Spruch:
Es wird der Revision Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache zur allfälligen Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger ersuchte die Beklagte, die Mitte des Jahres 1984 nach Manila reiste, für ihn ein Inserat zum Zwecke der Partnersuche in einer philippinischen Zeitung einschalten zu lassen. Das Inserat lautete:
"Liebe Philippina im Alter von 38 bis 41 Jahren mit Interesse zur Eheschließung mit dem österreichischen Staatsbürger Herrn Josef S***, 59 Jahre alt, möge mit Bild persönlich
W*** ..... aufsuchen."
Bei der Beklagten meldeten sich mehrere Interessentinnen. Nach ihrer Rückkehr nach Wien zeigte die Beklagte dem Kläger die Fotos mehrerer in Frage kommender Frauen. Der Kläger fand an diesen keinen Gefallen. Einige Tage später zeigte sie ihm noch das Bild der Shirley A***. Der Kläger erklärte sein Interesse, mit dieser Frau in Kontakt zu kommen, soferne es sich um eine hochanständige und kinderlose Frau handle. Die Kinderlosigkeit war für ihn deshalb von Bedeutung, weil er sich keinen faktischen Unterhaltsproblemen aussetzen wollte. Über dieses Motiv machte er der Beklagten jedoch keine Mitteilung. Die Beklagte versicherte dem Kläger sofort, Shirley A*** sei hochanständig und kinderlos, sie fliege demnächst wieder nach Manila und werde versuchen, diese nach Österreich zu bringen. Der Kläger müsse jedoch die dafür notwendigen Aufwendungen (Flugkosten, Kosten der Reisevorbereitung und die dort üblicherweise an die Eltern zu zahlende Geldsumme) tragen. Am 7.9.1984 übergab der Kläger der Beklagten für die genannten Aufwendungen S 35.300 in bar und Geschenke an Shirley A*** im Wert von S 1.800. Für Telefonate, die die Beklagte mit Manila führte, wendete der Kläger S 1.300 auf. In Manila erfuhr die Beklagte, daß Shirley A*** zwei Kinder hat. Die Beklagte teilte dieser nicht die vom Kläger gestellten Bedingungen mit. Shirley A*** war bereit, nach Österreich zu kommen. Mit dem vom Kläger gezahlten Geldbetrag bestritt die Beklagte alle für die Reise der Shirley A*** nach Österreich erforderlichen Aufwendungen. Sie verlangte vom Kläger keine Entlohnung, doch konnte nicht festgestellt werden, ob sie den erhaltenen Betrag für die Bestreitung der genannten Aufwendungen auch zur Gänze benötigte. Im September 1984 kam die Beklagte nach Wien zurück, nachdem sie alle Vorbereitungen für die Ausreise der Shirley A*** getroffen hatte. Diese kam am 23.10.1984 gemeinsam mit einer weiteren Frau, deren Ausreise die Beklagte ebenfalls vermittelt hatte, in Wien an. Der Kläger nahm Shirley A*** bei sich auf und hatte mit ihr sogleich Geschlechtsverkehr. Nach der ersten Nacht teilte ihm Shirley A*** mit, daß sie zwei Kinder habe und für diese monatlich S 5.000 benötige. Der Kläger erklärte darauf, daß er sie unter diesen Umständen im Hinblick auf sein Einkommensverhältnisse nicht heiraten könne. Er rief auch sogleich die Beklagte an und teilte ihr mit, daß Shirley A*** der ihm gegebenen Zusicherung zuwider doch Kinder habe. Die Beklagte bewog den Kläger, es weiter mit Shirley A*** zu versuchen. Da er sie nicht auf die Straße setzen wollte, blieb Shirley A*** noch ca. 4 bis 5 Tage beim Kläger. Dann wollte sie zur Beklagten gebracht werden, welcher Aufforderung der Kläger nachkam. Während des Aufenthaltes in seinem Hause gab der Kläger Shirley A*** weitere S 2.000 und wendete für die von ihr benötigte warme Kleidung S 3.650 auf.
Der Kläger begehrt von der Beklagten den (Rück-)Ersatz sämtlicher Aufwendungen in der Höhe von S 44.050. Er hätte diese nicht getätigt, wenn ihm die Beklagte nicht die unrichtige Angabe, Shirley A*** sei kinderlos, gemacht hätte.
Die Beklagte beantragt die Abweisung dieses Begehrens. Sie habe über Wunsch des Klägers alle notwendigen Schritte für die Ausreise der Shirley A*** veranlaßt. Sie habe um S 17.500 das Flugticket gekauft und S 15.000 für die Beschaffung von Reisepaß, Visum und sonstigen Dokumente der Shirley A*** aufgewendet. Den verbliebenen Restbetrag habe sie Shirley A*** gegeben. Sie habe dem Kläger nicht zugesagt, daß Shirley A*** kinderlos sei. Darüber, daß Shirley A*** Kinder habe, sei sie nicht informiert gewesen. Daß Shirley A*** den Vorstellungen des Klägers schließlich nicht entsprochen habe, könne ihr nicht angelastet werden. Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 38.400 samt 4 % Zinsen seit 20.8.1985 an den Kläger. Das Mehrbegehren von S 5.650 samt Anhang wies es hingegen ab. Aus den getroffenen und eingangs wiedergegebenen Feststellungen leitete das Erstgericht rechtlich ab, daß die Streitteile kein Entgelt für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen hätten. Die Beklagte habe es vielmehr aufgrund eines unentgeltlichen Mandats übernommen, Geschäfte des Klägers, nämlich die Ausreise der Shirley A*** (einer heiratswilligen kinderlosen philippinischen Staatsangehörigen) nach Österreich gegen Ersatz der Aufwendungen zu besorgen. Die Beklagte habe das Mandat der getroffenen Vereinbarung zuwider, wonach diese Person kinderlos sein müsse, besorgt, obwohl ihr bekannt gewesen sei, daß Shirley A*** Kinder habe. Damit habe sie gegen die sich aus § 1009 ABGB ergebende Verpflichtung, das Geschäft der erhaltenen Vollmacht gemäß zu besorgen, zuwidergehandelt und habe dem Kläger gemäß § 1012 ABGB für den ihm schuldhaft verursachten Schaden einzustehen. Die vom Kläger nach Kenntnisnahme des Umstandes, daß Shirley A*** zwei Kinder habe, getätigten Aufwendungen von insgesamt S 5.650 seien jedoch nicht von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes zu erstatten. Über Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies und erklärte die Revision für zulässig. Das Eingehen auf die Tatsachenrügen hielt es nicht für erforderlich, weil der Kläger bloß einen nicht ersatzfähigen ideellen Schaden erlitten habe. Es hätten sich bloß seine Vorstellungen, länger mit einer philippinischen Staatsangehörigen zusammenleben zu können, nicht verwirklichen lassen. Seine Aufwendungen seien jedoch nicht nutzlos gewesen, weil er einige Tage mit Shirley A*** zusammenleben haben können. Wäre Shirley A*** bei ihm geblieben, hätte sich sein Vermögen nicht vermehrt. Frustrierte Aufwendungen seien nur im Falle der Beschädigung der Sache, auf die sie gemacht worden seien, zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Die auf die Gründe des § 503 Abs. 1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision des Klägers ist im Ergebnis berechtigt.
In seiner Rechtsrüge bekämpft der Kläger die Auffassung des Berufungsgerichtes, der von ihm geltend gemachte Anspruch scheitere daran, daß er bloß einen nicht ersatzfähigen immateriellen Schaden erlitten habe. Ferner führt er auch aus, daß er die Aufwendungen nur wegen der Zusicherung der Beklagten, Shirley A*** sei kinderlos, gemacht habe.
Das Erstgericht ging zutreffend davon aus, daß zwischen den Streitteilen ein Auftragsverhältnis vorliegt, in dessen Rahmen es die Beklagte für den Kläger übernahm, die Ausreise der Shirley A*** gegen Ersatz aller erforderlichen Aufwendungen zu organisieren. Für die Annahme eines Auftragsverhältnisses ist es erforderlich, daß der Vertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Diese liegt dann vor, wenn der Vertragspartner die Verpflichtung zum Abschluß von Rechtsgeschäften und zur Vornahme von sonstigen Rechtshandlungen aller Art für den anderen Teil übernimmt. Die Vornahme rein tatsächlicher Verrichtungen stellt keine Geschäftsbesorgung dar (Strasser in Rummel ABGB Rdz 40 zu § 1002). Daß mit der Organisation der Ausreise der Shirley A*** eine solche Geschäftsbesorgung verbunden war (zB. Besorgung des Flugtickets, Veranlassung der Ausstellung der erforderlichen Reisedokumente und Zahlung der dabei anfallenden Gebühren), ist im vorliegenden Fall nicht strittig. Somit handelt es sich hier nicht um die gemäß § 879 Abs. 2 Z 1 ABGB nichtige Vereinbarung eines Entgelts für Unterhandlungen eines Ehevertrages.
Der Kläger behauptet in seiner Klage, er sei durch die ausdrückliche Erklärung der Beklagten, Shirley A*** sei kinderlos und alleinstehend (die Behauptung, die Beklagte habe ihm auch das wahre Alter derselben verschwiegen, zog er in der Folge zurück:
ON 5, S. 3 = AS 17) veranlaßt worden, Aufwendungen zu tätigen, die er bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes nicht gemacht hätte. Er machte somit in seiner Klage einen von der Beklagten veranlaßten Irrtum geltend, ohne den er den Geschäftsbesorgungsvertrag nicht geschlossen hätte. Für die Geltendmachung der Irrtumsanfechtung genügt es, wenn die den Irrtum begründenden Tatsachen vorgetragen werden und deutlich ist, daß der Vertrag angefochten werden soll. Dies ist bei einer Rückzahlungsklage der Fall (SZ 36/22; Fasching, Urteilsmäßige Rechtsgestaltung im Zivilprozeß, JBl. 1975, 505, insbes. 515; HS 9445; EvBl. 1972/123). Auch die Beklagte faßte die Klage als Irrtumsanfechtung auf. Sie bestritt nämlich, daß sie den Kläger nicht in Irrtum geführt habe (ON 3 S. 4 = AS 10). Ein Vertrag ist gemäß § 871 ABGB anfechtbar, wenn ein Teil über den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem anderen zugegangenen Erklärung in einem Irrtum befangen ist, der die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, falls der Irrtum durch den anderen veranlaßt war, oder diesem aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch rechtzeitig aufgeklärt wurde. Der Irrtum über die Eigenschaften des Gegenstandes des Geschäfts berechtigt nach allgemeiner Auffassung zur Anfechtung des Vertrages nach dieser Gesetzesstelle (Rummel in Rummel aaO Rdz 9 und 10 zu § 871 und die dort angeführte Judikatur; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 122 ff). "Veranlassen" im Sinne des im § 871 Abs. 1 ABGB erstgenannten Falles umfaßt jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten. Auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an (Gschnitzer aaO, 128; SZ 46/84; SZ 47/148).
Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte den Irrtum des Klägers über den Inhalt des Geschäftes veranlaßt, wenn ihr der Kläger tatsächlich, wie es das Erstgericht feststellte, erklärt haben sollte, sein Interesse an Shirley A*** sei nur dann gegeben, wenn diese kinderlos sei, und sie ihm daraufhin geantwortet hätte, daß dies der Fall sei. Der Irrtum wäre auch für den vorliegenden Geschäftsabschluß kausal gewesen, wenn sich der Kläger faktischen Unterhaltsproblemen nicht aussetzen hätte wollen. Ob der Beklagten im Zeitpunkt der Abgabe der fraglichen Erklärungen deren Unrichtigkeit bewußt war, ist für die Beurteilung der Anfechtbarkeit wegen der Veranlassung eines wesentlichen Geschäftsirrtumes ohne Einfluß. Wegen dessen Veranlassung durch ausdrückliche Erklärung der Beklagten läge hier nämlich nicht bloß der von der herrschenden Auffassung anerkannte weitere Anfechtungsfall des gemeinsamen Irrtums (Rummel aaO Rdz 18 zu § 871, die dort dargestellte Rechtsprechung und die daran geübte Kritik, auf die vorliegend nicht eingegangen werden muß) vor.
Im Falle der Veranlassung eines Geschäftsirrtumes des Klägers durch die Beklagte ist der Kläger zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung berechtigt (Rummel aaO, Rdz 4 zu § 877 und Rdz 24 vor § 1431; Gschnitzer aaO, 156; Koziol-Welser I7, 119; SZ 38/17; EvBl. 1954/273; RZ 1961, 44). Er könnte von der Beklagten somit alles das zurückverlangen, was diese zu ihrem Vorteil erhalten hat. Soweit dies nach den diesbezüglich unbekämpft gebliebenen Feststellungen den Geldbetrag von S 35.300 betrifft, wäre dieser von der Beklagten unbeschadet der Vereinbarung, ihn für bestimmte Aufwendungen zu verwenden, an den Kläger zurückzuerstatten, weil der Vorteil des Geldes für einen geschäftsfähigen Eigentümer, der die Beklagte durch Vermischung mit ihrem eigenen Gelde geworden wäre, schon in der unbeschränkten Verwendungsmöglichkeit besteht (Gschnitzer aaO, 158; Ehrenzweig II/12, 740; SZ 54/156; EvBl. 1957/348; SZ 23/159). Daher kommt es bei dieser Beurteilung nicht darauf an, was die Beklagte mit dem Geld tatsächlich gemacht hat (EvBl. 1957/348).
Die Rückstellung der für Shirley A*** bestimmten Geschenke im Gesamtbetrag von S 1.800, die die Beklagte tatsächlich bestimmungsgemäß übergeben hat, begehrt der Kläger nicht. Da die Weitergabe derselben an die Berechtigte nicht schuldhaft war, könnte dieselbe auch keinen in Geld bestehenden Schadenersatzanspruch des Klägers begründen (Gschnitzer aaO, 157).
Im Falle einer fahrlässigen Irreführung (SZ 49/94; SZ 48/102; Welser, ÖJZ 1973, 281) besteht ein Schadenersatzanspruch des Irregeführten auf das negative Vertragsinteresse. In diesem Rahmen ist jener Schaden zu ersetzen, der nicht eingetreten wäre, wenn die Irreführung unterblieben wäre (Rummel aaO Rdz 2 und 3 zu § 874; JBl. 1980, 316). Eine fahrlässige Irreführung hätte die Beklagte im vorliegenden Fall zu verantworten, wenn sie dem Kläger die Zusicherung, Shirley A*** sei kinderlos, gemacht hätte, ohne ausreichende Gründe für diese Annahme gehabt zu haben. Der Schadenersatzanspruch wegen fahrlässiger Irreführung nach § 874 ABGB beruht auf der Haftung für culpa in contrahendo (Rummel aaO Rdz 2 zu § 874). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beweislastregel des § 1298 ABGB auch auf die Nichterfüllung vorvertraglicher Nebenpflichten anzuwenden (ZVR 1984/140; JBl. 1979, 654; SZ 34/50; SZ 28/87). Daher wäre es Sache der Beklagten gewesen, zu behaupten und zu beweisen, für die Annahme, Shirley A*** sei kinderlos, ausreichende Anhaltspunkte gehabt zu haben. Derartiges trug die Beklagte im Verfahren erster Instanz jedoch nicht vor. Wenn die Beklagte aber den Irrtum des Klägers veranlaßt haben sollte, wäre ihr dies im vorliegenden Fall auch als Verschulden anzulasten. Daher könnte der Kläger in diesem Fall von ihr auch den Ersatz des Wertes der Geschenke und der aufgewendeten Telefonspesen begehren. Da das Berufungsgericht aufgrund einer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht die Tatsachenrügen in der Berufung der Beklagten, soweit sie die für die Beurteilung der fahrlässigen Irreführung maßgeblichen Feststellungen betreffen, nicht behandelte, mußte das Berufungsurteil in Stattgebung der Revision des Klägers gemäß der §§ 513, 496 Abs. 1 Z 3 ZPO aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs. 1 ZPO.
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