Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Als Erbinnen ihres am 2. 3. 2000 verstorbenen Vaters sind die drei Minderjährigen gemeinsam mit ihrer Mutter, die Hälfteeigentümerin ist, zu je 1/6 bücherliche Eigentümer der Liegenschaft ***** W*****, hinsichtlich der von der Mutter als Versicherungsnehmerin bei der W***** AG (im Folgenden Versicherungsanstalt oder Revisionsrekurswerberin genannt) eine Eigenheim-Versicherung abgeschlossen wurde.
Das Erstgericht, dem die betreffende Polizze vorgelegt wurde, ersuchte die Versicherungsanstalt mit Beschluss vom 13. 5. 2004, die Versicherungspolizze in der Weise zu sperren, dass ohne gerichtliche Zustimmung eine Vertragskündigung, Minderung der Versicherungssumme oder Auszahlung nicht erfolgen könne. Weiters wurde ersucht, das Gericht von jedem Verzug in der Prämienzahlung zu verständigen. Die Mutter bekämpfte diesen Beschluss nicht; sie erklärte, sämtliche Zahlungen betreffend die Liegenschaft zu übernehmen und die Minderjährigen diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Die Versicherungsanstalt erhob hingegen Rekurs; die Sperre sei nicht in dem in § 193 AußStrG eingeräumten Ermessen zur Sicherung des Vermögens Minderjähriger gedeckt, weil bereits geringfügigere Sicherungsmaßnahmen ausreichen würden.
Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel zurück, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Die Versicherungsanstalt sei durch die Anordnung des Erstgerichtes nicht beschwert. Mehrmals habe der Oberste Gerichtshof jüngst ausgesprochen, dass mit einer solcherart verfügten Sperre nicht in das Vertragsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsanstalt eingegriffen werden solle und nur zuwiderlaufende Handlungen des Versicherungsnehmers ohne Wirkung blieben. Ein Kündigungsverbot oder die Untersagung einer Änderung der Vertragsbedingungen komme damit nicht zum Ausdruck. Der von der Versicherungsanstalt ins Treffen geführte Verwaltungsaufwand begründe kein rechtliches, sondern allenfalls ein bloß wirtschaftliches Interesse. Das bestehende Versicherungsverhältnis werde durch den erstinstanzlichen Beschluss nicht verändert. Nach stRsp genüge die Berührung bloß wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen nicht, um von einem Eingriff in die geschützte Rechtssphäre zu sprechen. Ob im gegenständlichen Fall andere, die elterliche Vermögensverwaltung weniger einschränkende Sicherungsmittel allenfalls ausgereicht hätten, um einen Versicherungsschutz für die betroffene Liegenschaft zu erreichen, sei nicht zu prüfen. Diesbezüglich wäre allenfalls die gesetzliche Vertreterin beschwert, die jedoch keine Einwände gegen die Sperre erhoben und diese unbekämpft gelassen habe. Betreffend die Bindung der Auszahlung der Versicherungssumme an die gerichtliche Zustimmung bringe die Versicherungsanstalt selbst vor, dass durch die vorliegende Objektversicherung das Gemeinschaftsinteresse aller Eigentümer des Objektes versichert sei. Worin die Ungesetzlichkeit liegen solle, die Ansprüche der Minderjährigen im Fall der Auszahlung zu sichern, sei nicht zu erkennen.
Zur Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses führte das Rekursgericht aus, die zur Frage, ob die Versicherungsanstalt durch eine Sperre der Versicherung beschwert sei, ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei uneinheitlich. Die vorliegende Entscheidung folge zwar den jüngst ergangenen oberstgerichtlichen Entscheidungen zu 9 Ob 7/04a, 7 Ob 54/04y und 7 Ob 123/04w, stehe aber der in 8 Ob 32/04w vertretenen Rechtsauffassung entgegen, wonach rechtliche Auswirkungen einer Sperre auf die Rechtsstellung der Versicherungsanstalt nicht ausgeschlossen werden könnten. In ihrem wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revisionsrekurs widerspricht die Revisionsrekurswerberin unter Berufung auf die Entscheidung 8 Ob 32/04w und vorinstanzliche Judikatur der Rechtsansicht des Rekursgerichtes. Die erstgerichtliche Anordnung greife in ihre Rechtsstellung als Vertragspartner des Versicherungsnehmers ein. Versicherungsnehmer seien im vorliegenden Fall nicht die Minderjährigen, sondern die Gemeinschaft der Miteigentümer, weshalb die Minderjährigen über den Versicherungsvertrag allein gar nicht verfügen könnten bzw dürften. Es werde daher beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen ersatzlos zu beheben.
Der Revisionsrekurs ist, da wegen einer (zum Teil scheinbaren) Judikaturdivergenz eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes angezeigt erscheint, zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegenständliche Sperrklausel ist mit jenen wortgleich bzw ganz vergleichbar, die den Vorjudikaten 9 Ob 7/04a (vom 11. 2. 2004), 6 Ob 233/03p (vom 19. 2. 2004), 8 Ob 32/04w (vom 15. 4. 2004), 7 Ob 54/04y (vom 21. 4. 2004), 7 Ob 123/04w (vom 26. 5. 2004) und zuletzt 7 Ob 257/04a (vom 20. 10. 2004) sowie 6 Ob 14/04h (vom 27. 5. 2004) zugrundeliegen. Wie in letzterer Causa sieht die Sperrklausel auch eine Meldepflicht über allfällige Prämienrückstände vor. Rechtsmittelwerberin in allen diesen Causen war jeweils die auch hier einschreitende Revisionsrekurswerberin. Mit Ausnahmen der Entscheidungen 8 Ob 32/04w und 6 Ob 14/04h wurden alle (zum Teil außerordentlichen) Revisionsrekurse mangels Beschwer der Rechtsmittelwerberin zurückgewiesen. Während zu 8 Ob 32/04w abweichend von allen anderen Entscheidungen bei vergleichbarem Sachverhalt die Beschwer der Revisionsrekurswerberin bejaht wurde, hat der 6. Senat in der Entscheidung 6 Ob 14/04h betont, dass er (weiterhin) den Versicherer durch eine entsprechende Sperrklausel dann nicht für beschwert erachte, wenn das betreffende Kind selbst Eigentümer des Versicherungsobjektes und Versicherungsnehmer sei. Dann müsse der Versicherer derartige Sicherungsmaßnahmen akzeptieren, weil sie ausschließlich die Sphäre seines Vertragspartners beträfen, dessen Verfügungsgewalt vom Gesetz beschränkt werde. Die bekämpften Maßnahmen hätten ihre Grundlage in der Aufsichtspflicht des Gerichtes über die Verwaltung des Vermögens Pflegebefohlener durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes (§ 193 AußStrG idF des KindRÄG 2001) und setzten das Vorhandensein eines Kindesvermögens voraus. Existiere ein solches, könne das Gericht Sicherungsmaßnahmen treffen, die auch in bestehende Verträge eingreifen könnten, wie etwa die Sperre von Bankguthaben oder andere dem § 382 EO entsprechende Maßnahmen (§ 193 Abs 1 AußStrG). Sei das Kind selbst Eigentümer des Versicherungsobjektes gebe eine Auszahlungssperre nur die gesetzliche Rechtslage wieder, weil eine schuldbefreiende Zahlung an Pflegebefohlene eben nur an deren gesetzliche Vertreter, ab einer gewissen Höhe auch nur unter Mitwirkung des Pflegschaftsgerichtes, erfolgen könne. Ohne vermögenswerte Rechte des Pflegebefohlenen am Versicherungsobjekt bedeuteten Sicherungsmaßnahmen aber einen Eingriff in fremde Vertragspositionen, hier in diejenige des Versicherers und der Mutter als Versicherungsnehmerin. Bei einem derartigen Eingriff könne aber eine Beschwer des Versicherers nicht mehr verneint werden. Seine vertragliche Rechtsposition erfahre Einschränkungen. Die verfügten Unterlassungs- und Handlungspflichten begründeten dann eine Beteiligtenstellung und eine Rekurslegitimation des Versicherers, in dessen Rechtssphäre hier schon dadurch eingegriffen werde, dass er bei einer Befolgung der Aufträge der Versicherung unter Umständen dem Risiko ausgesetzt sei, berechtigten Forderungen des Vertragspartners (der Mutter) nicht Folge leisten zu können. Die Anordnung einer Meldepflicht über Prämienrückstände sei eine in die Rechtssphäre des Versicherers eingreifende Verfügung. Schon deshalb könne eine Beschwer des Versicherers hier - anders als bei den Vorentscheidungen des OGH - nicht verneint werden. Der erkennende Senat erachtet diese Erwägungen für zutreffend und schließt sich den Rechtsausführungen an. Entscheidend ist demnach, ob den mj Kindern Jakob, Tobias und Maria im vorliegenden Fall vermögenswerte Rechte am versicherten Objekt zukommen. Dies ist, wie in allen übrigen erwähnten Entscheidungen (s 7 Ob 257/04a), im Hinblick auf das Miteigentum der Minderjährigen an der gegenständlichen Liegenschaft aber auch hier der Fall und die gegenständliche Sicherungsmaßnahme nach § 193 Abs 1 AußStrG daher vorgesehen bzw zulässig. Die in 6 Ob 14/04h abstrakt aufgezeigten rechtlichen Möglichkeiten, die doch zur Bejahung einer Beschwer der Versichererin führen könnten, kommen aber hier nicht zum Tragen, weil sich derzeit keine konkreten Differenzen aus dem gegenständlichen Versicherungsvertrag ergeben. Die Revisionsrekurswerberin ist daher in ihrer Rechtsposition nicht beeinträchtigt. Die eine Beschwer des Versicherers grundsätzlich bejahende Entscheidung 8 Ob 32/04w muss als vereinzelt bezeichnet werden. Dass aus den lediglich zweitinstanzliche Rechtsprechung referierenden Ausführungen von Petrusch, Sperren von Sachversicherungen durch Pflegschaftsgerichte, VR 2004, 90 nichts zu gewinnen ist, wurde bereits in 7 Ob 257/04a hingewiesen.
Da das Rekursgericht eine Beschwer und damit eine Rechtsmittellegitimation der Revisionsrekurswerberin zutreffend verneint hat, muss der Revisionsrekurs erfolglos bleiben (vgl die "Parallelentscheidung" 7 Ob 266/04z).
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