Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines unberechtigten Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Zur ersten Tagsatzung am 3. 6. 1998 erschienen beide Parteien. Zur folgenden (ersten) mündlichen Streitverhandlung vom 8. 7. 1998 erschien für die klagende Partei, die nunmehrige Gemeinschuldnerin (nach Bekanntgabe der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses durch den Klagevertreter) niemand. Das Erstgericht erließ über entsprechenden Antrag der beklagten Partei daraufhin ein negatives Versäumungsurteil in Form eines Urteilsvermerks (ON 6). Dagegen erhob die klagende Partei Widerspruch und führte aus, dass sie der Meinung gewesen sei, ihr bisheriger Rechtsvertreter werde sie in dieser Rechtssache vertreten. Die persönlich haftende Gesellschafterin sei zum Zeitpunkt der versäumten Verhandlung im Ausland gewesen. Es werde die Aufhebung des Versäumungsurteils und die kostenpflichtige Klagsstattgebung beantragt. In der (folgenden) Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 18. 2. 1999 (ON 26, S 2 = AS 71) hob das Erstgericht das Versäumungsurteil vom 8. 7. 1998 infolge Widerspruchs der klagenden Partei auf. Nach Fortsetzung des durch Konkurseröffnung über das Vermögen der klagenden Partei unterbrochenen Verfahrens durch den Masseverwalter führte das Erstgericht das Beweisverfahren durch und gab mit Urteil vom 9. 6. 1999 (ON 30) dem Klagebegehren auf Bezahlung von rückständigem Mietzins zum Teil statt, wogegen beide Parteien Berufung erhoben.
Mit Beschluss vom 26. 4. 2000 stellte das Berufungsgericht den Akt dem Erstgericht zur Zustellung des Beschlusses, mit dem das Versäumungsurteil aufgehoben wurde, zurück (ON 38).
Das Erstgericht fertigte den in der Tagsatzung bloß verkündeten Beschluss auf Aufhebung des Versäumungsurteils am 18. 2. 1999 (ON 26a) aus und stellte ihn den Parteien zu, die beide dagegen Rekurs erhoben.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Klägers mangels Beschwer zurück, gab aber dem Rekurs der Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluss ersatzlos auf und wies den Widerspruch der klagenden Partei zurück. Es vertrat die Ansicht, dass das Erstgericht nur ein sogenanntes unechtes Versäumungsurteil hätte erlassen dürfen, sohin ein kontradiktorisches Urteil. Dieses wäre vom Erstgericht auszufertigen gewesen. Das Urteil könne nur mit jenen Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen bekämpft werden, die auch bei richtiger Ausfertigung des Urteils zulässig gewesen wären. Gegen das kontradiktorische unechte Versäumungsurteil sei ein Widerspruch nach § 397a ZPO unzulässig und wäre daher zurückzuweisen gewesen. Ein Beschluss, mit dem das Versäumungsurteil auf Grund eines unzulässigen Widerspruchs aufgehoben werde, sei anfechtbar. Ein derartiger Beschluss sei auszufertigen, weshalb die Rekurse rechtzeitig erhoben worden seien.
Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zugelassen, da eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Ausfertigung und Zustellung eines Beschlusses durch Zustellung einer Protokollabschrift ersetzt werden könne, noch nicht beantwortet worden sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit einem Abänderungsantrag.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass in dem Fall, dass der Kläger nach einer ersten Tagsatzung von der ersten zur Vornahme der mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung nicht erscheint, lediglich ein sogenanntes unechtes Versäumungsurteil gefällt werden kann (§ 442 Abs 3 ZPO, Fucik in Rechberger2, § 442 ZPO, Rz 1). Das Erstgericht hätte richtigerweise ein kontradiktorisches (Versäumungs-)Urteil nach Durchführung eines Beweisverfahrens ausfertigen müssen und nicht bloß ein negatives Versäumungsurteil in Form eines Urteilsvermerkes erlassen dürfen. Diesen Gerichtsfehler hätte die klagende Partei nur mit Berufung geltend machen können (1 Ob 576/91). Ob nämlich eine Entscheidung anfechtbar ist und mit welchem Rechtsmittel das zu geschehen hat, hängt nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist; ein Vergreifen der Entscheidungsform ändert nichts an der Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder dessen Behandlung (4 Ob 508/94, 3 Ob 213/99s).
Nur gegen echte Versäumungsurteile nach § 442 Abs 1 ZPO kann Widerspruch nach § 397a ZPO erhoben werden (§ 442a Abs 1 ZPO). Dies bedeutet, dass der von der klagenden Partei erhobene Widerspruch unzulässig war.
Nur für den zulässigen Widerspruch gilt § 397a Abs 3 ZPO, nach dem es einer Zustellung des Beschlusses, mit dem das Versäumungsurteil auf Grund des Widerspruchs aufgehoben wird, nicht bedarf und ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss nicht zulässig ist. Gegen den Beschluss auf Aufhebung eines Versäumungsurteils auf Grund eines unzulässigen Widerspruchs ist aber ein Rechtsmittel zulässig (1 Ob 576/91, RS0040885).
Ist gegen einen verkündeten Beschluss aber ein Rechtsmittel zulässig, ist den Parteien eine schriftliche Beschlussausfertigung zuzustellen (§ 426 Abs 1 ZPO). Eine Beschlussausfertigung liegt nur vor, wenn das Schriftstück die Unterschrift des Richters oder unter dessen Unterfertigungsstampiglie die Unterschrift des Leiters der Geschäftsabteilung trägt (§ 149 Abs 1 lit b Geo). Erst die Zustellung einer derartigen Beschlussausfertigung setzt den Lauf der Rechtsmittelfrist in Gang (10 Ob 2469/96b; RS0041627 ua; Danzl, Geo, § 149 Anm 8a). Eine Protokollabschrift kann daher nie einer Beschlussausfertigung gleichgestellt sein, sodass die Zustellung der Protokollabschrift auch nicht den Lauf der Rechtsmittelfrist in Gang setzen konnte.
Die Zivilprozessordnung kennt - soweit nicht entsprechende gesetzliche Anordnungen bestehen - keine stillschweigenden Prozesshandlungen (RS0036551, 0037128, 0005998). Die Beklagte ergriff innerhalb der Rechtsmittelfrist (ab Zustellung der aufgetragenen Beschlussausfertigungen) ein ihr zustehendes Rechtsmittel, eine (frühere) Rügepflicht bestand nicht.
Der Widerspruch der klagenden Partei kann auch nicht mehr in eine Berufung umgedeutet werden, weil die klagende Partei damit ganz eindeutig nur die Säumnisfolgen beseitigen wollte, ohne jedoch das Vorligen der dem Urteil zu Grunde gelegten Säumnis zu bestreiten (1 Ob 576/91). Sie hat sich nicht dagegen gewandt, dass im Urteil des Erstgerichts ihr Klagsanspruch als nicht zu Recht bestehend erkannt wurde und sie hat auch nicht gerügt, dass im vorliegenden Fall kein kontradiktorisches Urteil gefällt wurde. Das Versäumungsurteil wurde von ihr, was seine materielle und formelle Berechtigung anlangt, also nicht bekämpft. Es fehlen daher alle Merkmale einer Berufung, womit auch ein Verbesserungsverfahren ausscheidet (§ 84 Abs 3 ZPO).
Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.
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