Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.252,26 (darin enthalten EUR 208,71 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Parteien schlossen in der Verhandlung am 3. 2. 2004 einen Vergleich, der nach seinem Punkt 3. nur dann rechtswirksam werden sollte, wenn er nicht von der klagenden Partei bis längstens 17. 2. 2004 widerrufen werde.
Am 18. 2. 2004 langte beim Erstgericht ein am 17. 2. 2004 verfasster und zur Post gegebener Widerruf dieses Vergleiches durch die klagende Partei ein, den das Erstgericht als verspätet zurückwies.
Das von der klagenden Partei angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, wobei es aussprach, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Im Falle der Beisetzung einer Suspensivbedingung trete die prozessbeendigende Wirkung des Prozessvergleiches dann nicht ein, wenn der Vergleich mittels Schriftsatzes rechtzeitig widerrufen werde. Rechtzeitigkeit des Widerrufes bedeute dabei dessen Einlangen innerhalb der vereinbarten, vom Gericht nicht verlängerbaren Frist bei Gericht. Da die Vergleichswiderrufsschrift der Klägerin erst am 18. 2. 2004 beim Erstgericht einlangte, sei der Vergleich rechtswirksam geworden und der Widerruf verspätet. Nach nunmehr wohl hA genüge zwar auch ein Vergleichswiderruf mittels Telefax, wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart worden sei, wobei allerdings eine Bestätigungsschrift vom Widerrufenden unverzüglich nachgereicht werden müsse. Aus dem Einwand der Klägerin, den Vergleichswiderruf dem Erstgericht noch am 17. 2. 2004 per Telefax übermittelt zu haben, lasse sich aber nichts für sie gewinnen: Der von der Klägerin mit dem Rekurs vorgelegte Sendebericht vom 17. 2. 2004, 17.26 Uhr, enthalte nämlich als (angewählte) Faxnummer die Telefonnummer der gemeinsamen Einlaufstelle des Bezirks- und des Landesgerichtes Salzburg, weiters jedoch die Angabe einer (Übersendungs-)Dauer von 00'00" und einer (übersendeten) Seitenanzahl "000" sowie das "Ergebnis: [Keine Antwort]", dh aus dem Sendebericht selbst ergebe sich eindeutig, dass die Übermittlung des Telefaxschriftsatzes nicht erfolgreich durchgeführt worden sei. Grund dafür könnte gewesen sein, dass bei erstmaligem Anwählen des Faxgerätes der Einlaufstelle des Erstgerichtes dieses gerade belegt gewesen sei und eine Wiederholung des Übermittlungsvorganges nicht stattgefunden habe oder dass das Faxgerät der Einlaufstelle ausgeschaltet gewesen sei (was allerdings nach einer telefonisch eingeholten Auskunft des Leiters der Einlaufstelle nicht der Fall gewesen sein dürfte, weil das Faxgerät auch außerhalb der Amtsstunden eingeschaltet bleibe). Eingaben mittels Telekopierers (Telefax, Fax) seien nur dann fristenwahrend, wenn das Telefax beim Empfangsgerät des Gerichtes vor 24.00 Uhr des letzten Tagen der Frist einlange. Zwar bedürfe es einer (physischen) Übernahme des Telefax durch die Einlaufstelle des Gerichtes nicht; der Einreicher trage jedoch das Risiko von Einbringungsfehlern, technischen Gebrechen und der Belegung des Empfangsgerätes zum Übersendungszeitpunkt ebenso wie das Risiko, dass das Telefax infolge Abschaltung des Empfangsgerätes zur Übersendungszeit erst nach Ablauf der Frist oder vielleicht, weil die Speicherkapazitäten überschritten würden, gar nicht mehr empfangen werde; werde doch das Telefax in diesem Fall erst mit einem Eingangsvermerk nach § 102 Geo vom nächsten Tag versehen. Jedenfalls habe sich eine Partei, die einen Schriftsatz an das Gericht mittels Telekopierers abgesendet habe, danach zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt worden sei, weil sie die Gefahr des Verlustes bis zum Einlangen bei Gericht treffe. Da im vorliegenden Fall auch der (Telefax-)Widerrufsschriftsatz am 17. 2. 2004 nicht beim Erstgericht eingelangt sei, sei der Vergleich vom 3. 2. 2004 rechtswirksam geworden und habe das Erstgericht den Widerruf zu Recht als verspätet zurückgewiesen.
Im Hinblick auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sei der Revisionsrekurs jedenfalls zulässig; im Übrigen sei dem Rekurssenat auch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage bekannt, wer das Risiko eines abgeschalteten Empfangsgerätes bei Gericht zu tragen habe.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Gericht erster Instanz aufzutragen, das gesetzmäßige Verfahren unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund fortzusetzen. In eventu möge der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen werden.
Die Beklagte hat eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet, in der sie beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin entweder zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus folgenden Erwägungen zulässig:
Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 zweiter Halbsatz ZPO ist der Revisionsrekurs gegen eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz dann nicht jedenfalls unzulässig, wenn das Gericht zweiter Instanz die Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen - also ohne Sachentscheidung - bestätigte. Einer Klagezurückweisung aus formellen Gründen ist nach stRsp jedenfalls ein Beschluss gleichzuhalten, mit dem die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine Klage verweigert wird, also ein prozessualer Rechtsschutzanspruch des Klägers, eine Sachentscheidung über das Klagebegehren zu erlangen, endgültig verneint wird (4 Ob 509-511/92; 1 Ob 501/95; 2 Ob 563/95; RZ 1995/5; 1 Ob 2066/96x ua). Dies trifft im hier zu beurteilenden Fall zu. Wie der Oberste Gerichtshof schon in dem der vorliegenden Causa ganz vergleichbaren Fall 1 Ob 178/02m (auch dort war der Widerruf eines aufschiebend bedingten Vergleiches als verspätet zurückgewiesen und der Vergleich für rechtswirksam erklärt worden) ausgeführt hat, schließt der Vergleichswiderruf - unabhängig davon, ob er als rechtzeitig anzusehen ist - das Begehren auf Fortsetzung des Verfahrens in sich. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Gleichstellung der Ab- und Zurückweisung eines Fortsetzungsantrages mit der Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen (nur) dann gerechtfertigt ist, wenn die Verweigerung der Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens gleichzeitig auch die Verweigerung der Sachentscheidung über den Rechtsschutzantrag des Klägers oder des Beklagten bedeutet. Eine Ausnahme vom Anfechtungsausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO besteht dann, wenn durch einen berufungsgerichtlichen Beschluss die weitere Prozessführung abgeschnitten wird (4 Ob 2386/96b, EvBl 1997/152; 4 Ob 2391/96p, SZ 70/1; 1 Ob 2066/96x, EFSlg 82.309; 7 Ob 93/98x, MietSlg 50.799; 1 Ob 200/98p; 1 Ob 178/02m ua). Dies ist hier der Fall; durch die vorinstanzlichen Beschlüsse wurde die Fortsetzung des Verfahrens verwehrt und der Rechtsschutzanspruch der Klägerin, eine Sachentscheidung zu erlangen, endgültig verneint. Dies hat zur Folge, dass die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes gemäß § 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO - allerdings nicht, wie das Rekursgericht meint "jedenfalls", sondern unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (Kodek in Rechberger2 § 528 ZPO Rz 3) - anfechtbar ist (vgl 1 Ob 178/02m, in welcher Entscheidung auch dargelegt wird, dass ein Fall wie der vorliegende nicht mit jenen oberstgerichtlichen Entscheidungen [6 Ob 2022/96, RZ 1997/18; 6 Ob 112/99k, EFSlg 91.073 ua] vergleichbar ist, in denen ausgesprochen wurde, dass bei Aktenkundigkeit einer prozessbeendenden Entscheidung oder eines dieser gleichzuhaltenden prozessbeendenden Vergleiches im Verfahren über einen danach gestellten Fortsetzungsantrag die Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 zweiter Fall ZPO nicht anwendbar sei).
Mangels oberstgerichtlicher Judikatur zu der vom Rekursgericht demnach zu Recht für im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblich erachteten Rechtsfrage, wer das Risiko eines abgeschalteten Empfangsgerät bei Gericht (oä) zu tragen habe, ist der Revisionsrekurs der Klägerin daher zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.
Bei der Frist für den Widerruf eines gerichtlichen Vergleiches handelt es sich um eine zwischen den Parteien vereinbarte Ausschlussfrist mit materiell-rechtlicher Wirkung (RIS-Justiz RS0037363). Wird - wie im vorliegenden Fall - in einem gerichtlichen Vergleich die Möglichkeit seines Widerrufes durch eine innerhalb einer bestimmten Frist bei Gericht abzugebende Widerrufserklärung vorgesehen, dann ist der Widerruf mangels anderer Vereinbarung daher nur dann wirksam, wenn die Widerrufserklärung innerhalb dieser Frist bei Gericht eingelangt ist (RIS-Justiz RS0037376). Um die Rechtswirksamkeit des gegenständlichen Vergleiches zu verhindern, hätte ein Vergleichswiderruf der Klägerin daher bis 24.00 Uhr des 17. 2. 2004 beim Erstgericht einlangen müssen.
Die Revisionsrekurswerberin hält den Ausführungen des Rekursgerichtes im Wesentlichen entgegen, sie habe am 17. 2. 2004 unzweifelhaft versucht, den Widerrufsschriftsatz um 17.26 Uhr dem Gericht per Telefax zu übermitteln. Nach Dienstschluss wäre es nicht mehr möglich gewesen, mit dem Erstgericht Kontakt aufzunehmen und das Nichtfunktionieren des Faxgerätes zu rügen. Unbillig wäre es nun, ihr einerseits die Möglichkeit einzuräumen, nach Dienstschluss einen Telefax-Schriftsatz zu übermitteln, andererseits aber das Nichtfunktionieren des Empfangsgerätes ihr anzulasten. Auch schon der Versuch der Übermittlung per Telefax mit anschließendem Nachreichen des Schriftsatzes müsse daher für die Wahrung der Frist ausreichen.
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Auszugehen ist davon, dass im gegenständlichen Fall der durch die Vorlage eines Sendeberichtes belegte Versuch einer Faxübermittlung völlig erfolglos geblieben ist: das Telefax ist gar nicht beim Erstgericht eingelangt. Abgesehen davon, dass die Ursache dafür unbekannt blieb und mehrere Gründe dafür in Frage kommen (neben einer Belegung oder einem Nichtfunktionieren des Empfangsgerätes sind etwa auch Eingabefehler oder ein Defekt des Sendegerätes oder eine Überlastung des Telefonnetzes etc möglich) muss das Nichteinlangen eines Telefax stets dem Einschreiter zum Nachteil gereichen. Wie Konecny in Fasching/Konecny2 II/2 § 74 ZPO Rz 38 dazu zutreffend ausführt, entspricht es nämlich einem generellen Prinzip bei Eingaben, dass der Schriftsatz bei Gericht einlangen muss, um verfahrensrechtliche Wirkungen auszulösen. So wahrt zwar zB die korrekte Aufgabe eines Rechtsmittels bei der Post an sich die Frist, doch hilft das nichts, wenn der Brief auf dem Postweg verloren geht und nie zum Gericht kommt (Schneider, AnwBl 1989, 453; ebenso JBl 1956, 367; vgl VwGH Zl 97/07/0179 mwN). Für einen mit dem Telefax vergleichbaren Fall, den elektronischen Rechtsverkehr, ist im § 89d Abs 1 GOG sogar ausdrücklich bestimmt, dass eine Eingabe erst dann als angebracht gilt, wenn die Daten zur Gänze im Gerichtsbereich (= Bundesrechenzentrum GmbH oder Telekom Austria) eingelangt sind. Benützt der Einschreiter eine andere ihm freigestellte Technik, dann hat er analog das Übermittlungsrisiko zu tragen (vgl VwGH Zl 95/21/1246). Daher reicht, wie dies der Revisionsrekurswerberin offenbar vorschwebt, die bloße Vorlage des Sendeberichtes für den Fristnachweis nicht (Konecny aaO unter Hinweis auf Stadler in Musielak, dZPO3 § 129 Rz 11).
Zwar ist die nach ganz hM analog § 89 Abs 3 GOG zulässige Verwendung eines Telefax auch nach Dienstschluss fristwahrend, sofern die Telefaxeingabe vor 24.00 Uhr des letzten Tages bei Gericht einlangt, wobei es gleichgültig ist, ob das Telefax vor oder erst nach dem Ende der Amtsstunden empfangen wird, weil das Schriftstück automatisch mit einem dem Eingangsvermerk gemäß § 102 Geo entsprechenden Vermerk versehen wird (Konecny aaO Rz 37 mwN). Einen Einschreiter, der ein Telefax vor oder, wie hier die Klägerin, erst nach Dienstschluss absendet, trifft aber, wie eben erläutert, immer das Risiko, dass es nicht bei Gericht einlangt; er hat bei Nichteinlangen stets das Risiko eines technischen Gebrechens, eines Eingabefehlers etc oder ua auch das Risiko, dass das Empfangsgerät gerade belegt ist, zu tragen.
Da der bloße Versuch, ein Telefax zu senden, keine Rechtswirkungen nach sich zieht und ein Vergleichswiderruf am 17. 2. 2004 beim Erstgericht in keiner Form eingelangt ist, erweist sich die Ansicht der Vorinstanzen, der aufschiebend bedingt abgeschlossene Vergleich sei rechtswirksam geworden, frei von Rechtsirrtum.
Der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben.
Das gegenständliche Rechtsmittelverfahren ist analog § 521a Abs 1 Z 3 ZPO zweiseitig, weil das Fortbestehen eines ehemals unzweifelhaft rechtmäßig begründeten Prozessrechtsverhältnisses verneint wurde (vgl 1 Ob 2066/96x mwN; Kodek aaO § 521a Rz 3 mwN). Gemäß §§ 41 und 50 ZPO hat die Klägerin der Beklagten daher die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
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