Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern des am 25. 12. 1991 geborenen mj. Dominik wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Lilienfeld vom 8. 5. 2003 geschieden. Der Vater verpflichtete sich mit pflegschaftsbehördlich genehmigter Vereinbarung vom 8. 7. 2003 zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von je 200 EUR für den mj. Dominik und den 1988 geborenen mj. René, der seit Juni 2006 selbsterhaltungsfähig ist. Der mj. Dominik wird im Haushalt der Mutter betreut. Ihr steht die Alleinobsorge für das Kind zu. Über Antrag des Vaters wurde am 13. 2. 2005 vom Bezirksgericht St. Pölten das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Insgesamt wurden Forderungen von 231.482,29 EUR angemeldet. Der vom Vater in der Tagsatzung am 6. 9. 2005 angebotene Zahlungsplan wurde von den Gläubigern nicht angenommen. Das Bezirksgericht St. Pölten leitete mit Beschluss vom 9. 9. 2005 das Abschöpfungsverfahren ein. Das Schuldenregulierungsverfahren wurde mit Beschluss vom 6. 10. 2005 aufgehoben.
Am 16. 5. 2006 beantragte das Kind eine Unterhaltserhöhung auf monatlich 398 EUR, beginnend mit 1. 6. 2005.
Der Vater erklärte sich mit einer Erhöhung auf 250 EUR monatlich einverstanden. Die Abweisung des Mehrbegehrens beantragt er im Hinblick auf das laufende Abschöpfungsverfahren.
Mit rechtskräftigem Teilbeschluss vom 23. 5. 2006 erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsleistung ab 1. Juni 2006 auf 250 EUR monatlich.
Mit weiterem Beschluss vom 26. 6. 2006 erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsleistungen ab 1. Juni 2006 auf insgesamt 335 EUR monatlich. Es stellte fest, dass die Bemessungsgrundlage 1.827,97 EUR beträgt. Der Vater, den keine weiteren Sorgepflichten träfen, könne für den Unterhalt seines Sohnes mit 20 % monatlich belastet werden. Unter teilweiser Anrechnung der von der Mutter bezogenen Familienbeihilfe auf den Geldunterhaltsanspruch des Kindes entspreche der festgesetzte Unterhaltsbetrag der aktuellen Leistungsfähigkeit des Vaters. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach die Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund eines im Schuldenregulierungsverfahren angenommenen Zahlungsplans dadurch verändert werde, dass die zurückzuzahlenden Schulden als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien, könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden: Ein Zahlungsplan sei nicht angenommen worden. Überdies stehe erst nach der Regellaufzeit des Abschöpfungsverfahrens, somit nach sieben Jahren, fest, ob es überhaupt zu einer Restschuldbefreiung des Vaters komme. Zu diesem Zeitpunkt werde das Kind aller Voraussicht nach selbsterhaltungsfähig sein. Von der verbesserten Einkommenslage des Vaters könne der Sohn daher nicht profitieren. Eine Berücksichtigung der Abzüge aufgrund des Abschöpfungsverfahrens sei daher nicht gerechtfertigt. Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Vater erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe in der ausführlich begründeten Entscheidung 6 Ob 52/06z seine bisherige Rechtsprechung zur Auswirkung eines Schuldenregulierungsverfahrens auf die Unterhaltsansprüche dargestellt. Dabei habe der Oberste Gerichtshof die Grundsätze der sogenannten „Differenzmethode" dargelegt. Wende man diese Grundsätze an, so liege das Existenzminimum für „allgemeine Forderungen" ausgehend von den konkret vom Vater erzielten Einkünften bei 1.293,80 EUR. Das „Unterhaltsexistenzminimum" ohne Sorgepflicht betrage 823,13 EUR. Die daraus resultierende Differenz von 461,67 EUR sei durch die vom Erstgericht richtig ermittelten 335 EUR an monatlichen Unterhaltsbeiträgen voll gedeckt. Der vom Rekurswerber gewünschte Abzug der behaupteten monatlichen Abschöpfungen von 471,66 EUR von der Unterhaltsbemessungsgrundlage komme nicht in Betracht. Der dagegen vom Vater erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs gesteht ausdrücklich zu, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen rechnerisch nicht zu beanstanden sind, also die Unterhaltshöhe unter Anwendung der Prozentsatzmethode auf das tatsächlich erzielte Einkommen des Vaters und unter teilweiser Berücksichtigung der steuerlichen Entlastung richtig ermittelt wurde. Ebenso unstrittig ist, dass der so ermittelte Unterhalt unter Anwendung der „Differenzmethode" (dazu grundlegend 6 Ob 52/06z) in der Differenz der maßgeblichen Existenzminima Deckung findet. Der Vater meint allerdings zusammengefasst, dass die von ihm als „gefestigt" bezeichnete neueste Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach sich die Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund eines im Schuldenregulierungsverfahrens vereinbarten Zahlungsplans dahin ändere, dass die danach zurückzuzahlenden Schulden als außergewöhnliche Belastung von der Bemessungsgrundlage abzugsfähig seien, auch auf das Abschöpfungsverfahren anzuwenden sei. Es sei daher der monatlich abgeschöpfte Betrag von 497,08 EUR von der Bemessungsgrundlage (1.827,94 EUR) abzuziehen.
Richtig ist, dass unter Zugrundelegung der vom Revisionsrekurswerber gewünschten Berechnung die Unterhaltsbemessungsgrundlage nur 1356,34 EUR betrüge. Der Anspruch des Kindes nach der Prozentsatzmethode errechnete sich mit 271,27 EUR. Das Rekursgericht hat bereits ausgeführt, dass sich unter weiterer Berücksichtigung der teilweisen steuerlichen Entlastung rechnerisch ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 255,17 EUR ergäbe, folgte man der Rechtsauffassung des Vaters. Allerdings kommt aus folgenden Überlegungen hier ein Abzug der abgeschöpften Beträge von der Bemessungsgrundlage jedenfalls nicht in Betracht:
Der Oberste Gerichtshof vertrat zunächst in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass über den Unterhaltspflichtigen verhängte konkursrechtliche Maßnahmen auf seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind keinen Einfluss haben (RIS-Justiz RS0037149 [T2]; RS0113298 uva). Nach dieser Rechtsprechung rechtfertigte ein in einem Schuldenregulierungsverfahren zustande gekommener, rechtskräftig bestätigter Zahlungsplan für sich allein noch nicht, die laut Zahlungsplan abzustattenden Schulden als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen (1 Ob 139/01z; 7 Ob 299/01y; 3 Ob 201/02h; 7 Ob 176/02m).
In der Entscheidung 1 Ob 191/01x (SZ 74/138), die einen Unternehmenskonkurs betraf, wurde für das Unterhaltsvorschussverfahren die Auffassung vertreten, dass sich die Leistungsfähigkeit des selbständigen Unterhaltsschuldners an dem ihm zur Verfügung stehenden tatsächlichen Nettoeinkommen orientiere. Die Tilgung von Unterhaltsschulden sei nur aus der Differenz der Existenzminima nach § 291b Abs 2 EO und § 291a EO möglich. Dabei sei vom mittleren Jahresnettoeinkommen eines Arbeiters auszugehen, weil im Regelfall angenommen werden könne, dass ein arbeitsuchender Ex-Unternehmer ein solches Einkommen erzielen könnte. Ebenfalls der 1. Senat des Obersten Gerichtshofes wich in der Folge auch für das Schuldenregulierungsverfahren von der bisherigen Rechtsprechung ab und sprach aus (1 Ob 86/04k, SZ 2004/77), dass sich die Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund eines im Schuldenregulierungsverfahren festgelegten Zahlungsplans ändere. Die danach zurückzuzahlenden Schulden seien grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Der Zahlungsplan diene gerade dazu, die Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach dessen Erfüllung wieder herzustellen. Dies widerspreche auch nicht dem „ehernen Grundsatz des Unterhaltsrechts", dass Schulden des Geldunterhaltspflichtigen die Bemessungsgrundlage an sich nicht mindern, handle es sich dabei doch um berücksichtigungswürdige (abzugsfähige) Schulden, also solche, die er eingegangen sei, um ihn wieder in die Lage zu versetzen, nach der Schuldenregulierung unbelastetes Einkommen zur Deckung seiner Unterhaltsverpflichtungen zur Verfügung zu haben. In der Entscheidung 1 Ob 176/04w (ZIK 2005/191,171) wurde dieser Standpunkt aufrechterhalten und auf die sachliche Rechtfertigung verwiesen, die darin liegen soll, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Schuldenregulierung gerade deshalb geschaffen habe, um einem Schuldner die Wiedererlangung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in absehbarer Zeit zu ermöglichen. Das versetze ihn in die Lage, nach der Schuldenregulierung unbelastetes Einkommen zur Deckung seiner Unterhaltsverpflichtungen und so zum Wohl der Unterhaltsberechtigten zur Verfügung zu haben.
Dieser Auffassung schloss sich der 7. Senat (7 Ob 279/05p, 7 Ob 289/05h, 7 Ob 298/05g und 7 Ob 291/05b) an.
Der 6. Senat konnte die Frage offenlassen, ob überhaupt die „Differenzmethode" bei Ermittlung der Unterhaltsverpflichtungen des Vaters, dessen Zahlungsplan von den Gläubigern angenommen worden war, zugrunde zu legen ist: Die nach Anwendung der Prozentwertmethode auf die konkrete Bemessungsgrundlage ermittelten Unterhaltsbeiträge fanden in der Differenz Deckung (6 Ob 52/06z).
Der 2. Senat (2 Ob 228/05a) erkannte jedenfalls für einen vom Durchschnittsfall abweichenden „Extremfall" (Zahlungsplanquote 92 %; zum Schuldenregulierungsverfahren führende Verbindlichkeiten stammten aus unangemessenem Konsumverhalten), dass die Zahlungsplanraten nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden könnten und sprach ausdrücklich aus, dass Erwägungen, ob die neuere Rechtsprechung fortgesetzt werden solle, im Anlassfall daher entbehrlich seien.
Der 10. Senat konnte (jeweils ein Abschöpfungsverfahren betreffend) die Frage offen lassen (10 Ob 65/06s; 10 Ob 59/06h). Für das Abschöpfungsverfahren wandte der 3. Senat die „Differenzmethode" an (3 Ob 1/05a).
In der Entscheidung 2 Ob 192/06h wurde erkannt, dass im Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung (im Anlassfall Ehegattenunterhalt betreffend) die vom unterhaltspflichtigen Schuldner dem Treuhänder abgetretenen Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis (Abschöpfungsbeträge) von der Unterhaltsbemessungsgrundlage ebenso abzuziehen seien wie die aufgrund eines gerichtlich bestätigten Zahlungsplans geleisteten Schuldenzahlungen. Dem Unterhaltsberechtigten stehe aber jedenfalls ein monatlicher Unterhalt in der Höhe zu, wie er sich aufgrund einer Berechnung nach der Differenzmethode nach der Differenz der Existenzminima nach den §§ 291a und 291 b Abs 2 EO ergäbe, auch wenn eine Unterhaltsberechnung nach der Prozentsatzmethode wegen der grundsätzlichen Abzugsfähigkeit der Abschöpfungsbeträge einen geringeren Unterhaltsbeitrag ergäbe. Der vom Vater gewünschte Abzug der Abschöpfungsraten von der Bemessungsgrundlage komme nicht in Betracht, weil das aufgrund der Steigerungsbeträge erhöhte Existenzminimum jedenfalls nicht den Zweck verfolge, den Unterhaltspflichtigen im Abschöpfungsverfahren schneller zu entschulden. Der sich nach der Differenzrechnung ergebende Betrag sei vielmehr als zweckgebundenes Vermögen zugunsten der Unterhaltsberechtigten aufzufassen und stelle somit den Mindestbetrag dar, den der Unterhaltspflichtige ohne Überspannung seiner Kräfte jedenfalls leisten könne.
Diese Grundsätze haben nach der Entscheidung 3 Ob 19/07a auch für genehmigte Schuldenrückzahlungsraten entsprechend einem konkursgerichtlich genehmigten Zahlungsplan zu gelten. Auch in diesem Fall stehe dem Unterhaltsberechtigten jedenfalls ein Unterhalt in jener Höhe zu, wie er sich aufgrund einer Berechnung nach der Differenzmethode ergäbe, auch wenn eine Unterhaltsberechnung nach der Prozentsatzmethode wegen der generellen Abzugsfähigkeit der Zahlungsplanraten zu einem geringeren Unterhaltsbeitrag führte. Auch im hier zu beurteilenden Fall findet der zugesprochene Unterhalt in der Differenz der Existenzminima Deckung. Die im Revisionsrekurs angesprochene und als nicht sachgerecht bezeichnete Ungleichbehandlung von Zahlungsplanraten einerseits und Abschöpfungsraten andererseits liegt nicht vor, wenn dem Unterhaltsberechtigten in beiden Fällen Unterhalt zumindest in Höhe des sich nach der Differenzmethode zu ermittelnden Betrages zusteht. Einwände dagegen wären allerdings berechtigt, wenn jene Schulden, die zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens führten, auch außerhalb des Konkursverfahrens als abzugsfähig anzuerkennen wären, etwa weil es sich um unvermeidbare Anschaffungen zur Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Unterhaltspflichtigen handelte (siehe dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht³ 62 f). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Auch der Fall, dass die Differenzmethode einen höheren Unterhaltsbeitrag ergibt als die Anwendung der Prozentsatzmethode auf die konkrete Bemessungsgrundlage (ohne Abzug der Abschöpfungsbeträge) liegt hier nicht vor (vgl zu dieser Problematik Neuhauser in ZAK 2007/144, 83 in Druck).
Es bedarf daher keines Eingehens auf die bereits vom 6. Senat (6 Ob 282/06y) zutreffend als beachtenswert bezeichneten Bedenken in der Literatur und der zweitinstanzlichen Rechtsprechung gegen die „Differenzmethode" und gegen die generelle Abzugsfähigkeit von Zahlungsplanraten (Abschöpfungsraten) von der Unterhaltsbemessungsgrundlage unabhängig davon, ob nach allgemeinen Grundsätzen überhaupt von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzugsfähige Schulden betroffen sind (Zencica, Konkurs der Unterhaltsbemessung, ÖA 2006, 63 [66 f]; G. Kodek, Zur Unterhaltsbemessung im Konkurs, ZAK 2006/261, 146; Neumayr, Anm zu 7 Ob 289/05h, FamZ 2006, 12; Neuhauser in Schwimann, ABGB³ § 140 Rz 57; LG Linz EFSlg 110.313; LG St. Pölten EFSlg 110.314; LGZ Wien EFSlg 110.315).
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