vom Arzt über die Folgen aufgeklärt würden. Weiters habe die Klägerin selbst vorgebracht, dass sie im Einvernehmen mit ihrer Arbeitgeberin bereits am 20. 1. 1996 einvernehmlich das Arbeitsverhältnis rückwirkend mit 16. 1. 1996 aufgelöst habe. Aus all diesen Umständen ergebe sich zweifelsfrei, dass die Klägerin bereits am Unfallstag, spätestens aber am 19. 1. 1996, Kenntnis vom Schädiger und vom Schadenseintritt gehabt habe. Damit habe die Verjährung auch spätestens mit 19. 1. 1996 begonnen und seien die am 20. 1. 1999 eingeklagten Ansprüche damit verjährt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu, weil angesichts der zwischen den Streitteilen bereits beim Obersten Gerichtshof anhängigen Frage der Verjährung von Verdienstentgangsforderungen es Erwägungen der Rechtssicherheit gebieten würden, die Fortsetzung des Verfahren von der Rechtskraft dieses neuerlichen Aufhebungsbeschlusses abhängig zu machen.
In rechtlicher Hinsicht meinte es zusammengefasst, dass die Klägerin mit der am 20. 1. 1999 eingebrachten Klage offenkundig erstmals Schadenersatzansprüche wegen Verdienstentgangs eingeklagt habe, also ein "Erstschade" zu beurteilen sei, dessen Verjährung jedenfalls nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginne - anders möge es sich bei der Klagbarkeit der im Verfahren 3 C 433/00f, 332/00b geltend gemachten Verdienstentgangsforderungen der Klägerin für das Jahr 1997, welche im Sinne der Judikatur wohl Folgeschäden seien, verhalten. Eine Schade aus Verdienstentgang trete nämlich tatsächlich dann ein, wenn der unselbständige Dienstnehmer, was die Klägerin zur Unfallszeit offenkundig gewesen sei, am Fälligkeitstag effektiv weniger ausbezahlt erhalte, als ihm ohne Schadensereignis zugestanden wäre. Eine Abweisung dieser Klage setze also jedenfalls voraus, dass der Klägerin bereits vor dem 20. 1. 1996 fälliger Verdienst nicht ausbezahlt worden sei. Daran bestünden erhebliche Zweifel. Das Erstgericht habe ungeachtet des Auftrages im Aufhebungsbeschluss nach wie vor keinerlei relevanten Sachverhalt zu dieser Frage festgestellt, sondern nur Fragen der Vorhersehbarkeit des Schadens angesprochen, welche aber die Verjährung von "Erstschäden" nicht in Gang setzten. Da sich somit die Frage der Verjährung der Ansprüche nach wie vor nicht beurteilen lasse, sei die angefochtene Entscheidung erneut aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, Feststellungen zum tatsächlichen erstmaligen Eintritt allfälliger Verdienstausfälle zu treffen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn des klagsabweisenden Ersturteils; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Der Beklagte macht geltend, dass zwar nach der Entscheidung des verstärkten Senates die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginne. Entwickelten sich aber aus einer einzelnen schädigenden Handlung oder Unterlassung fortlaufend gleichartige schädliche Folgen, die in überschaubaren Zusammenhang stünden und schon ursprünglich vorhersehbar gewesen seien, wie der hier verfochtene Verdienstentgangsanspruch der Klägerin, sei nach ständiger Rechtsprechung der Eintritt der ersten schädlichen Auswirkung für die Auslösung des Verjährungsfristenlaufes entscheidend. Bei zeitlich gedehnter Entstehung mehrerer Teilschäden gelte der Rechtssatz des verstärkten Senates nur für den relevanten "Erst- oder Primärschaden" uneingeschränkt. Zur Verjährung von vorhersehbaren Folgeschäden vertrete der Oberste Gerichtshof die "gemäßigte Einheitsschadenstheorie". Bei der Verfolgung eines aktuellen Schadenersatzanspruches sei die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei der Entstehung des Erstschadens vorhersehbaren Folgeschäden zumutbar. Aufgrund des schwerwiegenden Verletzungsbildes sei der Klägerin von Anfang an klar gewesen, dass ihr ein nicht unbeträchtlicher Verdienstentgang entstehen werde.
Das Berufungsgericht verkennt den von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung in Weiterentwicklung der Entscheidung des verstärkten
Senates 1 Ob 621/95 (= SZ 68/238 = EvBl 1996/11 = ecolex 1996, 91
[Wilhelm] = JBl 1996, 311 [Apathy] = RdW 1996, 111) entwickelten
Begriff des relevanten "Erst- oder Primärschadens", zu dem - wie die folgenden Ausführungen zeigen - nicht mehr der Jahre später erstmals geltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen Verdienstentgangs gehört, der für die Klägerin von allen Anfang erkennbar war. Erst- oder Primärschaden war vielmehr der aufgrund des schädigenden Ereignisses vom 16. 1. 1996 bereits im Verfahren 3 C 1279/96h geltend gemachte Schadenersatzanspruch auf Schmerzengeld und Spesenersatz und nicht der auf Verdienstentgang.
Der Oberste Gerichtshof hat ua in dem durchaus vergleichbaren Fall 4 Ob 2197/96h (= JBl 1997, 43 = ecolex 1996, 907) betreffend voraussehbare Folgeschäden (Verdienstentgang) aus der Beschädigung eines Gasthauses durch herabfallende Mauerteile ausführlich dargelegt, dass nach der Entscheidung des verstärken Senates die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 1. Satz ABGB) nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt. Diese Auffassung hat der Oberste Gerichtshof neben dem Hinweis auf den Wortlaut des § 1489 ABGB vor allem mit folgender Erwägung begründet:
"Nicht minder schlagkräftig ist das Argument, Ergebnis der der Rechtsprechung zugrundeliegenden Auffassung sei es, dass der Anspruch bereits verjähren könnte, ehe er noch überhaupt hätte durchgesetzt werden können. Diese Konsequenz läuft aber dem im § 1478 ABGB verankerten Grundsatz des Verjährungsrechts diametral zuwider, dass nur bereits ausübbare Rechte verjähren könnten: Diesem unbefriedigenden Ergebnis kann auch mit der Feststellungsklage nicht abgeholfen werden, weil dabei - im Gegensatz zu Fällen, in welchen zwar der Schaden schon eingetreten ist, aber seine Höhe noch nicht abgesehen werden kann - nur einzelne Haftungsvoraussetzungen (namentlich das Verschulden) geprüft werden können, ohne dass damit feststünde, ob je ein ursächlich darauf rückführbarer Schaden eintreten wird; die Kausalität des im Feststellungsprozeß geprüften Schadensereignisses für den im Leistungsprozeß geltend gemachten Schaden kann doch nur stets erst hier festgestellt werden. ... Zutreffend weist P. Bydlinski (DRdA 1993, 190) darauf hin, dass nicht einzusehen sei, weshalb das Risiko der Beurteilung, wann ein 'Schaden mit Sicherheit vorhersehbar' ist, gerade dem Geschädigten aufgehalst werde. Dieser konnte sich vor dem drohenden Anspruchsverlust nur dadurch schützen, dass er in jedem Fall vorsichtshalber die Feststellungsklage erhebt. Diese Klage mag ... dem Geschädigten zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten nicht zu verwehren sein; sie in diesem frühen Zeitpunkt jedoch zur Vermeidung nachteiliger Verjährungsfolgen jedenfalls zu verlangen, ist mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen und hieße, demjenigen Säumigkeit vorzuwerfen, der erst den Eintritt des Schadens abwarten will, bevor er gegen den einstweiligen potentiellen Schädiger vorgeht."
Der verstärkte Senat sah sich jedoch zur Klarstellung veranlasst, dass § 1489 ABGB seinem Wortlaut nach nur auf einen einheitlichen Schaden abstelle und nur ein derartiger Schaden - nicht jedoch auch Folgeschäden - Gegenstand der zitierten Entscheidung gewesen sei. Die von Riedler in der Anm zur Entscheidung (JBl 1994, 753) vertretene Ansicht, "dass nunmehr jeder sich in der Sphäre des Geschädigten realisierende" Folge-(Teil-)Schaden "den Lauf einer eigenen neuen, gesonderten Verjährungsfrist auslöst", sei aus diesem Urteil nicht unmittelbar ableitbar. Es sei vielmehr ausdrücklich festzuhalten, dass die hier dargelegten rechtlichen Überlegungen im Falle der zeitlich gedehnten Entstehung mehrerer Teilschäden nur für den relevanten "Erstschaden" uneingeschränkt Gültigkeit haben. Auch die Frage der Risikoabwälzung sei im Falle der Beurteilung von Folgeschäden differenziert zu sehen, sei doch das Erheben einer Feststellungsklage bei vorhersehbaren Folgeschäden dann kaum beschwerlich und risikoreich, wenn aufgrund des Eintritts des "Erstschadens" die Leistungsklage ohnedies bereits indiziert ist. In diesem Sinne habe der Senat in seinem Urteil 1 Ob 41, 42/94 (= JBl 1996, 315 [Riedler]) entschieden: Die Berücksichtigung leitender Zwecke des Verjährungsrechts verbiete es, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehung beginnen zu lassen; vielmehr sei die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei Entstehung des Erstschadens vorhersehbaren Folgeschäden zumutbar. Die Entscheidung 1 Ob 41, 42/94 = JBl 1996, 315 hatte ausgesprochen, dass die Verjährung zwar nicht vor dem "Primär- oder Erstschaden" zu laufen beginne; mit dessen Kenntnis werde sie aber auch schon in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind; der drohenden Verjährung sei mit Feststellungsklage zu begegnen. Koziol (Haftpflichtrecht1 I [1973]) pflichtete dem mit gewichtigen Argumenten bei: Sei ein, wenn auch noch nicht bezifferbarer, Schaden einmal eingetreten, seien damit alle Voraussetzungen für den Ersatzanspruch gegeben und dieser dem Grunde nach entstanden. Soweit hier Feststellungsklage gefordert werde, könne dem nicht mit dem - bei noch fehlendem Schadenseintritt stichhältigen - Argument entgegengetreten werden, der Geschädigte werde zu einer Klage gezwungen, obschon möglicherweise mangels Schadens überhaupt kein Ersatzanspruch entstehen werde. Der gegenteiligen Auffassung Riedlers (ZVR 1993, 44 ff; JBl 1994, 756), von Apathy/Riedler (DRdA 1993, 349 f) und Apathys (EKHG § 17 Rz 8) hielt der Oberste Gerichtshof die Ausführungen F. Bydlinski (FS Steffen 72 ff) entgegen, welchen er sich anschloss. Der Oberste Gerichtshof meinte in der oben zitierten ausführlich begründeten Entscheidung 4 Ob 2197/96h, der Kläger musste innerhalb von drei Jahren ab dem Mauereinsturz (18./19. 12. 1987) eine Leistungsklage auf Schadenersatz einbringen, weil er sogleich einen Sachschaden erlitten hat und ihm auch die Schadensursache bekannt sein musste. Dass er damit auch die Klage auf Feststellung voraussehbarer Folgeschäden - wie etwa eines sicher zu erwartenden Verdienstentganges - verbinden musste, ist aus Gründen der Prozessokonomie zu bejahen und wird auch von Apathy (JBl 1996, 315) und Wilhelm (ecolex 1996, 93) nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Riedler meint, dass der Geschädigte auch hier nicht zur Feststellungsklage gezwungen sein dürfe, hat aber die schwächeren Argumente für sich:
Für die Lösung der Frage, ob man die Frist für die Verjährung des Anspruches auf Ersatz eines eingetretenen Schadens auch auf die bei dessen Kenntnis gut voraussehbaren Schäden erstreckt ("gemäßige Einheitstheorie des Schadens im Verjährungsrecht": F. Bydlinski, JBl 1996, 474), oder ob man jeden zeitlich getrennt entstehenden Teilschaden verjährungsrechtlich als selbständigen Schaden behandelt, sind keine logisch völlig zwingenden Argumente vorhanden (F. Bydlinski, FS Steffen 83). Es geht vielmehr um die Frage, welche der mit dem Wortlaut des § 1489 ABGB vereinbaren Lösungen besser den allgemeinen Funktionen des Verjährungsrechte entspricht, ohne gegen dessen zentralen Leitgedanken zu verstoßen, dass die Verjährung nicht beginnen darf, ohne dass der Gläubiger, wenigstens objektiv und generell betrachtet, mit nach den Umständen indizierten Maßnahmen der Rechtsverfolgung säumig war (F. Bydlinski FS Steffen 83 f). Der Wortlaut des § 1489, der nur von "dem Schaden" spricht, regelt den Fall der zeitlich gedehnt entstehenden Teilschäden nicht klar und deutlich (F. Bydlinski, FS Steffen 73 ff; ders, JBl 1996, 477). Nach dem Wortlaut allein wäre die eine und die andere Auffassung vertretbar. Da auch keine aufschlussreichen Gesetzesmaterialien über die Absicht des Gesetzgebers vorhanden sind, die eine eindeutige historische Interpretation rechtfertigen könnten, bleibt als Auslegungsmethode die objektiv-teleologische Interpretation des Gesetzes, welche sich um ein Verständnis bemüht, das am Zweck der Regelung selbst orientiert ist.
Fasst man den Zweck des Verjährungsrechtes ins Auge, zu welchem insbesondere die Vermeidung größer werdender Beweisschwierigkeiten und der damit verbundenen Mehrbelastungen für die Gerichte und Parteien gehört (Bydlinski, FS Steffen 72), dann ist der Auffassung der Vorzug zu geben, dass jedenfalls, wenn der Geschädigte zu einer Leistungsklage genötigt ist, gleichzeitig auch alle voraussehbaren künftigen Schäden (mit Feststellungsklage) geltend zu machen sind. Dass es prozessökonomisch ist, innerhalb der kurzen Verjährungsfrist auch voraussehbare künftige Schäden in einem Feststellungsprozess klären zu lassen, liegt auf der Hand. Dass Feststellungsurteile "ihre Schwächen haben" (Bydlinski, FS Steffen 73), ist nicht strittig; dass ein rechtskräftiges Feststellungsurteil aber mehr rechtliche Wirkung entfaltet als ein Leistungsurteil, gibt auch Riedler (ecolex 1996, 89) zu. F. Bydlinski ist deshalb voll darin beizupflichten, dass all diese Schwächen, insbesondere die allfällige Notwendigkeit späterer Auseinandersetzungen über die Höhe des nunmehr aktuellen Teilschadens und über seine Verursachung durch das seinerzeit haftungsbegründende Verhalten des Feststellungsbeklagten unvermeidlich und das bei weitem kleinere Übel sind, "wenn man es mit dem beschriebenen Funktionsverlust des Verjährungsrechts für wichtige, typische Fallgruppen des Schadenersatzrechts vergleicht" (FS Steffen 73). Dieser Ansicht, die heute herrschende Auffassung ist (Koziol/Welser
I12 205 mwN; RIS-Justiz RS0034711; RS0083144; 2 Ob 2019/96t = SZ
69/55; 9 ObA 2300/96t = SZ 70/104; 2 Ob 254/98m = JBl 1999, 605 ua)
schließt sich der erkennende Senat vollinhaltlich an: Der Klägerin war es zur Vermeidung des Verlustes ihrer Ansprüche zumutbar, mit dem geltend gemachten Primärschaden (hier Schmerzengeld und Spesenersatz im Verfahren 3 C 1279/96h) oder zumindest innerhalb der für den Primärschaden laufenden Verjährungsfrist (hier Unfallstag 16. 1. 1999, spätestens aber der Tag der Anzeige bei der Gendarmerie 19. 1. 1999) ihren Verdienstentgang einzuklagen oder zumindest ein Feststellungsbegehren zu erheben, weil für die Klägerin bereits damals die Folgeschäden (Verdienstentgang zumindest für eine erhebliche Zeit) leicht voraussehbar waren. Darauf, ob bereits am 16. bzw 19. 1. 1999 ein Verdienstentgang eingetreten war oder nicht (weil zB der Lohn erst zum Monatsende fällig geworden wäre), kommt es daher nicht an.
Es ist im Übrigen nicht verständlich, wieso die anwaltlich vertretene Klägerin ihr ursprünglich erhobenes Feststellungsbegehren im Verfahren 3 C 1279/96h umgewandelt, und das Feststellungsbegehren nicht aufrecht erhalten, und auch in der Folgeklage 3 C 65/99h, betreffend Verunstaltungsentschädigung, Heilungskosten und sonstigen Aufwand, kein (neues) Feststellungsbegehren gestellt hat. Auch wenn es aus prozessökonomischen Gründen zweckmäßig gewesen sein mag, vorerst mit einer Leistungsklage auf Verdienstentgang zuzuwarten, bis feststand, dass das Verschulden des Beklagten "dem Grunde nach zu Recht besteht" und dies bis zum Ablauf der Verjährungsfrist noch nicht endgültig entschieden war (Rechtskraft des diesbezüglichen Urteils erst im Februar 1999), hätte die Klägerin ohne weiteren Aufwand und Kosten ihr Feststellungsbegehren aufrecht erhalten bzw ein solches wiederum stellen können, hätte aber zumindest - da der Klagevertreter die Gefahr der Verjährung der Verdienstentgangsansprüche offenbar ohnedies erkannte - die hier vorliegende Leistungsklage auf Verdienstentgang nicht so spät zur Post geben dürfen, dass sie erst nach vollendeter Verjährung beim Erstgericht einlangte.
Das Klagebegehren auf Verdienstentgang musste daher wegen Verjährung abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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