European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080NC00017.22Z.0529.000
Spruch:
Dem Ordinationsantrag wird stattgegeben.
Als zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.
Begründung:
[1] Die in Wien wohnhafte Klägerin beabsichtigt, gegen ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Serbien eine Klage auf Rückzahlung von 760,77 EUR aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs‑ und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (EU‑FluggastVO) zu erheben und beantragt mangels eines dafür örtlich zuständigen Gerichts eine Ordination nach § 28 Abs 1 Z 2 JN an das Bezirksgericht Schwechat. Sie habe bei der Beklagten für sich und Mitreisende, die ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten hätten, einen Flug von Wien nach Belgrad und weiter nach Sarajevo samt Rückflug gebucht. Die Beklagte habe die Flüge annulliert, aber den bezahlten Preis nicht rückerstattet.
[2] Eine Klage in Serbien sei nicht zumutbar. Es würde durch dieses Erfordernis die Rechtsdurchsetzung unverhältnismäßig erschwert.
[3] Der noch vor dem 1. 5. 2022 (vgl nunmehr § 101a idF BGBl Nr 61/2022) eingebrachte Antrag ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Ordination nach § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines inländischen Gerichtsstands ein Bedürfnis nach Gewährung von inländischem Rechtsschutz besteht, weil die Sache ein Naheverhältnis zum Inland aufweist und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland fehlt (RIS‑Justiz RS0057221 [T4]). Auf dieser Grundlage gab der Oberste Gerichtshof unter anderem bereits wiederholt Ordinationsanträgen statt, wenn Ansprüche nach der EU‑FluggastVO ansonsten in Serbien geltend zu machen gewesen wären (6 Nc 1/19b; 5 Nc 13/19k; 6 Nc 25/19g; 1 Nc 2/20i; 2 Nc 1/22b; 9 Nc 2/22a). Begründet wurde die Ordination in diesen Fällen damit, dass sonst die Effektivität der EU‑FluggastVO gefährdet wäre (RS0132702 [T10]).
[5] Im vorliegenden Fall ergibt sich der erforderliche Inlandsbezug aus dem Abflugort und dem in Österreich gelegenen Wohnsitz der Klägerin. Der Aufwand einer Klage und Vollstreckung in Serbien stünde außer Verhältnis zum geringen Klagebetrag. Zudem könnten notorisch Urteile serbischer Gerichte in Österreich mangels eines Abkommens über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der EU‑FluggastVO nicht vollstreckt werden. Damit ist eine Klage in Serbien unzumutbar.
[6] Bei der Auswahl des zu bestimmenden Gerichts ist auf die Kriterien der Sach‑ und Parteinähe sowie der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat eine Zuweisung an das von der Klägerin auch vorgeschlagene Bezirksgericht Schwechat zu erfolgen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)