OGH 8Ob122/13v

OGH8Ob122/13v17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eduard J*****, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Brigitte I*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2013, GZ 45 R 308/13x‑92, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00122.13V.1217.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger erkennt selbst, dass die Beurteilung, welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, eine Frage des konkreten Einzelfalls ist, die ‑ abgesehen von Fällen krasser Fehlbeurteilung - regelmäßig nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0118125). Eine krasse Fehlbeurteilung vermag der Kläger aber im Ergebnis nicht darzustellen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten alle Umstände zu berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen (RIS‑Justiz RS0057303). Dabei müssen die Eheverfehlungen in ihrem Zusammenhang gesehen werden, wobei berücksichtigt werden muss, inwieweit diese einander bedingt haben bzw ursächlich für das Scheitern der Ehe waren (RIS‑Justiz RS0057223; ebenso RS0056751). Der Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten hat nur dort zu erfolgen, wo der graduelle Unterschied der beidseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt (RIS‑Justiz RS0057821). Dazu reicht es aber auch, wenn den anderen Ehegatten ein wesentlich geringgradigeres Zerrüttungsverschulden trifft (RIS‑Justiz RS0057262). Für diese Beurteilung ist nicht nur zu berücksichtigen, wer mit dem Fehlverhalten begonnen hat, sondern auch wer entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Ehe unheilbar zerrüttet wurde (RIS‑Justiz RS0056755).

Ausgehend von diesen vom Berufungsgericht beachteten Grundsätzen kann die hier unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgte Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Kläger das überwiegende Zerrüttungsverschulden anzulasten ist, nicht als unvertretbar angesehen werden.

Der Kläger hat den ganz wesentlichen, die Beklagte schwer belastetenden einseitigen Schritt gesetzt, die gemeinsame Ehewohnung zu verlassen. Er hätte daher auch zu behaupten und zu beweisen gehabt, dass diese Aufgabe der Lebensgemeinschaft zu Recht erfolgte (RIS‑Justiz RS0109128). Die bloß subjektive Einschätzung und auch der bloße Umstand, dass die Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft als unangenehm empfunden wurde, sind zur Rechtfertigung nicht ausreichend (RIS‑Justiz RS0009478). Außer dem subjektiven Empfinden des Klägers konnte aber nur die für beide Ehegatten geltende Überforderung mit der Erziehung des gemeinsamen Kindes festgestellt werden. Diese Überforderung hätte aber nach der nicht unvertretbaren Einschätzung des Berufungsgerichts auch durch andere Maßnahmen bewältigt werden können.

Das ehewidrige Verhalten der Beklagten beschränkte sich im Wesentlichen auf eine Ohrfeige in einem viel früheren Stadium der Ehe und unangemessene Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Überforderung bei der Erziehung des gemeinsamen Kindes (heftige und unsachliche Schuldzuweisungen, weil sich die Beklagte bei der Erziehung vom Beklagten im Stich gelassen fühlte).

Dass das Berufungsgericht die vom Kläger einseitig vorgenommene Auflösung der ehelichen Wohngemeinschaft und dessen Beschimpfungen und Beleidigungen der Beklagten sowie die zwar verfristete, aber bei der Gesamtbetrachtung nicht unbeachtliche (vgl dazu auch RIS‑Justiz RS0057209) frühere ehewidrige Beziehung des Klägers als so wesentlichen Beitrag zur Zerrüttung gewertet hat, dass das geringfügige Zerrüttungsverschulden der Beklagten dagegen zurücktritt, kann nicht als unvertretbar eingestuft werden.

Soweit die Revision davon ausgeht, dass sich die Beklagte immer wieder Tätlichkeiten zuschulden habe kommen lassen, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt (RIS‑Justiz RS0043312).

Im Ergebnis war die Revision mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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