OGH 7Ob92/01g

OGH7Ob92/01g17.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Walter J*****, 2. Claudia J*****ebendort, beide vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Hermann B*****, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 3.102,80 sA, über den Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Februar 2001, GZ 4 R 626/00p-19, womit die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 14. September 2000, GZ 26 C 1343/00b-7, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Kläger begehren als ehemalige Wohnungseigentümer vom Beklagten als ihrem früheren Hausverwalter die Rückzahlung von S 3.102,80 sA an zuviel bezahlten anteiligen Kosten einer Stufensanierung in einer Wohnungsanlage in Axams. Die erhebliche Überschreitung des Kostenvoranschlages durch das vom Beklagten beauftragte Unternehmen sei nicht gerechtfertigt gewesen.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er habe die Rechnung überprüft und die Kosten dem Gesetz entsprechend aufgeteilt. Dem Erstkläger habe er den Sachverhalt ausführlich erklärt, worauf dieser akzeptiert habe, dass die durchgeführten Mehrarbeiten notwendig gewesen seien. Außerdem sei die Klage unschlüssig, weil die Eigentümergemeinschaft als Empfängerin der Zahlung aufscheine, der Rückforderungsanspruch aber gegen den Verwalter geltend gemacht werde.

Das Erstgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Beklagte sei - angesichts der kommentarlosen Überweisung des Anteils der Kläger auf das Treuhandkonto für die Hausgemeinschaft - zu Recht davon ausgegangen, dass der Erstkläger die Erhöhung der Forderung (gegenüber dem Kostenvoranschlag) anerkannt habe.

In der dagegen erhobenen Berufung (ON 8) bezeichneten die Kläger die beklagte Partei - ohne jegliche Begründung - erstmals als "WEG F*****-Z*****-Weg *****/A*****, vertreten durch Immobilienverwaltung Hermann B***** ..." (ON 8), worauf sich der Beklagte in seiner Berufungsbeantwortung gegen diese "unzulässige Richtigstellung der Parteienbezeichnung" aussprach (ON 9).

Das Berufungsgericht stellte den zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegten Akt vorerst ohne Erledigung mit dem Ersuchen um Einleitung eines Verbesserungsverfahrens an das Erstgericht zurück. Der Berufung sei nicht zu entnehmen, ob es sich bei der nun anders lautenden Bezeichnung der beklagten Partei um einen schlichten Schreibfehler handle, oder ob diese Bezeichnung tatsächlich gewollt sei (ON 12).

Über Auftrag des Erstgerichtes, die vom Berufungsgericht aufgezeigte Unklarheit zu verbessern, beantragten die Kläger, die Parteienbezeichnung des Beklagten gemäß § 235 Abs 5 ZPO auf jene, die in der Berufung aufscheint, richtigzustellen. Dies sei auch noch im Rechtsmittelverfahren zulässig. Lediglich für den Fall, dass das Gericht die begehrte Richtigstellung der Parteienbezeichnung als unzulässig ansehen sollte, werde Hermann Bechtler, Immobilienmakler, auch im Berufungsverfahren als beklagte Partei bezeichnet. Dieser sei mangels Bestreitung der Passivlegitimation passiv zur Prozessführung legitimiert (ON 13).

Mit Beschluss vom 19. 1. 2001 (ON 14) wies das Erstgericht die in der Berufung enthaltene Änderung der Parteienbezeichnung des Beklagten als unzulässige Parteienänderung zurück und kündigte an, dass die neuerliche Vorlage der Berufung (im Sinn des Eventualvorbringens ON 13) nach Rechtskraft der Zurückweisung der Änderung der Parteienbezeichnung erfolgen werde.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Landesgericht Innsbruck dem dagegen erhobenen Rekurs - rechtskräftig - nicht Folge (Punkt 1) und wies die Berufung mit der Begründung zurück, dass sie sich gegen eine im Prozess nicht involvierte Partei richte (Punkt 2).

Gegen Punkt 2 dieses Beschlusses wendet sich der Rekurs der Kläger mit dem Antrag - allenfalls nach Berichtigung der Parteienbezeichnung in der Berufung von "WEG F*****-Z*****-Weg *****/A*****, vertreten durch die Immobilienverwaltung Hermann B*****" auf "Hermann B*****, Immobilienverwaltung" - in der Sache selbst zu entscheiden und der Berufung der Kläger stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die erkennbar auf § 471 Z 2 ZPO fußende Zurückweisung der Berufung ist zwar gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO mit Rekurs (Vollrekurs) ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage oder die Höhe des Streitwertes anfechtbar (RZ 1992/1; EvBl 1997/111; Kodek in Rechberger**2 Rz 3 zu § 519 ZPO; RIS-Justiz RS0043893; RS0098745; zuletzt: 8 Ob 82/00t; 6 Ob 12/01k mwN).

Der Rekurs ist jedoch mangels Beschwer unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse voraus; ist es doch nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden. Die Beschwer muss sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen (Kodek aaO Rz 9 vor § 461 ZPO mwN; zuletzt: 6 Ob 12/01k).

Da die Rekurswerber ihre Berufung für den - mittlerweile rechtskräftig eingetretenen - Fall, dass das Gericht der Ansicht sein sollte, dass die begehrte Richtigstellung unzulässig sei, ausdrücklich dahin verbessert haben, dass "Hermann B*****, Immobilienverwaltung" auch im Berufungsverfahren als beklagte Partei bezeichnet wird, sind sie durch die Zurückweisung ihrer (ursprünglichen) gegen eine andere Person gerichteten Berufung nicht beschwert. Außerdem hat das Erstgericht bereits angekündigt, dass es die (verbesserte) Berufung (gegen den Beklagten) nach rechtskräftiger Zurückweisung der unzulässigen Änderung der Parteienbezeichnung neuerlich vorlegen wird. Die von den Klägern im vorliegenden Rekurs angestrebte Behandlung ihrer gegen den Beklagten gerichteten Berufung, wird also noch erfolgen.

Die Kläger sind daher nur formell beschwert, in ihrer Rechtstellung aber nicht beeinträchtigt, weil sie selbst bei Stattgebung ihres Rekurses nichts anderes begehren, als die Behandlung ihrer gegen den Beklagten gerichteten (verbesserten) Berufung. Da das Berufungsgericht nur die (ursprüngliche) Berufung gegen eine nicht am Verfahren beteiligte Person zurückgewiesen hat, fehlt es den Klägern an der materiellen Beschwer zur Bekämpfung dieses Zurückweisungsbeschlusses.

Im Hinblick auf die Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung der Gerichte zweiter Instanz kann das Interesse an einem Kostenzuspruch für eine Berufung nicht die für ein Rechtsmittel gegen den Obersten Gerichtshof erforderliche Beschwer begründen (Kodek aaO Rz 9 Abs 2 vor § 461 ZPO mwN).

Der Rekurs war daher mangels Beschwer zurückzuweisen.

Damit ist auch der Antrag der Kläger auf Zuspruch der Kosten des Rekurses zurückgewiesen. Es liegt hier kein Fall des § 50 Abs 2 ZPO vor, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtschutzinteresses bei einem Rechtsmittel bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen wäre. "Nachträglich" bedeutet nämlich den Wegfall der Beschwer zwischen Einbringung des Rechtsmittels und der Entscheidung darüber (Fucik in Rechberger**2 Rz 2 zu § 50 ZPO). Im vorliegenden Fall ist aber die Beschwer bereits mit der unanfechtbaren Bestätigung der Zurückweisung (richtig: Abweisung) des Berichtigungsantrages weggefallen (vgl 6 Ob 12/01k mwN).

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